E-Book, Deutsch, Band 1279, 100 Seiten
Reihe: Chefarzt Dr. Norden
Summer Ein neues Leben
1. Auflage 2024
ISBN: 978-3-98986-698-0
Verlag: Kelter Media
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Chefarzt Dr. Norden 1279 - Arztroman
E-Book, Deutsch, Band 1279, 100 Seiten
Reihe: Chefarzt Dr. Norden
ISBN: 978-3-98986-698-0
Verlag: Kelter Media
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Jenny Behnisch, die Leiterin der gleichnamigen Klinik, kann einfach nicht mehr. Sie weiß, dass nur einer berufen ist, die Klinik in Zukunft mit seinem umfassenden, exzellenten Wissen zu lenken: Dr. Daniel Norden! So kommt eine neue große Herausforderung auf den sympathischen, begnadeten Mediziner zu. Das Gute an dieser neuen Entwicklung: Dr. Nordens eigene, bestens etablierte Praxis kann ab sofort Sohn Dr. Danny Norden in Eigenregie weiterführen. Die Familie Norden startet in eine neue Epoche! Marina starrte mit ihren ausdrucksstarken großen grauen Augen - die seltsam leer blickten - zur Decke. Die aparte, zarte Frau wirkte sehr blass und zerbrechlich. Sie war gerade erst wach geworden von ihrer Operation an der Gebärmutter, einer Hysterektomie, wie Frau Dr. Mancini es nannte. Die junge Gynäkologin hatte ihr ausführlich erklärt, dass diese Operation wohl unumgänglich sei bei ihren Beschwerden. Die Frauenärztin hatte ein recht großes Myom an der Gebärmutter festgestellt. Es hatte bei der jungen Frau dazu geführt, dass sie an einer Anämie erkrankt war. Dieser Mangel an roten Blutkörperchen schwächte die zierliche Patientin sehr und heftige krampfartige Schmerzen im Unterleib trugen noch mehr zu dem Gefühl der Abgeschlagenheit und Erschöpfung bei. Und diese Schmerzen waren ihrer Chefin Frau Waldenrath wohl irgendwann aufgefallen, Sie hatte daraufhin die zuverlässige, aber überaus zurückhaltende Angestellte gebeten, sich doch einmal in ärztliche Behandlung zu begeben. »Am besten gehen sie gleich in die Behnisch-Klinik, sie genießt einen hervorragenden Ruf«, hatte sie sehr bestimmt gemeint. »Sie wissen, dass ich Sie als Arbeitnehmerin schätze, aber ich brauche Verlässlichkeit. Und das bedeutet, dass Sie sich ganz einbringen können.« Marina hatte zögerlich genickt und fast widerwillig einen Arzttermin gemacht. Es passte ihr so gar nicht, dass die eigentlich freundliche Chefin Bemerkungen über ihre Gesundheit machte. Ihr war sehr daran gelegen, alles, was sie persönlich betraf, vor anderen Menschen zu verbergen. Sie wollte keine neugierigen Fragen, schlimmer noch, mitleidige Kommentare. Dies wäre ihr viel zu nahe gegangen. Sie wusste, dass sie sehr darauf achten musste, dass ihr niemand zu nahetrat. Sie hatte einen festen undurchdringlichen Kokon um sich gewoben, in den niemand eindringen konnte.
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Marina starrte mit ihren ausdrucksstarken großen grauen Augen – die seltsam leer blickten - zur Decke. Die aparte, zarte Frau wirkte sehr blass und zerbrechlich. Sie war gerade erst wach geworden von ihrer Operation an der Gebärmutter, einer Hysterektomie, wie Frau Dr. Mancini es nannte. Die junge Gynäkologin hatte ihr ausführlich erklärt, dass diese Operation wohl unumgänglich sei bei ihren Beschwerden. Die Frauenärztin hatte ein recht großes Myom an der Gebärmutter festgestellt. Es hatte bei der jungen Frau dazu geführt, dass sie an einer Anämie erkrankt war. Dieser Mangel an roten Blutkörperchen schwächte die zierliche Patientin sehr und heftige krampfartige Schmerzen im Unterleib trugen noch mehr zu dem Gefühl der Abgeschlagenheit und Erschöpfung bei. Und diese Schmerzen waren ihrer Chefin Frau Waldenrath wohl irgendwann aufgefallen, Sie hatte daraufhin die zuverlässige, aber überaus zurückhaltende Angestellte gebeten, sich doch einmal in ärztliche Behandlung zu begeben. »Am besten gehen sie gleich in die Behnisch-Klinik, sie genießt einen hervorragenden Ruf«, hatte sie sehr bestimmt gemeint. »Sie wissen, dass ich Sie als Arbeitnehmerin schätze, aber ich brauche Verlässlichkeit. Und das bedeutet, dass Sie sich ganz einbringen können.« Marina hatte zögerlich genickt und fast widerwillig einen Arzttermin gemacht. Es passte ihr so gar nicht, dass die eigentlich freundliche Chefin Bemerkungen über ihre Gesundheit machte. Ihr war sehr daran gelegen, alles, was sie persönlich betraf, vor anderen Menschen zu verbergen. Sie wollte keine neugierigen Fragen, schlimmer noch, mitleidige Kommentare. Dies wäre ihr viel zu nahe gegangen. Sie wusste, dass sie sehr darauf achten musste, dass ihr niemand zu nahetrat. Sie hatte einen festen undurchdringlichen Kokon um sich gewoben, in den niemand eindringen konnte. Dabei war sie früher so anders gewesen, früher in ihrem anderen Leben. Ein offener, fröhlicher Mensch war sie gewesen. Eine glückliche Mutter und Ehefrau. Lebenslustig und voller Tatendrang. Wie hatte sie es geliebt, mit der Familie und Freunden Dinge zu unternehmen. Aber … seit jenem verhängnisvollen Tag, als sich alles schlagartig verändert hatte, war nichts mehr wie sonst. Vor fast genau drei Jahren war ihre Familie ausradiert worden. Einfach so, als zähle sie gar nicht. Als hätte es sie nie gegeben. Seitdem stand die Welt für Marina still, nur alles und alle um sie herum lebten weiter, als sei nichts passiert. Aber für sie waren ihr Mann Jens und die beiden gemeinsamen Kinder Markus und Luisa ihr ein und alles gewesen, ihr größtes Glück auf Erden! Bis das Schicksal grausam und unerbittlich zugeschlagen hatte. Jens und die beiden Kinder hatten eine Bootsfahrt unternommen. Die ganze Familie war schon seit ein paar Tagen auf der spanischen Insel und alles schien wunderbar, besser, als man es sich erträumen konnte. Auch der entscheidende Tag hatte wundervoll angefangen. Nach einem ausgiebigen Frühstück, angefüllt mit Lachen und kleinen Neckereien, waren ihr Mann und die Kinder aufgebrochen zu einer spannenden Bootsfahrt. Markus, ihr Sohn, hatte kopfschüttelnd gemeint: »Mami, wie kannst du dir so ein tolles Abenteuer nur entgehen lassen?« »Ach ja, Mami, komm doch mit«, hatte Luisa sich an sie geschmiegt und hinzugefügt: »Nachher wird es dir noch leidtun, dass du uns nicht begleitet hast.« Wie sollte sie, mit gerade einmal neun Jahren, auch ahnen können, dass genau das passieren würde. Dass die verzweifelte, alleine zurückgebliebene Marina es sich niemals verzeihen konnte, ihre Familie alleine sterben zu lassen. Ohne sie! Jens hatte sie damals voller Liebe umarmt und ihr leise ins Ohr geraunt: »Ich verspreche dir, dass ich dich für dein Warten entschädigen werde, wenn wir wieder zurück sind.« Dann hatte er sie leidenschaftlich geküsst. Das waren seine letzten Worte gewesen, die sie von ihm gehört hatte. Sein Versprechen hatte er zum ersten Mal nicht halten können. Es hatte nicht in seiner Macht gelegen. Von ihrem Liegestuhl aus hatte Marina alles genau mitbekommen. Gerade noch hatten die drei ihr von Weitem lachend und jubelnd gewunken und dann … dann war ein Motorboot mit stark überhöhter Geschwindigkeit auf das kleine hölzerne Boot zugerast und hatte es einfach übersehen. Ihr Mann und ihre Kinder waren einfach übersehen worden! Noch immer klangen die Worte des jungen Mannes, der am Steuer gesessen hatte, in ihrem Ohr. Der Unglücksfahrer war alkoholisiert gewesen. Er hatte seiner neuen Freundin wohl beweisen wollen, was für ein toller Kerl er doch war. Marina sah den Zusammenprall und musste hilflos vom Ufer aus zuschauen, wie das Boot mit ihren Liebsten im Meer versank. Voller Entsetzen und schreiend war sie aufgesprungen und wollte sich ins Meer stürzen, wollte zu ihrer Familie. Aber andere Menschen, die das Unglück auch mitbekommen hatten, hatten sie mit aller Kraft zurückgehalten. Ihnen war schnell klar geworden, dass die junge Frau den Tod ihrer Angehörigen mit ansehen musste. Marina hatte nur noch geschrien. Immer wieder die Namen ihrer Liebsten, bis sie irgendwann gnädig die Besinnung verlor. Einige Zeit später war sie in einem spanischen Krankenhaus aufgewacht. Sie war Übersetzerin und verstand, was die betroffenen Ärzte versuchten, ihr in fremder Sprache schonend beizubringen. Sie wusste es doch schon; keiner musste es sagen: Alle drei waren bei dem Unglück ertrunken. Marina selbst war damals auch innerlich gestorben. Sie hatte das hübsche Einfamilienhaus am Rande von München, in dem sie so lange als Familie glücklich gelebt hatten, an den ersten verkauft, der es haben wollte. Zu einem viel zu niedrigen Preis, wie sie wusste. Aber das alles zählte nicht mehr für sie. Sie wollte den Rest des Lebens, das sie ab jetzt alleine durchstehen musste, nicht mehr da leben, wo ihre Liebsten nicht mehr sein konnten. Das hätte sie nicht ausgehalten. Nur in ihren Gedanken, ihren Träumen waren die Kinder und Jens noch bei ihr. Da konnte niemand ihnen etwas Böses antun! Da waren sie geschützt! Sogar den Familienhund Luna hatte Marina abgegeben. Luna war ein wichtiges Familienmitglied gewesen, von allen heiß geliebt. Aber die Anwesenheit des Hundes hielt Marina nach dem Unglück nicht mehr aus. Nur bei sich behalten konnte sie die Hündin nicht. In Lunas Augen las sie ständig die Frage, wo denn der Rest der Familie sei. Luna begann, Dinge der Kinder und ihres Mannes herbeizuschleppen und ihr vor die Füße zu werfen. Das hielt Marina nicht aus. Diese fragenden Augen des Hundes! So hatte sie Luna ins Tierheim gebracht. Dem Heim hatte sie damals zur Auflage gemacht, dass Luna nur an eine liebevolle Familie mit Kindern vermittelt werden sollte. Um dem Ganzen Nachdruck zu verleihen, hatte sie ihre Bitte mit einer großzügigen Geldspende verbunden. Luna sollte es gut haben in ihrem neuen Leben, das war sie ihren verstorbenen Kindern schuldig. Aber bei sich behalten konnte sie die Hündin nicht. Nur eines hatte sie sich erlaubt: Es gab eine Kiste mit Andenken an ihre Liebsten. Von Jens gab es seine Armbanduhr. Die hatte sie ihm an seinem letzten Geburtstag geschenkt und er hatte sie geliebt. Von Markus gab es einen skurril geformten Stein, den er auf ihrem letzten gemeinsamen Spaziergang am Tag vor dem tragischen Unfall gefunden hatte. Er steckte noch in der Tasche seiner Jeans. Von Alina gab es ein wunderschönes selbstgemaltes Bild. Es zeigte sie alle als Familie, auch Luna war darauf zu sehen. Die Kiste mit den Andenken verstaute sie in ihrer neuen Wohnung in die hinterste Ecke ihres großen Schrankes, so, dass sie ihr nicht immer ins Auge fallen konnte. Eine Krankenschwester trat an ihr Bett und holte sie aus ihren Gedanken. Sie brachte eine Flasche Mineralwasser und ein Glas. »Gleich kommt die Ärztin, um nach Ihnen zu schauen«, sagte sie freundlich und verließ das Zimmer. Marina seufzte tief auf. Hier im Krankenhaus erlaubte sie sich auch tagsüber immer wieder Abstecher in ihr früheres Leben. Normalerweise erlaubte sie sich solche Fluchten nicht, arbeitete sie viel und hart. Tagträume über ihr früheres Leben erlaubte sie sich nicht. Das wäre ihr zu gefährlich gewesen. Vielleicht hätten andere aufmerksame Menschen das mitbekommen. Und das Eindringen anderer in ihre eigene Welt durfte nicht passieren. Die Angst, dass dann alles zerstört würde, war viel zu groß. Deswegen achtete sie normalerweise sehr darauf, keinen Leerlauf in ihrem Alltag zu haben. Sie hatte sich eine Arbeit gesucht, die es nicht zuließ, dass sie mit den Gedanken abschweifte. Noch immer arbeitete sie als Übersetzerin, nicht mehr wie früher waren es spanische Texte. Jetzt übersetzte sie Texte vom Englischen ins Deutsche und umgekehrt. Technische Texte waren es, eine riesige Herausforderung für die junge Frau. Denn früher war sie technischen Erklärungen in ihrem Leben aus dem Weg gegangen, hatte früher immer lachend gemeint, dass sie froh sei, eine Kaffeemaschine richtig einschalten zu können. Technik war ihr früher ein Graus gewesen. Aber genau das half ihr jetzt, tagsüber nicht über sich nachzudenken. Dafür war die freie Zeit da. Wieder wurde sie in ihren Gedanken unterbrochen. »Grüß Gott, Frau Beckers, wie fühlen Sie sich?«, fragte die Frauenärztin Dr. Franca Mancini fürsorglich und schaute die Patientin aufmerksam an. »Gut«, antwortete Marina Beckers wortkarg. Sie vermied es, die Ärztin genau anzuschauen und wollte auch nicht mit ihr sprechen. Nur das Nötigste an Kontakten mit anderen zulassen, das war ihre Devise. Niemand sollte ihr so nahekommen können, dass er Fragen stellte. Obwohl – diese Ärztin war so einfühlsam und vertrauenerweckend, dass sie für andere Menschen sicher genau diejenige war, der man sein Herz ausschütten wollte,...