Smith Die weiße Rose von York
1. Auflage 2010
ISBN: 978-3-641-04406-0
Verlag: Blanvalet
Format: PDF
Kopierschutz: Adobe DRM (»Systemvoraussetzungen)
Historischer Roman
E-Book, Deutsch, 896 Seiten
ISBN: 978-3-641-04406-0
Verlag: Blanvalet
Format: PDF
Kopierschutz: Adobe DRM (»Systemvoraussetzungen)
Mein Land, meine Krone, meine Liebe ...
Die 15-jährige Margaret von York trifft am Hof ihres Bruders die Liebe ihres Lebens. Doch 1461 darf sie als die Schwester des englischen Königs nicht aus Liebe heiraten, sondern nur aus politischen Gründen. Margaret wird mit einem anderen Mann, dem Herzog von Burgund, vermählt, der ihr gerne die Regierungsgeschäfte überlässt, um sich dem Krieg widmen zu können. So wird sie eine der mächtigsten Frauen ihrer Zeit - doch die Erfüllung ihrer Liebe muss sie verheimlichen ...
Anne Easter Smith wuchs in England, Deutschland und Ägypten auf. Bereits zu Schulzeiten entwickelte sie ihre Passion für Geschichte. Mit 20 begann sie, umfangreiche Recherchen über Shakespeares Schurken, Richard III., anzustellen. Zehn Jahre lang war sie Kulturredakteurin einer Tageszeitung in New York. Inzwischen lebt sie mit ihrem Mann in der Nähe von Boston, Massachusetts, und widmet sich ihrer großen Leidenschaft, den historischen Romanen. »Die Rose von England« ist ihr Debüt, an ihrem neuen Roman arbeitet sie bereits.
Weitere Infos & Material
2 (S. 36-37)
1461
Wieder einmal hatte Königin Margaret den richtigen Augenblick verpasst. Statt ihre siegreiche Armee gleich nach der Schlacht bei St. Albans auch noch die gerade mal zweiunddreißig Kilometer bis nach London marschieren zu lassen, zögerte sie und vergeudete ganze zehn Tage damit, mit dem Bürgermeister und dessen Ratsherren über eine mögliche Kapitulation Londons zu verhandeln. Sie wollte ihre Truppen gerne ohne weitere Gefechte in die Stadt einziehen lassen. Sicherlich, am Ende hatte sie mit ihrem Begehren auch tatsächlich Erfolg.
Die Ratsältesten wagten es nämlich nicht, sich der Königin zu widersetzen - sie hatten Angst vor Vergeltungsmaßnahmen, denn London hatte den Mitgliedern des Hauses York großzügig bemessene Summen für die Ausrüstung ihrer Truppen gezahlt. Insgesamt ging aber viel kostbare Zeit verloren, bis man der Königin endlich zugestand, genau vier ihrer Unterhändler auszusenden, damit diese in Verhandlung mit den Londoner Stadtoberen träten, welche wiederum im Auftrag der Bürger der Stadt agierten.
Das Ziel dieser Zusammenkunft sollte sein, zumindest die Anführer der Königstreuen wieder in die Stadt zu lassen. Allerdings hatten die Ratsältesten die Rechnung ohne ihre Mitbürger gemacht, denn kaum, dass die Londoner von der anstehenden Übereinkunft erfuhren, verriegelten sie ihre Läden, versteckten ihren Schmuck und ihr Gespartes und wandten sich entrüstet an den Bürgermeister, wie dieser sich überhaupt zu derartigen Verhandlungen hatte bereit erklären können. Zudem nahmen sie die Schlüssel zu den Stadttoren einfach an sich und weigerten sich, noch irgendjemanden hinein- oder hinauszulassen.
Auf Baynard’s Castle hielten Cecily und ihre Familie derweil den Atem an und harrten gespannt der Dinge, die da noch kommen würden. Vor allem hoffte man auf das baldige Eintreffen von Lord Edward - jetzt konnte er doch bestimmt nicht mehr weit sein, oder? Margaret war erleichtert, dass George und Richard sich zurzeit an Bord eines Schiffes in Richtung Burgund befanden, und Cecily hatte ihr nochmals versichert, dass Herzog Philip sie ganz gewiss freundlich behandeln würde. Bevor die Jungen allerdings in See stechen konnten, hatte Cecily mit einigen der Kapitäne der im Hafen liegenden Schiffe höchstpersönlich verhandeln müssen, ehe einer von ihnen mit Kurs in Richtung Niederlande sich bereit erklärte, die Jungen zum ausgehandelten Preis mit an Bord zu nehmen.
Der Mut, den ihre Mutter bei diesen Verhandlungen bewiesen hatte, und ihre unerschütterliche Entschlossenheit, sogar im Angesicht größter Gefahr noch eisern für ihre Familie einzustehen, hatten bei Margaret tiefen Eindruck hinterlassen. Sie hoffte, eines Tages, wenn sie eine eigene Familie hätte, ebenso furchtlos aufzutreten Von ihrem kleinen Versteck über dem Burgtor ließ Margaret den Blick über die reetgedeckten Dächer der Thames Street schweifen. Hinter den Dächern ragte der schwindelerregend hohe Turm von St. Paul’s Cathedral empor. Die Kathedrale war kaum mehr als einen Steinwurf von Baynard’s Castle entfernt, und man sagte, ihr Turm sei der höchste in ganz Europa.
Am ersten Tag nach der Schlacht bei St. Albans war es in der Thames Street zugegangen wie in einem Taubenschlag: Unablässig hatten die Bürgersleute die Verschläge ihrer Geschäfte verschlossen und eimerweise frisches Wasser von den öffentlichen Brunnen herangeschleppt. Zudem holte man Körbe voller Essen vom Markt, und herrische Frauenstimmen riefen die tobenden Kinder ins Innere der Häuser - alles aus Angst vor den plündernden Truppen der Königin.
Dann wurden die Stadttore verschlossen, und Ruhe kehrte ein. Die hektische Geschäftigkeit wich später einem etwas gemächlicheren Tempo, die Verschläge der Läden wurden wieder geöffnet, und auch die Kinder durften wieder hinaus auf die Straße, um zu spielen. Margaret konnte gar nicht genug bekommen von dem farbenfrohen Treiben auf der Straße, und sie beneidete die einfachen Bürgersleute um deren Freiheit. Sie selbst durfte die Burg nicht verlassen, ohne mindestens eine weibliche Begleitung und zwei weitere Mitglieder aus ihrem Gefolge bei sich zu haben.