Steinleitner / Edlinger | Ambach – Die Deadline / Das Strandmädchen | E-Book | sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, 140 Seiten

Reihe: Ambach

Steinleitner / Edlinger Ambach – Die Deadline / Das Strandmädchen

Kriminalroman
17001. Auflage 2017
ISBN: 978-3-492-97085-3
Verlag: Piper ebooks in Piper Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

Kriminalroman

E-Book, Deutsch, 140 Seiten

Reihe: Ambach

ISBN: 978-3-492-97085-3
Verlag: Piper ebooks in Piper Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Zum ersten Mal in seinem Leben hat Felix Ambach Geld. Er träumt davon, ein neues Leben mit seiner großen Liebe Dana anzufangen - und endlich das Kunstfälschen aufzugeben. Aber sein skrupelloser Geschäftspartner Gabriel de Moño hat andere Pläne. Geschickt gewinnt er den jungen Holzbildhauer für seine Interessen. Erst, als ein Mensch stirbt und Dana in Gefahr gerät, wird Felix klar, auf was er sich da eingelassen hat. Doch dann winkt der größte Coup seiner Fälscherkarriere. Gabriel will ihn überzeugen, gleich mehrere Skulpturen eines der bedeutendsten Meister der Moderne zu fälschen: Pablo Picasso.

Jörg Steinleitner, geboren 1971 im Allgäu, studierte Jura, Germanistik und Geschichte. Er absolvierte die Journalistenschule in Krems/Wien und ließ sich 2002 nach Stationen in Peking und Paris als Anwalt in München nieder. Bei Piper veröffentlichte er die Anne-Loop-Krimis, die Krimiserie um den LKA-Präsidenten Kurt Nonnenmacher, die 'Ambach'-Reihe mit Co-Autor Matthias Edlinger sowie 'Gummistiefelyoga' unter dem Pseudonym Felix Tanner. Zudem ist er Chefredakteur des Literaturmagazins BUCHSZENE.DE und veröffentlicht auch Kinderbücher. Seine Lesungen inszeniert Steinleitner als unterhaltsames multimediales Kabarett. Steinleitner wurde u.a. mit dem Preis 'Demokratisch handeln' ausgezeichnet und ist seit 2020 Bürgermeister im oberbayerischen Riegsee, wo er mit Frau und drei Kindern in einem 200 Jahre alten Bauernhof lebt.
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Eins


Das Loch, das die Pistolenkugel in die Haut riss, war angesichts seiner mörderischen Wirkung lächerlich klein, kaum größer als der Nagel eines kleinen Fingers. Die Kugel bohrte sich unterhalb des linken Rippenbogens schräg nach oben. Sie durchschlug das Fettgewebe, die schräg verlaufende Bauchmuskulatur und passierte nach dem Durchtrennen der Magenwand die Überreste eines Butterbrots mit Käse. Dann durchtrennte sie das Bauchfell, ein äußerst schmerzhafter Vorgang, der sich im Gesicht des Opfers widerspiegelte. Sie zerriss das Zwerchfell und die Herzwand und eröffnete etwa einem halben Liter Blut den Weg in den Magen. Die Flüssigkeit im Magen führte unweigerlich zu einem starken Brechreiz des Sterbenden, er spuckte Blut. Der Anblick des nahenden Todes war ekelerregend, zugleich aber auch von faszinierender Farbenpracht. Das Rot von Menschenblut ist in seinem Farbton unverwechselbar. Nicht nur die Figur der Tänzerin, an der Felix Ambach kürzlich noch gearbeitet und die er im Stile des berühmten Expressionisten Ernst Ludwig Kirchner gefälscht und beinahe fertiggestellt hatte, bekam einige rote Spritzer ab. Es traf auch die auf dem Ateliertisch liegenden Skizzen, einen überfüllten Aschenbecher, mehrere Schnitzmesser, ein Stemmeisen und andere Bildhauerwerkzeuge. Der Boden wurde mit Blut besudelt, sogar zwischen die Dielenbretter sickerte der Saft, wo er beinahe eine Ameise ertränkt hätte, die sich dort an den für das menschliche Auge kaum sichtbaren Überresten einer Mahlzeit labte. Die Ameise konnte sich in den Ritzen zwischen den Dielen in Sicherheit bringen. Die Kugel aber setzte ihr mörderisches Werk fort.

Während die Gesichtsfarbe des Getroffenen einen aschfahlen Ton annahm, trat das Geschoss schließlich unterhalb des rechten Schulterblatts wieder aus dem Körper aus, flog einige Meter weiter, zertrümmerte den über dem Werkstattwaschbecken hängenden Spiegel und blieb in der hölzernen Wand stecken. Der Schuss hallte nicht nach, Totenstille breitete sich aus.

Sechs Sekunden, nachdem die Kugel den Lauf der Pistole verlassen hatte, brach der Blutkreislauf des Bloggers und Journalisten Stefan Blank zusammen, sein Körper schlingerte, sackte weg; der Mann, der eben dabei gewesen war, den spektakulärsten Kunstfälschungsskandal seit Beltracchi aufzuklären, war so gut wie tot. Nur nicht sein Gehirn: Es verrichtete noch rund dreißig Sekunden seinen Dienst. Es mag erstaunen, aber der emsige Rechercheur Stefan Blank dachte im Moment seines Todes nicht an seine größte Story, auch nicht an Kunstfälschung im Allgemeinen oder an den Skandal um die gefälschten Riemenschneider-Heiligen im Besonderen (wegen denen er ja hier war und die wenige Monate zuvor im Rahmen einer Versteigerung des Münchner Auktionshauses Stettner für dreizehn Millionen an die katholische Kirche gegangen waren) – nein, Stefan Blank dachte an die Packung Sagrotantücher, die er in seinem Rucksack aufbewahrte. Gerne hätte er den Rucksack geöffnet, ein Tuch herausgezogen und sich das Blut von der Brust gewischt. Blut hatte außerhalb des Körpers nichts zu suchen. Hatte es seine gewohnten Bahnen verlassen, war es nichts weiter als Schmutz, der Kleider und andere Gegenstände besudelte. Stefan Blank aber hasste Schmutz. Seinen Tod hätte er sich sicherlich anders vorgestellt: reinlicher, geordneter und weniger infektiös. Doch zum einen hatte er ohnehin keine Wahl, zum anderen löste sich just in diesem Moment seine irdische Gedankenwelt auf. Ja, ihm war, als schwebte er nach oben an die Decke dieser Schnitzerwerkstatt, die sein Sterbeort geworden war. Ungläubig blickte er nach unten, sah sich selbst, wie er dalag und blutete und würgte und starb; wie dieser nichtsnutzige Fälscher Felix Ambach, den er ja praktisch überführt hatte, versuchte, ihn mit offensichtlich ungewaschenen Händen und einer stümperhaften Herzdruckmassage zu reanimieren. Stefan Blank war verwundert, dass er kein helles Licht am Ende irgendeines Tunnels sah und auch nicht sein ganzes Leben nochmals im Zeitraffer vor ihm ablief. Stattdessen rasten Bilder aus der Werkstatt an ihm vorbei. Die räumlichen und zeitlichen Dimensionen hatten sich aufgelöst. Eben noch hatte er in den Lauf der Waffe geblickt, die vor wenigen Sekunden auf ihn abgefeuert worden war; diese Pistole – es handelte sich um einen Klassiker der Waffenproduktion, eine Colt M1911 – lag nun auf dem Boden der Werkstatt und qualmte kaum sichtbar vor sich hin. Er sah den Elektroschocker neben sich auf dem Boden, das Gerät hatte ihm leider nicht wie erhofft das Leben gerettet. Und schließlich konnte er trotz des nahenden Todes mühelos beobachten, wie die Ameise jetzt doch absoff; es war einfach zu viel Blut, was da aus ihm heraussprudelte. Ein Liter – für eine Ameise ein Tsunami. Sie würden beide sterben. Die namenlose Ameise und Stefan Blank.

Panik. Felix war in Panik. Sosehr er auch auf Blanks Brustkorb drückte – die Rippen hatten bereits entsetzliche Geräusche von sich gegeben –, das Gesicht des Journalisten wurde bleicher und bleicher. Die Lippen waren längst blau. Die Augen hatte er weit aufgerissen, aber sie sahen nichts mehr. Es roch nach Säure, Blut und verbranntem Schießpulver. Felix’ Herz raste, er war zu keinem klaren Gedanken fähig. Literweise Blut. Blank lief förmlich aus. Sein Hemd hatte sich bereits vollgesogen, jeder Pumpdruck auf den Brustkorb löste ein schmatzendes Geräusch aus. Felix hatte Blut an den Händen, am Hemd, auch seine Hose war rot besudelt. Der Boden, Blanks Rucksack, alles war voller Blut. Auch an der Wand waren Blutspritzer, auf der Werkbank, auf dem Mülleimer, auf der Säge, sogar bis zum Fenster hatte es gespritzt. Jetzt, da Blank nicht mehr würgte, sondern nur noch regungslos dalag, überkam Felix ein starker Brechreiz. Am liebsten hätte er sich neben den Journalisten gelegt, so elend, matt und leer fühlte er sich. Am liebsten wäre er tot gewesen! Von irgendwoher klingelte ein Telefon. Felix brauchte einige Sekunden, um zu begreifen, dass es gar nicht weit weg war, es handelte sich um sein eigenes Handy. Er wischte seine blutige Hand an der Hose ab und griff in die Tasche.

»Gabriel«, brach es aus Felix hervor. »Ich … der …« Er würgte kurz. »Der Typ hier ist tot! Ich glaube, der ist tot!«

»Ruhig, Felix, ganz ruhig«, sagte Gabriel. Felix tat es gut, die Stimme seines Partners zu hören.

»Wer ist tot?«

»Dieser Journalist. Er kam hierher, er wusste alles, er hat mich gefragt, ob ich die Riemenschneider-Nothelfer gefälscht habe.«

»Gut, dass du ihn getötet hast«, sagte Gabriel vollkommen ungerührt.

»Ich … ich habe ihn nicht getötet … also … äh … es war ein Unfall. Ein Scheißunfall, Gabriel! Er … ich … er wollte mir die Pistole wegnehmen, da ist sie losgegangen. Es war ein Unfall.«

»Beruhige dich, Felix. Ein Unfall. Gut. Ich glaube dir«, erwiderte Gabriel.

»Was, du glaubst mir? Hast du den Arsch offen? Natürlich glaubst du mir. Wegen dir ist das doch alles passiert. Es ist doch deine Scheißwaffe!«

»Ruhig, ganz ruhig«, sagte Gabriel erneut. »Welche Waffe?«

»Jetzt tu nicht so! Die Pistole, die du mir gegeben hast!« Felix schüttelte den Kopf. Was spielte Gabriel für ein Spiel mit ihm? Es konnte doch gar nicht sein, dass er sich nicht mehr an die Waffe erinnerte, die er ihm vor wenigen Monaten gegeben hatte. »Du musst wissen«, hatte er damals gesagt, »bei unserem Geschäft geht es um viel Geld. Wir haben nicht nur Freunde da draußen.« Genau das hatte Gabriel gesagt – und nun? Felix war vollkommen durcheinander. »Gabriel, was soll ich denn jetzt machen? Ich meine …« Er blickte auf den völlig leblosen Blank in der Blutlache. »… der ist …« Felix’ Stimme brach, Tränen mischten sich in seine nächsten Worte. »… tot! Ich muss … also … soll ich die Polizei rufen …?«

»Nicht die Polizei«, unterbrach ihn Gabriel freundlich, aber bestimmt. »Ich helfe dir. Wir sind Partner. Hör mir gut zu. – Hörst du mir zu?«

»Ja.« Felix fühlte sich wie gelähmt.

»Also. Du machst alles genau so, wie ich es dir sage: Lass alles so liegen, wie es jetzt ist. Geh rüber ins Haus, hol ein Bettlaken und lege es über diese …« Gabriel räusperte sich und setzte nochmals neu an. »… und lege es über … diesen Menschen. Verlasse die Werkstatt und sperr sie von außen ab. Geh zurück ins Haus, verriegle die Tür von innen und koch dir einen Tee. Ich bin in vierzig Minuten bei dir und kümmere mich um alles. Ruf niemanden an, lass auf keinen Fall irgendwen rein. Tu nichts, außer warten und Tee trinken. Bis ich bei dir bin. Ich werde dein Problem lösen. Keine Sorge.«

»Mein Problem?« Felix fröstelte es. »Aber, Gabriel … Ich bin … ich bin doch kein Mörder … Ich wollte … das alles nicht! Dieser Idiot ist mir in den Arm gefallen. Ich hatte die Pistole an meinem Kopf, ich wollte ihm drohen, dass ich mich … aber er ist … du musst mir glauben, Gabriel …«

»Ich glaube dir«, unterbrach ihn Gabriel streng. »Ich bin in vierzig Minuten da. Tu, was ich dir gesagt habe. Bis gleich!« Dann war die Leitung tot.

Felix starrte noch ungläubig auf das Display seines Handys, als ihn ein freundliches »Grüß Gott« aufschreckte. In der Tür der Werkstatt stand ein Riese. Wegen des Gegenlichts konnte Felix nichts als dessen Silhouette erkennen. Noch ehe er überlegen konnte, wie er auf diesen zweiten Eindringling reagieren sollte, sprach der weiter: »Kommen wir gleich zur Sache: Sie brauchen keine Angst vor mir zu haben, ich bin nicht von der Gendarmerie.« Felix musterte den Fremden....


Edlinger, Matthias
Matthias Edlinger, Jahrgang 1972, studierte Kommunikationswissenschaft in seiner Geburtsstadt München. Er ist ein erfolgreicher Regisseur, drehte Musikvideos für namhafte Künstler sowie Werbe- und Imagefilme für bekannte Unternehmen. Als Redakteur, Headwriter und Berater für TV-Produktionen arbeitete er u.a. für den BR, das ZDF und RTL2. Er wurde mehrfach ausgezeichnet, u.a. mit dem Journalistenpreis der Deutschen Gesellschaft für Ernährung, mehreren Eyes und Ears Awards und der New York World Gold Medal. Gemeinsam mit Jörg Steinleitner schrieb er den Roman „205.293 Zeichen", mit Eduard Augustin das Sachbuch „Ein Mann ein Rost“ (2013). Matthias Edlinger betätigt sich außerdem als bildender Künstler, seine Werke werden international ausgestellt. Er lebt in München.

Steinleitner, Jörg
Jörg Steinleitner, geboren 1971 im Allgäu, studierte Jura, Germanistik und Geschichte in München und Augsburg und absolvierte die Journalistenschule in Krems/Wien. 2002 ließ er sich nach Stationen in Peking und Paris als Anwalt in München nieder. Er veröffentlichte mehrere Bücher – neben den bei Piper erschienenen Anne-Loop-Krimis auch das kulinarische Erlebnisbuch »Heimat auf dem Teller«, für das er eine Auszeichnung erhielt. Für das Online-Literatur- und Kulturmagazin Buchszene schreibt er die Kolumne »Steinleitners Woche«. Seine Lesungen inszeniert er als kriminalistisches Hörspiel-Kabarett. 2013 gründete der Autor den Stiftungsverein für Leben und Kultur e.V., mit dem er existenzielle und kulturelle Projekte fördert. Steinleitner teilt sein Leben am oberbayerischen Riegsee mit einer Frau, drei Kindern und ebenso vielen Wachteln.



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