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E-Book, Deutsch, 296 Seiten
Starker / Roos Zuversicht - Die neue Führungskraft
1. Auflage 2025
ISBN: 978-3-8006-7605-7
Verlag: Franz Vahlen
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Wie Führung in unsicheren Zeiten gelingt
E-Book, Deutsch, 296 Seiten
ISBN: 978-3-8006-7605-7
Verlag: Franz Vahlen
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Menschen (nicht nur) in Unternehmen sind zunehmend mit Dystopien konfrontiert. Diese wirken sich auf die Stimmung und vor allem die Leistungsfähigkeit der Mitarbeitenden und Führungskräfte aus. Das Prinzip Hoffnung hilft zwar, trotz kritischer Lage positiver in die Zukunft zu blicken und ist als Erwartungshaltung hinsichtlich der eigenen Zukunft auch in der Forschung als „Schlüssel für ein besseres Leben“ gut belegt. Aber Hoffnung allein macht uns noch nicht handlungsfähig, wenn es darum geht, Zukunft aktiv zu gestalten.
Zuversicht verstehen die Autorinnen als Kompetenz, mit klarem Blick auf die Realität und trotz der Herausforderungen Handlungsoptionen zu entwickeln, die dann im Ergebnis Veränderung zum Positiven ermöglichen. Der Unterschied zwischen „Ich hoffe, dass alles gut geht“ zu „Ich habe alles getan, dass es gut gehen wird“ beschreibt die für das Buch vorgenommene Unterscheidung der Begriffe.
In der Forschung basiert Zuversicht auf den Unterkonstrukten „Hoffnung“, „Optimismus“, „Selbstwirksamkeit“ und „Resilienz“. Diese Begriffe werden, insbesondere in punkto Resilienz, im Buch zueinander in Beziehung gesetzt, um eine integrierte Perspektive zu ermöglichen.
Das Buch unterstützt Führungskräfte, Unternehmer sowie Changemanagerinnen darin, alltagspraktische Handlungsoptionen trotz Dauerkrisenmodus zu entwickeln, hierüber Selbstwirksamkeitserleben und in der Folge Produktivität zu steigern und nicht zuletzt auch darin, Transformationsvorhaben positiv zu beeinflussen.
Die im Buch dargestellten Cases stellen eine praktische, unmittelbar übertragbare Navigationsunterstützung für Führungskräfte, Unternehmen und Teams dar.
Vera Starker, Wirtschaftspsychologin, MBA in systemischer Organisationsentwicklung, Autorin von diversen Sach- und Fachbüchern zum Thema Changemanagement und New Work, ist Mitgründerin und CEO des Berliner Think Tanks Next Work Innovation, der zur Neuen Arbeit im digitalen Zeitalter forscht, coacht und berät. Dr. Katharina Roos begleitet Unternehmen in Transformationsprozessen. Sie ist systemischer Coach, Wirtschaftsmediatorin und engagiert sich ehrenamtlich als Bürgerrätin für die Demokratie.
Autoren/Hrsg.
Weitere Infos & Material
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Zoom in die Unternehmen
A. Auswirkungen der Krisenstimmung in den Unternehmen
»In unsicheren Zeiten muss Führung die Zuversicht vermitteln, dass der Wandel Chancen schafft, keine Risiken allein.« Sundar Pichai, CEO Google und Alphabet
16Wie wir bereits kurz hergeleitet haben, spüren insbesondere Führungskräfte die Krisenstimmung stark – und ein Teil von ihnen tut das sogar dann, wenn ihr Unternehmen gar nicht unmittelbar von der Krise betroffen ist. Das gilt grundsätzlich auch für die befragten CEOs, allerdings sind diese besonders häufig der Meinung, dass es in der Krise Durchgriff und mehr autoritäre Führung braucht, was letztlich zur Rückkehr in klassische Top-down-Strukturen führt. Das lässt sich bereits in vielen Konzernen beobachten.
Während der schon laufenden Restrukturierungen ist der Stellenabbau in der deutschen Wirtschaft in vollem Gange und trifft dieses Mal in größerem Umfang auch Führungskräfte. Die Unternehmensberatung Oliver Wyman prognostiziert »The collapse of the Middle Manager«5, eine Folge des Abbaus von Führungskräften. In ihrem AI-Report vom Januar 2024 geht die Unternehmensberatung nicht nur davon aus, dass KI viele klassische White-Collar-Jobs von Datensammlern, Reden- und Reportschreibern ersetzen wird. Die KI wird, nach Einschätzung der Studienautoren, die Besetzung von Führungspositionen so verändern, dass dies einem Zusammenbruch der mittleren Ebene des Managements gleichkommt. Damit wird die dort geleistete Beziehungsarbeit allerdings völlig außer Acht gelassen – mit ungeahnten Folgen. Wie wir nämlich noch zeigen werden, wird es künftig sogar deutlich mehr Führung brauchen, und im Idealfall könnte der Einsatz von KI dazu führen, dass das mittlere Management endlich so entlastet wird, dass es Zeit hat, wirklich zu führen.
Diese unsichere Situation bedeutet für Führungskräfte eine doppelte Belastung: Zum einen ist dem mittleren Management vieler Unternehmen noch völlig unklar, ob es selbst vom Stellenabbau betroffen sein könnte, und zum anderen ist diese Ebene oft diejenige, die Kündigungsgespräche führen und mit den Teams die veränderten Bedingungen umsetzen muss.
»Ich sehe oft Tränen bei gestandenen Leuten. Nur die wenigsten haben die Einstellung: neues Spiel, neues Glück.« Nils Schmidt, Vorstand des DFK – Verband für Fach- und Führungskräfte
51 % der aktuellen Transformationen sind Restrukturierungen, zumeist inklusive Personalabbau. Denn obwohl der Fachkräftemangel, den Sie in Ihren Teams wahrscheinlich schon zu spüren bekommen haben, der bei Umfragen die am häufigsten genannte Herausforderung ist, werden aktuell Tausende von Fachkräften in der Wirtschaft abgebaut. Das ist nicht nur eine Folge der ehrgeizigen Kostenziele von Restrukturierungen, sondern auch ein Effekt des Strukturwandels in der deutschen Wirtschaft, da die Qualifikationen vieler 17Mitarbeitender nicht mehr zu den neuen Anforderungen passen und die strukturellen Umschulungsprogramme in den Unternehmen zu spät (oder gar nicht) gestartet wurden.
Von den Restrukturierungen der Vergangenheit weiß man, dass auch für diejenigen, die nicht selbst vom Stellenabbau betroffen sind, eine hohe psychische Belastung entsteht, ein sogenannter Survivor-Effekt. Studien konnten belegen, dass der Stress und die Arbeitsverdichtung für die im Unternehmen verbleibenden Mitarbeitenden derart hoch sind, dass ihre Produktivität deutlich sinkt. In der Folge werden die ursprünglich angesetzten Restrukturierungsziele nur selten erreicht, da die stressbedingten negativen Effekte und die dadurch sinkende Produktivität die Kosteneinsparziele überlagern.
Die Studienlage bestätigt auch, dass – neben diesen stress- und arbeitsverdichtenden Effekten – Personalabbau zu einem verringerten organisationalen Commitment führt. Hier interessiert uns vor allem das Nachlassen des affektiven sowie des normativen Commitments. Beim affektiven Commitment fühlt sich eine Person emotional an ihr Unternehmen gebunden, beim normativen ist sie durch eine moralische Verpflichtung gebunden (»Ich kann mein Team nicht allein lassen!«). Da die Anzahl emotional gebundener Arbeitnehmer sowieso auf einem sehr niedrigen Stand ist, tut jede weitere Reduktion weh. Denn auch die Zahl der Krankschreibungen hat in Deutschland eine noch nie dagewesene Größenordnung erreicht, was vor diesem Hintergrund herleitbar ist.
Nur 40 % empfinden uneingeschränktes Vertrauen in die finanzielle Zukunft des eigenen Unternehmens. Und nur 25 % sind ohne Einschränkungen davon überzeugt, dass die Unternehmensleitung die Kompetenz hat, zukünftige Herausforderungen erfolgreich zu meistern.
Alles in allem sind dies die sogenannten Opportunitätskosten von Restrukturierungen: ein verringertes Vertrauen ins Management, ein reduziertes Fairnesserleben und letztendlich auch eine längerfristig verminderte Leistungsbereitschaft und Leistung. In der Psychologie nennen wir das die Aufkündigung des psychologischen Kontraktes, der impliziten Übereinkunft zwischen Unternehmen und Arbeitnehmenden. Das affektive Commitment, das auch durch die Akzeptanz der Ziele und Werte des Unternehmens und den Glauben daran charakterisiert ist, wird stark beeinträchtigt, und auch der Wille, für das Unternehmen Anstrengungen 18auf sich zu nehmen, und das Bedürfnis, weiterhin ein Mitglied des Unternehmens zu bleiben, gehen zurück.
Die Gallup-Studie 20236 bestätigt diese Beobachtungen. Neben der emotionalen Bindung der Mitarbeitenden an ihr Unternehmen (übrigens mit dem niedrigsten gemessenen Wert seit 2012) sinkt auch das Vertrauen der Beschäftigten in die zukünftigen Perspektiven ihres Unternehmens. Und die Vertrauenserosion zeigt sich bereits direkt zu Beginn des Beschäftigungsverhältnisses, kann also nicht aus mehrfachen negativen Erfahrungen im aktuellen Unternehmen resultieren. Nur 31 % der Führungskräfte in Deutschland vertrauen ihren Mitarbeitenden direkt nach der Einarbeitungsphase, andersherum empfinden sogar nur 21 % der Angestellten hierzulande Vertrauen zu ihren Vorgesetzten.7
Das wird unter anderem auch daran liegen, dass die Unternehmensführungen derzeit eher auf Krisen fokussieren und wenig Zuversicht verbreiten. Nur 40 % der von Gallup Befragten empfinden uneingeschränktes Vertrauen in die finanzielle Zukunft des eigenen Unternehmens. Und nur noch ein Viertel (25 %) ist ohne Einschränkungen davon überzeugt, dass die Unternehmensleitung die Kompetenz hat, zukünftige Herausforderungen erfolgreich zu meistern – ein ebenfalls sehr kritischer Wert.
Seit 2019 hat das Vertrauen der Arbeitnehmenden in ihre Unternehmensführung damit um 16 Prozentpunkte abgenommen – und liegt jetzt unter dem Wert vor der Corona-Pandemie. »Das Management muss hier eine klare Richtung vorgeben, Aufbruchstimmung vermitteln und in Möglichkeiten statt im Krisenmodus denken, um so die Zuversicht zu stärken und Beschäftigte für den Kurs des Unternehmens zu begeistern. Denn schwierige Zeiten kann man nur erfolgreich überstehen, wenn man alle mitnimmt und für eventuell notwendige Veränderungen Rückendeckung hat«, kommentiert Pa Sinyan, Managing Partner von Gallup EMEA, die Ergebnisse.
»Zusammenhänge scheinen immer komplexer zu werden, Verantwortung zu übernehmen fällt auf allen Ebenen schwerer. Hier braucht es gerade in diesen unruhigen Zeiten mehr Mut, um mit Entschlossenheit – trotz Bedenken, Angst oder Bequemlichkeit – Hindernisse zu überwinden.« Thorsten Greiten, Vorstand Wertekommission
19Thorsten Greiten, Vorstand der Wertekommission, beobachtet ebenfalls, dass sich auch Führungskräfte von den schlechten Nachrichten – ob zur Wirtschaft, zur Politik oder zum Weltgeschehen im Allgemeinen – in den Strudel der zahlreichen Krisen und Brennpunkte ziehen lassen. Wie könnte es auch anders sein?
Die Wertekommission ist eine Initiative für Führungskräfte in Deutschland, die es sich zum Ziel gemacht hat, über alle Hierarchien hinweg ein Bewusstsein dafür zu entwickeln, dass Werte Wert schaffen. Sie wollen nach eigenen Angaben »alle Interessierten dazu ermutigen, in ihrem Unternehmen Werte wie Vertrauen und Glaubwürdigkeit (vor) zu leben«.8
Wenn nur ein Viertel der Führungskräfte und Mitarbeitenden ohne Einschränkung davon überzeugt ist, dass die Unternehmensleitungen die Kompetenz haben, zukünftige Herausforderungen erfolgreich zu meistern, dann führt die sich ausbreitende Krisenstimmung in den Unternehmen insgesamt zu vergleichbaren Vertrauensschäden wie jenen, die das Rheingold Institut in seiner Studie 2023 für die ganze Gesellschaft gemessen hat: Der umfassende Verlust des Vertrauens in die Institutionen bringt die Menschen dazu, sich von ihnen abzuwenden. Und dieser Effekt zeigt sich eben auch in den Unternehmen. Mit welcher Erwartungshaltung schauen nun die Führungskräfte und Mitarbeitenden auf die aktuellen Veränderungsprozesse, gleich welcher Art?9
B. Permanenter Wandel und Erschöpfung
»Wir erleben eine Veränderungserschöpfung.« Prof. Dr. Steffen Mau, Soziologe
Der Makrosoziologe Steffen Mau attestiert der deutschen Gesellschaft eine Veränderungserschöpfung aufgrund von dicht...