E-Book, Deutsch, 256 Seiten, E-Book
Reihe: Haufe Fachbuch
Speidel / Antic Praxishandbuch Abfallmanagement
1. Auflage 2023
ISBN: 978-3-648-16439-6
Verlag: Haufe
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Wie Unternehmen die Kreislaufwirtschaft in Schwung bringen
E-Book, Deutsch, 256 Seiten, E-Book
Reihe: Haufe Fachbuch
ISBN: 978-3-648-16439-6
Verlag: Haufe
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Nadine Speidel hat Energie- und Recyclingmanagement an der Hochschule für Wirtschaft und Umwelt Nürtingen-Geislingen (HfWU) und Produktionsmanagement an der ESB Reutlingen studiert. Ihre Liebe zum Abfall hat sie schon während des Studiums entdeckt. Nachdem sie keinen Arbeitgeber finden konnte, der auf innerbetriebliches Abfallmanagement spezialisiert war, gründete sie noch im Studium 2012 die GlobalFlow GmbH mit der Mission, Schwung in die Kreislaufwirtschaft zu bringen und diese beim Abfallerzeuger zum Leben zu erwecken.
Autoren/Hrsg.
Fachgebiete
- Wirtschaftswissenschaften Betriebswirtschaft Bereichsspezifisches Management Betriebliches Energie- und Umweltmanagement
- Technische Wissenschaften Umwelttechnik | Umwelttechnologie Abfallwirtschaft, Abfallentsorgung
- Rechtswissenschaften Öffentliches Recht Umweltrecht Abfall- und Bodenschutzrecht
- Geowissenschaften Umweltwissenschaften Abfallbeseitigung, Abfallentsorgung
Weitere Infos & Material
2 Normative Grundlagen
2.1 Das Abfallrecht
Die nachfolgende Pyramide gibt eine Übersicht über den Aufbau der Gesetzgebung.
Abbildung 4: Die Fünf-Stufen-Pyramide in der deutschen Abfall- und Kreislaufwirtschaft (vgl. Brumme 2017)
Gesetzliche Grundlagen
Um die EU-Abfallrahmenrichtlinie umzusetzen, gibt es in Deutschland eine Vielzahl an Gesetzen und Verordnungen. Diejenigen, die uns am häufigsten in der Beratungspraxis begleiten, finden Sie in diesem Kapitel näher ausgeführt. Dabei werden zunächst die einschlägigen Gesetze – da demokratisch durch Bundesrat und Bundestag legitimiert – und im Anschluss die damit zusammenhängenden Rechtsverordnungen (formelle Gesetze), ergänzenden Zertifizierungen und Umweltmanagementsystemnormen vorgestellt.
2.1.1 Kreislaufwirtschaftsgesetz (KrWG)
Mit den KrWG, welches am 01. Juni 2012 in Kraft getreten ist und damit das Kreislaufwirtschaft- und Abfallgesetz abgelöst hat, wurde die EU-Abfallrahmenrichtlinie 2008/98/EG in nationales Recht umgesetzt (s. a. Abbildung 4). Primäres Ziel dieses Gesetzes ist die Steigerung der Ressourceneffizienz in der Abfallwirtschaft durch Stärkung der Abfallhierarchie, insbesondere der Abfallvermeidung, der Wiederverwendung und des Recyclings von Abfällen, um eine nachhaltige Steigerung des Umwelt- und Klimaschutzes zu erreichen. Das KrWG unterscheidet zwischen Produkten, Nebenprodukten sowie Abfällen und definiert das Ende der Abfalleigenschaft nach einer abfallwirtschaftlichen Verwertung in einer Abfallbehandlungsanlage. Dieses Gesetz beinhaltet zudem Vorgaben zur Getrennthaltung von Abfällen. Neben den Genehmigungs-, Nachweis- und Registerpflichten der Anlagenbetreiber und den Pflichten des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers werden auch die Anforderungen an Entsorgungsfachbetriebe und Überwachungsorganisationen aufgezeigt sowie Anforderungen an die Betriebsorganisation und die Betriebsbeauftragten für Abfall gestellt.
Im nachfolgenden Abschnitt liegt der Fokus auf den für das betriebliche Abfallmanagement relevanten Inhalten des KrWG. Inhalte, die z. B. auf Entsorgungsfachbetriebe und nicht auf den Abfallerzeuger ausgerichtet sind, werden vernachlässigt.
Abfallhierarchie
Die Abfallhierarchie gibt weitestgehend den Verwertungsweg der Abfälle vor. Dabei hat die Vermeidung stets Vorrang vor der Vorbereitung zur Wiederverwendung, vor dem Recycling, vor der sonstigen Verwertung (thermisch oder stofflich) und vor der Beseitigung (siehe Abbildung 5).
Abbildung 5: Die Abfallhierarchie in § 6 KrWG (eigene Darstellung)
Die Einhaltung der Abfallhierarchie ist für den Abfallerzeuger (den Betrieb) verpflichtend.
BEISPIEL
Ein produzierender Betrieb möchte beschichtete Kartonagen entsorgen und fragt dazu die Entsorgung bei zwei Lieferanten an. Lieferant A bietet eine energetische Verwertung für das Material an, währenddessen Lieferant B eine stoffliche Verwertung ermöglichen kann. So muss sich der Abfallerzeuger für Lieferant B entscheiden.
Praxistipp
Um rechtskonform agieren zu können, ist es immer notwendig, zu wissen, welchem Verwertungsverfahren Ihre Abfälle zugeführt werden. Bringen Sie diese Information vor der Beauftragung eines Lieferanten in Erfahrung, sodass Sie über eine entsprechende Entscheidungsgrundlage verfügen.
Die nachfolgende Tabelle zeigt die Zuordnungen von Abfällen zur jeweiligen Hierarchiestufe (vgl. Müller/Brand 2017, S. 28–29):
Hierarchiestufe | Beispiel | Maßnahme |
Vermeidung | Altreifen | Nutzung zur Beschwerung von Kunststoffplanen in der Landwirtschaft |
Holzschutzmittel | Unmittelbare Verwendung von Rückständen für die nächste Charge |
Unbelasteter Erdaushub | Einsatz als Füllmaterial am Ort des Aushubs |
Beschädigtes Werkzeug/ Arbeitsmittel | Reparatur und Weiterverwendung |
Verunreinigte Kleidung | Reinigung und Weiternutzung |
Vorbereitung zur Wiederverwendung | Möbel | Aussortierung von brauchbaren Möbeln aus dem Sperrmüll zur Weiterverwendung |
Holzpaletten | Aussortierung von unbeschädigten Holzpaletten aus einem Stapel Altholz |
Textilien | Aussortierung und Reinigung von brauchbarer Kleidung aus Altkleidercontainer |
Recycling (stoffliche Verwertung) | Eisenschrotte | Gewinnung von Sekundärrohstoffen |
NE-Metallabfälle |
Altpapier |
Kunststoffabfälle (sortenrein) |
Altglas |
Mineralfaserabfälle | Herstellung von silikatischen Zuschlagstoffen für die Tonziegelproduktion (derzeit keine Anwendung, HessVGH Beschluss vom 09.10.2012, 2 B 1860/12) |
Altreifen | Aufbereitung zur Herstellung von Gummimehl für technische Kunststoffprodukte |
Altöl | Aufbereitung, Rektifikation und Herstellung von Basisöl |
Sonstige Verwertung | Kunststoffe (hochkalorisch, nicht sortenrein) | Erzeugung von Ersatzbrennstoff nach Aussortieren aus Wertstoffgemisch |
Restabfall | Energiegewinnung in einem Müllheizkraftwerk |
Altreifen | Einsatz als Granulat zur Energiegewinnung in einem Zementofen |
Schlacken | Einsatz als Versatzmaterial in Bergwerken |
Ofenausbruch aus Verbrennungsprozessen |
Filterstäube |
REA-Gips |
Gießerei-Altsande |
Beseitigung | PCB-Abfall | Verbrennung (Beseitigungspflicht wegen PCBAbfallV, Zerstörungspflicht wegen POP-VO) |
Asbesthaltige Abfälle | Deponierung auf einer SAD (Verwertung ist technisch nur mit großem Aufwand möglich) |
Dioxinhaltige Filterstäube | Untertagedeponierung (zulässig nach Anhang V (2) POP-VO) |
Cyanidhaltige flüssige Abfälle | Chemisch-physikalische Behandlung (z. B. Oxidation) |
Chromathaltige Abfälle | Chemisch-physikalische Behandlung (z. B. Reduktion) |
Tabelle 1: Beispiele entlang der Abfallhierarchie (vgl. Müller/Brand 2017, S. 29)
Ende der Abfalleigenschaft
In der EU-Abfallrahmenrichtlinie und in § 5 KrWG werden Nebenprodukte und das Ende der Abfalleigenschaft konkretisiert. Trifft dieser Fall auf Sie zu, so sind abfallbezogene Rechtspflichten als Folge der Feststellung des Endes der Abfalleigenschaft oder der vorangegangenen Einstufung eines Gegenstands, Produkt oder Stoff als Nebenprodukt nicht mehr relevant.
Abbildung 6: Einstufung als Nebenprodukte und das Ende der Abfalleigenschaft (vgl. Weyer 2014)
Diese Systematik stellt auch die Wege von in der Produktion entstehenden Stoffen, Produkten und Gegenständen dar. Das Produkt gilt als Herstellungsziel. Darüber hinaus entstehen entweder Nebenprodukte, die nach § 4 (1) des KrWG wie folgt definiert sind:
Fällt ein Stoff oder Gegenstand bei einem Herstellungsverfahren an, dessen hauptsächlicher Zweck nicht auf die Herstellung dieses Stoffes oder Gegenstandes gerichtet ist, ist er als Nebenprodukt und nicht als Abfall anzusehen, wenn
- sichergestellt ist, dass der Stoff oder Gegenstand weiterverwendet wird,
- eine weitere, über ein normales industrielles Verfahren hinausgehende Vorbehandlung hierfür nicht erforderlich ist,
- der Stoff oder Gegenstand als integraler Bestandteil eines Herstellungsprozesses erzeugt wird und
- die weitere Verwendung rechtmäßig ist; dies ist der Fall, wenn der Stoff oder Gegenstand alle für seine jeweilige Verwendung anzuwendenden Produkt-, Umwelt- und Gesundheitsschutzanforderungen erfüllt und insgesamt nicht zu schädlichen Auswirkungen auf Menschen und...