Strank | Handbuch Filmgeschichte | E-Book | www.sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, 350 Seiten

Strank Handbuch Filmgeschichte

Von den Anfängen bis heute
1. Auflage 2021
ISBN: 978-3-8463-5699-9
Verlag: UTB
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

Von den Anfängen bis heute

E-Book, Deutsch, 350 Seiten

ISBN: 978-3-8463-5699-9
Verlag: UTB
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Über 100 Jahre Filmgeschichte Seit über einem Jahrhundert faszinieren Filme Menschen rund um den Erdball. Willem Strank geht diesem Phänomen auf den Grund. Er skizziert die Filmgeschichte in 13 Kapiteln, die jeweils eine Dekade beleuchten. Pro Kapitel legt er das Hauptaugenmerk auf filmgeschichtliche Besonderheiten aus den USA, Europa und Deutschland. Auch auf globale Phänomene geht er ein, etwa aus Asien, Südamerika oder Afrika. Wichtige filmwissenschaftliche Begriffe aus den Dekaden erklärt er am Kapitelende. Dort finden sich auch Tipps zu sehenswerten Filmen aus der Zeit. Dieses Handbuch ist ein fundierter und zugleich faszinierender Einstieg in die Filmgeschichte und bietet zudem denjenigen, die bereits Vorkenntnisse haben, die Möglichkeit zur gezielten Vertiefung.

Dr. Willem Strank ist wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel und arbeitet am Institut für Neuere Deutsche Literatur und Medien.
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Autoren/Hrsg.


Weitere Infos & Material


Liebe Leser:innen! 11
1826 bis 1900 · Als die Bilder laufen lernten
Im Kontext der Fotografie 15
Bewegte Bilder 16
Der frühe Film in den USA 18
Der frühe Film in Deutschland 21
Der frühe Film in Europa 22
Der frühe Film im globalen Kino 27
Wichtige Stichwörter dieser Zeit 28
Drei Filme aus dieser Dekade, die Sie gesehen haben sollten 29
1901 bis 1910 · Die Findungsphase des Films
1900er: Europa 31
1900er: USA 35
1900er: Deutschland 39
1900er: Globales Kino 41
Wichtige Stichwörter des Jahrzehnts 43
Drei Filme aus dieser Dekade, die Sie gesehen haben sollten 44
1911 bis 1920 · Die Konventionen etablieren sich
1910er: USA 45
1910er: Deutschland 50
1910er: Europa 53
1910er: Globales Kino 56
Wichtige Stichwörter des Jahrzehnts 58
Drei Filme aus dieser Dekade, die Sie gesehen haben sollten 59
1921 bis 1930 · Die Vielfalt des späten Stummfilms
1920er: Deutschland 61
1920er: USA 65
1920er: Europa 68
1920er: Globales Kino 74
Wichtige Stichwörter des Jahrzehnts 78
Drei Filme aus dieser Dekade, die Sie gesehen haben sollten 79
1931 bis 1940 · Die Ankunft des Tons
1930er: Globales Kino 81
1930er: USA 83
1930er: Deutschland 87
1930er: Europa 90
Wichtige Stichwörter des Jahrzehnts 93
Drei Filme aus dieser Dekade, die Sie gesehen haben sollten 94
1941 bis 1950 · Krisengeschütteltes Kriegskino
1940er: Globales Kino 95
1940er: Deutschland 96
1940er: Europa 98
1940er: USA 101
Wichtige Stichwörter des Jahrzehnts 107
Drei Filme aus dieser Dekade, die Sie gesehen haben sollten 109
1951 bis 1960 · Im Angesicht des Fernsehens
1950er: USA 111
1950er: Deutschland 117
1950er: Globales Kino 121
1950er: Europa 123
Wichtige Stichwörter des Jahrzehnts 126
Drei Filme aus dieser Dekade, die Sie gesehen haben sollten 127
1961 bis 1970 · Experimente der Erneuerung
1960er: Deutschland 129
1960er: Europa 132
1960er: USA 138
1960er: Globales Kino 140
Wichtige Stichwörter des Jahrzehnts 142
Drei Filme aus dieser Dekade, die Sie gesehen haben sollten 144
1970er: USA 145
1970er: Deutschland 150
1970er: Europa 153
1970er: Globales Kino 154
Wichtige Stichwörter des Jahrzehnts 157
Drei Filme aus dieser Dekade, die Sie gesehen haben sollten 158
1981 bis 1990 · Ein Hybridkino der Oberflächen
1980er: Globales Kino 159
1980er: Deutschland 162
1980er: Europa 164
1980er: USA 168
Wichtige Stichwörter des Jahrzehnts 172
Drei Filme aus dieser Dekade, die Sie gesehen haben sollten 173
1991 bis 2000 · Der Spaß an der Selbstreferenz
1990er: Europa 175
1990er: USA 178
1990er: Deutschland 182
1990er: Globales Kino 183
Wichtige Stichwörter des Jahrzehnts 187
Drei Filme aus dieser Dekade, die Sie gesehen haben sollten 188
2001 bis 2010 · Kino der Versehrtheit
2000er: USA 189
2000er: Globales Kino 193
2000er: Deutschland 197
2000er: Europa 199
Wichtige Stichwörter des Jahrzehnts 205
Drei Filme aus dieser Dekade, die Sie gesehen haben sollten 206
2011 bis 2020 · Reboots, Remakes, Franchises:
Ewige Reproduktion und Nostalgie-Maschine
2010er: Deutschland 207
2010er: Globales Kino 209
2010er: Europa 212
2010er: USA 215
Wichtige Stichwörter des Jahrzehnts 221
Drei Filme aus dieser Dekade, die Sie gesehen haben sollten 222
Websites, die Sie kennen sollten 223
Literatur 225
Filme und Personen 229
Stichwörter 251


1901 bis 1910 · Die Findungsphase des Films


Nachdem der Film sich in seinen ersten Jahren noch mit einzelnen Einstellungen und einer weitgehend starren Kamera zufriedengegeben hat, kann man das erste Jahrzehnt des 20. Jahrhunderts als eine Zeit der Montage bezeichnen. In diesen Jahren erfolgen die ersten Kombinationen von Master- und Insert-, also großen Ansichten des übergeordneten Geschehens, die durch davon abgesetzte Ansichten von Details ergänzt werden. Außerdem etablieren sich nach einer kurzen Übergangsphase die ersten Anschlussschnitte, wie sie bis heute zum Standardinventar der Filmsprache gehören. Parallel- ermöglichen die ersten Vermittlungen von Gleichzeitigkeit und in einigen Pathé-Filmen von 1907 und 1908 kann man gar von ersten Parallelmontagen im engeren Sinne sprechen. Zudem wird 1907 in dem Vitagraph-Film der erste Blick aus der Perspektive einer Figur, ein sogenannter (kurz: in einen Film montiert und sogar noch in eine Detailansicht aufgelöst: Nach dem Blick einer Figur auf ein Amulett ist jener Gegenstand, um seine Wichtigkeit für die Handlung zu betonen, noch einmal, aber aus größerer Nähe zu sehen. All diese Entwicklungen sind Vorläufer des bereits wenige Jahre später verbindlichen und bis heute verständlichen und üblichen Continuity-Stils. Nach der technologischen Findungsphase des späten 19. Jahrhunderts begibt sich der Film in den 1900er-Jahren also in eine stilistische Findungsphase und schafft es damit, nunmehr auf technisch-inhaltlicher Ebene und nicht mehr nur als Novität fortwährend attraktiv zu bleiben.

1900er: Europa


In Frankreich entwickelt sich Georges Méliès als bedeutender Innovator des frühen Films weiter. Méliès ist nicht nur eine der innovativsten, sondern auch eine der produktivsten Persönlichkeiten des noch jungen Mediums: Zwischen 1897 und 1905 vollendet er weltweit mehr Filme als jede andere Instanz; danach wird er jedoch vom Studio Pathé abgelöst – die frühe Hochzeit der von Einzelpersonen verantworteten Filme geht allmählich dem Ende zu. Besonders berühmt ist Méliès für seinen 1902 entstandenen und international rezipierten ScienceFiction-Film Le voyage dans la lune, der mithilfe eines ausgeklügelten Bühnendesigns und etlicher Filmtricks eine bemannte Mondreise inszeniert. Der französische „Kino-Magier“ dreht zwischen 1897 und 1912 insgesamt um die 500 Filme, ehe er sich aus dem Filmgeschäft zurückzieht. Ab 1910 produziert er unter Vertrag für Pathé, was jedoch dazu führt, dass viele seiner Filme ohne seine Zustimmung gekürzt und geschnitten werden, sodass er 1912 den Vertrag wieder aufkündigt. Die folgenden Jahre sind für Méliès von Tragödien, finanziellem Bankrott und familiären Zerwürfnissen gezeichnet – seine Filmkarriere ist bald darauf an ihrem Ende angelangt.

Lorenz Engell sieht in seiner buchlangen Filmgeschichtsstudie Sinn und Industrie (Engell 1992) in den 1900er-Jahren eine neue Tendenz, die er als Eingang der Aufbruchsutopie in die Filmgeschichte, also einer Darstellung, wie die Welt sein könnte, bezeichnet. Sie stehe der Ordnungsutopie früherer Filme, einer Abbildung, wie die Welt sein sollte, gegenüber – auf eine verkürzte Formel gebracht, löse die Metapher der Raumfahrt diejenige der Armee ab.

Trotz dieser allgemeinen Tendenz widmen sich etliche Filmemacher:innen in den 1900er-Jahren ebenfalls verstärkt realitätsnahen Anliegen. Der Pathé-Regisseur dreht 1902 Les victimes de l’alcoolisme, eine sozialkritische Erzählung über die Gefahren des Alkoholismus in fünf Tableaux, nach einer Buchvorlage des Naturalisten Émile Zola. Der Film enthält die möglicherweise ersten trennenden Zwischentiteln aus Text (genannt . Der Kontrast zu Méliès könnte insbesondere im finalen Tableau nicht größer sein, das den mittlerweile im Sanatorium eingesperrten, alkoholkranken Protagonisten zeigt, wie er vor einer starren Szenenbild allmählich zugrunde geht.

Zwischen 1903 und 1904 geht zudem eine frühe Spielart des Farbfilms, die bereits seit einigen Jahren für einzelne Filme – z. B. auch berühmtermaßen für Le voyage dans la lune – Anwendung findet, bei Pathé in industrielle Produktion: Zumeist Arbeiterinnen müssen die anstrengende Fließbandarbeit der Nachkolorierung von Filmen leisten, die ausgewählte Premiumprodukte attraktiver machen soll.

Bei der großen Konkurrenz Gaumont arbeitet derweil Alice Guy als verantwortliche Produzentin, wodurch sie zwar weniger Filme dreht, aber einen großen Einfluss auf das Filmschaffen des gesamten Studios nimmt. 1905 dreht sie Tango, der sich als einer der frühesten Tanzfilme intensiv mit Bühnenanordnung, Perspektivinszenierung und Ästhetisierung von künstlerischer Bewegung auseinandersetzt. Auch dieser Film wird nachkoloriert und zeigt, wie eindrucksvoll sich Guy in bildästhetischer Hinsicht in den wenigen Jahren seit entwickelt hat.

Der Umgang mit filmischer Zeit ist ohnehin ein großes Thema der 1900er-Jahre – Mark Cousins bezeichnet sie in seiner Story of Film als dasjenige Jahrzehnt, welches dem Film beibringt, „während“ zu sagen, indem die Vermittlung von Gleichzeitigkeit durch Schnitt entwickelt wird. In einigen Pathé-Filmen, insbesondere Le cheval emballé, 1907 von Louis J. Gasnier verantwortet und im Januar 1908 erstmals vorgeführt, kommen erste Konstruktionen vor, die im Rückblick wie Vorläufer von Parallelmontagen erscheinen und mehrere Handlungsstränge miteinander verbinden. Als ein Wäscher sein Pferd wegen einer Lieferung vor dem Haus stehen lässt, bedient sich jenes an einem Sack Weizen. Während der Hauptteil der visuellen Aufmerksamkeit dem Wäscher gilt, ist immer wieder das Pferd zu sehen, wie es zeitgleich den Weizen frisst, blitzschnell zunimmt und schließlich, als der Wäscher zurückkehrt, aufgrund der vielen überschüssigen Energie völlig außer Kontrolle gerät.

In Sachen Filmindustrie ist die Schließung der Produktionsstätten der Lumière-Brüder im Jahre 1905 ein einschneidendes Ereignis und kann als letztes Zeichen einer totalen Umstrukturierung hin zu einer studiogeleiteten Professionalisierung des französischen Films verstanden werden. Entsprechend im Aufschwung befinden sich indessen Pathé und Gaumont: Ab 1901 verschiebt Erstere endgültig das Hauptanliegen der Firma von ihrer Phonographen-Abteilung auf die Filmproduktion. 1902 wird im Zuge dessen ein eigenes Studio mit Glaswänden zur Nutzung des Sonnenlichts erbaut. Und Pathé entwickelt gar eine eigene Kamera, die bis nach dem Ersten Weltkrieg zum französischen Standard und weltweiten Erfolgsprodukt wird. Die Marge ist zu jener Zeit entsprechend üppig bemessen: Während für die Amortisierung eines Films bei der Konkurrenz normalerweise der Verkauf von 15 Kopien ausreichend ist, versetzt Pathé um die 350 Kopien pro Film. Schon bald expandiert das Studio nach Großbritannien, in die USA, nach Russland und nach Deutschland, wo eigene Zweigstellen entstehen und mit den regionalen Produktionsfirmen in Konkurrenz treten.

Zwischen 1905 und 1908 erfährt die französische Filmindustrie insgesamt ein starkes Wachstum. Pathé erwirbt in jener Phase drei Studios und wird zur ersten Filmfirma weltweit, welche die später für das Hollywood-System so zentrale vertikale Integration praktiziert, was bedeutet, dass die Produktion, die Distribution und die Aufführung allesamt in derselben Hand liegen. 1906 erwirbt Pathé zu diesem Zweck erste Filmtheater, 1907 etabliert das Studio den eigenen Vertrieb und vertreibt ab 1908 gar Filme aus anderen als den eigenen Produktionskontexten. Neben dieser allmählichen vertikalen Ausdehnung ist Pathé außerdem das erste Studio, das sich um horizontale Integration bemüht. Es expandiert also auch im eigenen Sektor durch das Aufkaufen anderer Studios und die eigene internationale Verbreitung, die besonders in Italien, Russland und den USA von Erfolg gekrönt ist. Im Jahre 1905 arbeiten insgesamt sechs Filmemacher unter der Leitung von Ferdinand Zecca für Pathé, die jeder einen Film pro Woche drehen, was einem Output von sechs Filmen pro Woche gleichkommt, nahezu einer für jeden Tag!

Bei Gaumont steigt wie erwähnt Alice Guy zur wichtigsten Koordinatorin und Produzentin des Studios auf und zeichnet verantwortlich für die Organisation und Entwicklung des Firmenportfolios. Gaumont baut erst im Jahre 1905 ein eigenes Produktionsstudio; ihr größter Coup zu jener Zeit ist die Verpflichtung von Louis Feuillade, der später zu eine:r de:r bekanntesten Regisseur:innen seiner Zeit avancieren wird. Auch Gaumont expandiert nach und...


Strank, Willem
Dr. Willem Strank ist wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel und arbeitet am Institut für Neuere Deutsche Literatur und Medien.



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