Torossi | Warum Tante Iphigenia mir einen Koch schenkte | E-Book | www.sack.de
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E-Book, Deutsch, 256 Seiten

Torossi Warum Tante Iphigenia mir einen Koch schenkte


2. Auflage 2016
ISBN: 978-3-7844-8207-1
Verlag: Langen-Müller
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

E-Book, Deutsch, 256 Seiten

ISBN: 978-3-7844-8207-1
Verlag: Langen-Müller
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Das Buch zur Kultsendung "Notizbuch kulinarisch". Mit kreativen Rezepten!

Wenn sie sich treffen, wird gekocht - und erzählt: Während Eleanas kochbegeisterte Tanten Pinelopi, Afroditi, Iphigenia und Ourania immer skurrilere Geschichten und Gerichte auftischen, versuchen sie nebenher, Eleana zu verkuppeln - mit ungeahnten Konsequenzen. Denn der Koch, den die Tanten als Überraschung für ihre Nichte mieten, stellt sich als bildhübscher Italiener heraus - der nicht nur Eleanas Leben ziemlich auf den Kopf stellt.

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Meine Tanten und ich Ich erzähle gerne Geschichten; Geschichten von besonderen Menschen, die mich berühren, mich begeistern, meine Phantasie beflügeln. Ich habe einmal über einen Fischer geschrieben, der aus Chalkidiki zu Fuß nach München kam, dreißig Jahre lang im Akkord arbeitete und sich dann eines Tages auf sein Fahrrad schwang und in seine Heimat zurückkehrte. Ich habe auch über einen Mann geschrieben, der in einem grauen Vorort Frankfurts aus lauter Melancholie eine bunte Konditorei mit dreistöckigen Hochzeitstorten eröffnete. In die Vitrinen stellte er bunte Süßigkeiten, dann inszenierte er auf dem obersten Stock seiner höchsten Hochzeitstorte eine bunte Hochzeit. Da war auch die Geschichte der Frau, die unentwegt Kinderbücher las, bis sie auf dem Rücken eines chinesischen Tigers in ein Buch sprang und sich auf und davon machte. Es gibt viel, worüber ich schon geschrieben habe und noch schreiben möchte. Aber jetzt ist es vor allem an der Zeit, über meine Tanten zu schreiben, die viel gereist sind, überall und nirgends eine Heimat haben, pausenlos mit Speisen experimentieren und mich ständig bekochen und verheiraten wollen. Meine Familie ist, ähnlich wie Odysseus, seit Jahrhunderten ein großer Meister im Wandern und Auswandern. Mittlerweile haben wir in Griechenland, der Türkei, Italien, Spanien, Deutschland und Amerika Wurzeln geschlagen. Die alten Geschichten dieser Länder, vor allem aber der Duft der Kräuter und der Geschmack der verschiedenen Gerichte verbinden uns. Auch die ganz speziellen Klänge, die wir in unseren Küchen erzeugen, wenn wir dort umherschwirren, schaffen ein gemeinsames Bewusstsein: Die Schläge im großen Messingmörser zum Beispiel klingen wie die Glocken der Meteora-Klöster und erinnern mich an meine Großmutter Eleni, wenn sie die Fischrogen für den Taramosalata zerdrückte. Bei uns heißt es: »Liebe geht durch den Magen.« Meine Tanten lieben es, anderen ihre sinnlichen, saftigen Gerichte aus dem Mittelmeerraum vorzustellen, und sie erzählen, dass alle Menschen dort, von der kleinasiatischen Küste bis zu den Herakleischen Säulen von Gibraltar, eine einzige große Familie seien. Diese Familie hat sich inzwischen auf ganz Europa ausgedehnt und so ein riesiges kulinarisches Wissen angehäuft: Aus dem Osten brachte sie die goldenen Äpfel der Hesperiden und die exotischen Gewürze mit, aus dem Süden, dem großen Garten der Sonne, das Olivenöl, die Feigen und die heilenden Kräuter, und aus dem Westen die Kunst der Zubereitung köstlicher Mittelmeerfische. Die Spuren meiner Familie väterlicherseits sind seit über zweitausend Jahren in Kappadokien zu finden, heute ein Teil der Türkei. Vor zwei Jahrhunderten zog mein Ururgroßvater Andronikos, ein frommer Mann und Lehrer der griechischen Sprache, vom kappadokischen Sinasos nach Istanbul. Mit der Zeit holte er seine ganze Sippe dorthin nach. In der großen Stadt am Bosporus versprachen sie sich ein besseres Leben und Andronikos lehrte wieder Griechisch. Mein Urgroßvater Theofilos, Sohn von Andronikos, wurde zum Studieren nach Wien und Leipzig geschickt und diente nach seiner Rückkehr als Sekretär des Sultans im Topkapi-Palast. Theofilos’ Bruder Agissilaos wurde um das Jahr 1874 als junger Mann nach Altona bei Hamburg gesandt, wo er sich mit dem Salzen von Fischen aller Art befasste. Er kehrte nach Istanbul zurück, gründete eine Fischsalzerei und betrieb später Handel mit Kaviar aus dem Schwarzen Meer. Beide Brüder liebten die deutsche Sprache und Kultur und wollten sie auch ihren Kindern und Enkeln vermitteln. Mein Großvater Georgios, Sohn von Theofilos, wurde 1918, gleich nach dem Ersten Weltkrieg, nach München geschickt, um an der Technischen Hochschule Maschinenbau zu studieren. Später spezialisierte er sich an der Universität in Rostock auf Schiffstechnik und arbeitete einige Jahre am Hamburger Hafen. Als er 1928 nach Istanbul zurückkehrte, waren die meisten Istanbuler Griechen im Zuge des großen Bevölkerungsaustausches zwischen Griechenland und der Türkei schon aus der Stadt weggezogen, wie auch ein Teil unserer Familie. Georgios blieb, heiratete meine Großmutter und Namensgeberin Eleni und sprach immer von seinem Deutschland, weshalb auch meine Mutter und meine Tanten das Österreichische Gymnasium Sankt Georg in Istanbul besuchten. Mein Großvater war sehr stolz auf seine drei Töchter, die in ihrer Jugend bekannt waren für ihre Eleganz, aber auch dafür, dass sie aus Goethes »Faust« zitieren konnten. Seine älteste Tochter Aspasia, meine Mutter, verließ Istanbul im Jahr 1954, mit 22 Jahren, und zog nach Athen. Dort heiratete sie meinen Vater Lukas, der als Steuerberater arbeitete. Später eröffnete sie einen kleinen Hutladen und mit der Zeit wurde sie eine der bekanntesten Hutmacherinnen der griechischen Hauptstadt. Als ich geboren wurde, gab sie mir den Namen ihrer Mutter, Eleni, und auch den Namen einer früh verstorbenen Schwester meiner Großmutter, Anna. Sie nannte mich also Eleana. Nach der Schule saß ich meistens in einer Ecke ihres Ladens und machte meine Hausaufgaben. Durch diesen Laden war meine Mutter zum Glück finanziell unabhängig, denn mein Vater machte eine Menge Steuerschulden und musste schließlich flüchten. Er übersiedelte mit einer neuen Frau nach Zypern und später von dort nach Kanada. Meine Mutter, die sehr attraktiv war und elegante Kleidung liebte, hatte viele Gelegenheiten, andere Männer kennenzulernen. Aber sie war zu stark und zu gescheit, um einen neuen Mann neben sich zu akzeptieren. Ihre Arroganz und ihr ironischer Witz hielten jeden, der ihr den Hof machte, ganz schnell wieder fern. »Pfff!«, rief sie und zuckte mit den Schultern. »Soll er doch bleiben, wo der Pfeffer wächst! Dort findet er vielleicht ein Weibchen, das ihm seine Pfeffersuppe kocht!«, lachte sie giftig. Irgendwie war meine Mutter durch den Abgang meines Vaters zutiefst getroffen. Und dann war ich auch noch weg. Anfangs besuchte sie mich oft in München, aber aufgrund ihrer zunehmenden Steifheit hatte ich heftige Gewissensbisse und unsere Beziehung war sehr angespannt. Sie starb vor fünf Jahren an einem plötzlichen Herzinfarkt, obwohl sie eigentlich noch jung war. Tante Iphigenia, die zweitälteste der drei Schwestern, ist mein Schutzengel, weil sie sich um mich am meisten Sorgen macht. Rotblond, schlank und groß, bei uns allen für ihre kulinarischen Frechheiten bekannt, ist sie heute 73 Jahre alt, immer gut informiert und ebenso gut gelaunt. Sie lebt mit ihrem Mann, Onkel Yusuf, einem libanesischen Arzt, in Venedig. Ihre acht Jahre jüngere Schwester Afroditi war schon immer sehr extravagant und künstlerisch angehaucht. Ihr Markenzeichen sind ihre weißen Haare mit blauen Strähnen. Sie lebt mit ihrer Tochter Savina in Cazorla in Andalusien, wo sie ein kleines Restaurant betreibt. Dort kreiert sie besonders erlesene Köstlichkeiten. Meine Tante Pinelopi ist eine Cousine meiner Mutter. Sie ist mit ihren 77 Jahren die Älteste in unserer Familie und arbeitete viele Jahre als Deutschlehrerin am Deutschen Gymnasium in Athen. Seit fünfzehn Jahren wohnt sie mit ihrem deutschen Mann, Onkel Manfred, einem Archäologen, auf Korfu. Ihre zwei Kinder, Petros und Amalia, haben in Amerika studiert und arbeiten heute in Kalifornien und Michigan. Seit beide vor einigen Jahren in Rente gingen, beschäftigen sich Tante Pinelopi und Onkel Manfred mit der Erforschung und Züchtung von Kräutern und Gemüsearten aus der Antike. Auf Korfu sind sie inzwischen sehr bekannt – wegen ihrer Kräuter, aber vor allem wegen der lila schimmernden Haare meiner Tante. Tante Ourania ist die andere Cousine meiner Mutter. Ihr Vater Charilaos und ihre Mutter Eugenia, Schwester meines Großvaters Georgios, zogen in den Dreißigerjahren nach Thessaloniki und eröffneten dort ein Geschäft mit Ersatzteilen für kleine und größere Schiffe. Tante Ourania ist wunderbar bodenständig und dazu eine ausgezeichnete Hausfrau. Sie ist jünger als die anderen, so um die 60, brünett mit einigen weißen Haaren, klein und ziemlich rundlich. Ich nenne sie zärtlich »Honignudel« und sie ziert sich etwas, aber ich denke, es gefällt ihr. Mit ihrem Mann Theofilos, einem studierten Bauingenieur, lebt sie heute in Nürnberg. Er ist auf dem Berg Olymp nahe der Ostküste Griechenlands aufgewachsen und hütete schon als Kind die Schafe seiner Familie, weshalb er eine Vorliebe fürs Grillen und Braten hat. Als die beiden vor dreißig Jahren nach Deutschland kamen, sprachen sie kaum Deutsch. Sie ließen sich in Düsseldorf nieder, aber da es damals eine gewaltige Krise in der Baubranche gab, eröffnete Onkel Theofilos eine Spieß- und Rippchenbraterei, die sehr erfolgreich war. Später zogen sie nach Nürnberg, eröffneten wieder ein Lokal, boten Grillhähnchen an und nannten sie »Aristophanes’ Knuspervögel«. Als Tante Pinelopi und Onkel Manfred sie einmal besuchten und dieses Schild über dem Lokal sahen, traf sie beinahe der Schlag. Der Name der Grillbraterei war für sie eine große Beleidigung der griechischen Kultur. Sie verlangten, im Namen der Familie natürlich, dass das Schild sofort entfernt werden müsse, und redeten so lange auf Ourania und Theofilos ein, bis sie es tatsächlich abnahmen. Jetzt steht dort: »Theofilos’ Rippchen- und Lämmchenbraterei«. Denn inzwischen bieten sie nicht nur Brathähnchen, sondern auch Rippchen, Nürnberger Bratwürste und Lammkoteletts an. »Wir kombinieren die Tradition der Nürnberger Rostbratwurst mit der des homerischen gegrillten Lamms und der griechischen Souvlaki-Spießchen«, dichtete Onkel Manfred für die Speisekarte der Braterei – und Onkel Theofilos war zufrieden. Und ich? Ich erzähle eben gerne...


Eleni Torossi, geboren in Athen, lebt seit über 35 Jahren in München. Sie kam nach Deutschland, um zu studieren, und begann früh beim BR zu arbeiten: Sie schrieb Berichte für die griechische Sendung, Kindergeschichten für den Kinderfunk und interkulturelle Geschichten für den Familienfunk. Ihre Sendung "Notizbuch kulinarisch" (jeden Freitag kurz vor 12.00 Uhr auf Bayern 2) lieferte die Vorlage für ihr Buch "Warum Tante Iphigenia mir einen Koch schenkte". 2009 erhielt Eleni Torossi das Bundesverdienstkreuz.



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