Tischer | Letzte Nacht in Baden-Baden | E-Book | sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, Band 1, 272 Seiten

Reihe: Maxi Morel ermittelt

Tischer Letzte Nacht in Baden-Baden

Kriminalroman
2024
ISBN: 978-3-7349-3074-4
Verlag: Gmeiner-Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection

Kriminalroman

E-Book, Deutsch, Band 1, 272 Seiten

Reihe: Maxi Morel ermittelt

ISBN: 978-3-7349-3074-4
Verlag: Gmeiner-Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection



Das Badhotel in Baden-Baden soll für immer schließen. Rezeptionistin Maxi Morel macht bei ihrem letzten Rundgang eine grausame Entdeckung: Im Hotelflur liegen zwei blutige Leichen. Doch am nächsten Morgen sind sie verschwunden. War alles Einbildung? Was weiß Hoteldirektor Helmut Lochner? Wo sind die spontanen Gäste, die am Vorabend eincheckten? Und welche Rolle spielen die Kollegen? Maxi, Halbfranzösin mit einer Schwäche für Pralinen, beginnt zu ermitteln. Als sie dabei mehr über ihre eigene Familie herausfindet, gerät ihre Welt aus den Fugen.

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Dienstagvormittag
Nicht nur das Wetter hat über Nacht gewechselt, die Temperatur hat spürbar abgenommen. Wetterbedingt ist in der Stadt weniger los als sonst. Der Regen hat die hellgrauen Pflastersteine satt dunkel gefärbt. Sie bilden einen schönen Kontrast zu den hellen Stadthäusern. Manche Fassaden sind kunstvoll verziert, andere schlicht. Die Fenster und Rahmen der meisten Häuser sind weiß gestrichen. Die schmiedeeisernen Balkongeländer sind verschnörkelt. Ein bisschen wie in Paris. Nur schöner irgendwie. Maxi konnte sich nie vorstellen, irgendwo anders als in ihrer Heimatstadt zu leben. Natürlich hat Frankreich Charme. Und am Meer zu leben, wäre auch toll. Aber Maxi hängt an Baden-Baden. Die schönen Häuser. Die prachtvollen Bauten. Die lauschigen Plätze und hübschen Ecken. Die Gärten und Parks. Die Schlösser. Die Bäder. Die Hotels. Die Boutiquen und Geschäfte. Baden-Baden hat Flair. Es ist, als wisse die Stadt um ihre Schönheit und Besonderheit. Zu oft wurde ihr gesagt, wie schön sie ist. Sie trägt jahrhundertealten Stolz in sich. Alle Gebäude ragen erhobenen Hauptes in die Höhe. Und doch ist Baden-Baden überschaubar. Nicht so laut, so dreckig und so groß wie Paris. Baden-Baden vereint die Vorteile einer Großstadt, ohne dass man deren Nachteile in Kauf nehmen müsste. Lokalpatriotismus liegt Maxi fern, und dennoch fühlt sie sich mit der Stadt verbunden, in der sie geboren wurde und aufgewachsen ist. Die eigene Wohnung in einem der schönsten Stadthäuser mitten in der Fußgängerzone tut ihr Übriges. In der Fußgängerzone wohnen und zum Shoppen vor die Tür gehen. Gibt es etwas Besseres? Die meisten Geschäfte hier sind Filialen der üblichen Ladenketten, die in jeder Fußgängerzone des Landes zu finden sind. Dazwischen und in den Seitenstraßen gibt es noch erstaunlich viele inhabergeführte Boutiquen und kleine Läden mit Dingen, die die meisten Leute nicht benötigen. Maxi schon. Und dann gibt es noch die Luxusgeschäfte – zu deren Klientel sie leider nicht gehört. Vom gelben Friesennerz geschützt legt Maxi die wenigen Meter bis zum ersten Modeladen zu Fuß zurück. Technomusik wummert ihr entgegen, einige Kleidungsstücke liegen auf dem Boden. Maxi lässt sich davon nicht stören, der Laden ist wunderbar leer, es gibt keine Schlange vor den Umkleidekabinen. Sie wählt mehrere Teile aus, die sie anprobiert. Perfekt passt nichts, sofern sie das im grellen Licht der Umkleidekabine beurteilen kann. Dennoch kauft sie ein schlichtes schwarzes Kleid und ein Shirt mit Punkten. Es sitzt etwas eng, aber wenn sie drei Kilo abnimmt, passt es sicher perfekt. Ein Motivationsshirt quasi. Schuhe sind dankbarer, die werden nicht so schnell zu eng wie Kleidung. In einem Schuhgeschäft findet Maxi zwei Paar Sandalen. Sommerschlussverkauf. Mit den Tüten in den Händen fühlt sich Maxi ein bisschen besser. Fünf Läden und ein Tütchen mit zwei Halsketten, einem Halstuch und einem Mascara später macht sie sich auf den Heimweg. »Kuckuck, Maxi!« Sie dreht sich um. »Hallo, Petra.« Die rot gefärbte Lockenmähne ihrer Kollegin blitzt unter dem Regenschirm hervor. Jetzt ist Petra eine ehemalige Kollegin. »Was für ein Regen! Aber sei’s drum. Die Natur braucht’s.« Dass der Regen nicht angenehm sei, aber von der Natur dringend benötigt werde, hat Maxi in jedem Geschäft gehört, dass sie heute betreten hat. Der lang ersehnte Regen ist da. Man könnte meinen, man sei zu Beginn der Regenzeit in der Savanne und nicht in Baden-Baden, das immer noch von grünen Schwarzwaldtannen umringt ist. Wetter, das Small-Talk-Thema Nummer eins. Es nervt Maxi. Jeder redet drüber, fast niemand hat Ahnung davon und niemand kann es beeinflussen. Wozu also die immer gleichen Sätze über das Wetter? Petra ist zum Glück durch mit dem Thema. »Wie geht’s dir, meine Kleine?«, fragt sie. Dann redet sie weiter, als hätte sie die Frage an sich selbst gerichtet. »Ich hatte noch gar keine Zeit, dich zu vermissen. Kaum hat man mal zwei Wochen frei zwischen zwei Jobs, kommen sie von allen Seiten. Die eine Tochter zieht um, die nächste macht mit ihrem Freund Schluss und die dritte wird krank. Und mein Ex, der ist zu blöd, um einen Brief der Krankenkasse allein zu beantworten. Und die dumme Katze muss davonlaufen.« Sie schüttelt den Kopf. »Aber was für eine Freude, meine kleine Maxi zu sehen. Ich brauch jetzt erst mal was zu trinken. Kommst du mit?« Petra steuert auf das nächstgelegene Café zu, das unweit von Maxis Wohnung liegt. Maxi folgt ihr fast automatisch. Petra stößt die Tür auf, schüttelt den Regenschirm aus und stopft ihn zwischen die anderen Schirme in den Ständer. Ihre Schritte sind im ganzen Café zu hören, als sie auf einen Tisch im Eck zugeht. Maxi dackelt mit errötetem Gesicht hinterher. Zum Glück ist nicht allzu viel los. Kein Wunder, denn ein Eis-Café hat bei dem Wetter nicht seinen kundenreichsten Tag. Petra setzt sich auf die weiße Lederbank, zeigt ein tiefes Dekolleté unter der knallgrünen Bluse. Maxi setzt sich auf den Holzstuhl. »Was darf ich den Damen bringen?« Der schlaksige Kellner zwinkert beide nacheinander an. »Einen Kräutertee, bitte«, sagt Maxi. Petra runzelt die Stirn, wirft einen Blick auf Maxi, dann in die Karte und bestellt zwei Gin Tonics. Petra war Maxis Lieblingskollegin. Sie hat die Hausdame des Hotels an keinem Tag schlecht gelaunt gesehen. Nicht einmal, wenn der Chef sie zu einem leiseren Umgangston und etwas mehr Zurückhaltung gegenüber den Gästen aufgefordert hat. Der Kellner bringt die Getränke, zwinkert wieder mit den Augen. Maxi faltet das Teebeuteletikett zusammen und wieder auseinander. Und jetzt? Petra wirkt ihr in dieser Umgebung auf einmal fremd. Mit ihr im Café zu sitzen, ist etwas anderes, als in den Hotelräumen zu scherzen. Petra prostet ihr zu. »Auf die Zeit im Badhotel. Mannomann, der arme Helmut kann einem echt leidtun. Es sind schon schwere Zeiten. Erst Corona, dann bleiben die Gäste weg, dann die hohen Gaspreise. Ganz zu schweigen von seiner kranken Frau.« Sie schüttelt den Kopf. Eine korkenzieherartige Locke bleibt auf ihrer Stirn hängen. »Weißt du eigentlich, wie es Angela geht?« »Nein.« Maxi schüttelt den Kopf. Sie hat ihre Mutter einmal was von Krebs und unheilbar krank sagen hören. Maxi weiß jedoch nicht, ob die Information direkt von Helmut, aus Gerüchten oder der Fantasie ihrer Mutter entstammt. Daher schweigt sie. »Jetzt muss er das Hotel aufgeben. Er wird als Loser in die Familiengeschichte eingehen. Nach vier Generationen ist er gescheitert. Wobei: Er hat ja keine Kinder, die ihm das vorhalten könnten. Eigentlich auch traurig. Wobei ich bei meinen dreien ja manchmal wirklich die Faxen dicke habe. Aber ein Leben ohne sie kann ich mir nun auch nicht vorstellen. So ist das mit Kindern. Das wirst du auch noch erleben.« Betonung auf dem Du. Maxi atmet leise tief ein und aus. Sie nippt an ihrem Cocktail. Petra hat ihr Getränk noch gar nicht angerührt. Maxi rutscht auf dem Stuhl hin und her. Petra lehnt aufrecht im Polster der Bank, die Beine übereinandergeschlagen. Maxi beobachtet, wie der Rock immer weiter nach oben rutscht. Der nicht ganz flache Bauch ist bald bedeckt, dafür die Oberschenkel frei. »Kinder sind teuer. Da komm ich mit den zwei Riesen von Helmut zum Abschied nicht weit. Aber ich arbeite ja gern. Und Angebote gibt’s genug. Ich hätte in mehreren Hotels die Betten machen können. Die haben mir alle ganz schön viel Honig ums Maul geschmiert, ich sag’s dir. Jetzt hab ich mich allerdings entschieden, beim Schmitti das neue Mädchen für alles zu werden. Man soll doch flexibel bleiben. In zwei Wochen geht’s los. Und bis dahin, ich sag’s dir ja, wenn ich nicht arbeite, habe ich mehr zu tun. Diese Familie!« 2.000? Petra hat nur 2.000 Euro Abfindung bekommen? Maxi spürt bereits, wie der Alkohol des Cocktails sich durch ihr Blut schleicht. Sie nimmt noch einen Schluck. Petra ignoriert das Getränk weiterhin. »Bei uns gab’s letzte Nacht ja fast eine Überschwemmung, das hatte ich noch …« Es klingelt in Petras gold glitzerndem Ausgehtäschchen. Sie pult das Smartphone heraus, das nur minimal kleiner ist. »Ja?«, schreit sie das Display an. »Okay, ich komme sofort, mein Schatz.« Petra leert das Gin-Tonic-Glas in einem Zug, zückt 20 Euro aus dem Täschchen und springt auf. »Ich muss leider gehen, meine Liebe, bis bald!« Maxi bleibt wie festgeklebt sitzen. Wer aus der Familie Petras Schatz ist, wird sie wohl nicht mehr erfahren. Jetzt hat ihre ehemalige Kollegin sie auch noch eingeladen. Maxis Abfindung ist zehnmal höher! Sie errötet, aber Petra sieht es nicht mehr. Sie kann es nicht fassen. Ein Blick auf das Smartphone. Eine Nachricht von ihrer Mutter: »Alles gut bei dir?« Mit Kuss-Smiley. Obwohl es erst Nachmittag ist, wirkt es im Café mit den vielen dunklen Holzmöbeln wie spätabends. Der Drink trägt zur Abendstimmung bei. Maxi zahlt mit Petras Geld, streift den Regenmantel über und verlässt das Café. Der Regen, den die Sturmböen herantreiben, fühlt sich an wie sanfte Peitschenhiebe. Wachmacher. Maxi spaziert noch ein wenig durch die Fußgängerzone, um wieder einen klaren Kopf zu bekommen. Eigentlich sollte ihr Leben ab heute ruhig verlaufen. Sie kommt sich vor, als wäre sie in einem Fernsehkrimi ausgesetzt worden. Das Wasser kriecht den Hosenstoff an ihren nicht vom Regenmantel bedeckten Waden hinauf, ebenso bahnt es sich seinen Weg über die Ärmel zu den Ellbogen. Durch die Nässe fühlt sie sich lebendiger, das...


Tischer, Sarah
Sarah Tischer, Jahrgang 1987, wuchs am Bodensee auf. Nach ihrem Studium in München und Barcelona arbeitete die Diplom-Volkswirtin in Zürich, bevor sie sich 2015 im nördlichen Schwarzwald, in Igelsberg bei Freudenstadt, ein altes Bauern- und Pensionshaus kaufte und renovierte. Dort lebt sie selbst mittlerweile mit ihrer eigenen Familie. Seit 2017 ist sie Gastgeberin der Black Forest Lodge und begrüßt Gäste aus aller Welt.
Neben dem Laufen macht Sarah Tischer auch gerne anderen Sport wie Yoga und erkundet den Schwarzwald wandernd. Sie liest viel und schreibt Kurzgeschichten, Krimis und Kochbücher.



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