E-Book, Deutsch, 486 Seiten
Steiner Jenseitsreise und Unterwelt bei den Etruskern
1. Auflage 2004
ISBN: 978-3-8316-0404-3
Verlag: Herbert Utz Verlag
Format: PDF
Kopierschutz: Adobe DRM (»Systemvoraussetzungen)
E-Book, Deutsch, 486 Seiten
ISBN: 978-3-8316-0404-3
Verlag: Herbert Utz Verlag
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Seit der Entdeckung der ersten Grabmalereien in Etrurien im 18. und 19. Jh. beschäftigen sich Forscher und Laien mit der Bedeutung dieser Bilder und den religiösen Vorstellungen, die dahinter stehen. In Ermangelung von etruskischen Texten wurden die Bilder meist mit Hilfe griechischer Schriftquellen und eigenen Erfahrungen aus der Praxis des christlichen Glaubens gedeutet. Dies hat oft zu Missverständnis und Fehlinterpretation geführt.
Die Autorin benutzt einen neuen Ansatz, der direkt von den Bildern ausgeht und versucht, Symbole und Zeichen, die dem Betrachter »Unterwelt« signalisieren sollen, herauszuarbeiten. Ihr Augenmerk liegt dabei besonders auf dem in Etrurien beliebten Thema der Reise ins Jenseits, das in der griechischen Bildwelt weitgehend unbekannt geblieben ist. Ein zweiter Schwerpunkt bilden die im 4. Jh. v. Chr. oft benutzten griechischen Unterweltsbilder, die eine Übernahme der griechischen Religion anzudeuten scheinen.
Dorothea Steiner studierte klassische Archäologie, Kunstgeschichte und alte Geschichte in Basel und wechselte für die Promotion nach Tübingen. Parallel zur Dissertation und darüber hinaus arbeitete die Autorin am Gesamtregister für Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft mit, war im Museum Schloss Hohentübingen tätig und nahm jahrelang aktiv an der Ausgrabung einer etruskischen Siedlung bei Civitavecchia (Mittelitalien) teil.
Autoren/Hrsg.
Weitere Infos & Material
1;Inhalt;5
2;Vorwort;10
3;EINLEITUNG;11
4;I BEGRIFFSBESTIMMUNGEN UND VORARBEITEN;17
4.1;1. DER BILDTRÄGER;17
4.2;2. IKONOGRAPHISCHE MOTIVE IN VERBINDUNG MIT TOD UND JENSEITS;18
4.2.1;2.1. Bewohner der etruskischen Unterwelt;18
4.2.2;2.2. Weitere Motive;75
4.2.3;2.3. Zusammenfassung;92
4.3;3. DIE BEDEUTUNG DER GRABLEGE IM ZUSAMMENHANG MIT JENSEITSVORSTELLUNGEN;92
4.3.1;3.1. Der Eingang;93
4.3.2;3.2. Die Grabkammer;96
4.3.3;3.3. Scheintür und Türdarstellung im Bildkontext;99
4.3.4;3.4. Zusammenfassung;118
4.4;4. ZUSAMMENFASSUNG;119
5;II ABSCHIED, REISE INS JENSEITS UND ANKUNFT IN DER UNTERWELT;120
5.1;1. ABSCHIED;120
5.1.1;1.1. Dexiosis;120
5.1.2;1.2. Andere Formen des Abschieds;134
5.1.3;1.3. Bedeutung der Abschiedsbilder;149
5.2;2. REISE INS JENSEITS;150
5.2.1;2.1. Reise zu Fuss;150
5.2.2;2.2. Reiter;164
5.2.3;2.3. Fahrt auf dem Wagen;185
5.2.4;2.4. Fahrt im Schiff;215
5.2.5;2.5. Zusammenfassung;223
5.2.6;2.6. Die Reise ins Jenseits in der griechischen Literatur und Kunst;225
5.2.7;2.7. Vergleich zwischen Griechenland und Etrurien;240
5.3;3. ANKUNFT IM JENSEITS;241
5.4;4. ZUSAMMENFASSUNG;247
6;III DAS KONZEPT DER UNTERWELT;248
6.1;1. BANKETT UND GELAGE;248
6.2;2. 'GRIECHISCHE UNTERWELTSBILDER’ IN ETRUSKISCHEN GRÄBERN;254
6.3;3. ELYSION UND INSEL DER SELIGEN?;257
6.4;4. VERGLEICH ZWISCHEN GRIECHENLAND UND ETRURIEN;262
6.5;5. ZUSAMMENFASSUNG;264
7;IV ZUR DEUTUNG EINIGER BILDTHEMEN IN ZUSAMMENHANG MIT JENSEITSREISE UND UNTERWELT;266
7.1;1. EINFLUSS DER DIONYSISCHEN MYSTERIENRELIGION;266
7.1.1;1.1. Dionysische Bilder und Symbole;266
7.1.2;1.2. Unterweltsreise im Rahmen der dionysischen Mysterien;280
7.1.3;1.3. Zusammenfassung;281
7.2;2. SELBSTDARSTELLUNG UND AHNENKULT;282
7.3;3. JENSEITSREISE UND ‘RITES DE PASSAGE‘;296
8;V ZUSAMMENFASSUNG: DIE BEDEUTUNG DER JENSEITSREISE UND DER UNTERWELTSDARSTELLUNGEN IN DER ETRUSKISCHEN BILDKUNST;305
9;KATALOG;310
9.1;VORWORT;310
9.2;ABKÜRZUNGSVERZEICHNISSE;392
9.3;LITERATURLISTE;400
9.4;REGISTER UND KONKORDANZEN;421
IV ZUR DEUTUNG EINIGER BILDTHEMEN IN ZUSAMMENHANG MIT JENSEITSREISE UND UNTERWELT (S. 266-267)
1. EINFLUSS DER DIONYSISCHEN MYSTERIENRELIGION
Die Untersuchung der Reisedarstellungen hat gezeigt, dass häufig Satyrn oder andere dionysische Gestalten führende oder wegweisende Rollen wahrnehmen und sich mit den menschlichen Gestalten oft vermischen. Es liegt deshalb nahe, zu fragen, ob diese Darstellungen von der Reise in die Unterwelt nicht mit Vorstellungen zusammenhängen, welche direkt mit der Verehrung des Dionysos zusammenhängen und mit dessen Mysterienkult zu verbinden sind.
Ohne Zweifel trug die Entwicklung der Unterweltsvorstellungen in Griechenland und deren wenig attraktive Perspektive für eine Fortexistenz nach dem Tod zu einem nicht geringen Teil dazu bei, dass sich seit dem 7. Jh. verschiedene Mysterienreligionen ausbildeten, welche eine schnell wachsende Zahl von Anhängern verzeichneten. Die ältesten fassbaren Mysterien Griechenlands sind die bereits im 7. Jh. nachzuweisenden eleusinischen Mysterien, die ihren Eingeweihten im Vergleich zu den restlichen Sterblichen ein besseres Fortleben im Jenseits verheissen. Die sich im Laufe des 6. Jhs. herausbildenden dionysischen Mysterien übernehmen dieses Angebot für eine Sonderbehandlung nach dem Tod und versprechen ihren Mysten zusätzlich ein sicheres Geleit in die Unterwelt bis zu jenem Ort, der den Eingeweihten vorbehalten ist.
Diese Betreuung erfolgt durch den Gott selbst oder sein mythisches Gefolge. Es ist deshalb sinnvoll, nach dem Einfluss zu fragen, den die Mysterien auf die Bilder ausübten. Da in dieser Arbeit die Reise in die Unterwelt im Vordergrund steht, soll hier in erster Linie die dionysische Heilsreligion zur Sprache kommen. In unserem speziellen Fall ist also besonders nach der Rolle des Dionysos als Gott der Toten zu fragen. Dazu soll zuerst ein knapper Überblick über Hinweise solcher Vorstellungen in der etruskischen und griechischen Kunst zu suchen sein.
1.1. Dionysische Bilder und Symbole
1. 1. 1. Griechenland
Zahlreiche dionysische Bilder aus den verschiedensten Bereichen griechischer Kunst geben uns ein Bild von den verwendeten Symbolen1327. Besonders häufig sind Darstellungen in der attischen und später unteritalischen Vasenmalerei, in welcher Dionysos seit der ersten Hälfte des 6. Jhs. thematisiert wird. Ab 570 dominieren zunehmend Silene und Mänaden bei Bankett und Komos, später auch bei Verfolgungsjagden und erotischen Spielen die attischen Vasendarstellungen. Neben solchen bacchischen Bildern zeigen die Gefässe seit dem Ende des 6. Jhs. auch Kultszenen wie etwa die Verehrung der Dionysosmaske am Baum oder in einen Krater libierende Mänaden.
Ab 480 tritt Dionysos öfter im Kreis der eleusinischen Gottheiten auf, dadurch wird eine enge Verbindung besonders zwischen Dionysos und Persephone geschaffen, die sich seit der Mitte des 5. Jhs. unter anderem durch ein zunehmendes Vermischen von unterweltlichen und dionysischen Elementen äussert. Besonders deutlich wird die Beziehung von Dionysos zur Unterwelt auf einer apulischen Unterweltsvase des 4. Jhs.: Dionysos steht, den Thyrsosstab in der linken Hand, neben einem Naiskos, der den Palast des Herrscherpaares der Unterwelt andeutet.
Er reicht seine Hand dem thronenden Hades, der sich ihm zuwendet und die dargebotene Hand ergreift. Neben dem Thron des Unterweltsgottes beobachtet Persephone mit der Kreuzfackel das Geschehen. Dionysos befindet sich zwar ausserhalb des Gebäudes, die Geste des Hades deutet jedoch eine enge Beziehung der beiden Götter an. Dionysos wird damit als gleichwertiger unterweltlicher Gott anerkannt.
Gleichzeitig weisen der Thyrsos und eine Mänade mit Tympanon neben dem Weingott auf seine Eigenschaft als Bacchos hin. Auf anderen Unterweltsvasen finden wir an Stelle von Dionysos Orpheus, der auf seiner Leier spielt. Auch er ist stets neben dem Naiskos mit dem Götter paar zu finden, allerdings ohne die enge Verbindung durch den Handschlag. Orpheus verweist hier jedoch sicher auf die Stellung der Orphiker, so wie Dionysos mit dem Narthex auf die Bacchen anspielt.




