E-Book, Deutsch, Band 3, 544 Seiten
Reihe: Leo Demidow
Smith Agent 6
1. Auflage 2011
ISBN: 978-3-641-05653-7
Verlag: Manhattan
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Roman
E-Book, Deutsch, Band 3, 544 Seiten
Reihe: Leo Demidow
ISBN: 978-3-641-05653-7
Verlag: Manhattan
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Moskau 1950. Der schwarze amerikanische Sänger Jesse Austin besucht die Sowjetunion, um sein idealistisches Bild des Kommunismus zu überprüfen. Damit Austin nicht hinter die Kulissen des für ihn inszenierten Alltags schauen kann, wird ihm Geheimdienstoffizier Leo Demidow an die Seite gestellt. Doch trotz Leos Einsatz kommt es fast zum Eklat. Fünfzehn Jahre später reist Demidows Frau Raisa mit ihren beiden Töchtern nach New York, wo ein Konzert sowjetischer und amerikanischer Schüler für Entspannung im Kalten Krieg sorgen soll. Auch Jesse Austin wurde eine Rolle in dem Spektakel zugewiesen. Der Abend endet mit mehreren Toten, und nur ein Mann weiß, was wirklich geschah: Agent 6. Und eines Tages wird Leo ihn finden.
Tom Rob Smith wurde 1979 als Sohn einer schwedischen Mutter und eines englischen Vaters in London geboren, wo er auch heute noch lebt. Er studierte in Cambridge und Italien und arbeitete anschließend als Drehbuchautor. Mit seinem Debüt 'Kind 44' gelang Tom Rob Smith auf Anhieb ein internationaler Bestseller. Der in der Stalin-Ära angesiedelte Thriller basiert auf dem wahren Fall des Serienkillers Andrej Chikatilo und wurde u. a. mit dem 'Steel Dagger' ausgezeichnet, für den 'Man Booker Prize' nominiert und bisher in dreißig Sprachen übersetzt. Nach 'Kind 44' und 'Kolyma' schloss der Autor seine Trilogie um den Geheimdienstoffizier Leo Demidow mit dem Roman 'Agent 6' ab.
Autoren/Hrsg.
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(S. 216-217)
Der Rucksack gehörte einem Mann, der angeschossen wurde, als er die Grenze nach Finnland überqueren wollte. Obwohl ein strenger Winter herrschte und der Schnee hüfthoch in den Wäldern lag, hatte der Mann die gefährliche Grenzüberquerung versucht, vielleicht in der Hoffnung, bei diesem Wetter und der nahezu beständigen Dunkelheit könnte er einfacher unentdeckt bleiben. Jedes Eindringen in dieses scharf kontrollierte Gebiet, ob aus Zufall oder Absicht, galt als Versuch, in den Westen überzulaufen, als Landesverrat. Die Soldaten, von denen viele auf Skiern patrouillierten, hatten die Anweisung, gezielt zu schießen.
Es würde weitreichende Konsequenzen nach sich ziehen, wenn es einem Verräter gelingen sollte, zu entwischen und im Ausland Asyl zu beantragen, um den Feinden geheime Informationen über die Sowjetunion zu liefern. Für Eli Romm, der für dieses Gebiet zuständig war, hieß das, dass man ihn vor ein Strafgericht zitieren und ihm vorwerfen würde, er hätte seine Pflicht vernachlässigt oder, noch schlimmer, bewusst einen Sabotageakt gestattet. Er würde mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit seine Arbeit und vielleicht sogar seine Freiheit verlieren. Eli untersuchte den Inhalt des Rucksacks, den der Mann bei sich trug. Er enthielt Vorräte: Wasser, Brot und gepökeltes Fleisch. Dazu dunkle Kleidung zum Wechseln, eine dicke Wolldecke, mehrere Schachteln Streichhölzer, Verbandszeug, ein scharfes Jagdmesser und eine Blechtasse – klassische Utensilien für draußen und eher uninteressant.
Eli drehte den Rucksack um, mit der Öffnung nach unten. Es fiel nichts weiter heraus. Er tastete das Futter ab und fuhr mit dem Finger über die Nähte, weil er sicher war, dass der Rucksack noch weitere Beweise enthielt. Er hatte recht. Eine Stelle im Stoff war dicker, dort war eine Tasche versteckt. Er durchtrennte den Stoff, riss den Flicken ab und entdeckte darunter mehrere flache Goldmünzen, eingewickelt in Plastik. Sie sollten fraglos als Zahlungsmittel dienen, wenn der Mann erst die Grenze überquert hatte. Das Gold bewies, dass er ernsthaft vorgehabt hatte überzulaufen und umfangreiche Vorbereitungen für seine Flucht getroffen hatte.
Für einen normalen Bürger war es beinahe unmöglich, sich Gold zu beschaffen; daraus ließ sich schließen, dass ein anderes Land beteiligt und der Mann ein professioneller Spion war. In dem Geheimfach steckte mehr als nur Gold. Romm fand dort auch zwei Fotos. Er hätte geheimes Material erwartet und war überrascht, als sie sich für den Geheimdienst als wertlos erwiesen. Die Fotos zeigten zwei Frauen Ende zwanzig, beide an ihrem Hochzeitstag. Außerdem fand Romm Papiere. Er war noch verwunderter, als er sie auseinanderfaltete und vor sich eine Reihe sorgsam geglätteter, verblasster Ausschnitte aus sowjetischen Zeitungen sah, in denen es um den Mord an Jesse Austin ging, einem früher berühmten kommunistischen Sänger, der in New York von seiner Geliebten erschossen worden war, einer Frau namens Raisa Demidowa.
Der Mord lag schon einige Jahre zurück, die Artikel stammten von 1965. Zu den Ausschnitten gab es umfangreiche handschriftliche Notizen, in kleiner Schrift säuberlich festgehalten, und eine Liste mit Namen; Menschen, mit denen dieser Mann sprechen wollte. Den Aufzeichnungen zufolge lautete sein Ziel New York, die USA – der Hauptfeind. Das scheinbare Motiv wirkte so sonderbar, dass Eli sich fragte, ob die Papiere eine Art Code enthielten. Er musste die Sache direkt den höchsten Behörden in Moskau melden.