Thoreau | Walden | E-Book | sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, Band 19, 608 Seiten

Reihe: Manesse Bibliothek

Thoreau Walden

oder Vom Leben im Wald - Übersetzt von Fritz Güttinger, mit einem Nachwort von Susanne Ostwald
1. Auflage 2020
ISBN: 978-3-641-26292-1
Verlag: Manesse
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

oder Vom Leben im Wald - Übersetzt von Fritz Güttinger, mit einem Nachwort von Susanne Ostwald

E-Book, Deutsch, Band 19, 608 Seiten

Reihe: Manesse Bibliothek

ISBN: 978-3-641-26292-1
Verlag: Manesse
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Pflichtlektüre für alle Fortschrittsskeptiker, Sinnsucher, Weltflüchtige sowie Wald- und Naturliebhaber
Ein Klassiker von enormer Brisanz: ein leidenschaftliches Plädoyer für Verantwortung, Selbstbestimmung und ein naturnahes, ressourcenschonendes Leben. Nirgendwo finden sich die besseren Argumente für Achtsamkeit und Nachhaltigkeit, Minimalismus und Vegetarismus. Was ist im Leben wirklich von Bedeutung? Um dies herauszufinden, kehrte Henry David Thoreau vor über hundertfünfzig Jahren der Zivilisation den Rücken und zog hinaus in die Stille der Wälder. Am Walden-See in Concord, Massachusetts, verbrachte er zwei Jahre in einer selbst gebauten Holzhütte, um «zu sehen, ob ich nicht lernen könne, was es zu lernen gibt, damit mir in der Stunde des Todes die Entdeckung erspart bleibe, nicht gelebt zu haben». Der grandiose Selbsterfahrungsbericht «Walden» legt Zeugnis von seiner Suche ab: mit sensiblen, poetischen Naturbeschreibungen und dem glaubhaften Plädoyer für echte Naturverbundenheit und ein selbstbestimmtes Dasein. Längst ist dieses Buch zu einer Art grüner Bibel geworden, in der man die besten Argumente für Nachhaltigkeit, Ökologie, Vegetarismus und Minimalismus findet.

Henry David Thoreau (1817-1862) wurde in Concord, Massachusetts, geboren und arbeitete zunächst als Volksschullehrer. Mit 'Walden' begründete er die Tradition amerikanischer Naturessayistik. Seine Schriften - darunter sein Werk 'On Civil Disobedience' - hatten weltweiten Einfluss auf Bürgerrechts- und Umweltschutzbewegungen und inspirierten u.a. Tolstoi, Gandhi und Martin Luther King.

Thoreau Walden jetzt bestellen!

Weitere Infos & Material


Hauswirtschaft Als ich das Folgende – jedenfalls den größten Teil davon – niederschrieb, lebte ich allein im Wald, mehr als einen Kilometer vom nächsten Nachbarn entfernt, in einem selbst gezimmerten Haus am Ufer des Walden-Sees bei Concord, Massachusetts, und verdiente mir meinen Lebensunterhalt ausschließlich mit meiner Hände Arbeit. Zwei Jahre und zwei Monate habe ich dort zugebracht; gegenwärtig halte ich mich wieder in der Zivilisation auf. Ich würde den Leser nicht mit meinen Angelegenheiten behelligen, hätte man mir nicht so eingehende Fragen zu meiner Lebensweise gestellt, Fragen, die manchen vielleicht ungehörig, mir in Anbetracht der Umstände aber durchaus natürlich und zur Sache gehörig vorkommen. Man hat mich gefragt, was ich zu essen gehabt habe, ob ich mich nicht einsam fühlte, mich nicht fürchtete und dergleichen. Manche wollten wissen, wie viel von meinem Einkommen ich für wohltätige Zwecke ausgebe, und andere, solche mit großer Familie, wie viele arme Kinder ich unterstütze. Diejenigen, denen an mir persönlich nicht viel gelegen ist, möchte ich deshalb um Verzeihung bitten, wenn ich es unternehme, einige dieser Fragen in einem Buch zu beantworten. In den meisten Büchern wird die Ichform geflissentlich vermieden; in diesem wird sie nicht verhehlt. Geltungssüchtiger als andere bin ich deswegen nicht. Man vergisst allzu leicht, dass es im Grunde genommen immer die erste Person Einzahl ist, die spricht. Ich würde nicht so viel über mich selber reden, wenn es einen andern Menschen gäbe, über den ich ebenso gut Bescheid wüsste. Bedauerlicherweise bin ich durch mangelnde Erfahrung auf dieses Thema beschränkt. Ich meinerseits verlange übrigens von jedem Schriftsteller, als Erstes oder Letztes, einen einfachen und wahrhaftigen Bericht über sein eigenes Leben, und nicht bloß, was er vom Leben anderer gehört hat – einen Bericht, wie er ihn vielleicht aus fernen Landen seinen Angehörigen erstatten würde. Wenn er nämlich wahrhaft gelebt hat, muss das nach meinem Dafürhalten in fernen Landen gewesen sein. Vielleicht sind diese Seiten insbesondere für arme Studenten gedacht. Im Übrigen wird jeder Leser dem Buch entnehmen, was ihn betrifft. Ich hoffe, niemand wird sich dabei Zwang antun; wem der Schuh passt, dem wird er gute Dienste leisten. Ich möchte etwas sagen, nicht über die Bewohner Chinas oder Hawaiis, vielmehr über meine Landsleute in Neuengland und ihre Lebensverhältnisse, wie diese sind, ob sie unbedingt so arg sein müssen oder ob sie sich nicht ebenso gut verbessern ließen. Ich bin in Concord viel herumgekommen, und überall, in Läden und Büros und auf den Äckern, hatte ich den Eindruck, dass die Bewohner damit beschäftigt seien, auf tausenderlei bemerkenswerte Art Buße zu tun. Ich habe von Brahmanen gelesen, die inmitten von vier Feuern sitzen und in die Sonne schauen; von solchen, die sich mit dem Kopf nach unten über Flammen aufhängen lassen; von andern, die über die Schulter zurück zum Himmel emporblicken, bis sie die natürliche Haltung überhaupt nicht mehr einnehmen können und des verdrehten Halses wegen auf flüssige Nahrung angewiesen sind; auch gibt es welche, die sich lebenslänglich an den Fuß eines Baumes anketten lassen; andere wiederum messen, Raupen gleich, mit ihrem Körper riesige Reiche aus oder stehen auf einem Bein hoch oben auf einer Säule. Doch alle diese Formen der Buße sind kaum erstaunlicher als das, was ich täglich erlebe. Die zwölf Aufgaben des Herkules1 waren eine Kleinigkeit im Vergleich zu dem, worauf meine Landsleute sich eingelassen haben; schließlich waren es nur deren zwölf, und sie fanden ein Ende; doch dass meine Zeitgenossen ein Monster erschlagen oder gefangen oder irgendeine Arbeit zu Ende gebracht hätten, davon habe ich nie etwas gesehen. Sie haben keinen Freund Jolaos2, der mit einem glühenden Eisen den Halsstumpf der Hydra versengt; sobald ein Kopf zermalmt ist, kommen gleich zwei neue nach. Was ich sehe, sind junge Landsleute, deren Unglück es ist, Bauernhöfe, Häuser, Scheunen, Vieh und landwirtschaftliche Geräte geerbt zu haben; zu dergleichen kommt man leichter, als man es wieder loswird. Sie wären besser draußen auf freiem Felde geboren und von einer Wölfin gesäugt worden; dann hätten sie klarer erkannt, welches Feld zu beackern ihnen aufgetragen ist. Wer hat sie zu Sklaven der Scholle gemacht? Warum sollen sie sich für ihre sechzig Morgen Land abrackern, wenn sie doch nur dazu verdammt sind, ihr Häuflein Dreck zu fressen? Warum soll einer damit anfangen, sein Grab zu schaufeln, kaum dass er geboren ist? Sie sollen ein menschenwürdiges Dasein führen, sich dabei mit all diesen Dingen schinden und versuchen, so gut wie möglich zurechtzukommen. Wie oft bin ich schon einer armen Seele von Mensch begegnet, der unter seiner Last beinahe zusammenbrach, wenn er sich seinen Lebensweg entlangschleppte und dabei einen Stall, fünfundzwanzig mal zwölf Meter groß, vor sich herschob, einen wahren Augiasstall3, nie ausgemistet, und dazu noch hundert Morgen Land4, die beackert, gemäht und abgeholzt sein wollen! Die Besitzlosen, die sich nicht mit solch überflüssigem Erbgut abzurackern haben, finden es anstrengend genug, ihr menschliches Erbteil, das Fleisch, zu hegen und zu pflegen. Aber der Mensch schuftet unter dem Eindruck eines Irrtums. Sein besserer Teil ist bald als Dünger unter den Boden gepflügt. Wegen eines scheinbaren Schicksals, gemeinhin Notwendigkeit genannt, müht er sich damit ab, Schätze zu sammeln, die die Motten und der Rost fressen und denen die Diebe nachgraben, um sie zu stehlen. Es ist eine Dummheit, so zu leben; das merkt jeder, wenn es ans Ende geht, wenn nicht schon vorher. Der Sage zufolge haben Deukalion und Pyrrha das Menschengeschlecht neu erschaffen,5 indem sie Steine hinter sich warfen: «Inde genus durum sumus experiensque laborum, Et documenta damus qua simus origine nati.» Oder, wie Raleigh es in seiner klangvollen Art intoniert: «Drum sind wir ein hartes Geschlecht,
ausdauernd zur Arbeit; Und wir geben Beweise, woher wir zogen
den Ursprung.»6 So geht es, wenn man einem stümperhaften Orakel blindlings folgt und Steine hinter sich wirft, ohne zu schauen, wohin sie fallen. Selbst in diesem verhältnismäßig freien Land sind die meisten Menschen aus bloßer Unwissenheit und Verblendung so von künstlichen Sorgen und von überflüssiger Schwerarbeit beansprucht, dass sie nicht dazu kommen, die feineren Früchte vom Baum des Lebens zu pflücken. Ihre Finger sind von der übermäßigen Plackerei zu unbeholfen und zittrig dafür. Das Erwerbsleben lässt dem Menschen nicht genug Zeit, um den Alltag menschenwürdig zu gestalten; er kann es sich nicht leisten, den andern Menschen gegenüber menschlich aufzutreten; es könnte ja den Marktwert seiner Arbeit beeinträchtigen. Er hat keine Zeit, etwas anderes als eine Maschine zu sein. Wie kann er wachsen, indem er sich seiner Unwissenheit entsinnt, wenn er dauernd seine Kenntnisse anwenden muss? Wir sollten ihn manchmal kostenlos ernähren und einkleiden und mit Stärkungsmitteln laben, ehe wir ein Urteil über ihn fällen. Mit den besten Eigenschaften des Menschen verhält es sich wie mit dem Flaum auf Früchten – man muss behutsam mit ihnen umgehen, wenn sie erhalten bleiben sollen. Doch weder uns selber noch den andern fassen wir so schonend an. Gewiss, manche sind arm und haben Mühe, sich über Wasser zu halten. Ich habe keinen Zweifel, dass einige von Ihnen, die dieses Buch lesen, nicht imstande sind, jede Mahlzeit zu bezahlen, die Sie eingenommen haben, auch nicht die Kleider und Schuhe, die bald (oder bereits) abgetragen sind; die Zeit, die Sie an dieses Buch wenden, ist geborgt oder gestohlen und raubt Ihren Gläubigern eine Stunde. Es ist unverkennbar, was für ein armseliges und abgestumpftes Leben viele von Ihnen führen; ich habe da aus Erfahrung einen geschärften Blick. Immer am Limit, immer bemüht, ins Geschäft zu kommen und aus den Schulden heraus, aus diesem uralten Morast, von den Lateinern aes alienum7 genannt, eines andern Kupfer (manche ihrer Münzen waren nämlich aus Kupfer), immer am Leben und am Sterben und schließlich mit des andern Kupfer begraben; immerfort verspricht man zu zahlen; man verspricht zu zahlen, morgen, und stirbt heute, zahlungsunfähig; immer wirbt man um Gunst und Kundschaft, auf alle möglichen Arten, solange man nur innerhalb des Gesetzes bleibt; man lügt, schmeichelt, gibt seine Stimme, verkapselt sich in Höflichkeit oder verflüchtigt sich in einen Dunst von Leutseligkeit, um seinen Nächsten dazu zu bringen, dass man ihm die Schuhe machen darf, oder den Hut oder die Jacke oder seinen Wagen, oder dass man ihm die Lebensmittel liefern darf. Man schuftet sich krank, damit man etwas für Tage des Siechtums auf die Seite legen kann, etwas, das man in eine alte Truhe oder in einen Strumpf steckt oder, vorsichtiger, auf die Bank trägt, einerlei, wohin, einerlei, wie viel oder wie wenig. Manchmal staune ich, dass wir so, fast möchte ich sagen, frivol sein können, uns mit der krassen, aber uns doch eher fernliegenden Form der Knechtschaft, Negersklaverei genannt, zu befassen, wo es doch im Norden wie auch im Süden so viel abgefeimte Herren und Gebieter gibt. Einem südstaatlichen Aufseher zu unterstehen ist hart; noch schlimmer, einen nordstaatlichen Aufseher zu haben; doch das Schlimmste ist, selber sein eigener Sklaventreiber zu sein. Da redet man vom göttlichen Funken im Menschen! Man betrachte den Fuhrmann auf der Landstraße, der bei...


Thoreau, Henry D.
Henry David Thoreau (1817-1862) wurde in Concord, Massachusetts, geboren und arbeitete zunächst als Volksschullehrer. Mit "Walden" begründete er die Tradition amerikanischer Naturessayistik. Seine Schriften - darunter sein Werk "On Civil Disobedience" - hatten weltweiten Einfluss auf Bürgerrechts- und Umweltschutzbewegungen und inspirierten u.a. Tolstoi, Gandhi und Martin Luther King.



Ihre Fragen, Wünsche oder Anmerkungen
Vorname*
Nachname*
Ihre E-Mail-Adresse*
Kundennr.
Ihre Nachricht*
Lediglich mit * gekennzeichnete Felder sind Pflichtfelder.
Wenn Sie die im Kontaktformular eingegebenen Daten durch Klick auf den nachfolgenden Button übersenden, erklären Sie sich damit einverstanden, dass wir Ihr Angaben für die Beantwortung Ihrer Anfrage verwenden. Selbstverständlich werden Ihre Daten vertraulich behandelt und nicht an Dritte weitergegeben. Sie können der Verwendung Ihrer Daten jederzeit widersprechen. Das Datenhandling bei Sack Fachmedien erklären wir Ihnen in unserer Datenschutzerklärung.