E-Book, Deutsch, Band 1, 528 Seiten
Smith Phantasma - Spiel um dein Leben, fürchte die Liebe
2. Auflage 2025
ISBN: 978-3-8412-3788-0
Verlag: Aufbau Verlage GmbH
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Der Dark Romantasy TikTok-Hype auf Deutsch
E-Book, Deutsch, Band 1, 528 Seiten
Reihe: Wicked Games ? Verfluchte Spiele
ISBN: 978-3-8412-3788-0
Verlag: Aufbau Verlage GmbH
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Bist du bereit für die Hölle? Willkommen in Phantasma.
Ophelia und ihre Schwester Genevieve sind mit dem Tod mehr als vertraut, denn ihre Mutter ist Nekromantin, und sie haben täglich mit Geistern zu tun. Dann wird ihre Mutter brutal ermordet, und Ophelias Leben steht kopf - die mächtige Magie der Familie wird auf sie übertragen, aber nicht nur das: Sie erbt auch die hohen Schulden, die auf dem Haus liegen. Kurzerhand beschließt ihre Schwester Genevieve, ein tödliches Risiko einzugehen: Sie will an den Phantasma-Spielen teilnehmen, deren Gewinnerin ein Wunsch gewährt werden soll. Doch der Weg dahin ist gefährlich, und viele sterben bei dem Versuch, die Spiele zu gewinnen. Um ihre Schwester zu retten, macht auch Ophelia sich auf nach Phantasma - ein verfluchtes Haus mit verwinkelten Gängen und prunkvollen Ballsälen, in denen Dämonen und tödliche Versuchungen auf die Teilnehmenden warten. In neun Leveln müssen sie sich neun teuflischen Herausforderungen stellen. Dabei kommt Ophelia nicht nur einem sorgsam gehüteten Familiengeheimnis auf die Spur, sie muss auch mit aller Kraft gegen einen inneren Dämon ankämpfen, eine Stimme in ihrem Kopf, die ihr Leben beherrscht und all ihre Ängste kennt. Dann taucht Blackwell auf, ein arroganter Fremder, von dem sich Ophelia auf unwiderstehliche Weise angezogen fühlt. Er bietet ihr einen Deal an, und sie beschließt, ihm zu trauen - nicht ahnend, dass sie sich damit noch mehr in Gefahr bringt. Denn in Phantasma gibt es nur eines, das tödlicher ist als die Spiele selbst: Sich zu verlieben ...
Kaylie Smith (she/they) schreibt und liest über alles, was mit Magie und Fantasy zu tun hat. Sie wuchs in Louisiana auf, wo sie stets in einem Buchladen zu finden war. Wenn sie nicht gerade an einem Text sitzt, verbringt sie Zeit mit ihren Australian Shepherds oder hätschelt ihre Zimmerpflanzen. Diana Bürgel wuchs in Hamburg, England und Indien auf, studierte Linguistik und Literarisches Übersetzen in München. Julian Müller hat in Berlin und München studiert und übersetzt seit 2010 englischsprachige Literatur. Er engagiert sich für die Sichtbarkeit von Literaturübersetzer:innen und lebt mit seiner Familie in Berlin.
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1
Mitternachtsmagie
Mondlicht schimmerte auf dem vergoldeten Medaillon, das um den kalten Hals der Leiche lag.
Hastig löste Ophelia Grimm die Kette ihrer Mutter mit dem herzförmigen Anhänger, bevor sie aus dem magischen Kreis trat, die Hände unter ihre offenen dunkelbraunen Locken schob und sich das vertraute Schmuckstück umlegte. Ein Schauer lief ihr über den Rücken, als das kühle Metall ihre Brust berührte, und sie spürte ein Prickeln auf der Haut.
Ophelia sank links von dem blassen Leichnam ihrer Mutter auf die Knie. Ihre Schwester Genevieve sah ihr aus ein paar Schritten Entfernung in andächtigem Schweigen dabei zu, wie sie die Silberklinge in ihrer Hand noch fester umfasste und deren scharfe Spitze in die weiche, elfenbeinweiße Haut auf der Innenseite ihres Arms drückte. Der Schnitt war tief und präzise, und es floss so viel Blut heraus, dass es zu Boden tropfte, sich zu ihren Füßen in einer Lache sammelte und den zarten weißen Stoff ihres Nachthemds in einem makabren Zinnoberrot färbte. Es roch stechend nach Eisen und Salz.
Ophelia ließ die Klinge klirrend zu Boden fallen, und Genevieve zuckte zusammen wie ein erschreckter Hase. Ophelia beachtete ihre Schwester nicht. Sie entzündete ein Streichholz und genoss das Zischen der auflodernden Flamme in der Totenstille von Grimm Manor, dem Anwesen ihrer Familie. Sie hielt das Streichholz an die Kerze, die ihr am nächsten war, und wartete, bis der Docht Feuer fing, wobei sie gegen das Wachs tippte und stumm jede Berührung mitzählte.
Eins, zwei, drei.
Als die Kerze endlich brannte, schob Ophelia sie an ihren Platz im Kreis, und sofort flackerten die anderen Kerzen um Tessie Grimms leblosen Körper auf. Die Schatten der Grimm-Schwestern streckten sich jetzt bis zur Decke, die Samtvorhänge ihnen gegenüber blähten sich stürmisch auf.
Ophelia war es gewesen, die mitten in dieser lauen Nacht schweißgebadet aufgewacht war und ihre Mutter leblos auf dem cremeweißen Chambray-Teppich gefunden hatte. Es hatte keine entsetzten Schreie gegeben, keinen Hinweis auf Panik oder irgendeine Bedrohung. Überhaupt kein Zeichen von Gefahr. Nur ihre Mutter, die auf dem Boden gelegen hatte, als hätte sie beschlossen, sich im Wohnzimmer schlafen zu legen anstatt in ihrem Bett. Hätte das fremdartige Knistern der Magie Ophelia nicht gewarnt, dass irgendetwas ganz und gar nicht stimmte, dann hätte sie ihre Mutter vielleicht erst bei Sonnenaufgang gefunden. Und dann wäre es zu spät gewesen.
Vage war sich Ophelia bewusst gewesen, dass ihre Schwester hinter ihr die knarrenden Stufen herunterkam, doch sie war zu sehr mit sich selbst beschäftigt gewesen, um Genevieve vor dem schrecklichen Anblick zu warnen. Sie hatte sich den Kopf darüber zerbrochen, ob sie oft genug gegen das Kopfteil ihres Betts geklopft und mit den Fingerknöcheln im richtigen Rhythmus gegen die Wand gepocht hatte, bevor sie eingeschlafen war. Obwohl sie doch genau wusste, dass sie das getan hatte. Ihre Zwangshandlungen waren mittlerweile Routine für sie. Das hier war nicht ihre Schuld. Unmöglich. Sie hatte alles richtig gemacht.
Kurz war Ophelia sogar der Gedanke gekommen, die Tote einfach liegen zu lassen und wieder ins Bett zu gehen, in der Hoffnung, dass sie am nächsten Morgen verschwunden sein würde, so wie alles, was ihr Verstand heraufbeschwor. Erst als sie Genevieves herzzerreißendes Schluchzen gehört und das Pulsieren der Macht in der Luft gespürt hatte, war sie aus ihrer Starre erwacht. Sie hatte Genevieve angefahren, sie solle eine Schachtel Streichhölzer holen, und war durchs Haus zum Arbeitszimmer ihrer Mutter gerannt, so schnell ihre Füße sie trugen, um dort alles nach den sieben schwarzen Kerzen zu durchwühlen, die sie brauchte, um mit der Beschwörung zu beginnen – bevor sich das Zeitfenster für immer schloss.
Ophelia war nun die Älteste der Grimms. Der Tod ihrer Mutter machte aus ihr viel mehr als nur eine Waise.
Beeil dich, dir läuft die Zeit davon, wisperte die Schattenstimme in ihrem Kopf. Wenn du dein Zeitfenster verpasst, wird das Konsequenzen haben.
Ophelia schob die Stimme fort und tauchte zwei Finger in die Pfütze ihres eigenen Bluts – vorsichtig, um den Kerzenkreis nicht zu durchbrechen und damit die eine Aufgabe zu vermasseln, auf die man sie ihr ganzes Leben lang vorbereitet hatte. Es war so weit. Die elfte Stunde. Was auch immer sie sich als Nächstes zu tun entschloss, es würde sie unwiederbringlich verändern. Sie konnte sich weigern, die Beschwörung zu Ende zu bringen, und bleiben, wer sie war, die einzige Version ihrer selbst, die sie je gekannt hatte. Oder sie setzte das Erbe ihrer Familie fort und zahlte den Preis dafür.
»Du musst das nicht tun, Ophie«, flüsterte Genevieve in die Dunkelheit. Fast flehend.
Doch Ophelia wollte um keinen Preis diejenige sein, mit der die Magie ihrer Familie endete. Auch wenn dieses Ritual sie bis ins Innerste erschütterte, es zu verweigern würde sie auf eine Weise verändern, die ihren Geist zu brechen drohte. Der Drang, die Hoffnungen zu erfüllen, die in sie gesetzt wurden, war ihr in die Knochen eingemeißelt. Untrennbar mit ihrer Seele verbunden.
Sie schloss die Augen und flüsterte die Worte jener Formel, die sie, seit sie sprechen konnte, jeden Abend aufsagte wie ein unheiliges Gebet. Die Hitze der Flammen wurde immer intensiver, und die warme Luft ließ sie am ganzen Körper erglühen, während sie sich auf die Macht konzentrierte, die auf ihrer Haut knisterte. Ein verkohlter, bitterer Geruch verätzte ihr die Nase. Der Geruch von Magie.
Als das letzte Wort von ihren Lippen getropft war, erloschen die schwarzen Kerzen eine nach der anderen. Obsidianfarbene Rauchkringel umwaberten den Kreis, während sie die blutverschmierten Finger in den aufgeknöpften Ausschnitt ihres Nachthemds schob und eine scharlachrote Sigille über ihr Herz malte.
Dann warteten sie. Ophelia gespannt. Genevieve besorgt.
Die Temperatur im Haus fiel um mindestens zehn Grad, und die Stille wurde schwer, die Dunkelheit zu bewegungslos. Auf einmal wusste Ophelia, dass sie jemand beobachtete, sie fühlte die Blicke, die sich von allen Seiten in ihre Haut brannten. Die Augen jener, die sie nicht sehen konnte. Noch nicht.
Sie wartete in der Finsternis, und es fühlte sich wie eine quälend lange Zeit an. Die Standuhr in der Eingangshalle hatte noch nicht Mitternacht geschlagen, doch Ophelia war sich sicher, dass die Magie inzwischen hätte wirken müssen. Vielleicht hatte sie etwas falsch gemacht, vielleicht hatte sie die Worte nicht richtig ausgesprochen oder nicht deutlich genug. Vielleicht war sie eine komplette Versagerin …
Ophelia schrie auf, als plötzlich Feuer durch ihre Knochen und über jeden Zentimeter ihrer Haut jagte. Sie fiel nach vorn auf die Hände, ihr Rückgrat knackte und krümmte sich unnatürlich. Sie wimmerte vor Schmerz, als die Magie ihrer Mutter ihren Körper flutete, drückte die Stirn auf den Boden in die Lache aus Blut, während sie kreischte, bis sie heiser war. Genevieve kam zu ihr und legte ihr eine Hand auf den Rücken, doch sie konnte nichts tun, außer zuzusehen.
Als es endlich vorbei war, sackte Ophelia zusammen und blieb eine weitere lange Minute so liegen – versuchte, wieder zu Atem zu kommen. Schließlich schaffte sie es aufzustehen, holte tief Luft und flüsterte der Dunkelheit eine Aufforderung zu. Eine Aufforderung, die ihr Schicksal für immer besiegeln würde.
Genevieve blieb der Mund offen stehen, denn die Dunkelheit reagierte – auf Ophelias gewisperten Befehl hin entflammten die Kerzen erneut. Nun jedoch brannten sie in einem silbrigen Blauton. Grimmblau.
Ophelia erhaschte einen Blick auf ihr Spiegelbild im Fenster. Ihr Haar und ihr zartes Nachthemd waren blutverklebt. Scharlachrote Schlieren zogen sich über ihre scharfen Wangenknochen und über den Rücken ihrer feinen, spitzen Nase – ein harscher Kontrast zu ihrer Porzellanhaut. Das war es...