E-Book, Deutsch, Band 2841, 64 Seiten
Reihe: Perry Rhodan-Erstauflage
Stern Perry Rhodan 2841: Sturmland
1. Auflage 2016
ISBN: 978-3-8453-2840-9
Verlag: Perry Rhodan digital
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection
Perry Rhodan-Zyklus "Die Jenzeitigen Lande"
E-Book, Deutsch, Band 2841, 64 Seiten
Reihe: Perry Rhodan-Erstauflage
ISBN: 978-3-8453-2840-9
Verlag: Perry Rhodan digital
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection
Auf der Erde schreibt man das Jahr 1518 Neuer Galaktischer Zeitrechnung (NGZ). Die Menschen haben mit der Liga Freier Terraner ein großes Sternenreich in der Milchstraße errichtet; sie leben in Frieden mit den meisten bekannten Zivilisationen. Doch wirklich frei ist niemand. Die Milchstraße wird vom Atopischen Tribunal kontrolliert. Dessen Vertreter behaupten, nur seine Herrschaft verhindere den Untergang - den Weltenbrand - der gesamten Galaxis. Atlan, der unsterbliche Arkonide, ist unterwegs zu den Jenzeitigen Landen, angeblich das Machtzentrum des Tribunals. Dort will er die Wahrheit erfahren. Nach den Abenteuern auf der Passagewelt Andrabasch erreicht er nun ein Land, das auch ein anderes sein könnte: das STURMLAND...
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1.
Versetzung Meine Hand umklammerte den sanduhrförmigen Zellaktivator, durch den winzige blaue Kügelchen rieselten. Ich saß in der Zentrale der ATLANC, in der untersten Ebene der Kommandosphäre. Die Bordzeit stand auf 22.15 Uhr. Laut Bordzeit war der 9. Februar 2271 NGZ. Aber was bedeutete das schon auf einer Reise in die jen-zeitigen Lande? Die ATLANC war vom KATAPULT versetzt worden. Vor einer Minute hatte ich noch auf die Ringwelt Andrabasch geblickt, auf das Loch in ihrer Mitte, auf das die Spitzen der blassblauen Stufenpyramiden wiesen. Das Schiff flog in das unsichtbare, viereckige Versetzungsfeld zwischen ihnen, seitdem herrschte Schwärze im Holo. Wir waren in der Transgressionszone des Limbus, im Übergangsbereich zu den Jenzeitigen Landen. Endlich. »ANC?« Ich hatte ein sonderbares Gefühl, das ich nicht in Worte fassen konnte. Etwas war anders als sonst. »Sind wir unterwegs?« »Wir sind gelandet«, sagte die flüsternde, alles durchdringende Stimme des ANC, der Seele des Schiffes, die mir immer wieder Rätsel aufgab. »Gelandet?« Mein Puls ging schneller. Über siebenhundert gelebte Jahre war ich mit der ATLANC unterwegs gewesen, auf dem Weg in die Jenzeitigen Lande, um das Atopische Tribunal an seiner Basis packen zu können – war ich endlich angekommen? War dieser letzte Schritt einer, für den es keines messbaren Wegs bedurfte? Weit ist die Zeit und kurz der Weg – das hatte Wenndann Wesenlos gesagt, der Toloceste, der unsere Versetzung mit dem KATAPULT initiiert hatte. »Sind wir da?«, fragte ich heiser. »Nein.« Die Antwort des ANC zerschmetterte jede Hoffnung. »Das Mein, das ANC, sagte es bereits. Wir sind gelandet.« »Wo?« Ich fragte es nicht nur das ANC, sondern auch den Pensor. Die schwarzgraue Gestalt stand unbewegt in dem Gestell in der Pilotengrube der ATLANC. Der Pensor hatte das Schiff über eine mit dem Helm gekoppelte Geniferenhaube in das KATAPULT-Feld gesteuert. Zwar konnte ich den Pensor ohne Holoverbindung nicht sehen, doch ich hörte seine dröhnende Stimme über die Komverbindung: »In einem Land, das auch ein anderes sein könnte.« Ich nahm einige Schaltungen vor, aktivierte das Holo manuell neu, und tatsächlich kam sowohl die Verbindung zu den Außenoptiken als auch die computergenerierte Darstellung über Strukturtaster wieder zustande. Ich blinzelte. Wir standen mit der ATLANC auf einem Schotterfeld, durchsetzt mit feinem, weißen Sand. Ein schier unendlicher Strand, der vergeblich das Meer suchte, denn Wasser ließ sich weithin nicht anmessen. Überhaupt fehlten jegliche Angaben, die sonst vorgelagert vor dem eigentlichen Bild schwebten. »ANC, wie weit reicht dieser Strand?« »Das ANC, das Mein, kann es nicht abmessen.« »Lichtjahre?« »Nicht nur. Viel mehr. Unendlich mehr. Dieser Raum ist nicht ermesslich.« Ich schloss die Augen. Das unangenehme Gefühl verstärkte sich. Da draußen war etwas. Unsichtbar. Gewaltig. Erst dachte ich, es lauerte, aber meine Sinne widersprachen: Es kam auf uns zu. Von allen Seiten. Der Eindruck stimmte nicht mit dem überein, was ich sah. Die Schotterwüste, der Strand, diese unermessliche Ebene – sie lag absolut ruhig um uns. Es schien nicht einmal Wind zu geben. »Was ist das für ein Land?«, fragte ich den Pensor. »Es ist das Sturmland.« »Da draußen geht kein Luftzug. Woher kommt der Name?« »Das fühlst du, so wie ich es fühle.« Wieder schloss ich die Augen. Ja, da war diese unsichtbare Flut. Eine Monsterwelle, ein Tsunami, Hunderte oder Tausende von Kilometern hoch. Das letzte Mal, als ich derart intensiv etwas mit geschlossenen Augen wahrgenommen hatte, war ich deutlich besser im Dagor-Training gewesen, hatte intensiv und regelmäßig meditiert, nicht nur, um den Schmerz zu meistern, wie es in den letzten siebenhundert Jahren der Fall gewesen war. Es macht dir Angst, meldete sich der Extrasinn zu Wort. Atlan da Gonozal, der große Held und Feldherr, stößt an seine Grenzen. Du kontrollierst die Dinge gern, und du spürst, dass du dieses Monstrum niemals wirst kontrollieren können. Es ist jenseits deines Einflusses. Was ist es? Der Extrasinn schwieg. Er wusste es auch nicht. »Das Sturmland, das auch ein anderes sein könnte«, setzte ich die Namen zusammen, die der Pensor genannt hatte. »Was soll ich darunter verstehen? Ist das die Transgressionszone, die um die Jenzeitigen Lande liegt?« »Ja«, sagte der Pensor schlicht. Er zögerte kurz, dann setzte er hinzu: »Die Transgressionszone des Limbus, oder auch der Limbus selbst. Es ist eine Art raumzeitliche Membran, die sich um die eigentlichen Jenzeitigen Lande schließt.« Ins Holo kam nun Leben. Mehrere Daten blinkten auf. Darunter die Anzeige, dass dort draußen Bedingungen herrschten wie auf einem Planeten. Nur dass wir nicht auf einem Planeten waren! Wieder fühlte ich die Monsterwelle. Sie erschien mir schnell, schneller als das Licht. Dennoch kam sie nie an. Sie raste auf uns zu, jetzt und seit jeher und für alle Zeiten, dem Land entgegen, ohne es je zu erreichen. Ich schüttelte den Kopf. »Bring uns weiter!«, verlangte ich vom Pensor. »Das sind nicht die Jenzeitigen Lande.« »Willst du dir das Sturmland nicht wenigstens ansehen?« Ich wurde misstrauisch. War das ein Trick? Wollte der Pensor mich loswerden, um die ATLANC zu übernehmen? Das kann er nicht, sagte der Extrasinn. Und er will es auch nicht. Er scheint mir eher amüsiert zu sein. Nach kurzem Abwägen traf ich eine Entscheidung. Ich würde hinausgehen. Solange ich lebte, war die ATLANC mein Schiff, und bisher hatte der Pensor mich unterstützt. Trotzdem nahm ich einen Kombistrahler mit. * Die Luft war mild wie an einem Frühlingstag, die Temperatur angenehm. Schon nach kurzer Zeit öffnete ich den Falthelm des Schutzanzugs und atmete ein. Ich hätte auf Arkon I stehen können, Gos'Ranton, der Kristallwelt, auf der ich geboren worden war. Die Schwerkraft war identisch. Doch Arkon I war ein blühender Park, ein Reich aus Pflanzen, Wasser und Licht, das Arkoniden Prunk und Heimat bot – oder besser: geboten hatte, ehe das Atopische Tribunal den widersinnigen Einfall gehabt hatte, das gesamte System einschließlich aller Welten den Naats »zurückzugeben«. Das Sturmland dagegen war eine genormte Wüste mit immer gleichen, schiefergrauen Steinen. Es roch metallisch, als verrostete Eisen. Mein Helmscheinwerfer zuckte über Steinansammlungen und Flächen aus hellem Weiß. Der Sand war feinkörnig, heller als Schnee. Anzeichen von Pflanzen oder Kleinstlebewesen fand ich keine. Ich hob den Kopf. Der Himmel über mir war schwarz, sternenlos. Es war eine unfassbare Schwärze, die meinen Blick einfing, ihn einsaugen wollte. Mir war, als hätte diese Finsternis die Kraft, mehr als meinen Blick zu fangen. Wenn ich lange genug hinsah, würde sie mich in sich aufnehmen. Obwohl der Gedanke verrückt, nahezu abergläubisch war, fühlte er sich an wie eine sehr konkrete Bedrohung, als stünde ich im Herzen des Elements der Finsternis. Und doch war alles ganz anders. Einen Moment kämpfte ich gegen den Impuls an, den Blick zu senken, dann gab ich ihm nach. Ich ging in die Hocke, hob einen der zahlreichen Schottersteine auf, hielt ihn abschätzend in der Hand. Es war ein ganz normaler Stein. Jedenfalls fühlte er sich so an. Die Oberfläche war glatt wie die eines Obsidians, die Farbe schiefergrau. Rostrote Äderchen durchliefen sie wie ein Geflecht aus Blutbahnen. Nachdenklich drehte und wendete ich ihn, um ihn schließlich in einem Plastbeutel in eine Beintasche zu stecken. Vielleicht würden die Analysen des ANC oder der technischen Geräte an Bord etwas ergeben. Mein Blick wanderte über die Endlosigkeit. Ich stand auf, machte einen Schritt vor, dann noch einen. Wenn ich wollte, könnte ich einfach weitergehen, Wochen, Jahre, Jahrhunderte und immer so weiter. Wie Julian Tifflor, Perrys alter Freund und Gefährte, der auch mir zum Freund und wieder zum Fast-Fremden geworden war. Im Gegensatz zu Julian Tifflor würde ich niemals irgendwo ankommen. Es gab keine Grenzen. Entgegen der Weite erschien mir die Steinwüste wie ein Gefängnis mit Gitterstäben, die unsichtbar blieben. Kälte kroch trotz der warmen Luft in meine Glieder. Ich blieb stehen, schloss die Augen und fühlte die rollende Monsterwelle. Sie war da, ebenso unsichtbar wie die Gitterstäbe. Eine Weile ging ich in der Nähe der ATLANC umher, nahm Messungen vor, wartete auf Rückmeldung einer Roboterstaffel, die ich ausgeschickt hatte, um weitere Informationen zu sammeln. Doch außer den Steinen, dem Sand und dem pechschwarzen Himmel gab es nichts zu entdecken. Von Unruhe gepackt kehrte ich an Bord zurück, in die Zentrale, zum Pensor. Das Gestänge des drei Meter großen Humanoiden war innerhalb der Pilotengrube installiert. Nach wie vor umgab seinen Kopf eine transparente Helmblase, die so verschattet war, dass ich nicht mehr als den vagen Eindruck eines reglos-puppenhaften Gesichts mit Augen, Nase und Mund bekam. Über den schwarzgrauen Anzug verteilt zeigten sich hellblaue, leuchtende Hieroglyphen, geometrische Figuren, die an Schrift erinnerten, mir jedoch unbekannt waren. Der Pilot der WEYD'SHAN war – wie ich – der Herr eines Richterschiffes. Er hatte jedoch im Unterschied zu mir eine gültige Lizenz, um in die Jenzeitigen Lande einzureisen, und war bereits mehrfach dort gewesen, ehe sein Schiff havariert war. Wenn mir jemand helfen konnte, diesen unwirklichen Ort zu verlassen, dann...