E-Book, Deutsch, 192 Seiten
Reihe: Therapeutische Praxis
Stiglmayr / Gunia Dialektisch-Behaviorale Therapie (DBT) zur Behandlung der Borderline-Persönlichkeitsstörung
1. Auflage 2017
ISBN: 978-3-8409-2424-8
Verlag: Hogrefe Publishing
Format: PDF
Kopierschutz: 1 - PDF Watermark
Ein Manual für die ambulante Therapie
E-Book, Deutsch, 192 Seiten
Reihe: Therapeutische Praxis
ISBN: 978-3-8409-2424-8
Verlag: Hogrefe Publishing
Format: PDF
Kopierschutz: 1 - PDF Watermark
Die Dialektisch-Behaviorale Therapie (DBT) von Marsha Linehan ist ein evidenzbasiertes Therapieprogramm zur Behandlung von Patienten mit einer Borderline-Persönlichkeitsstörung (BPS). Wesentliches Behandlungsziel der DBT ist der Aufbau bzw. die Verbesserung von funktionalen Strategien zur Emotionsregulation. Das vorliegende Therapiemanual beschreibt erstmals ausführlich das konkrete therapeutische Vorgehen innerhalb der ambulanten DBT.
Das Buch liefert zunächst eine Beschreibung des Störungsbildes, informiert über diagnostische Verfahren und erläutert die Entstehung der Störung. Anschließend wird anhand zahlreicher Beispieldialoge das therapeutische Vorgehen in den einzelnen Sitzungen detailliert beschrieben. Dabei werden die zur Anwendung kommenden DBT-Strategien jeweils gekennzeichnet (Adhärenz-Ratings), was die Umsetzung des Vorgehens in der therapeutischen Praxis deutlich erleichtert. Es wird aufgezeigt, wie Patienten Strategien zur Reduktion extremer Emotionalität sowie dysfunktionaler stimmungsabhängiger Verhaltensweisen erlernen können. Einige Strategien, wie z.B. Kettenanalysen, werden dazu erstmalig im deutschsprachigen Raum vorgestellt. Darauf aufbauend werden Methoden vermittelt, die es den Patienten ermöglichen, dem eigenen Erleben mit mehr Akzeptanz und Vertrauen zu begegnen. Die konsequente Anwendung der erlernten Strategien kann schließlich über Selbstakzeptanz, Wertschätzung und Selbstfürsorge zu einem neuen und erfüllten Leben führen. Weiterhin wird auf schwierige Therapiesituationen, wie z.B. krisenhaftes Verhalten, Dissoziation, Wut auf den Therapeuten, eingegangen. Sowohl erfahrene Praktiker als auch Psychotherapeuten, die am Anfang ihrer beruflichen Tätigkeit stehen und sich auf die DBT-Zertifizierung vorbereiten wollen, finden in diesem Manual wertvolle Anregungen.
Zielgruppe
Ärztliche und Psychologische Psychotherapeuten, Fachärzte für Psychiatrie und Psychotherapie, Fachärzte für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie, Klinische Psychologen, Psychologische Berater, Sozialarbeiter, Sozialpädagogen, Studierende und Lehrende in der psychotherapeutischen Aus-, Fort- und Weiterbildung.
Autoren/Hrsg.
Fachgebiete
- Sozialwissenschaften Psychologie Psychotherapie / Klinische Psychologie Verhaltenstherapie
- Sozialwissenschaften Psychologie Psychotherapie / Klinische Psychologie Psychopathologie
- Medizin | Veterinärmedizin Medizin | Public Health | Pharmazie | Zahnmedizin Medizinische Fachgebiete Psychiatrie, Sozialpsychiatrie, Suchttherapie
Weitere Infos & Material
1;Dialektisch-Behaviorale Therapie (DBT) zur Behandlung der Borderline-Persönlichkeitsstörung;1
1.1;Inhaltsverzeichnis;7
2;Einleitung;9
3;Kapitel 1: Beschreibung der Borderline-Persönlichkeitsstörung;13
4;Kapitel 2: Ätiologie – Die biosoziale Theorie;17
5;Kapitel 3: Grundlagen der Dialektisch-Behavioralen Therapie (DBT);25
6;Kapitel 4: Beschreibung der Therapiedurchführung;61
7;4.1 Die ersten 1 bis 5 Sitzungen (probatorische Sitzungen);63
8;4.2 Sitzung 6 bis 20;79
9;4.3 Sitzung 21 bis 40;119
10;4.4 Sitzung 41 bis 60 (zweites Behandlungsjahr);128
11;4.5 Sitzung 61 bis 80 (drittes Behandlungsjahr);141
12;4.6 Der Umgang mit besonderen Situationen;148
13;Kapitel 5: Die Wirksamkeit der Dialektisch-Behavioralen Therapie (DBT);153
14;Kapitel 6: Psychopharmakotherapie bei einer Borderline-Persönlichkeitsstörung;156
15;Literatur;158
16;Anhang;167
17;CD;168
17.1;Behandlungsvertrag fu?r das Fertigkeitentraining;168
17.2;Borderline-Symptom-Liste: Kurzversion (BSL-23);170
17.3;Borderline-Symptom-Liste: Kurzversion (BSL-23) – Auswertungshinweise;172
17.4;BSL-23 Prozentrangnormen der Summenwerte;173
17.5;Dissoziations-Spannungs-Skala (DSS);174
17.6;Dissoziations-Spannungs-Skala (DSS) – Auswertungshinweise;177
17.7;Fertigkeiten-Wochenprotokoll;178
17.8;Konsultationsteam – Aufgaben des Hu?ters der Dialektik;181
17.9;Konsultationsteam – Checkliste;182
17.10;Konsultationsteam – Regeln;183
17.11;Therapievertrag fu?r die ambulante Einzeltherapie;184
17.12;Übersicht u?ber die DBT-Strategien;186
17.13;Wertefragebogen;188
17.14;Wochenprotokoll;191
17.15;Wochenprotokoll – Alternative;192
Kapitel 3 Grundlagen der Dialektisch-Behavioralen Therapie (DBT) (S. 23-24)
Die Dialektisch-Behaviorale Therapie (DBT) wurde in den 1980er Jahren von Marsha M. Linehan zur Behandlung von Patienten und Patientinnen1 mit einer Borderline-Persönlichkeitsstörung (BPS) entwickelt (Linehan, 1996a, b). Ursprünglich war die Therapie als ambulante Behandlung von chronisch suizidalen Frauen konzipiert. Heute gilt die DBT als Prototyp für modular aufgebaute Psychotherapie und findet bei einer Vielzahl weiterer Störungsbilder Anwendung. Neben den etablierten kognitiv-behavioralen Methoden integriert die DBT eine Vielzahl weiterer Strategien und Techniken vor allem aus der Gesprächspsychotherapie, der Gestalttherapie und dem Zen-Buddhismus. Damit gehört die DBT zur sogenannten „dritten Welle“ der Verhaltenstherapie, die die klassischen verhaltenstherapeutischen und kognitiven Techniken mit Strategien der Akzeptanz, Weisheit, kognitiven Distanzierung und Dialektik verbinden. Die DBT ruht auf zwei sehr stabilen Säulen: Die eine Säule symbolisiert die zur Anwendung kommenden Techniken, die andere Säule symbolisiert die Haltung des Therapeuten. Beide Säulen sind notwendig, um die DBT wirksam werden zu lassen.
Da die therapeutische Haltung die Grundlage für eine effektive Anwendung therapeutischer Techniken darstellt, wird diese nachfolgend vorrangig dargestellt.
3.1 Die therapeutischen Grundhaltungen
Vor allem aufgrund der hohen Emotionalität und den stellenweise sehr belastenden dysfunktionalen Verhaltensweisen (schweres selbstverletzendes Verhalten, Suizidandrohungen, Suizidversuche) wird die Arbeit mit Borderline-Patienten zumeist als sehr anstrengend erlebt. Eine Abbruchrate von bis zu 67 % im Rahmen nicht standardisierter ambulanter Therapien belegt dies eindrucksvoll (Gunderson et al., 1989; Skodol et al., 1983). Beispielsweise wird den Patienten häufig vorgeworfen, sich „manipulativ“ zu verhalten, sich „nicht ausreichend anzustrengen“ oder sich „nicht verändern zu wollen“. „Aggressive Verhaltensweisen dem Therapeuten gegenüber“ werden als Indiz dafür gewertet, dass der Patient sich nicht verändern wolle. Die akute Suizidalität unmittelbar vor dem Urlaub des Therapeuten wird als „Erpressungsversuch“ gewertet. Diese häufig zu beobachtenden Probleme können ein zufriedenstellendes Behandlungsergebnis ernsthaft gefährden. Aus diesem Grund wurden im Rahmen der DBT therapeutische Grundannahmen formuliert, die sowohl Therapeut als auch Patient vor Problemen dieser Art schützen (vgl. nachfolgenden Kasten).
All diesen Grundannahmen liegt die folgende Dialektik zugrunde: Der Therapeut muss die Patienten so akzeptieren wie sie sind; gleichzeitig muss er die Patienten dabei unterstützen, sich in Übereinstimmung mit ihren Zielen zu verändern.
Merke: Therapeutische Grundannahmen 1. Borderline-Patienten geben sich wirklich Mühe.
D. h., sie versuchen, das Beste aus ihren gegenwärtigen Situationen zu machen.
2. Borderline-Patienten wollen sich verändern.
3. Borderline-Patienten müssen sich stärker anstrengen und härter arbeiten, um sich zu verändern.
4. Borderline-Patienten haben ihre Schwierigkeiten nicht selbst verursacht, müssen sie aber selbst lösen.
5. Das Leben suizidaler Borderline-Patienten ist so, wie es gegenwärtig ist, unerträglich.
6. Borderline-Patienten müssen neues Verhalten in allen relevanten Lebensbereichen erlernen.
7. Patienten können in der Therapie nicht versagen.
8. Therapeuten, die mit Borderline-Patienten arbeiten, brauchen Unterstützung.
Zur Veranschaulichung soll die Schiff-Metapher dienen. Zunächst zur Sicht des Patienten: Metapher: Schiff – 1. Teil (Perspektive Patient)
Stellen Sie sich vor, Ihre Eltern haben Sie sehr frühzeitig mitten im Meer ausgesetzt. Alles, was Ihnen Ihre Eltern mitgegeben haben, ist ein kleines Paddelboot aus Holz. Jahrelang paddeln Sie einsam auf dem Meer umher, beständig auf der Suche nach Nahrung, Schutz, Wärme, Kontakt und Liebe. Mal ist es stürmisch mit hohen Wellen, mal ist Flaute, mal ist es regnerisch, mal ist es trocken, mal ist es warm, mal ist es kalt. Über die Jahre zerfällt das Paddelboot, alles was Ihnen bleibt, ist eine Planke, an der Sie sich nun verzweifelt festhalten. Diese ist Ihr Garant für das Überleben. Sie wissen genau, wie diese sich im Sturm verhält, wie Sie sich festhalten müssen, wo genau welche Rille und Vertiefung ist. Stellen Sie sich nun vor, dass jemand zu Ihnen kommt und Ihnen vorwirft, Sie würden sich nicht genug anstrengen, würden sich keine Mühe geben, Ihr Leben lebenswerter zu gestalten. Wie würden Sie sich fühlen? Stellen Sie sich nun vor, dass, obwohl Sie schon fast die Hoffnung aufgegeben haben, eines Tages ein Schiff vorbeikommt. Sie werden entdeckt und das Schiff geht in ca. 100 Meter Entfernung vor Anker. Das Schiffspersonal holt ein Megaphon und der Kapitän ruft zu Ihnen hinüber, dass Sie doch bitte die Planke loslassen und herüberschwimmen sollen. Stellen Sie sich das Schiff als schicken Luxusdampfer vor, mit vielen Lämpchen und Fähnchen, vielen sehr ansehnlich gekleideten Menschen, von schön gebauten Models wird gerade die neueste Bademode vorgeführt, zwischen den Gästen stolzieren ordentlich zurechtgemachte Stewards und reichen teure Getränke. Stellen Sie sich vor, wie befremdlich womöglich dieser Anblick für Sie ist. Wie anders Ihnen diese Welt nach einsamen Jahren im Meer erscheinen mag. Und wie misstrauisch Sie vielleicht vor dem Hintergrund Ihrer vorangegangenen Erfahrungen sind. Würden Sie sofort die Planke, die Sie bisher hat überleben lassen, loslassen und hinüberschwimmen? Sind Sie sich sicher, dass dieser stolze Dampfer wirklich auf Sie warten wird? Und sind Sie sicher, dass das Ihre Welt dort oben ist? Wo Sie doch so ganz anders sind, mit Ihrer aufgeschwemmten, womöglich stellenweise algenbesetzen Haut? Und vor allem: Sind Sie sicher, dass Sie noch schwimmen können? Sicherlich werden Sie auf alle Fälle sehr, sehr große Angst haben angesichts der Strecke, die Sie zurücklegen müssen und ggf. kommen Sie sogar zu der Ansicht, lieber dort zu verbleiben, wo Sie gerade sind – aus kühler Berechnung oder weil Sie vor lauter Angst gerade nicht anders reagieren können.




