Tödter | DSA 32: Das letzte Lied | E-Book | www.sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, Band 32, 294 Seiten

Reihe: Das Schwarze Auge

Tödter DSA 32: Das letzte Lied

Das Schwarze Auge Roman Nr. 32
1. Auflage 2015
ISBN: 978-3-95752-457-7
Verlag: Ulisses Medien und Spiel Distribution GmbH
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

Das Schwarze Auge Roman Nr. 32

E-Book, Deutsch, Band 32, 294 Seiten

Reihe: Das Schwarze Auge

ISBN: 978-3-95752-457-7
Verlag: Ulisses Medien und Spiel Distribution GmbH
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Tjalf Sturmlied ist ein Skalde, ein Sänger vom Volk der Thorwaler. Nachdem er die Kriegerin Jara vor dem Tod gerettet hat, verliebt er sich in die junge Frau. doch er fürchtet die unbezähmbare Kampfeswut, die in seinem Innern schlummert, die nicht unterscheidet zwischen Freund und Feind - und auch die Geliebte nicht verschont.

Gun-Britt Trödter (*14.02.1967) ist eine deutsche Fantasyautorin, die sich während ihres Studiums der Humanmedizin mit Lektoratsarbeiten etwas hinzuverdiente. 1998 erschien ihr erster Roman und sie hat als Redaktionsmitglied an zahlreichen Spielhilfen, Themen- und Regionalbänden zum Rollenspiel 'Das Schwarze Auge' mitgewirkt. Inzwischen arbeitet sie als Fachärztin für Allgemeinmedizin und lebt mit Mann und Kind in Schwerte.
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1. Kapitel

Jeder Freund ist zu Anfang ein Fremder.

MUTTER TRAVIANE VON LOWANGEN

Die schwere Axt entglitt Joras Hand. Vor Zorn und Schmerz stöhnte die Frau auf, während sie in die Knie und endlich vornübersank. Die Welt um sie herum, düster und voller pelziger Schatten, stinkend nach Aas und Blut, ließ sich nicht mehr greifen und entglitt ihren Sinnen.

Die hünenhafte Thorwalerin spürte den feuchten Farn unter ihrer Wange und schließlich nur noch den Schmerz ihres geschundenen Körpers. Am Rande nahm sie noch die Bedrohung durch Krallen und Fänge der widernatürlichen Kreatur wahr. Haß und Mordlust schlugen ihr entgegen, vernehmlicher als das leise Tropfen des Regens auf den Blättern um sie herum, fühlbarer als die Kühle des dämmernden Sommertages.

Jora Eddasdottir fürchtete den Tod nicht und hatte keine Angst vor der Kreatur, die dunkel und stumm ihrem Sterben zusah; aber sie fürchtete sich davor, hier zu sterben, allein irgendwo in den Wäldern des Svellt, fremd, vergessen, einsam.

»O Gott, Swafnir! Hilf!«

Ihr mühsames Lachen schmerzte und tat so unendlich weh wie ihre tastenden Finger. Sie fühlte den vor Blut feuchten Griff ihrer Axt.

Es lauerte, wartete. Es wartete auf ihren Tod, obwohl es kaum mehr eines leichten Hiebes scharfer Krallen bedurfte, um sie endgültig zu töten.

Jora schloß die brennenden Augen und schloß die schmerzenden Finger um das Holz der Axt. Bei Rondra! flehte sie stumm, während auch die letzte Kraft aus ihr wich. Borons Vergessen flutete über ihr zusammen wie ewiges, schweigendes Meer.

»He, alter Waldläufer! Du könntest ruhig etwas mehr Begeisterung zeigen!«

Jelindraél Feenlicht sah im Gehen spöttisch zu Tjalf Sturmlied zurück. »Wofür sollte ich mich begeistern?« erkundigte der Elf sich.

»Du könntest ... mitsingen?«

Jelindraél lachte. »Bei deinem Orkangesang wird mein Zirpen kein noch so hellhöriges Ohr erreichen«, entgegnete er. »Und es reicht völlig, wenn du mit deinem Gesang das Wild verschreckst.« Der Elf wartete, bis der Mann auf dem schmalen Waldpfad zu ihm aufgeschlossen hatte. Er war Tjalfs lauten, vollen und – für einen Menschen – durchaus melodischen Gesang längst gewohnt und ertrug ihn mit elfischer Langmut. Der Hüne mit dem langen rotblonden Haar, das, in zwei schwere Zöpfe geflochten, den krausen, dichten Bart einrahmte, bezeichnete sich als Skalde, als fahrenden Thorwaler Sänger. Er verstand sich nicht nur auf den Umgang mit Streitaxt und Säbel, sondern auch aufs Lautenspiel. Doch obwohl der Freund seine Laute ebenso pflegte und weitaus häufiger nutzte als seine Waffen, war seine Kunst des Musizierens wahrlich nicht von elfischer Art.

»In diesem verhexten Wald gibt es kein Wild. Auch ohne meinen ›Orkangesang‹ nicht«, knurrte Tjalf, während sie weiterwanderten. Er war gut zwei Schritt groß und schaute dem ungleich schmaleren, blonden Elfen in die lichtgrünen Augen.

Der Elf nickte. »Wir sind wohl noch eine Stunde von Tiefhusen entfernt«, schätzte der Thorwaler, »zu weit, als daß die Menschen von dort die Tiere hätten derart vergrämen können.«

»Ich denke nicht, daß es die Menschen sind, die ... – Was ist?«

»Bei Swafnir!« entfuhr es Tjalf Sturmlied erschrocken. Sein Blick war auf eine Stelle neben dem Pfad gerichtet, wo blühendes Dornengestrüpp und mannshoher Farn zwischen hohen Ifirnstannen wucherte. Er zog seinen Säbel.

Jelindraél sah die regungslos und fast verborgen im Farn liegende Gestalt und das Blut, das zerrissene Kleider und den Waldboden tränkte. Wie lauschend hob er die Hände hinter die schlanken, spitz aus dem glatten, langen Haar hervorschauenden Ohren und besann sich einige Augenblicke. Dann schüttelte der Elf den Kopf. »Hier ist niemand mehr«, erklärte er, trat zu dem Menschen und kniete sich neben den Körper. Der Elf tastete mit schmalen, geschickten Händen über zerfetzten Stoff, geschlitztes Leder und blutige Ketten, über die kaum mehr blutenden, obwohl sichtlich frischen Wunden, über blasse Haut und dunkle Prellungen. »Sie lebt noch«, stellte er fest, »aber sie stirbt.« Er schaute zu Tjalf, der den Säbel zurück gesteckt und auf diese Worte gewartet hatte. »Du glaubst, daß sie Thorwalerin ist?« fragte der Elf. Die blonden Zöpfe, mehr noch die sichtbaren Hautbilder, sprachen zusammen mit der hochgewachsenen, starken Gestalt deutlich von ihrer Herkunft.

Der Skalde nickte und hockte sich zu der übel zugerichteten Frau. Sanft strich er gelöstes Haar aus dem sich wie an den Boden schmiegenden Gesicht und suchte in den stillen, blutverschmierten Zügen nach Vertrautem. Dann betrachtete er die blutige Axt in ihrer rechten Hand und schob einen Riß in ihrem Hemdenärmel höher, um das Hautbild ihrer Otta auf dem Oberarm erkennen zu können. Es zeigte einen Säbel und eine Axt in einem Kreis aus tanzenden Delphinen; ein in seiner Buntheit seltsam fröhlich wirkendes Bild unter den tiefen, wie von Krallen geschlagenen, blutigen Striemen, die die Haut des Armes zierten. Jelindraél ließ den Freund gewähren, obwohl er wußte, daß die Zeit drängte, wenn er dieses Leben retten wollte.

»Die Wellenbrecherottajasko«, sagte Tjalf schließlich. Er sah auf und suchte den Blick des Elfen. »Kannst du ihr helfen?«

»Ich kann verhindern, daß sie sofort stirbt, aber hier im Wald vermag ich kaum mehr. Wieviel Gold hast du noch?«

»Vierzig Dukaten – und die Steine.«

»Ja, die Steine.« Jelindraél nickte, während er sein Hemd in Streifen riß. »Sie braucht ein trockenes, warmes Bett und Kräuter, die hier nicht wachsen.«

Tjalf sah dem Freund zu, wie er geschickt und behutsam die Wunden der Thorwalerin verband. »Hast du kein Wirselkraut mehr? Oder Einbeere?« fragte er.

»Doch. Aber das wird nicht reichen. – Hier war etwas anderes als nur ein wildes Tier am Werk.«

Als die Praiosscheibe draußen hinter dem Horizont versank, flößte Jelindraél Feenlicht der im Bett der kleinen Mietsstube liegenden und immer noch ohnmächtigen Thorwalerin einen rotbraunen, dampfenden Sud aus Atanax, Finage und Alraune ein. Er hatte ihr die zerrissenen, schmutzigen Kleider vom Leib geschnitten und gezogen (Tjalf hatte ihm bei dem langen Kettenhemd zur Hand gehen müssen) und die Wunden gesäubert, die er nun mit gewebten Leinenstreifen verband. Die breiten, saftigen Blätter des Roten Drachenschlundes legte der Elf auf die Wunden. Er band sie fest zwischen diesen und dem Leinen ein, damit die heilsamen Essenzen der Pflanze ihre Wirkung tun konnten.

Tjalf Sturmlied saß auf der Bank eines schmalen, offenen Fensters. Er hatte keinen Blick für die letzten rotgoldenen Strahlen der Praiosscheibe auf den spitzen Dächern und Giebeln Tiefhusens, sondern sah dem Elfen zu. Die Laute in seinen Händen brachte ab und zu einen hellen, leisen Ton hervor, der wie zufällig in die Stille des Raumes fiel, in die sonst nur das Rumpeln der Karren und die Schritte und Stimmen der Menschen und Orks von der nahen Straße drang. Irgendwo in einem Baum des Hofes hinter der Herberge sang ein Vogel. Das Tier schien auf die Laute zu lauschen und zu antworten. Die kaum eine Melodie ergebenden, einzelnen Töne spiegelten die Gefühle des Skalden weit eher als sein unbewegtes Gesicht wider, auch wenn er kaum wußte, was seine Hände taten. »Ein Vermögen hat das Grünzeug gekostet«, murmelte er. »Ich hoffe, du weißt, was du tust.«

Der Elf nickte, ohne seine Arbeit zu unterbrechen. »Ich weiß, was ich tue«, erklärte er geduldig.

»Wer hat sie wohl so zugerichtet? Wölfe? Aber im Praios?«

»Werwölfe«, antwortete der Elf, »vielleicht auch nur ein einziger.«

Tjalf lachte rauh auf.

»Jetzt weiß ich wenigstens, warum die Kräuterfrau so entsetzt war.«

Jelindraél erhob sich. »Sie wird nicht mehr lange schlafen«, sagte er, »und sie wird Schmerzen haben. Wir sollten abwechselnd wachen.«

»Ich habe die Wirtin gebeten, unser Abendbrot heraufbringen zu lassen. Ich befürchte, die gute Maline denkt, wir hätten ihr zumindest die Zorgan-Pocken eingeschleppt.«

»Womit sie nicht gar so unrecht hat«, entgegnete der Elf. Er breitete sorgsam eine wollene Decke über den nackten, geschundenen Körper der jungen Frau. Mit einem nachdenklichen Blick fragte er: »Sie ist wohl das, was du ›schön‹ nennst?«

Der Skalde grinste. »Ohne all die Scharten und Verbände ... ja«, gab er zu, »aber eine Thorwalerin muß nicht ›schön‹ sein. Eure Elfenfrauen sind schöner. Sie gefällt mir, weil sie ... echter ist.«

Jelindraél Feenlicht lachte. »Alter Thorwaler! Ich denke, du suchst eine Frau, die dir die Axt nachwirft, wenn du die Schuhe nicht vor der Türschwelle ausgezogen hast!« spottete er sanft.

»Ich suche gar keine Frau«, knurrte Tjalf Sturmlied.

»Na?« Der Elf lächelte. Und ernsthaft fügt er hinzu: »Sie wird es überleben, Tjalf. Sie ist stark genug.«

Die Wirtin des Nordlichts, Maline Melders selbst, brachte ihnen Brot, Käse und eine Kanne heißen Tees auf die Schlafstube. Die schmale, rüstige Fünfzigjährige, die das weiße Haar kurz und keck geschnitten trug, begnügte sich mit einem flüchtigen Blick auf die ruhig schlafende Kranke, fragte nach weiteren Begehren ihrer Gäste und wünschte schließlich eine von Boron gesegnete Nacht. Nachdem sie gegessen hatten, legte sich Jelindraél Feenlicht zur Nachtruhe nieder, während Tjalf die erste Krankenwache übernahm.

Der Skalde schloß das Fenster bis auf einen schmalen Spalt und drehte die...


Gun-Britt Trödter (*14.02.1967) ist eine deutsche Fantasyautorin, die sich während ihres Studiums der Humanmedizin mit Lektoratsarbeiten etwas hinzuverdiente. 1998 erschien ihr erster Roman und sie hat als Redaktionsmitglied an zahlreichen Spielhilfen, Themen- und Regionalbänden zum Rollenspiel „Das Schwarze Auge" mitgewirkt. Inzwischen arbeitet sie als Fachärztin für Allgemeinmedizin und lebt mit Mann und Kind in Schwerte.



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