Teufel | Carolus studiosus | E-Book | sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, 212 Seiten

Teufel Carolus studiosus

Ein akademischer Taugenichts
1. Auflage 2025
ISBN: 978-3-8192-3407-1
Verlag: BoD - Books on Demand
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

Ein akademischer Taugenichts

E-Book, Deutsch, 212 Seiten

ISBN: 978-3-8192-3407-1
Verlag: BoD - Books on Demand
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Karl beginnt sein Studium als fröhlicher Taugenichts, wird dann aber durch die wirtschaftlichen Umstände seines Elternhauses zu einem strebsamen Studenten-Leben gezwungen. Er macht die Erfahrung, dass das Leben auch für einen Bettelstudenten amüsant sein kann. Ein gutes Examen katapultiert ihn in die luftigen Höhen des Lebens an der Alma Mater, als er eine der begehrten Stellen als wissenschaftlicher Assistent erhält. Strebsames Arbeiten und Lebenslust lassen sich hier unter verbesserten materiellen Voraussetzungen idealtypisch vereinen. Auch als er später in den Justizdienst eintritt und als Richter amtliche Würde im Dienst auszustrahlen hat, bleibt sein Sinn für unkonventionelle Lebensführung erhalten.

Auf das humanistische Abitur an einer Klosterschule folgen die Dienstzeit beim Bundesgrenzschutz und ein Studium der Rechtswissenschaften in Bonn und Kiel. Der Autor hat zunächst als Richter, dann als Anwalt gearbeitet und war im Vorstand einer Aktiengesellschaft gelandet. Nach einer Reihe von berufsbezogenen Fachbeiträgen drängt es ihn im Ruhestand zu unterhaltsamer Literatur.
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Randale im Hofgarten


Karl war gegen acht Uhr bei Uta. Sie machten sich auf den Weg zum Hofgarten. Sie liefen die Kaiserstraße entlang und bogen dann rechts zum Hofgarten ab. Uta erzählte von zu Hause. Ihre Schwester hatte einen neuen Freund, dem ihr Vater aber sehr reserviert gegenüberstand, weil er der Künstlerszene angehörte. Er malte und war damit befasst, neue Techniken zu entwickeln. Das war keiner der klassischen akademischen Berufe, auf die ihr Vater hohe Stücke hielt. In seinem Weltbild gab es Mediziner, Juristen, Chemiker, Physiker und Ingenieure, der Rest zählte zum Tross, und Künstler dienten der Unterhaltung, ähnlich den Hofnarren in früherer Zeit.

„Das war sehr peinlich, als der junge Mann seinen Antrittsbesuch machte“, sagte Uta, „ich war an dem Wochenende auch zuhause und habe das Drama in der ersten Reihe miterlebt. Meine Mutter war ausgesprochen freundlich, der Junge sah auch gut aus, etwas zu lange Haare vielleicht, aber das ist normal. Meinem Vater konnte ich schon bei der Begrüßung ansehen, dass die Chemie nicht stimmte. Aber meine große Schwester hatte schon immer einen Hang zu ausgeflippten Typen“.

Sie liefen ein Stück schweigend weiter, als Uta unvermittelt sagte:

„Dich mochte mein Vater übrigens. Er hatte mir später irgendwann einmal gesagt, es sei schade, dass du nicht mehr kommst“.

Karl sah die Gelegenheit, seine Neugierde in Bezug auf Utas Verlobten zu stillen.

„Was sagt er denn zu deinem Verlobten?“

Aber Uta lachte nur leise und antwortete:

„Heute bin ich mit dir unterwegs. Und außer uns beiden weiß das niemand“.

Sie waren an der der Universität gegenüber liegenden Seite des Hofgartens angekommen und überblickten die Wiese, die sich in majestätischer Größe bis zum Hauptgebäude erstreckte. Es herrschte schon fröhliche Feierstimmung. Über die ganze Fläche verteilt saßen oder standen Gruppen von jungen Leuten. Viele hatten sich mit Schubkarren oder Leiterwagen Proviant, in der Hauptsache in flüssiger Form, mitgebracht. Man sah Jungs mit Gitarren, um die sich im Kreis hockend und singend Leute scharten. Die musikalische Bandbreite reichte vom Gaudeamus igitur über Heintje bis hin zu den Protestsongs von Bob Dylan und Joan Baez. Man hörte auch die Beatles von mitgebrachten Tonträgern.

„Du hättest dein Banjo mitbringen sollen“, sagte Uta, „dann wären wir auch schnell von Leuten umringt“.

„Du weißt doch, dass ich immer erst mindestens fünf Bier brauchte, bis mich die Muse küsste, und dann klappte das auch am besten mit den anderen zusammen“.

„Ja, eure Musik hatte immer etwas mit Alkohol zu tun, aber dann konntet ihr richtig laut spielen. Ich erinnere mich, dass bei einem Weinfest ein Zuhörer die Sorge äußerte, ihr könntet dem Wildbestand im Hunsrück schaden“, sagte Uta lachend, „komm, wir gehen über die Wiese und holen uns oben an dem Getränkestand etwas zu trinken“.

Als sie sich ein Bier geholt hatten, setzten sie sich auf Karls Jacke und ließen das bunte Treiben auf sich einwirken. Uta hatte sich unmerklich an Karl geschmiegt und er legte behutsam einen Arm um ihre Schulter. Sie roch hinreißend gut. Als er ihren Nacken küssen wollte, wehrte sie ihn sanft ab. Sie war ja verlobt, das verstand Karl widerwillig. Als in ihrer Nähe eine Gruppe We Shall Overcame anstimmte, stimmten sie mit ein. Karl holte für sie beide nochmal Getränke und so genossen sie den lauen Sommerabend.

„Ich verstehe gar nicht, wieso dauernd von Studentenunruhen die Rede ist, die Leute hier sind doch völlig friedfertig“, äußerte Uta.

„Die linken Randalierer sind eine Minderheit“, antwortete Karl, „aber gerade deshalb machen sie mit Aktionen auf sich aufmerksam. Ich will hoffen, dass es hier ruhig bleibt“.

Irgendwann war es spät geworden, die Wiese hatte sich in Dunkel gehüllt, überall sah man Kerzen, und die Zahl der Leute schien noch zugenommen zu haben. Man erkannte sie nur noch schemenhaft. Auch der Lärmpegel war unmerklich gestiegen. Alle schienen sich prächtig zu amüsieren. Doch die friedvolle Idylle hielt nicht ewig. Auf einmal sahen sie ungefähr in der Mitte der Hofgartenwiese ein Feuerchen auflodern, das sich schnell zu einem Lagerfeuer entwickelte. Im Schein der größer werdenden Flammen zeigte sich eine Horde junger Leute, die wild gestikulierend um das Feuer herum sprangen und dabei wie im Chor Ho Ho Ho Chi Minh skandierten. Das störte die in der Nähe lagernden Gruppen, und man sah, dass sie wütend etwas in Richtung der MaoJünger riefen. Die ersten hatten sich auch schon erhoben und gingen in drohender Haltung auf sie zu. Es blieb wohl doch nicht ruhig. Aber es sollten nicht kleine Händel zwischen RCDS-Leuten und Jungkommunisten sein, die das Fest zum Aufruhr werden ließen.

Es vergingen etwa zehn Minuten, dann hörte man Sirenengeheul und ein großer Feuerwehrwagen näherte sich mit Blaulicht. Er bahnte sich mühsam einen Weg über die Wiese, musste immer wieder anhalten, bis die in kleinen Gruppen sitzenden Studenten den Weg frei gemacht hatten und hielt schließlich vor dem Feuerchen an. Die Feuerwehrleute sprangen routiniert vom Wagen, als ob es um einen Großbrand ginge, und begannen, ihre Schläuche auszurollen. Das gelang nicht, weil die Ho-Chi-Minh-Leute die Schläuche immer wieder wegzogen, es gab Rempeleien und wildes Geschrei.

Dann näherte sich die Staatsmacht. Von allen Seiten rasten Polizeiautos mit Blaulicht und Martinshorn herbei, gefolgt von Mannschaftstransportwagen der Bereitschaftspolizei, aus denen Beamte heraussprangen und über die Hofgartenwiese in Richtung Lagerfeuer stürmten. Auf die zahlreichen umher stehenden oder sitzenden Gruppen friedlicher Studenten nahmen sie wenig Rücksicht. Sie stießen die Leute grob beiseite und trampelten mit ihren Stiefeln über Decken, Provianttaschen und alles, was für einen gemütlichen Abend im Freien ausgebreitet war. Das ließ sich nicht jeder gefallen. Karl sah, dass eine Gruppe, die etwa zwanzig Meter entfernt gesessen hatte und quasi überrollt worden war, den Polizisten Bierflaschen hinterher warf. Das fand schnell Nachahmer.

Karl hatte Uta schon beim Klang der ersten Sirenen schnell hochgezogen und war mit ihr an den Rand der Hofgartenwiese gegangen, wo sie im Schutz der Sträucher und Bäume das Geschehen verfolgen konnten. Um den Feuerwehrwagen herum war Chaos ausgebrochen. Die Ho-Chi-Minh´s behinderten die Feuerwehr nach Leibeskräften, sie hängten sich an deren Arme, versuchten, den Hydranten abzudrehen und kletterten sogar auf den Feuerwehrwagen. Die Polizisten mussten jeden von ihnen einzeln wegziehen. Man hatte wohl Verstärkung angefordert, denn laufend trafen weitere Polizeifahrzeuge ein, nach einiger Zeit auch ein Gefangenentransportwagen, in den die Polizisten etwa ein halbes Dutzend Leute einsperrten.

Das Feuer war zwar inzwischen gelöscht worden, aber die ganze Wiese war in Aufruhr geraten. Die Studenten hatten sich in großen Trauben um den Ort des Geschehens geschart und unterstützten jetzt die Ho-Chi-Minh-Leute mit lauten Hohnrufen auf die Polizei.

Karl sagte:

„Da kannst du sehen, wie ein unsensibel geführter Polizeieinsatz zur Solidarisierung rechtschaffener Leute mit dem Pack führen kann“.

Aber es sollte noch besser kommen. Alsbald folgte eine Lautsprecherdurchsage der Polizei, die zum sofortigen Verlassen der Hofgartenwiese aufforderte. Dem leistete bestenfalls die Hälfte der Leute Folge. Man war empört, dass dieses Fest bei idealem Sommerwetter so brutal zu Ende gebracht werden sollte. Die Polizisten begaben sich nun daran, die Wiese zu räumen. Das artete zu einem „Räuber-und-Gendarm-Fangspiel“ aus. Die Studenten wichen zwar zurück, umliefen die Polizeiformation aber und tauchten in deren Rücken wieder auf. Die Polizisten versuchten nun, einzelne Studenten festzunehmen, indem sie sie verfolgten. Die gesamte Hofgartenwiese war ein einziges Chaos. Uta und Karl verfolgten das Schauspiel gebannt und mit Amüsement.

Ein gewaltiges Jubelgeschrei hob an, als es einigen Leuten gelungen war, die Außentür des Gefangenentransportwagens zu öffnen und die Insassen zu befreien. Jetzt wurden die Polizisten wirklich böse, die schnellsten Läufer unter ihnen verfolgten flüchtende Studenten oder auch Studentinnen und stürzten sich auf sie, um sie in dem Gefangenentransportwagen einzusperren. Das Jagdterrain hatte sich ausgeweitet, die Fliehenden wurden jetzt auch durch die Büsche und Sträucher verfolgt, ganz in der Nähe des Standortes von Uta und Karl.

„Wir sollten besser gehen, sonst kommen wir auch noch in die Schusslinie“, sagte Uta. Noch bevor Karl antworten konnte, tauchte ein junger Polizist vor ihnen auf.

„Mitkommen, sonst muss ich Sie festnehmen“, befahl er barsch.

Uta war blass geworden, Karl überlegte blitzschnell und sagte zu ihr im Flüsterton:

„Lauf, so schnell du kannst“.

Er selbst stellte sich zwischen Uta und den Polizisten und versuchte, diesen in ein Gespräch zu verwickeln. Als Uta die Flucht ergriff, wollte...



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