E-Book, Deutsch, Band 70, 522 Seiten
SJ / Hieke / Schmeller Gott und sein Wort
1. Auflage 2019
ISBN: 978-3-460-51083-8
Verlag: Katholisches Bibelwerk
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Studien zu Hermeneutik und biblischer Theologie
E-Book, Deutsch, Band 70, 522 Seiten
Reihe: Stuttgarter Biblische Aufsatzbände (SBAB)
ISBN: 978-3-460-51083-8
Verlag: Katholisches Bibelwerk
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Gottes Wort gibt Kunde von ihm und übersteigt menschliche Maße und Vorstellungen. Es zu verstehen ist daher immer ein Grenzgang. Die Beiträge dieses Bandes unternehmen dies in zwei
Richtungen: Teil I, "Die Kunst der Auslegung", stellt Grundzüge für ein angemessenes Deuten biblischer Texte vor. Teil II, "Der Reichtum der theologischen Botschaft", zeigt auf, mit welcher Vielfalt das Alte
Testament von Gott redet und ihn so in seiner Unfassbarkeit aufleuchten lässt. Beide Zugänge, der methodische und der inhaltliche, hängen miteinander zusammen und beeinflussen einander wechselseitig.
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Einleitung
A)Biographische Hintergründe
Die Prägungen, die meinen Zugang zur Bibel kennzeichnen, reichen weit zurück. Im Religionsunterricht in der Volksschule in Rankweil waren biblische Geschichten Hauptinhalt, und auch in der Jugend blieb mir die Bibel das liebste und wichtigste Buch. Diese Ausrichtung erfuhr im Noviziat der Gesellschaft Jesu (1972–74 in Nürnberg) sowie während des Philosophiestudiums (am Berchmanskolleg in München, 1974–76) eine Bestärkung. Dort waren u. a. P. Wolfgang Feneberg SJ und P. Benedikt Schwank OSB meine Lehrer, beide voller Begeisterung, der eine für das Neue Testament, der andere für das Land der Bibel, das er uns in Vorträgen nahebrachte, bei denen ich ihm die Dias wechseln durfte. Sie vermittelten, wie kraftvoll Gottes Wort auch für die Gegenwart ist. Äußerst wertvoll war auch die solide philosophische Grundlegung, die sowohl unter historischer als auch systematischer Perspektive das komplette Spektrum abdeckte. Im Studium der Theologie in Innsbruck (1978–81) schrieb ich zwar meine Diplomarbeit bei P. George Vass SJ in Dogmatik über das Buch von Eberhard Jüngel „Gott als Geheimnis der Welt“, wobei mich speziell die Frage der Erkenntnis Gottes, von Offenbarung und des Zugangs zu ihr interessierte; doch noch größeren Einfluss hatten zwei Exegeten: P. Klemens Stock SJ las ausgewählte Kapitel des Neuen Testaments in der für ihn typischen Gründlichkeit.1 Wenn in den Seminaren Studierende in ihrer Interpretation zu weit ‚ausholten‘, brachte die für ihn charakteristische Frage „Was sagt der Text?“ sie wieder auf den Boden zurück. Die andere prägende Gestalt war P. Arnold Gamper SJ, mein Vorgänger hier als Ordinarius für Alttestamentliche Bibelwissenschaften und Altorientalische Sprachen an der Theologischen Fakultät der Leopold-Franzens-Universität in Innsbruck. Er verband philologische Genauigkeit mit umfassender Bibelkenntnis, soliden Textanalysen und theologischem Interesse,2 auf der Basis reicher Beschäftigung mit der Sekundärliteratur, doch ohne sich zu sehr auf Theorien zur Entstehung einzulassen. Dieselbe Orientierung hielt auch weitgehend am Päpstlichen Bibelinstitut in Rom an, wo ich 1981–83 das Lizentiat erwarb. Beeindruckende Kurse dort waren jene von P. Alonso Schökel SJ zu Gebeten im AT, von P. Charles Conroy MSC zu hebräischer Poesie, von P. Dennis McCarthy SJ zur deuteronomistischen Theologie, von P. Jean-Noël Aletti SJ zu den Paulusbriefen. P. Jean-Louis Ska SJ trug zur Erzählanalyse von Exodus vor, P. Pietro Bovati SJ faszinierte mit seiner bibeltheologischen Auslegung von Jer 1–6, P. Dionisio Minguez SJ führte in die rhetorische Analyse an Hand der Apostelgeschichte ein. Besonders wichtig wurden die drei Hebräisch-Aufbaukurse von P. Fabrizio Foresti OCarm und P. Bob Lawton SJ, letzterer auch sehr sensibel für stilistische Feinheiten, als Grundlage für alle weitere Beschäftigung mit den Originaltexten. Die aufgezählten Professoren und viele Andere vermittelten eine internationale Weite3 und eine Breite von Zugängen zu biblischen Texten, die Basis für das Methodenbuch Wege in die Bibel. Leitfaden zur Auslegung4 wurde und es auch für alle Beiträge hier im Buch ist. Das anschließende ‚Doktoratsjahr‘ (1983/4) hatte als Schwerpunkt die Bücher Genesis und Exodus, die ich samt der Literatur dazu und zum Pentateuch intensiv studierte. P. Norbert Lohfink SJ las damals in Rom zu Deuteronomium 12–26 mit außergewöhnlicher Präzision5 und half mir bei der Publikation des ersten Artikels.6 Den Abschluss jenes Jahres bildete eine öffentliche Vorlesung, deren Thema, Gen 44,18–45,15, einen Tag vorher mitgeteilt wurde. Diese Schlüsselstelle für Versöhnung beschäftigte mich weiterhin und führte zu mehreren Publikationen.7 Für das von mir für die Dissertation in Aussicht genommene Thema, die Berufung des Mose in Ex 3–4, hatte P. Dennis McCarthy SJ Anfang Juni 1983 die Betreuung zugesagt und auf mein Bedenken, ob dieses Projekt angesichts des schon vielen dazu Geschriebenen machbar sei, zuversichtlich geantwortet, es sei möglich. Diese seine Einschätzung hat mich auch über seinen unerwarteten Tod beim AT-Kongress in Salamanca Ende August 1983 hinaus getragen und mich ermutigt, bei diesem Text zu bleiben. P. Jean-Louis Ska SJ hat dann nach seiner Rückkehr aus dem Tertiat 1985 die Begleitung übernommen, allerdings einen Wechsel in seiner methodischen Orientierung vollzogen, was zu Spannungen führte, auch mit dem Zweitbetreuer P. Horacio Simian-Yofre SJ. Die Beschäftigung mit ‚Größen‘ der Pentateuchforschung (Julius Wellhausen, Gerhard von Rad, Martin Noth, Rolf Rendtorff, u. a.) und der reichlichen Literatur zu Ex 3–4 ließ mich zur Einsicht kommen, dass diese zwei Kapitel unter erzählerischer Rücksicht als einheitlich angesehen werden können. Die Studien von Nahum M. Sarna, Moshe Greenberg, Jan Peter Fokkelman, Robert Alter zu den ersten Büchern der Tora8 bestätigten diesen Weg und machten mich weiter skeptisch gegenüber manchen literarkritischen Analysen. Solche Zurückhaltung gegenüber der Aufteilung in Schichten wuchs in den Folgejahren in meinen Forschungen besonders zu Gen 1 bis Ex 15 noch mehr; diese Texte mögen unterschiedliche Herkunft haben, sind aber in ihrer überlieferten Gestalt offenbar ein bewusst konzipiertes Ganzes. Die Doktorarbeit schloss ich 1987 ab und verteidigte sie im April 1988; sie erschien als erste deutsche erzählanalytische Arbeit im Bereich des AT unter dem Titel „Jahwe unser Gott. Sprache, Aufbau und Erzähltechnik in der Berufung des Mose (Ex 3–4)“ 1989; Erich Zenger befürwortete damals trotz seiner anderen Position die Aufnahme in die Reihe Orbis Biblicus et Orientalis,9 wofür ich ihm dankbar bin. Für die Habilitation schien mir wichtig, noch einmal ein neues Feld anzugehen. P. Norbert Lohfink SJ machte mich auf Jer 30–31 aufmerksam, und dieser Text faszinierte mich trotz der damit verbundenen Schwierigkeiten. Das erste Jahr (ab Herbst 1988)10 verbrachte ich fast ausschließlich mit der Klärung der Textfrage; dabei wurde mir zur Gewissheit, dass in Jer 30–31 die Fassung des Masoretischen Textes den Vorzug gegenüber jener der Septuaginta verdient und nicht mit einer anderen Vorlage für die griechische Übersetzung zu rechnen ist. Das nächste Problem stellte die eigenartige Sprache und Komposition von Jer 30–31 dar. Etwa eineinhalb Jahre untersuchte ich mit der Konkordanz alle wichtigen Einzelworte und bedeutsamen Verbindungen, bevor beim wiederholten Durchschauen und Reflektieren plötzlich Regelmäßigkeiten erkennbar wurden, die auf gezielte literarische Techniken hindeuteten.11 Diese Beziehungen bestehen intensiv zum Jeremiabuch, aber auch zu anderen biblischen Schriften, sind teils „exklusiv“ und von einer solchen Zahl, dass bewusste schriftstellerische Arbeit für die gesamte Komposition anzunehmen ist. Mit diesem Befund ergab sich auch eine neue Sicht der Theologie des Textes. Diese am Trostbüchlein gewonnenen Erkenntnisse bildeten den Ausgangspunkt für die spätere Forschung zu Jeremia und insbesondere für den Kommentar in der Herder-Reihe.12 Das dort Gesehene bewährte sich bei der Durcharbeitung des gesamten Buches. Der hebräische Text von Jer ist, entgegen einer heute verbreiteten Tendenz zur Bevorzugung der Septuaginta, der zuverlässigere. Die intertextuellen Beziehungen lassen Jer als Reaktion auf ca. die Hälfte der Schriften der Hebräischen Bibel erkennen, mit dem Ziel, das dunkelste Kapitel der Geschichte Israels, die letzten Jahre bis hin zum Untergang Judas und Jerusalems 587 v. Chr., aufzuarbeiten. Die Schlüsselrolle kommt dabei Jhwh zu, der über das verdiente Gericht hinaus neues Leben anbietet. Der Durchgang durch prägende Erfahrungen meines Weges in der Exegese wollte Hintergründe für das hier vorliegende Buch deutlich machen. Die Ausbildung am Biblicum in Rom, abseits der üblichen ‚Schulen‘, mit internationalem Horizont und gesamtbiblischer Orientierung, hebt sich von dem ab, was im deutschen Sprachraum und oft auch in anderen Ländern üblich ist. Methodische Vielfalt und Ausrichtung auf die Aussagen über Gott sind mir wesentlich geworden; beide Aspekte sind miteinander verflochten, wie ich hier durch die beiden Teile und in der Reflexion (unten bei C) zeigen möchte. B)Vorstellung der Beiträge
Teil I:Die Kunst der Auslegung A)Grundlagen Die Ausführungen in diesem Teil verdanken sich der Vielfalt der Professoren während meines Lebens und speziell am...