E-Book, Deutsch, Band 1, 154 Seiten
Reihe: Emilia Roths Abenteuer
Stich Das Butterbrezelmassaker
1. Auflage 2024
ISBN: 978-3-7597-1867-9
Verlag: BoD - Books on Demand
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
E-Book, Deutsch, Band 1, 154 Seiten
Reihe: Emilia Roths Abenteuer
ISBN: 978-3-7597-1867-9
Verlag: BoD - Books on Demand
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Emilia Roth, Hauptkommissarin im Ruhestand, ist auf der Flucht vor der Rache des Casali Clans. Gemeinsam mit Waldemar Stein, ihrem selbst ernannten Bodyguard, mietet sie sich in einer alten Ölmühle im Hinterland des Bodensees ein. Inmitten idyllischer Apfelplantagen schlitterte sie in die skurrilsten Situationen. Sie hat eine Begegnung mit einem ein naschhaften Känguru, einem fliegenden Maulwurfskuchen und gerät bei einer Geiselnahme in Todesgefahr. Sogar der Kauf einer Butterbrezel wird zu einem gefährlichen Abenteuer. Und, die Mafia ist ihr dicht auf den Fersen. Wird es Emilia gelingen, dem Machetenmann zu entkommen? Ein absolut lesenswertes Buch mit Schmunzelgarantie und Gänsehauteffekt.
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Freitag, 6.10. Die Ankunft
Der Himmel hatte seine Schleusen geöffnet und es goss wie aus Kübeln. Welch ein Glück! Bei diesem Sauwetter würde es keine Zeugen für unsere Ankunft geben. Das Navi hatte uns auf einen holprig gepflasterten Hof, direkt vor ein idyllisches Fachwerkhaus, gelotst. Die Scheibenwischer des silberfarbenen Mercedes A-Klasse arbeiteten auf Hochtouren. Ich beugte mich auf dem Beifahrersitz zur Windschutzscheibe vor und presste die Nase ans kalte Glas, um das verblichene Schild an dem Gebäude zu entziffern. Das Straßenschild war unter einer altmodischen Laterne, direkt neben der Dachrinne befestigt. »Ölmühlenweg 1, wir sind richtig!«, verkündete ich mit erhobener Stimme. »Emilia Roth, hat ihr Ziel erreicht!« »Waldemar Stein, Fahrer und Bodyguard steht immer zu Diensten!«, frotzelte mein Liebster und lachte kurz auf. Auch er hatte sein angepeiltes Ziel noch immer erreicht. Die alte Ölmühle war bis hinauf zum Dach mit wildem Wein bewachsen. Die blauen Fensterläden und die Blumenkästen mit den roten Geranien bildeten bunte Farbtupfer im Regengrau. Das Anwesen lag am Rand eines verschlafenen Teilortes von Markdorf, einem Städtchen am Fuße des Gehrenbergs in der Nähe des Bodensees. »Gut ausgewählt, Waldi!«, stellte ich fest. Liebevoll fuhr ich ihm mit der Hand über die Glatze. Seine markante Nase stand nach einem Boxunfall etwas schief. Das gab seinem Gesicht etwas Abenteuerliches, was im Gegensatz zu seinen sanften, braunen Augen stand. Die konnten direkt in meine Seele blicken. Obwohl Waldemar nur Jeans und ein schwarzes Poloshirt trug, wirkte er wie ein Gentleman von Welt. Hach, was für ein Mann! Er war das genaue Gegenteil von meinem Ex Udo, der sich weigerte etwas anderes als ausgebeulte Kordhosen und Karohemden zu tragen. »Für dich tu ich doch alles, Schneckle«, antwortete der drahtige Endfünfziger. Dabei tätschelte er meine graue Wollhose an der Stelle, wo er mein Knie vermutete. Diese Machogesten musste ich ihm noch abgewöhnen! Ich zog den Reißverschluss meiner anthrazitgrauen Weste bis unters Kinn. Hoffentlich färbte mein düsterer Look nicht auf meine Stimmung ab. Da ich hier auf keinen Fall auffallen wollte, hatte ich außerdem meinem farbenfrohen Modegeschmack abgeschworen. Ich würde in graubrauner Unauffälligkeit praktisch mit meiner Umgebung verschmelzen, obwohl ich jedes Kleidungsstück mit italienischer Grandezza zu tragen wusste. Das lag an den Genen meiner sizilianischen Nonna, Emilia Lombardo, die mir auch ihren Vornamen vererbt hatte. 1928 hatte der Ausbruch des Ätna ihr Heimatdorf Marscali auf Sizilien ausgelöscht. Notgedrungen wanderte sie mit ihrem Mann Rosario ins kalte Deutschland aus. Waldemar und ich hatten die Mühle bei ›Idyllic Places‹ im Internet entdeckt und uns als Ehepaar Stein angemeldet. Als ›Romantisches Liebesnest für Nostalgiker‹ hatte es die Vermieterin inseriert. Das ›naturnahe Häuschen mit Mühlrad am Bach‹ hatte schon etwas Patina angesetzt und die Scheune wirkte leicht baufällig. Das war also die erste Station am Beginn meines Ruhestandes! Hiking auf dem Wild Atlantic Way in Irland oder Inselhopping auf den Äolische Inseln hatte mir vorgeschwebt. Pustekuchen! Wenn mir mein Leben lieb war, musste ich fix und unkompliziert von der Bildfläche verschwinden. So war ich in der Apfelbaumidylle Oberschwabens gelandet. »Hier findet uns garantiert niemand«, verkündet ich, krampfhaft um Zuversicht bemüht. Unser Unterschlupf versteckte sich hinter hohen Tujahecken und war von dem Dorfsträßchen kaum einsehbar. »Da müsste man uns schon nachgeschwommen sein«, witzelte mein Liebster. Er tätschelte weiter mein Knie. Ich schob seine Hand beiseite. Etwas enttäuscht stellte er den Motor ab. »Zur Feier des Tages köpfen wir die Flasche Barolo aus meinem Geschenkkorb. Und jetzt, auf, auf, keine Müdigkeit vortäuschen!«, versuchte ich die getrübte Stimmung etwas aufzuhellen. Die Mitarbeiter der Abteilung Betrug im Polizeipräsidium Tübingen hatten mir zur Verabschiedung in den Ruhestand einen üppigen Geschenkkorb von Feinkost Müller geschenkt. Wenn das eine Anspielung auf meine wohlproportionierten Rundungen war, hatte ich die Andeutung geflissentlich übersehen. Vom Rücksitz angelte ich mir die alte olivgrüne Regenjacke. Die hatte Udo früher getragen, wenn er zum Angeln ging. Ich schlüpft in das übergroße Ding, zog die Kapuze tief ins Gesicht und stieß die Beifahrertür auf. Mit eingezogenem Kopf hastete ich die paar Schritte unter das Vordach über dem Eingang. Rechts neben einer dunklen Holztür mit Milchglaseinsatz hing ein schmiedeeiserner Briefkasten an der Wand. Das Türchen war nur angelehnt und quietschte leise, als ich es aufschob. In einem dicken, braunen Kuvert befanden sich feuchte Hochglanzprospekte mit Ausflugstipps und ein Hausschlüssel mit einem Plastikanhänger in Apfelform. »Schlüssel gefunden!«, stellte ich lautstark fest und schloss die Haustür auf. Waldi zögerte noch und blickte skeptisch in den Dauerregen. Dass ihre Ankunft bei diesem Sauwetter stattfand, schien ihm kein gutes Omen. »Schneckle, ich komme!«, rief er bemüht optimistisch. Es gelang ihm beim Aussteigen tatsächlich seinen Taschenschirm zu öffnen. Ein Windstoß stülpte das Ding sofort zu einem blauen Stoffknäuel hoch. Gleichzeitig trat Waldi in eine Pfütze. Fluchend, mit verdreckten weißen Sneakern, stapfte er hinter mir in den dunklen Flur. »Heiland Sack, hier stinkt´s nach Mottenkugeln!«, beschwerte er sich. Ich schnüffelte und fand, dass es gemütlich nach altem Haus und Sicherheit roch. In der ersten Nacht schlief ich denkbar schlecht, obwohl das Doppelbett bequem und das Schlafzimmer im ersten Stock geräumig und gut gelüftet war. Meine Tübinger Wohnung lag nahe an einer Bahnlinie. Ich war an das Geräusch von vorbeifahrenden Zügen gewöhnt und an nächtliche Straßenbeleuchtung. Hier auf dem Land war es erschreckend ruhig und dunkel. Nur das Nachtlicht in der Steckdose neben der Tür schimmerte grünlich. Ich lag auf dem Rücken, hatte die Bettdecke bis unters Kinn gezogen und fühlte mich plötzlich sehr verloren und einsam. Neben mir atmete Waldi gleichmäßig. Er war nach dem Abendessen sofort in Tiefschlaf gefallen. Die zweite Flasche Wein und der Grappa nach den Spaghetti à la Miracoli hatten sicher einen großen Anteil daran gehabt. Jetzt rüttelte eine Windböe an den Fensterläden. Ich begann mich unruhig hin und her zu wälzen. Die zweite Portion Nudeln lag mir schwer im Magen. Schließlich stand ich auf, tappte ins Bad und ging erst mal aufs Klo. Vielleicht sollte ich nach unten gehen und mir eine Tasse Kräutertee kochen? Ich verwarf diesen Gedanken wieder, ging ins Schlafzimmer zurück und drehte den Thermostat am Heizkörper höher. In die Bettdecke gehüllt, tastete ich mich zum Fenster vor und fiel in den Kordsamtsessel neben dem Heizkörper. In der Finsternis der Nacht konnte ich ehrlich zu mir sein. Die Magenschmerzen kamen nicht nur vom Abendessen. Nein, die Erinnerungen an den Fall Casali waren es, die mir doch mehr zu schaffen machten, als sich die taffe Hauptkommissarin Emilia Roth eingestehen wollte. Ich schloss die Augen. Bilder der Causa Casali liefen wie ein Film vor meinem inneren Auge ab. Mit Fleiß und Ausdauer, nebenbei bemerkt, Emilia bedeutete die Fleißige, hatte ich mich jahrelang mit den skrupellosen Machenschaften des Casali Clans beschäftigt. Ich hatte nächtelang im Internet recherchiert, Aktengebirge durchgeackert und auch erzeugt. Das raffinierte Betrugsgebäude des Clans war nach und nach abgebröckelt, der Dschungel aus falschen Fährten und Scheinfirmen wurde zumindest teilweise aufgedeckt. Ich konnte jedoch mit meinem Team nicht alle Machenschaften aus Drogenhandel, Prostitution, Geldwäsche und Morden entwirren. Zu groß war das Netzwerk, zu stark war die Hilfe und Angst der Mitglieder. Doch zumindest für dreizehn Millionen Euro Steuerhinterziehung konnte Anklage erhoben werden. Im Laufe der Jahre hatte ich bei den Ermittlungen einige Mitarbeiter verschlissen. Merle Kaufmann war in Elternzeit gegangen und nicht mehr in meine Abteilung zurückgekehrt. Oliver Pfaller hatten die Drogenleute abgeworben und Natascha Körberlein suchte eine neue Herausforderung bei der Bundespolizei. Der altgediente Raimund Renner hatte sich genauso wie ich in dem Fall Casali festgebissen und würde erst mal ein Sabbatjahr nehmen. Schließlich wurden Mariangela Casali und Luigi Casali in ihrem Unterschlupf, einem Weingut in der Steiermark gefasst, und zu langjährigen Haftstrafen verurteilt. Und ich war ausgelaugt und bereit für den verdienten Ruhestand. Aber zu früh gefreut! Schon vor dem Urteil gegen die führenden Köpfe im Casali Clan bekam ich anonyme Morddrohungen. Kurz danach ging mein Dienstwagen vor dem Präsidium in Flammen auf. Genau da...




