Steinmetz / Harich | Fairytale gone Bad 4: Die Schwefelbraut | E-Book | sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, Band 4, 140 Seiten

Reihe: Fairytale gone bad

Steinmetz / Harich Fairytale gone Bad 4: Die Schwefelbraut


1. Auflage 2020
ISBN: 978-3-95869-152-0
Verlag: Amrun Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection

E-Book, Deutsch, Band 4, 140 Seiten

Reihe: Fairytale gone bad

ISBN: 978-3-95869-152-0
Verlag: Amrun Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection



31. Dezember 1862, Five Points, Hells Kitchen – New York

"Sie hat sich erwärmen wollen!" sagte man. Niemand ahnte, was sie Böses gesehen hatte, in welchem finsteren Glanze sie mit der Mutter zur Neujahrsfreude eingegangen war. Das Land der unbegrenzten Möglichkeiten hat Bredica alles genommen. Als ihre Mutter hinterrücks ermordet wird, macht sie sich auf die Suche nach den feigen Mördern und stößt dabei auf Abgründe, die weit schlimmer sind als das Loch im Keller, aus dem sie den Schwefel für ihre magischen Zündhölzer schöpft. Hast du den Mut, Bredica auf ihrem Rachefeldzug zu begleiten? Bist du bereit für der Hölle in Hells Kitchen zur Zeit des amerikanischen Bürgerkriegs?

Bekannte Märchen auf eine ganz neue Art nacherzählt - nichts für kleine Kinder! Die Gebrüder Grimm würden im Grab rotieren ...

In der Reihe FAIRYTALE GONE BAD erscheinen:

1: Die Nacht der Blumen - von Michaela Harich
2: Der Flug der Krähen - von Stephanie Kempin

3: Das Zeitalter der Kröte - von Faye Hell
4: Die Schwefelbraut - von M. H. Steinmetz
Weitere Bände in Vorbereitung

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Weitere Infos & Material


Dirty Annie
Die Schwefelhölzer erloschen vor einer einfach gezimmerten Tür. Bevor sie gänzlich aus den Schatten auftauchte und somit von den Iren wieder gesehen werden konnte, schob sie den Riegel zurück und betrat den von Kerzen erleuchteten Raum. Eine rothaarige, dralle Frau schreckte aus dem verlotterten Bett mitten im Raum hoch und griff instinktiv zu dem schartigen Messer, das auf ihrem Nachttisch lag. Bredica strich sich eine dunkle Strähne aus dem Gesicht und lachte. »Hab ich dich bei deiner Arbeit gestört, Dirty Annie?« Annie versteifte sich. Sie trug lediglich einen Unterrock und war so dreckig wie ihr Name. »Was hast du hier verloren, Hexentochter?«, fuhr sie Bredica an, das Messer wohl in der Hand behaltend. Der Blick ihrer kleinen, grünen Augen, die Bredica an den von Schweinen erinnerte, hafteten auf dem Sack, den sie neben sich abgestellt hatte. »Hab dich was gefragt!«, setzte sie nach. »Oder soll ich die Männer rufen?« Bredica sah sich im Raum um. Wände, Boden und Decke bestanden aus gestampftem Lehm. Abgesehen von Bett und Nachttisch gab es ein Schränkchen, auf dem eine Emailleschüssel stand, die wohl zum Waschen diente. Eiserne Schiffsnägel staken in den Wänden und dienten als Haken, an dem Annie ihr armseliges Hab und Gut aufgehängt hatte. Sie tat einen Schritt auf Annie zu, doch die hob das Messer, spuckte aus, und bekreuzigte sich hastig mit der freien Hand. »Bleib mir vom Leib, Hexenbrut!« »Dein Freund schickt mich ... Marty heißt er«, log Bredica. Sie nickte zum Sack. »Er sagte mir, ich soll dir Schwefelhölzer bringen, damit deine Kerze immer ordentlich für ihn lodert.« Bredica zwinkerte Annie auf anzügliche Weise zu. Die blieb misstrauisch. »Hat mir nicht’s von gesagt.« Annie sah zur Tür, vor der Bredica stand. Sie besann sich anders und griff sich mit einer obszönen Geste zwischen die Beine. »Will wohl, dass er Ofen nicht ausgeht, hä?« Sie lachte meckernd. »Dabei isses wohl eher seine Kerze, die Standfestigkeit braucht, nä?« Bredica nickte langsam, öffnete den Sack und zog ein Bündel Schwefelhölzchen hervor, das mit einem grauen Faden zusammengebunden war. »Kann schon sein ... aber so genau will ich’s ehrlich gesagt gar nicht wissen.« Annie ging zur Waschschüssel und drehte Bredica dabei den Rücken zu. »Muss mich für den nächsten Stecher herrichten. Leg’s auf’s Bett und verschwinde. Kann hier unten keine Hexe gebrauchen, verschreckt die Kunden, weißt du?« »Werd nicht lang brauchen«, flüsterte Bredica und entzündete die Hölzchen an dem Wetzstein, der an ihrem Gürtel hing. Ihre Lippen formten dabei lautlose Worte, die ihre Macht in ihrem Geist entfalteten. Während sich Dirty Annie mit Wasser und Branntwein zwischen den Beinen auswusch, verfärbte sich der anfangs schwefelgelbe Rauch in düsteres Grau. Die Schwaden stiegen jedoch nicht zur Decke empor, oder folgte dem lauen Luftzug, der vom Türspalt wehte, sondern fächerte auf wie dürre Klauen. Der Rauch wurde finsterer und trachtete danach, Annie zu umschlingen. Nicht, um die ahnungslose, sich waschende Frau zu umgreifen, sondern, um in sie einzudringen. Die dürren Finger erwählten sich die Ohren, um wie rauchkräuselnde Stachel in sie zu stoßen. Dirty Annies Körper bäumte sich auf, wurde stocksteif. Seife und Branntweinflasche entglitten ihren sich kraftlos öffnenden Fingern. Das schaumige Stück Seife, das nach Knochen stank, rutschte bis vor Bredicas Füße. Die Flasche jedoch, die kam mit dem Boden auf, federte auf dem gestampften Lehm, kippte um, und ergoss ihren hochprozentigen Inhalt um Annie zu einer Pfütze. »Dreh dich zu mir hin«, befahl Bredica flüsternd. Annie folgte ihrer Anweisung mit den steifen Bewegungen einer Spiegelhauspuppe, wo die Akteure an filigranen Fäden hingen. Sie mochte Marionetten gerne, hatte die Spielhäuser oft als Kind besucht und Tränen gelacht, wenn der Polizist das Krokodil vertrieb und dafür vom Kasper an der Nase herumgeführt wurde. Heute würde allerdings nicht gelacht werden. Bredica reckte die brennenden Hölzchen nach oben. Mit der anderen Hand ergriff sie Annies schartiges Messer. »Dein Freund Brennan, der weiß was über die Mörder meiner Mutter. Hat er dir gegenüber je etwas darüber erwähnt?« Annie starrte stumpfsinnig vor sich hin. Ihr Mund öffnete sich wie der eines alten, knorrigen Nussknackers. Speichel lief ihr aus dem Mundwinkel und bildete einen langen, glänzenden Faden. Sie schwitzte stark, was daran liegen konnte, dass sich ihr Geist gegen den Zauber wehrte, oder, was wahrscheinlicher war, dass es an der Temperatur lag, die sich seit dem Entzünden der Schwefelhölzer stetig und auf unnatürliche Weise erhöhte. »Weiß nichts ...«, antwortete die Marionette zögerlich. Eine Spur zu zögerlich für Bredica. Sie war nach außen hin ein nettes, fast schüchternes Mädchen, doch in ihren Adern floss das wilde Blut ihrer Mutter und die mochte solche Antworten überhaupt nicht. »Falsche Antwort, Hure!« Die Schwefelhölzchen ruckten von ihrer Hand getrieben nach vorne, in Annies Mund brach ein Zahn. Von innen hinaus gedrückt. Abgebrochen. Mit der scharfen Bruchkante voraus durch die Oberlippe Fleisch zerschneidend katapultiert. Auch das Zahnstück kullerte vor Bredicas Füße. Die bückte sich danach und hob es auf. »Wusstest du, dass Zähne gleichbedeutend mit Haaren sind, wenn’s um’s Flüche aussprechen geht?« Böse lächelnd sah sie die aus dem Mund blutende Marionette an, die wie versteinert dastand. »Und da denk ich mir, warum nicht dich verfluchen, Dirty Annie?« Annie schnaubte durch die Nase. Ein Zittern durchlief ihren zur Bewegungslosigkeit verdammten Körper. »Vielleicht die Krätze«, sinnierte Bredica, »oder ewig währende Dürre zwischen deinen Beinen, hm? Wie wär’s damit?« Sie kicherte, wie es Mutter immer getan hatte. Dunkel, ein wenig verrückt, auf jeden Fall aber böse. »Es sei denn, du machst dein ungewaschenes Maul auf!« »Da war eine Anmerkung«, nuschelte Annie, aus deren Augen Tränen rannen. »Er war betrunken, redete schnell, lallte laut, und zu viel.« Bredica fühlte an den Fingerspitzen bereits die Hitze der Flammen, mit denen die Schwefelhölzer niederbrannten. Der Zauber würde nicht mehr lang wirkten. »Rede!« Und es tickte noch eine andere Uhr. Jedes Mal, wenn sie die finsteren Zauber wirkte, starb ein kleiner Teil ihrer Seele. Was von schwefligem Gelb umhüllt aus dem Loch kroch, fraß ihr inneres Licht und zerstörte ihre zaghaft knospende unbeschwerte Fröhlichkeit, bis nichts mehr blieb als Asche. Das war er, der Preis der Macht, der ihre Mutter erst verändert und dann getötet hatte. Und nun war sie an der Reihe. »Rede, sag ich!« »Da kam einer, erzählte Mary«, nuschelte Annie mit zitternder Stimme zwischen ihren blutverschmierten Lippen. »Ganz in schwarz gekleidet, mit einem Mantel, wie ihn die Kutscher tragen.« »Und? Weiter?« Die Zeit wurde knapp. Bredica konnte die Hölzchen kaum noch halten, ohne sich daran zu verbrennen. Ihr leerer Magen rumorte, als sie einen rotbackigen Apfel in Annies Bett liegen sah. Jetzt, wo ihr Körper aufgetaut war, kehrten nach und nach ihre Bedürfnisse zurück. »Der hatte Geld dabei«, fuhr Annie fort, »und diese Bescheinigungen, die einen, also die Männer mein ich, vom Krieg befreien.« »Weiter!«, schnaubte Bredica ungeduldig. Der bohrende Hunger machte sie schwach. Die Hitze lullte sie ein. Und die Hölzchen, nun ja, die waren nahezu niedergebrannt. »Er suchte Schläger, die bereit waren, eine Hexe zu töten!« Bredica knirschte mit den Zähnen, weil ihr das Wort Hexe genau dort Schmerzen bereitete. Das Messer in ihrer Hand wollte Blut schmecken. Ihr leerer Magen trieb sie dazu, zuzustoßen. Doch noch musste sie sich beherrschen, wenn sie mehr erfahren wollte. »Wer hat das Angebot angenommen, ha? Wer!« In ihrer Wut brach sie mit dem Daumen die brennenden Schwefelhölzchen, die ein letztes Mal aufflammten, um als glimmende Asche auf den Boden zu fallen. Von Annie fiel der Zauber ab. Ihr Körper sackte in sich zusammen, fiel aber nicht. Ein böses Funkeln stahl sich in ihre Augen, als sie sich mit einem Aufschrei auf Bredica stürzte. Genau in das schartige Messer, dessen Klinge sich bis zum Heft in ihrem Bauch versenkte. Umschlungen wie ein Liebespaar verharrten sie für einen kurzen Moment, in dem die Zeit gefror. Warmes Blut lief über Bredicas Hand, die noch immer den Messergriff umklammerte. Die Frauen sanken auf den gestampften Lehm. Annie, weil sie ihr Leben vergoss und bald sterben würde. Bredica, weil der Hunger ihr die Kraft raubte. Dennoch schaffte sie es, sich auf die auf dem Rücken liegende Annie zu setzen und das Messer aus ihrem Bauch zu ziehen. »Du kannst deine Seele noch immer retten, indem du redest!«, sagte Bredica atemlos. Annies bebender Bauch füllte sich mit rotem Saft. Ihr Blick irrte haltlos umher. »Keiner ... von ... den ... Rabbits ...«, keuchte sie. Blutiger Schaum sprudelte über ihre Lippen. »Wer dann?«, zischte Bredica und fuchtelte linkisch mit der feuchten Klinge vor Annies Gesicht herum. »Oder soll ich dir erst die Nase abschneiden?« »Die von den ... Roach Guards haben eifrig zugegriffen.« Ein blutiges Lächeln stahl sich über Annies Lippen. »Und andere ... was Marty jedoch besonders gefiel, sie wurden auch dafür bezahlt, dich zu töten!« Bredica schnappte über das eben gehörte nach Luft. Also sollte nicht nur ihre Mutter, sondern auch sie sterben? Und wer war der Mann...


M.H. Steinmetz lebt und arbeitet in Rheinland-Pfalz, wo er neben dem Schreiben mittelalterliches Reenactment betreibt. Man munkelt, dass seine zombiehaft-dämonische Inspiration einer Séance entspringt, bei der er einem Sukkubus begegnete, sein Faible für Backwood-Storys hingegen in den endlosen Weiten der Plains geboren wurde. Die düsteren Romane und Geschichten der beiden Autoren wurden bisher in den unterschiedlichsten Verlagen veröffentlicht.



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