Teufel | Die Kinder Karls des Großen | E-Book | www.sack.de
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E-Book, Deutsch, 124 Seiten

Teufel Die Kinder Karls des Großen

Eine deutsch-französische Freundschaft
1. Auflage 2025
ISBN: 978-3-8192-5476-5
Verlag: BoD - Books on Demand
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

Eine deutsch-französische Freundschaft

E-Book, Deutsch, 124 Seiten

ISBN: 978-3-8192-5476-5
Verlag: BoD - Books on Demand
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Im Nachkriegsdeutschland lernen sich ein junges französisches und ein deutsches Paar unter Bedingungen der Besatzungszeit kennen. Sie werden Freunde und übertragen diese Freundschaft auf ihre Söhne, als sie sich fast zwei Jahrzehnte später wiedersehen. Karl, der deutsche Junge vom Land, und Christian, der Franzose aus Paris, bringen sich mit Amüsement wechselseitig ihre Kulturen nahe. Das hat bei Christian mit Mädels und bei Karl mit Moselwein zu tun. Mit dem Ende der Jugendzeit verlieren sie sich aus den Augen, finden als Familienväter aber wieder zueinander und vertiefen ihre Freundschaft. Karl lernt Frankreich bei einem seiner Besuche auf eine sehr persönliche und intensive Art kennen. Karl projiziert seine Freundschaft mit Christian auf das Verhältnis der beiden Staaten Deutschland und Frankreich, die er als Nachfolger Karls des Großen in der Pflicht sieht, das westliche Europa wieder zu vereinen. Der Zustand der EU, wie Karl und Christian diesen im Rentenalter erfahren müssen, lässt sie desillusioniert zurück.

Jahrgang 1947, nach Wehrdienst, Studium und Promotion zunächst als Richter im Justizdienst, dann Rechtsanwalt und zwischendurch Vorstandsmitglied eines Unternehmens der Entsorgungsbranche.
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Kapitel 1


Erbfeinde oder Erbfreunde


Georg, Georg, die Franzosen kommen!“ Emma hastete aufgeregt die zehn Stufen zum Hauseingang hinauf und stürmte in die Küche, wo ihr Mann am Fenster stand und mit versteinerter Miene auf die Straße starrte.

„Das habe ich schon gestern erwartet“, erwiderte er lakonisch. “Wir haben nichts Gutes zu erwarten, die Mannschaften bestehen zum großen Teil aus Marokkanern. Frauen sollten die Häuser nicht mehr verlassen“.

Georg hatte während des ersten Weltkriegs als Feldwebel im Zweiten Württembergischen Regiment König Wilhelm I. als Ulan gedient und war schwer verwundet nach Hause gekommen. Sein Weltbild war von dieser Zeit geprägt, die Wacht am Rhein diente der Abwehr des Erbfeindes vom anderen Rheinufer. Diese Bastion war nun endgültig gefallen. Der Feind stand vor der Haustür. Es war der achtzehnte April 1945. Viele Bewohner von Oppenau, einem badischen Städtchen im Renchtal, hatten im Bunker unter dem Bergsporn am Biesle Schutz gesucht, weil sie damit rechneten, dass Oppenau von der Wehrmacht verteidigt würde und heftige Gefechte stattfänden. Aber gottlob: die deutschen Soldaten waren in Richtung Löcherberg abgezogen und die französischen Truppen trafen auf keinen Widerstand.

„Die Franzosen werden als Erstes Quartiere für sich suchen. Richte die Wohnung schön her, dann können wir mit etwas Glück Offiziere einquartiert bekommen“, sagte Georg.

Er kannte den Krieg und war in der Soldatenehre tief verwurzelt. Man bekämpfte sich bis zur letzten Patrone, wenn der Gegner aber überwunden war und am Boden lag, hatte man ihn entsprechend seinem Dienstgrad mit Achtung zu behandeln. Es war seinem Sohn Kurt in späteren Jahren vorbehalten, über den Widersinn dieses Verhaltens ins Grübeln zu geraten.

Nachdem Kurt als 23jähriger Oberleutnant in der Panzerdivision Göring auf Sizilien nach verlustreichen Kämpfen in englische Kriegsgefangenschaft geraten war und verwundet beim Abtransport auf der Bahre von einem englischen Offizier eine Zigarette gereicht bekam, stellte er sich beklemmt die Frage, ob er , Kurt, womöglich zuvor gerade diesen Mann mit seiner letzten Patrone ins Visier genommen hatte. Oder ob umgekehrt dieser ihn neutralisieren wollte. Ihm kam der Vergleich mit seinem Boxtraining in den Sinn, bei dem man im Sparring den Gegner mit gezielten Schlägen zu treffen versucht, ihn aber nach Ende des Kampfes nicht nur kameradschaftlich in den Arm nimmt, sondern ihn auch noch dafür lobt, dass ihm einige gute Treffer gelungen sind. Das war schon nur zu verstehen, wenn man sich für diesen Sport begeisterte. Dies hier war aber Krieg, das heißt, man geht mit Tötungsabsicht auf Menschen los, die man nie zuvor gesehen hat, denen man auch nichts vorzuwerfen hat, und die nur durch den Zufall ihres Geburtsortes eine andere Uniform tragen. Wird der Gegner nur verwundet, bleibt die Tötung also im Versuchsstadium stecken, kümmert man sich um sein Überleben. Warum dann erst auf ihn schießen? Cui bono? Kurt kamen Heerführer wie Blücher oder von Trotha in den Sinn, die zu ihrer Zeit in menschenverachtender Weise, aber konsequent, die Losung ausgegeben hatten „Es werden keine Gefangenen gemacht“, der eine vor seinem Eingreifen bei Waterloo, der andere bei der Verfolgung der Herero nach der Schlacht am Waterberg. Er schämte sich in diesem Augenblick dafür, als Wehrmachtssoldat in der Tradition solcher Verbrecher zu stehen.

Die Frage, die er sich selbst gestellt hatte, welchen Sinn es macht, einen Menschen vorsätzlich zu verletzen, um dann mit den verfügbaren medizinischen Mitteln für seine Genesung zu sorgen, blieb unbeantwortet. Weder der Humanismus noch die Aufklärung haben es vermocht, den Menschen nahezubringen, dass Töten ohne persönliches Motiv noch unter dem Niveau wilder Tiere liegt. Es ist den großen Vordenkern nicht einmal gelungen, die Segnung von Waffen durch kirchliche Würdenträger als wahre Blasphemie zu entlarven. Auch die 1907 verabschiedete Haager Landkriegsordnung manifestiert letztlich nur den Widersinn, ein wenig Menschlichkeit in das eigentlich Unmenschliche zu bringen. Jahrzehnte später riss der französische Diplomat Paul Valérie dem kriegerischen Geschehen die Maske vom Gesicht:

Krieg ist ein Massaker von Leuten, die sich nicht kennen, zum Nutzen von Leuten, die sich kennen, aber nicht massakrieren.

Damit traf er den Punkt, dass nämlich die in bequemen Sesseln gut versorgten Strategen des Krieges nicht diejenigen sind, die ihre Haut auf dem Schlachtfeld zu Markte tragen.

Der Fehler liegt im System, das alte Menschen entscheiden lässt, junge Menschen in den Krieg zu schicken. Würde die Wehrpflicht nicht die Zwanzigjährigen, sondern die Fünfzig- bis Siebzigjährigen treffen, gäbe es wohl kaum Kriege, weil die Entscheider in der Blüte ihrer politischen Karriere selbst an die Front müssten, um mit dem Einsatz ihres Lebens der Generation der Zwanzigjährigen den Aufbau einer besseren Weltordnung zu ermöglichen. Auch bliebe den jungen Frauen erspart, Mesalliancen mit den vom Krieg verschonten alten Männern eingehen zu müssen, weil die jungen Männer im passenden Lebensalter auf den Schlachtfeldern geblieben sind.

Kurt hatte keine Vorstellung davon, was auf ihn zukommen würde, er empfand nur tiefe Dankbarkeit für die Geste des englischen Offiziers, die ihn hoffen ließ, dass sein Leben weitergehen werde.

Seinem Vater Georg waren Überlegungen zum Sinn und Unsinn kriegerischer Auseinandersetzungen fremd. Ob Angriffs- oder Defensivkrieg: wenn der Kaiser ruft, hat der Soldat zu marschieren. Und der Sieger bedient sich beim Besiegten. Und schafft eine neue Ordnung, die der Besiegte zu respektieren hat. Er war daher nicht überrascht oder gar entrüstet, als am nächsten Tag eine Delegation des französischen Quartiermeisters in Begleitung einer Dolmetscherin das Haus in Augenschein nahm und mitteilen ließ, dass ein französischer Leutnant in Begleitung seiner Frau das Wohn- und Schlafzimmer sowie das Bad belegen würden. Emma war dagegen wesentlich aufgeregter, sie schwankte zwischen Erleichterung und Furcht. Erleichtert war sie darüber, dass ein Ehepaar einziehen würde, weil die junge Verlobte ihres Sohnes bei ihnen wohnte und den Franzosen, auch wenn sie eigentlich Feinde waren, der Ruf unwiderstehlicher Galanterie vorauseilte. Wie wertvoll der Schutz eines französischen Offiziers gegen übergriffige Soldaten sein konnte, sollte sie erst später erfahren.

Georg und sie hatten ihr Haus zu Beginn des Krieges gebaut, als fest stand, dass ihr Sohn Kurt statt des geplanten Medizinstudiums in die Wehrmacht eintreten und in den Krieg ziehen würde. Die für das Studium zurückgelegten Zwanzigtausend Reichsmark wurden für das Haus verwendet. Emma und Georg waren stolz auf ihr Haus. Sie lebten in bescheidenem Wohlstand. Georg hatte es als Ingenieur zum Betriebsleiter gebracht und sie waren in das gesellschaftliche Leben im Ort gut integriert. Emma war es bis dahin nicht gewohnt, fremde Menschen zu beherbergen. Musste sie nun Hausmagd spielen? Würden die unerbetenen Gäste in Siegerpose auftreten? Allerdings hatte sie aus den Erzählungen ihres Mannes die Überzeugung gewonnen, dass Offiziere ungeachtet ihres Kriegshandwerks gebildet und kultiviert seien. Da ihr Sohn Kurt ebenfalls Offizier war, trug sie diese Überzeugung bereitwillig im Herzen, und sie stellte sich vor, wie es wäre, wenn er irgendwo im Feindesland Quartier zu nehmen hätte. Dann sollte er doch auch so freundlich wie die Umstände es zuließen aufgenommen werden. Also nahm sie sich fest vor, das französische Ehepaar mit möglichst unbefangener Freundlichkeit zu empfangen. Um Georg machte sie sich keine großen Sorgen, sie wusste, dass er sich pragmatisch und mit Fatalismus in die Rolle des Besiegten fügen würde. Die Parolen der Nazis waren ihm seit der Reichskristallnacht verdächtig geworden, und den Glauben an einen Endsieg hatte er nie gehabt. In gewisser Weise hatte er vorausgesehen, was nun eingetreten war.

„Bonjour, je suis le Lieutenant René Haure“, stellte sich noch am Abend desselben Tages der französische Offizier bei Emma und Georg vor. Er war in Begleitung seiner Frau, deren Vornamen Georgette sie später erfahren sollten. Der Franzose war von mittlerer Größe, hatte volles dunkles Haar und sah in seiner gut sitzenden Uniform ausgesprochen stattlich aus. Georgette war so, wie man sich eine Französin vorstellte, zierlich mit braunem Haar und in ein elegantes Kostüm gekleidet . Sie trug über einer weißen Bluse einen gelben Blazer, der einen auffälligen Kontrast zu ihrem schwarzen Rock bildete. Der Unterschied zu der Kleidung der deutschen Frauen nach langen Kriegsjahren war beeindruckend. Dazu hatte sie ein hübsches Gesicht mit freundlichen Augen. Emma gab es einen kleinen Stich ins Herz, weil sie unwillkürlich an ihren Kurt denken musste, der bei seinem letzten Heimaturlaub vor nunmehr drei Jahren, als er seine Verlobte, Nelly, vorstellte, ähnlich schneidig wie der französische Leutnant erschien. Und Nelly war mit ihren achtzehn Jahren eine holländische Schönheit, groß und...



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