Thomas / Fauser / Compart | Umweg zur Hölle | E-Book | sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, 424 Seiten

Reihe: Ross-Thomas-Edition

Thomas / Fauser / Compart Umweg zur Hölle

Ein Artie-Wu-und-Quincy-Durant-Fall
1. Auflage 2010
ISBN: 978-3-89581-230-9
Verlag: Alexander
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

Ein Artie-Wu-und-Quincy-Durant-Fall

E-Book, Deutsch, 424 Seiten

Reihe: Ross-Thomas-Edition

ISBN: 978-3-89581-230-9
Verlag: Alexander
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Artie Wu und Quincy Durant, zwei ehemalige Waisenkinder, die ihre Lektion gelernt haben, leben am Strand von Malibu, Kalifornien. Als Artie Wu beim Joggen über einen toten Pelikan stolpert, haben die beiden kurz darauf den Millionär Randall Piers und seine nymphomane Frau im Haus. Die Ermittler verstricken sich bald in einem Netz aus offenen Rechnungen und alten Versprechen, geknüpft von den schmutzigen Fingern der Mafia und CIA. Durchgesehene Neuausgabe der 1984 erschienenen deutschen Erstausgabe.

Ross Thomas: Geboren 1926 in Oklahoma, Journalist, politischer Berater und Mitorganisator von Wahlkämpfen. In den 50er Jahren baut er in Bonn das deutsche AFNBüro auf, arbeitet danach für verschiedene amerikanische Organisationen. Mit 40 schreibt Thomas seinen ersten Roman. Er wurde mit dem Edgar-Allan-Poe-Preis und dem deutschen Krimipreis ausgezeichnet. Bis zu seinem Tod 1995 entstehen 25 Romane.

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    Der Anwärter auf den Kaiserthron war ein dicker, siebenunddreißig Jahre alter Chinese mit Namen Artie Wu, der seit zwei Monaten jeden Morgen gleich nach Sonnenaufgang am Strand von Malibu Beach joggte, selbst jetzt im Juni, wo die Sonne bereits um 4 Uhr 42 aufging. Als er gerade östlich der Paradise Cove Pier entlangjoggte, stolperte er über einen toten Pelikan, fiel in den Sand und machte die Bekanntschaft des Mannes mit sechs Windhunden. Es war der sechzehnte Juni, Donnerstag. Artie Wu und der Mann hatten sich schon oft gesehen. Seit zwei Monaten, die Wochenenden ausgenommen, begegneten sie sich am Strand, Artie Wu in seinem blauen Jogginganzug, der Mann in Hemd und Hose, beide barfuß. Anfangs hatten sie bloß genickt, später auch mal ein Wort gewechselt, aber kaum mehr als »Guten Morgen« oder »Schönes Wetter heute«. Die grauen Windhunde hielten sich in einem geschlossenen Rudel dicht hinter ihrem Herrn. Dann und wann allerdings, auf ein wortloses Handzeichen des Mannes, eine irgendwie ruckartige, fast brutale Geste, schossen sie vor und jagten einander im Sechzigmeilentempo – oder wie schnell Windhunde laufen mögen – bis zur Pier. Hatten sie sie erreicht, machten sie halt, drehten um und trotteten mit offenen Mäulern zurück, wobei sie sich mit den langen rosa Zungen die Lefzen leckten und so aussahen, als lachten sie und freuten sich über die wilde Jagd. Als er über den toten Pelikan stolperte und hinfiel, sagte Artie Wu: »Scheiße«, dann landete er im Sand. Der Mann mit sechs Windhunden war ziemlich nahe, allenfalls zehn, zwölf Meter entfernt, und als er Artie Wu fallen sah, dachte er: Da fällt der dicke Chinese. Der Mann hatte immer angenommen, Artie Wu wäre ein Nachbar oder wohnte jedenfalls irgendwo in der Nähe, vielleicht in einem der Wohnwagen in Paradise Cove, und wenn er an ihn gedacht hatte, hatte er an ihn immer als »dicken Chinesen« gedacht. Wenn Artie Wu sich die Mühe machte, darüber nachzudenken, wer er war, was er selten tat, dachte er normalerweise an sich als dicken Chinesen. Das hatte er schon getan, als er sechs Jahre war und von irgendwem im Waisenhaus von San Francisco abgeliefert wurde, wo er blieb, bis er mit vierzehn davonlief. Manchmal allerdings, wenn es ihm in den Kram paßte, dachte er an sich auch als Anwärter auf den Thron des Kaisers von China. Der Mann mit sechs Windhunden eilte zu Artie Wu, der ausgestreckt im Sand lag, und fragte: »Haben Sie sich verletzt?« Einer der Hunde leckte, wie um seine Anteilnahme zu bekunden, Artie Wu übers Gesicht. »Ich weiß nicht«, sagte Wu, setzte sich, beugte sich vor, nahm seinen linken Knöchel in beide Hände und drückte fest zu. Der Schmerz war da, nicht gerade furchtbar, aber scharf, und Artie Wu sagte noch mal: »Scheiße«, allerdings eher beiläufig, so daß nur der Schweiß auf seiner Stirn als Beweis für den Schmerz herhalten konnte. Einer der Hunde kostete schnell davon und schmatzte mit den Lefzen, als schmecke es ihm. »Aus, Franchot«, sagte der Mann, und prompt zog der Hund sich zurück, nahm auf seinen Hinterbeinen Platz und äugte hinaus auf den Ozean, als hätte er da draußen etwas Wunderbares und Merkwürdiges entdeckt. »Franchot?« sagte Wu. »Nach Franchot Tone.« »Nett«, sagte Wu und kniete sich hin, um herauszufinden, ob er unter Schonung des linken Fußes aufstehen konnte. Er war einsneunzig groß und wog 112 Kilo, von denen aber nur an die zehn Kilo echter Speck waren, der sich vor allem in der Bauchgegend breitgemacht hatte, und im Gesicht, was ihn dick und fröhlich aussehen ließ, ja beinahe gütig. Eine Anzahl von Leuten, meist Frauen, hatten ihm gesagt, er sähe aus wie ein lachender Buddha, was er schon lange nicht mehr hören konnte. Das, was an Kilos übrigblieb, bestand aus schweren Knochen und harten Muskeln – an einem ganz normalen Tag hätte Artie Wu sich problemlos mit Hilfe nur eines Beins hinstellen können. Aber irgendwie hatte der Schmerz seinen Gleichgewichtssinn getrübt, und er mußte den linken Fuß zum Abstützen aufsetzen. Das löste einen heftigen Schmerz in Unterschenkel und Knöchel aus. Also sagte Artie Wu zum drittenmal an diesem Morgen: »Scheiße!« und ließ sich wieder in den Sand sacken. »Kommen Sie, ich helfe Ihnen«, sagte der Mann. Artie Wu nickte. »Okay. Danke.« Der Mann half ihm auf und merkte an Wus Zugriff, daß an dem dicken Chinesen entschieden weniger Speck war, als er vermutet hatte. »Sie wohnen hier in der Gegend?« sagte der Mann. »Mein Partner«, sagte Artie Wu. »Das gelbe Haus da drüben.« Sie standen im brettharten Sand am Wasser. Ein paar Schritte strandeinwärts lag die ziemlich steil ansteigende, gut einen Meter hohe Düne, die nach zwanzig, dreißig Metern gegen ein hohes Kliff aus brauner Erde lief, das zum Teil mit grünen Fettpflanzen und grauen Gräsern bedeckt war. Das gelbe Haus stand auf mit Kreosot imprägnierten rund vier Meter hohen Pfählen, die es – bis auf eine mögliche Springflut – vor dem Ansturm der Wellen schützten. Eine Holztreppe führte von der Düne auf die breite Veranda aus Redwood, die sich an drei Seiten um das Haus zog. Die Vorderfront bestand im wesentlichen aus Glas, der Anstrich war blaßgelb, das Dach mit dunkelgrünen Kunststoffschindeln gedeckt. Für den Mann mit sechs Windhunden sah das Haus nicht sehr groß aus. Zwei Schlafzimmer, ein Bad, schätzte er. Mehr nicht. »Gut im Hüpfen?« fragte er Artie Wu. »Nicht schlecht.« »Bereit?« Artie Wu nickte. Er hatte jetzt seinen rechten Arm um den Nacken des Mannes gelegt und hüpfte los. Die Düne machte ihm Schwierigkeiten, die Strecke bis zur Treppe ging dann zügiger. Die Windhunde folgten im bewährten geschlossenen Rudel, wachsam und interessiert und sichtlich bereit, gute Ratschläge zu geben, falls man sie nur fragte. Die beiden Männer musterten die Treppe und wechselten wortlos die Position. Artie Wu legte jetzt seinen linken Arm um den Nacken des Mannes und stützte sich mit der rechten Hand am Geländer, um sein Bein zu entlasten. Oben auf der Veranda angekommen, gingen sie um den Redwood-Tisch mit dem eingepflanzten Cinzano-Sonnenschirm in der Mitte auf eine Tür zu, deren obere Hälfte verglast war und die offenbar in den Küchen-Eßzimmer-Trakt führte. »Sie ist nicht abgeschlossen«, sagte Artie Wu. Der Mann nickte, öffnete sie und half Wu ins Haus zu hüpfen. Vom Eßplatz aus gelangte man direkt in den Wohnraum, dessen rückwärtige Wand vom Boden bis zur Decke mit Büchern vollgestellt war. Die im rechten Winkel dazu liegende Wand war ganz aus Glas und blickte aufs Meer. Ein Mann, der nichts anhatte außer einer Jeans, deren Hosenbeine anscheinend an den Oberschenkeln abgesäbelt worden waren, stand in der Ecke zwischen Bücherwand und der aus Glas. Er stand vor einem Fernschreiber, der in dem harten, geschwätzigen Ton vor sich hin ratterte, den alle Fernschreiber an sich haben. Der Mann war groß, größer noch als Artie Wu, aber schmal – fast mager. Er drehte sich rasch um und starrte Artie Wu an. Sein Gesicht war tief gebräunt wie das eines alten Rettungsschwimmers, was sein weißes Grinsen weißer machte, als es war. »Was ist denn mit dir passiert?« »Ich bin über einen toten Pelikan gestolpert«, sagte Artie Wu. »Setzen wir ihn erst mal hin«, sagte der Mann mit dem tief gebräunten Gesicht und half dem anderen Mann, Artie Wu in einen schwarzledernen Eames-Sessel zu verfrachten, der so abgenutzt aussah, daß er schon fast antik wirkte. Der große, schmale Mann kniete vor Artie Wu und untersuchte behutsam den Knöchel. Artie Wu sagte: »Scheiße.« »Tut weh, oder?« sagte der Mann. »Da hast du verdammt recht.« »Aber ich glaube nicht, daß er verstaucht ist.« »Er fühlt sich verstaucht an«, sagte Artie Wu. Der schmale Mann hockte sich auf die Fersen und begutachtete den Knöchel. Sein Name war Quincy Durant, und er war ziemlich sicher, daß er siebenunddreißig Jahre alt war, mehr oder weniger. Er und Artie Wu waren Partner, seit sie zusammen aus dem John-Wesley-Memorial-Waisenhaus der Methodisten im Mission District von San Francisco davongelaufen waren, mit vierzehn – in Durants Fall mehr oder weniger. Durant stand auf und sah den Knöchel stirnrunzelnd an. »Ich hole was zum Einreiben. Vielleicht ein bißchen orientalischen Fatalismus.« Er wandte sich an den Mann mit sechs Windhunden. »Möchten Sie einen Kaffee?« »Gern«, sagte der Mann. »Danke.« »Steht auf dem Herd«, sagte Durant und ging durch eine Tür in einen kleinen Flur. Als er sich umgedreht hatte, sah der Mann mit sechs Windhunden zum erstenmal das Geflecht langer, sich überkreuzender weißer Narben, die fast den ganzen Rücken Durants bedeckten. Wulstige Narben, froschbauch– weiß gegen die Bräune, und hätte der Mann Zeit gehabt, sie zu zählen, wäre er auf genau drei Dutzend gekommen. »Sie auch einen Kaffee?« sagte der Mann zu Artie Wu. »Yeah, gerne, danke.« Der Mann ging in die kleine Küche. Auf dem Gasherd stand eine große, altmodische Kaffeekanne aus blau und weiß gefleckter Emaille. Sie sah aus, als faßte sie eine Gallone Kaffee. Mindestens eine Gallone, dachte der...


Ross Thomas: Geboren 1926 in Oklahoma, Journalist, politischer Berater
und Mitorganisator von Wahlkämpfen.
In den 50er Jahren baut
er in Bonn das deutsche AFNBüro
auf, arbeitet danach für verschiedene
amerikanische Organisationen.
Mit 40 schreibt Thomas
seinen ersten Roman. Er wurde
mit dem Edgar-Allan-Poe-Preis
und dem deutschen Krimipreis
ausgezeichnet. Bis zu seinem Tod
1995 entstehen 25 Romane.



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