Spindler Grausamer Tod - vier Thriller von Erica Spindler
1. Auflage 2016
ISBN: 978-3-95576-531-6
Verlag: MIRA Taschenbuch
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
eBundle
E-Book, Deutsch, 1872 Seiten
Reihe: eBundles
ISBN: 978-3-95576-531-6
Verlag: MIRA Taschenbuch
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
DIE ANGST IM NACKEN
Vor mehr als zwanzig Jahren hat Harlow Anastasia Grail einen wahren Albtraum überlebt. Ein Verrückter hat sie entführt und ihr den kleinen Finger abgeschnitten. Um die traumatische Vergangenheit vergessen zu können, hat Harlow ihren Namen geändert und alle Brücken hinter sich abgebrochen. Nun der Schock: Der Albtraum ist nicht vorbei - der Mann von damals lebt. Aus Angst um ihr Leben beauftragt die junge Autorin Detective Quentin Malone. Schon bald verbindet die beiden eine leidenschaftliche Affäre. Doch kann sie ihm wirklich trauen? Und welche Rolle spielt der attraktive Psychologe Dr. Ben Walker? Ein dramatischer Wettlauf um Leben und Tod beginnt...
BLUME DES SATANS
'Paradise Christian Church' - so heißt die Kirche, in der die Pfarrerin Rachel Howard sich besonders engagiert um Jugendliche kümmert. Aber dann verschwindet sie spurlos.
Zusammen mit dem Ex-Cop Rick Wells, der auf Key West eine Bar betreibt, versucht Liz etwas über den Verbleib ihrer Schwester harauszufinden. Vergeblich. Stattdessen entdecken sie Entsetzliches: Der düstere Satanskult 'Gehörnte Blume' begeht offensichtlich Ritualmorde an Jugendlichen ...
STADT DES SCHWEIGENS
Die Journalistin Avery ermittelt auf eigene Faust. Denn für sie steht fest, dass der lange zurückliegende Mord an einer jungen Frau in Verbindung steht mit dem erschütternden Tod ihres Vaters. Auch der attraktive Rechtsanwalt Hunter, der durch Avery endlich wieder erfährt, was Liebe ist, glaubt daran. Als erneut die grausam zugerichtete Leiche einer jungen Frau gefunden wird, kommen sie der schrecklichen Wahrheit auf die Spur. Und geraten ins Visier des Mörders.
IM SCHATTEN DES MÖRDERS
Janes Glück bricht zusammen wie ein Kartenhaus: Mit Drohbriefen meldet sich der Mann zurück, der sie vor vielen Jahren fast getötet hätte. Will er sein Werk vollenden? Steckt er auch hinter den jüngsten Frauenmorden? Oder muss Jane tatsächlich Angst vor ihrem eigenen Mann haben?
Für die Polizei ist er tatverdächtig. Doch welche Rolle spielt Janes Halbschwester Stacey, die die Ermittlungen leitet? Sie wollte sich schon längst einmal an der Schwester rächen, die immer auf der Sonnenseite des Lebens zu stehen scheint. Wem also kann Jane noch vertrauen? Sie zieht in den Kampf - um ihr Leben und für die Liebe.
Erica Spindler studierte zunächst Kunst. Als erfolgreiche Malerin stellte sie in namhaften Galerien aus. 1982 begann sie mit dem Schreiben, als sie mit einer Erkältung das Bett hüten musste. 1987 veröffentlichte sie ihren ersten Roman. Zunächst tat sie sich als Autorin romantischer Geschichten hervor, wandte sich aber ab 1996 dem Kriminalroman zu. Ihre Bücher erreichen immer wieder die ersten Plätze der New York Times-Bestsellerliste und erscheinen inzwischen in über 20 Ländern. Spindlers Stil wird durch ihre Faszination für Psychologie und Zwischenmenschliches geprägt, die ihre Romane zu einem spannenden und emotionalen Erlebnis für ihre Leser und Leserinnen macht. Auch als präzise Beobachterin und Kommentatorin gesellschaftlicher Entwicklungen fällt Erica Spindler auf. Die 1957 in Illinois geborene Autorin lebt seit 1980 im Raum New Orleans. An der dortigen Universität schloss sie ihr Kunststudium ab. Heute wohnt sie mit ihrem Ehemann und den beiden gemeinsamen Söhnen im ländlichen Louisiana nahe der Metropole.
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PROLOG
Juni 1978
Südkalifornien
Die dreizehnjährige Harlow Anastasia Grail litt Todesangst, während sie sich mit dem weinend an sie gekauerten Timmy in eine Ecke des dunklen, fensterlosen Raumes drückte.
Der Filzteppich roch leicht nach Urin, genau wie die Matratze, auf der sie vor Stunden mit Timmy erwacht war. Oder vor Tagen? Harlow hatte jegliches Zeitgefühl verloren, seit sie mit Timmy von Monica, der Kinderschwester, der ihr Vater vertraut hatte, in ein fremdes Auto gelockt worden war.
Er hatte drinnen gewartet, der Mann, den Monica Kurt nannte.
Harlow schauderte bei der Erinnerung an sein kaltes Lächeln. Sie hatte sofort gewusst, dass er ihr und Timmy etwas antun wollte. Schreiend hatte sie nach dem Türgriff gelangt. Er hatte sie festgehalten, bis Monica ihr etwas spritzte, das ihre Welt in Dunkelheit versinken ließ.
„Ich will nach Hause!“, wimmerte Timmy. „Ich will zu Mom.“
Beschützend zog Harlow den Jungen enger an sich. Es war ihre Schuld, dass er hier war. Sie musste sich um ihn kümmern, sie war für ihn verantwortlich. „Es wird alles gut. Ich beschütze dich.“
Aus dem Nachbarzimmer klang eine Fernsehreportage herüber:
„… im Entführungsfall der kleinen Harlow Grail und ihres Freundes Timmy Price. Harlow Grail, Tochter der Schauspielerin Savannah Grail und des Schönheitschirurgen Cornelius Grail aus Hollywood, war aus den Stallungen des Familienanwesens entführt worden. Der sechsjährige Sohn der Haushälterin war Harlow offenbar in die Stallungen gefolgt und wurde ebenfalls entführt. Die Behörden glauben, dass er nur ein zufälliges Opfer ist, und die FBI-Agenten …“
Ein Krachen, dann das Geräusch von splitterndem Holz. „Diese Hurensöhne!“
„Kurt, beruhige dich …“
„Ich habe ihnen gesagt, was passiert, wenn sie die Polizei einschalten! Diese dämlichen Hollywood-Arschlöcher! Ich habs Ihnen gesagt …“
„Kurt, um Himmels willen, nicht …“
Die Tür flog auf und krachte gegen die Wand. Kurt stand im Rahmen, heftig atmend, das Gesicht weiß vor Wut. Monica und die andere Frau, die sie Sis nannten, verharrten ängstlich hinter ihm.
„Deine Eltern haben nicht auf mich gehört!“, sagte er leise, mit vor Hass vibrierender Stimme. „Schade um euch.“
„Lassen Sie uns gehen!“, flehte Harlow und hielt Timmy fest. Der Junge drückte sich hysterisch schluchzend an sie.
Kurt lachte grausam. „Verwöhnte kleine Göre. Wie soll ich bekommen, was ich haben will, wenn ich euch gehen lasse?“
Er war mit wenigen Schritten bei ihr und entriss ihr Timmy.
„Ha’low!“, schrie der Junge angstvoll auf.
„Lassen Sie ihn los!“ Als sie aufsprang, ihm zu helfen, schossen Monica und Sis vor und hielten sie zurück. Harlow wehrte sich, doch die beiden waren stark. Sie hielten sie an den Armen fest, dass sich ihre Nägel in ihr Fleisch bohrten.
Kurt warf den zappelnden Jungen auf die schmutzige Pritsche und hielt ihn nieder. „Sieh gut hin, Prinzessin!“, forderte er sie auf. „Sieh dir an, was deine Eltern angerichtet haben. Sie haben nicht auf mich gehört. Ich hatte sie gewarnt, sich nicht an die Behörden zu wenden. Ich habe ihnen gesagt, welche Konsequenzen das hat. Sie haben das zu verantworten, diese dummen Hollywood-Arschlöcher.“ Damit schnappte er sich ein Kissen und presste es Timmy auf das Gesicht.
„Nein!“ Ihr Schrei hallte von den Wänden wider. „Nein!“
Timmy kämpfte. Er zerkratzte Kurt die Hände, heftig zunächst, dann langsam schwächer werdend. Harlow sah entsetzt zu und flehte tränenüberströmt um sein Leben.
Schließlich lag Timmy still. „Nein!“, schrie sie noch einmal. „Timmy!“
Kurt richtete sich auf. Er drehte sich ihr zu, die Lippen zu einem bösen Lächeln verzogen. „Du bist dran, Prinzessin.“
Er und Monica zerrten sie in die Küche. Sie sagte sich, dass sie kämpfen müsse, doch das lähmende Entsetzen ließ sie nur noch flehen. Monica zerrte ihr die rechte Hand über das fleckige abgesplitterte Porzellanspülbecken.
„Bereit oder nicht, es geht los“, sagte Kurt.
Harlow sah das Aufblitzen von Metall, eine Art Schere oder Zange, und wollte aufschreien.
Er nahm ihre rechte Hand, die Zange schloss sich um den kleinen Finger. Ein heißer, betäubender Schmerz, dann das Knacken von Knochen.
Der Spülstein färbte sich rot. Harlows Blick verschwamm, und die Welt versank in Dunkelheit.
Der Schmerz zog Harlow in heftigen an- und abschwellenden Wellen von der bandagierten Hand den Arm hinauf. Wenn er besonders schlimm war, erfüllte bitterer stählerner Geschmack ihren Mund und verursachte ihr Übelkeit. Sie biss sich fest auf die Unterlippe, um nicht laut loszuheulen. Sie musste leise sein, absolut still. Kurt und die anderen glaubten, sie schliefe, benebelt von den Schmerztabletten, die Monica ihr gegeben hatte. Doch sie hatte nur so getan, als hätte sie sie geschluckt.
Eine neue Schmerzwelle verging, und Harlow hatte einige Sekunden Ruhe vor den Qualen. Tränen des Entsetzens und der Hoffnungslosigkeit standen ihr in den Augen. Eine neue Schmerzwelle zog heran. Schwindelig, am Rande einer Bewusstlosigkeit, bekam sie kaum noch Luft. Sie durfte jetzt nicht ohnmächtig werden. Sie durfte Schmerz und Angst nicht nachgeben. Nicht wenn sie überleben wollte. Ihre Eltern würden heute Nacht das Lösegeld zahlen. Sie hatte Kurt zu den anderen sagen hören, dass er sie gehen ließe, sobald er das Geld habe.
Er log, dieser gemeine Bastard. Er hatte Timmy umgebracht, obwohl der Junge ihm nichts getan hatte. Der liebe kleine Timmy. Er hatte nur nach Hause gewollt.
Und dieser dreckige Mistkerl würde auch sie umbringen, gleichgültig, was er den anderen versprach. Auch wenn sie erst dreizehn war, sie war nicht dumm, sie hatte die Gesichter von allen dreien gesehen und konnte sie identifizieren. Dieses Risiko würde Kurt nicht eingehen.
Harlow erhob sich vorsichtig von der Pritsche, damit die Federn nicht quietschten, und kroch über den Filzteppich zur Tür. Sie presste das Ohr daran. Kurt sagte etwas, aber sie konnte nicht genau verstehen, was. Es betraf sie und die Geldübergabe.
Es geschieht heute Nacht!
Harlow eilte zur Pritsche zurück, legte sich hin und schloss die Augen. Sie hörte das Klicken des Türknaufs, der gedreht wurde, dann das leise Aufschwingen der Tür. Jemand trat ein und blieb neben ihrer Pritsche stehen.
Die Tür war wieder nicht abgeschlossen. Warum sollten sie sie auch verschließen? Die gehen davon aus, dass ich wegen der Medikamente fest schlafe.
Ihr Besucher beugte sich über das Bett, und Harlow merkte, dass es die ältere Frau war, Sis. Sie erkannte es an ihrem Geruch nach Rosen und Babypuder, süße Düfte, die den Gestank von Zigaretten nur teilweise überlagerten.
Sis beugte sich zu ihr herunter. Harlow spürte ihren Atem auf dem Gesicht und zwang sich, vollkommen still zu liegen und nicht zurückzuweichen.
„Süßes Lamm“, flüsterte Sis. „Es ist jetzt fast überstanden. Sobald Kurt das Geld hat, wird alles gut.“
Er ist losgefahren, es zu holen. Die Zeit läuft ab.
„Ich konnte ihn vorhin nicht aufhalten. Er war außer sich. Er … Deine Eltern hätten sich ihm nicht widersetzen sollen. Es war ihr Fehler. Sie tragen die Verantwortung …“ Sie sprach weinerlich. „Ich habe getan, was ich konnte. Du musst verstehen, er …“
Du hast nicht getan, was du konntest. Du hättest Timmy retten können, du alte Hexe! Du hast immer so viel Aufhebens um ihn gemacht, aber du hast keinen Finger gerührt, ihn zu retten. Ich hasse dich!
„Ich komme zurück.“ Die Frau presste ihr einen Kuss auf die Stirn. Harlow hätte fast aufgeschrien. „Schlaf schön, kleine Prinzessin. Es ist bald vorbei.“
Die Frau verließ den Raum und zog die Tür zu. Harlow lauschte aufmerksam auf das Klicken, das ein Abschließen der Tür angezeigt hätte.
Nichts.
Sie öffnete die Augen einen Spalt. Sie war allein. Vorsichtig richtete sie sich mit heftigem Herzklopfen auf, besorgt, mit dem kleinsten Geräusch die ältere Frau zu alarmieren. Offenbar hatte sie sich zu schnell aufgesetzt. Benommen vor Schwindel, musste sie sich an der Pritschenkante festhalten. Sie verharrte und atmete tief ein und aus, bis ihr Kopf klarer wurde.
Reglos wartete sie noch einen Moment und sammelte ihre Gedanken. Soweit sie es in den letzten Tagen mitbekommen hatte, wurde sie in einem kleinen, relativ abgelegenen Haus festgehalten. Sie hatte keine Geräusche von Verkehr oder Passanten gehört, und niemand hatte an der Tür geläutet. Am Morgen hatten die Vögel gezwitschert, und nachts hörte sie zweimal Kojoten heulen.
Wenn ich nun niemand finde, der mir hilft? Was, wenn ich mich verlaufe? Wenn der heulende Kojote mich findet und zerreißt?
Handle oder stirb, sagte sie sich zitternd. Kurt würde sie töten. Wenn sie davonlief, hatte sie zumindest eine Chance. Ihre einzige.
Harlow erhob sich von der Pritsche und schwankte leicht. Vorsichtig schlich sie zur Tür und öffnete sie einen Spalt. Der Raum dahinter schien leer zu sein. Der Fernseher lief, war aber ohne Ton. Eine Zigarette brannte im Aschenbecher auf der Armlehne des Sessels, und ein Kringel beißender Rauch stieg zur Decke.
Ich muss los! Ich muss rennen!
Bei dem Gedanken setzte sie sich auch schon in Bewegung. Sie erreichte die Haustür, entriegelte sie und riss sie auf. Mit einem leisen, unwillkürlichen Aufschrei taumelte sie in die dunkle, sternenlose...