Tischlinger | Camping mit Mord | E-Book | sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, 288 Seiten

Tischlinger Camping mit Mord

Kriminalroman
1. Auflage 2020
ISBN: 978-3-96041-629-6
Verlag: Emons Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection

Kriminalroman

E-Book, Deutsch, 288 Seiten

ISBN: 978-3-96041-629-6
Verlag: Emons Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection



Ein Camping-Krimi mit Spannung und Herz. Packend, kauzig und sensationell witzig.

Aus Polizeiobermeister Richard Staudinger wird nie ein passionierter Camper: Kaum entscheidet er sich für einen Zelturlaub in idyllischer Umgebung, wird im nahe gelegenen Spukhäusl ein Toter gefunden. Der sagenumwobene Ort heizt die Gerüchteküche an, und Staudingers kriminalistischer Spürsinn erwacht. Doch die Ermittlungen gestalten sich alles andere als einfach – schaurige Geisterstimmen und zwei ebenso attraktive wie geschäftstüchtige Damen halten Staudinger ordentlich auf Trab ...

Tischlinger Camping mit Mord jetzt bestellen!

Autoren/Hrsg.


Weitere Infos & Material


Lüsterne Wasserspiele
Richard Staudinger schaute in den bereits in aller Herrgottsfrühe blauen Himmel, in den ein Flieger einen breiten Kondensstreifen malte. Mit dem Kopf an der frischen Luft fühlte er sich wesentlich wohler als eingesperrt in der fensterlosen Enge. Wobei ihm durchaus bewusst war, was für ein absurdes Bild er abgab, denn sein restlicher Körper befand sich im Inneren seines Zeltes. Wenn er sich auch nur ungern in einem geschlossenen Raum befand, so ein Naturbursche war er dann doch nicht, um komplett im Freien zu nächtigen. Noch schliefen sie rings um ihn herum, die Dauercamper und Wochenendfrischluftfanatiker in ihren Wohnwagen, Wohnmobilen, Wurf-, Kuppel- und Trekkingzelten und den sonstigen neumodischen Outdoorheimen, die es heutzutage gab. Sein Zelt stammte aus seiner Jugend, roch etwas nach Keller, war aber so gut wie neu, da er sich nie wirklich mit der Camperei angefreundet hatte. Zelthaut an Wohnwagen mit fremden Schnarchsäcken, Ameisen auf den Frühstücksbrötchen und Stechmücken zum Seidla Bier: Das Urlaub zu nennen lag ihm fern. Nicht, dass Richard Menschen nicht gemocht hätte, bloß halt nicht, wenn sie ihm zu arg auf die Pelle rückten. Er beschloss, auch die kommenden Nächte mit dem Haupt im Freien zu verbringen. Solange sich kein Ohrenkneifer bei ihm im Gehörgang einnistete, ihn eine der streunenden Katzen beschnupperte oder gar ein anderes Getier anpinkelte, wäre alles gut. Auch Regen wäre natürlich unvorteilhaft, aber dagegen sprach das wolkenlose Himmelsblau über ihm, und außerdem hatte die »Mittelbayerische Zeitung« in ihrem Wetterbericht fürs Erste keine Schauer angekündigt. Wenngleich sich von Frankreich her ein Regenband auf dem Vormarsch Richtung Franken befand. Aber wo sich das schlechte Wetter entladen würde, blieb abzuwarten, beruhigte sich Richard. Vielleicht rührte seine Klaustrophobie noch von damals her, überlegte er, vom Kellerloch. Es war nur ein Lausbubenstreich gewesen, aber einer mit dramatischen Folgen. Doch daran mochte sich Richard jetzt nicht erinnern, und es wäre ihm auch nicht so recht gelungen, denn ein anderer Umstand lenkte ihn ab. In dem Wohnwagen keine fünf Schritte von ihm entfernt bewies ein Pärchen lautstark, wie wach und leidenschaftlich es schon war. Richard stieg die Schamesröte in die Wangen. Dass manche sich so gar nicht beherrschen konnten! Er wurstelte ein Tempotaschentuch aus seiner Jogginghose, die ihm als Schlafanzughose diente, riss es in zwei Hälften und drehte sie zu Ohrstöpseln. Das animalische Gestöhne und Gegrunze wurde etwas leiser, verstummte aber nicht. Richard schaute rüber zum Ufer der fischreichen Naab, die noch vor Regensburg in Mariaort in die Donau floss. Wenn nicht gerade Hochwasser war, strömte sie gemütlich dahin. So wie jetzt. Aber was war das? Richard schoss hoch und pulte die Ohrstöpsel heraus, als ob er dadurch besser sehen könnte. Da trieb etwas Längliches im Fluss, eingewickelt in eine Plastikplane. Schon wollte er aufspringen, wurde aber von seinem Schlafsack zurückgehalten. Fahrig fummelte er am Reißverschluss herum, der sich altersbedingt nur stückweise öffnen ließ. Schließlich strampelte er den olivfarbenen Sack von sich, rappelte sich auf – und fiel im nächsten Moment hin. Er war über eine der Zeltschnüre gestolpert. Verärgert schnaubte er. Er wusste schon, warum er Camping hasste! Als er am Ufer stand, war seine Wasserleiche weg. Aber wahrscheinlich war es sowieso gar keine gewesen. Wer schickte im friedlichen Naabtal schon eine Leiche in einem Plastiksack stromabwärts auf Reisen? Just wenn Polizeiobermeister Richard Staudinger auf dem nahe gelegenen Campingplatz weilte? Aber er war nun einmal mit Leib und Seele Polizist und hatte die Angewohnheit, in allem ein Verbrechen zu wittern oder zumindest vorsichtshalber misstrauisch allem gegenüber zu sein. Seine Nachbarn waren anscheinend bei der Zigarette danach angelangt, denn im Wohnwagen war es nun wieder mucksmäuschenstill. Ein Segen. Irgendein Viehzeugs krabbelte in Richards Nacken, jedenfalls fühlte es sich so an. Schlagartig begann es, ihn überall zu jucken. Wer war nur auf die absurde Idee gekommen, er, Richard, könne seinen sauer verdienten Urlaub in Gottes freier Wildbahn verbringen? Er bestimmt nicht! Wo er doch eher ein Feind denn ein Freund von Lotterleben war und die Ordnung in seinen vier Wänden brauchte. Er begab sich ins Innere seines Zelts, ließ aber den Reißverschluss offen, sodass er Luft und dennoch keine Platzangst bekam. Aber der Schlaf wollte nicht zurückkehren. Eine seltsame Stille hatte sich über den Campingplatz gelegt, in die Richard nun hineinhorchte. Es war so harmlos still, dass es ihm schon verdächtig vorkam. Da lag was in der Luft, seine Polizeinase roch das. Entspann dich, Richard, versuchte er, sich zu beruhigen. Du bist auf einem Campingplatz, was soll da schon groß passieren? Und es muss ja auch nicht dauernd überall das große Verbrechen lauern, die Vorstellung ist nichts als eine dumme Berufskrankheit von dir. Ungeachtet dessen freute er sich bereits auf das Frühstück in freier Wildbahn, war es doch ein gewisses, aber kalkulierbares Abenteuer. Wenn er sich nur nicht wie auf dem Präsentierteller fühlen würde. Schon gestern Abend hatte er diese unangenehme Öffentlichkeit nach einem beamtenhaft korrekten Zeltaufbau unter Zuhilfenahme der vergilbten Aufbauanleitung und einer Wasserwaage ertragen müssen. Und beileibe niemand sollte ihm womöglich noch neugierig auf die vom heimatlichen Metzger mitgebrachte Stadtwurst bei der Brotzeit stieren und kontrollieren, wie viele Flaschen Bier er köpfte. Denn bei seiner geliebten fränkischen Stadtwurst, einer groben Fleischwurst mit Majoran, war Richard eigen, die wollte er in Ruhe genießen. Ein derartiges aufdringliches Interesse hatte er nämlich von seinem weiteren direkten Nachbarn mit Caravan und Fürther Kfz-Kennzeichen befürchtet, der ihm gleich nach Ankunft auf dem Campingplatz seine Hilfe und eine Flasche Prösslbräu angeboten hatte. Doch wider erstes Erwarten schienen er und seine Gattin recht angenehme Zeitgenossen zu sein. Den restlichen gestrigen Tag hatte der Fürther entweder eine Flasche in der Hand oder die Angel in die Naab gehalten, während sie sich um die dreiköpfige Kinderschar im Alter von Windelhose bis Kindergarten kümmerte. Die Nachbarn mit dem gesunden Liebesleben kamen laut Autokennzeichen aus Nürnberg. Nicht zu fassen, da verreiste Richard einmal alle Jahrzehnte, dann auch noch nur in die Oberpfalz, und wen traf er? Franken. Von den Nürnbergern hatte er bisher mehr gehört als gesehen. Und hätte Richard eine Zeugenaussage machen müssen, wer den »Knaus-Südwind« neben ihnen bewohnte, er wäre kläglich gescheitert. Sein Magen vermeldete Hunger. Aber vom Frühstück waren Richard und sein verfressenes Organ noch weit entfernt. Denn für ein richtiges Frühstück bedurfte es der wunderbaren Schwarzer Kipferl, für die der waschechte Franke während seines Naabtal-Urlaubs gern auf seine gewohnten Kaisersemmeln und das Bauernbrot vom Kleinmichlgseeser Dorfbäcker verzichtete. Die knusprigen Kümmelbrötchen aus Roggen- und Weizenmehl, die von Hand geformt wurden und deshalb verschiedene Formen hatten, waren ein Hochgenuss. Um seine importierte fränkische Stadtwurst nicht nackert oder bloß mit Senf essen zu müssen, hatte er sich gestern gleich eine Tüte davon besorgt. Es war Liebe auf den ersten Biss gewesen. Die krossen Kipferl hatten ihn sogar mit dem Umstand versöhnt, dass er als Single-Mann beim Einkaufen im Campingkiosk genauestens begutachtet worden war, und zwar nicht nur von den Frauen. Nur eine Frage hatte er sich gestellt: Sah er so gefährlich aus oder so attraktiv? Oder war man einfach nur neugierig auf den Neuzugang, der weder eine Partnerin noch eine Traube Kinder oder einen Hund mit sich führte und auch keine Angel ins Wasser hielt? Was ihn vermutlich ein wenig suspekt im Auge jedes Proficampers machte. Vielleicht hatten die Stirnfalten des Erstaunens aber auch nur in seiner Krawatte ihren Grund gehabt, deren er sich erst kurz vor dem Zubettgehen respektive In-den-Schlafsack-Krabbeln entledigt hatte. Aber auch ein kinderloser Single brauchte einmal Urlaub, besonders als Vize-Dienststellenleiter der Polizeiwache in Kleinmichlgsees, wenngleich sein Heimatort ein völlig trostloses Kaff war, wo Verbrechen wirklich nicht alltäglich waren. Doch ein bisschen musste Richard noch auf seine Kipferl warten, denn das kleine Lädchen am Campingplatz Oberbürzl öffnete erst um acht Uhr, und bis dahin war noch über eine Stunde Zeit. Richard zog den Reißverschluss seines Zeltes zu, als er zu hören glaubte, wie die lüsternen Nachbarn ihren Wohnwagen verließen. Für so frühen menschlichen Kontakt war er noch nicht bereit. Er wühlte in seinem Rucksack nach Zahnbürste, Duschgel, Deo und nach frischer Unterwäsche, Handtuch und Waschlappen. Wenn er jetzt die sanitären Einrichtungen aufsuchte, hätte er bestimmt gute Chancen auf eine freie Duschkabine. In seiner Jogginghose stieg er barfuß in die Birkenstockschlappen und verließ seine Lagerstatt, nachdem er sich versichert hatte, dass die Nachbarn Leine gezogen hatten. Das war eines der ganz wenigen Dinge, die ihm bisher am Campen gefielen: Er konnte sogar untertags wie ein Lump herumlaufen, weil die anderen es auch taten. Allerdings bedeckte er seinen nackten Oberkörper mit einer Regenjacke. Duschen war für Richard eine höchst intime Angelegenheit. Die Vorstellung, dass sich mehrere nackte Menschen Kabine an Kabine einseiften und abbrausten, befremdete ihn. Selbst daheim, wo er mit seiner Schwester Trudel und seinem Schwager zusammenwohnte, schloss er generell die Badezimmertür hinter sich ab. Gleichgültig, was er in diesem Raum vorhatte, es ging niemanden...


Martina Tischlinger, in Nürnberg geboren, studierte BWL, Außenwirtschaft und Marketing, doch ihre Leidenschaft gehört dem Schreiben. Sie hat bereits mehrere Franken Krimis und Komödien sowie zahlreiche Kurzgeschichten veröffentlicht. Außer im Radio ist sie bei Lesungen zu hören.



Ihre Fragen, Wünsche oder Anmerkungen
Vorname*
Nachname*
Ihre E-Mail-Adresse*
Kundennr.
Ihre Nachricht*
Lediglich mit * gekennzeichnete Felder sind Pflichtfelder.
Wenn Sie die im Kontaktformular eingegebenen Daten durch Klick auf den nachfolgenden Button übersenden, erklären Sie sich damit einverstanden, dass wir Ihr Angaben für die Beantwortung Ihrer Anfrage verwenden. Selbstverständlich werden Ihre Daten vertraulich behandelt und nicht an Dritte weitergegeben. Sie können der Verwendung Ihrer Daten jederzeit widersprechen. Das Datenhandling bei Sack Fachmedien erklären wir Ihnen in unserer Datenschutzerklärung.