E-Book, Deutsch, Band 710, 64 Seiten
Treuberg Die Welt der Hedwig Courths-Mahler 710
1. Auflage 2024
ISBN: 978-3-7517-6694-4
Verlag: Bastei Lübbe
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection
Die Leiden einer verstoßenen Waise
E-Book, Deutsch, Band 710, 64 Seiten
Reihe: Die Welt der Hedwig Courths-Mahler
ISBN: 978-3-7517-6694-4
Verlag: Bastei Lübbe
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection
Mit tränenden Augen schaut Susanne aus dem Fenster der Bibliothek in den Park und lässt die jüngsten Ereignisse Revue passieren ...
Zuerst der tragische Unfalltod ihrer geliebten Eltern, worauf Susanne allein und mittellos zurückblieb. Dann ihre angestrengte Suche nach einer Arbeit, um sich ihren Lebensunterhalt zu verdienen. Doch als wäre sie vom Pech verfolgt, verlor sie durch unglückliche Umstände nach kurzer Zeit eine Stellung nach der anderen. Und schließlich verliebte sie sich auch noch ausgerechnet in einen Mann, der längst einer anderen versprochen war.
Nun ist sie hier in diesem einsamen Schloss als Gesellschafterin eines schrulligen alten Mannes gelandet, ohne die geringste Chance, den Liebsten jemals wiederzusehen ...
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Die Leiden einer verstoßenen Waise
Meisterlich erzählter Roman um die erwachende Liebe eines einsamen Mädchenherzens
Mit tränenden Augen schaut Susanne aus dem Fenster der Bibliothek in den Park und lässt die jüngsten Ereignisse Revue passieren ...
Zuerst der tragische Unfalltod ihrer geliebten Eltern, worauf Susanne allein und mittellos zurückblieb. Dann ihre angestrengte Suche nach einer Arbeit, um sich ihren Lebensunterhalt zu verdienen. Doch als wäre sie vom Pech verfolgt, verlor sie durch unglückliche Umstände nach kurzer Zeit eine Stellung nach der anderen. Und schließlich verliebte sie sich auch noch ausgerechnet in einen Mann, der längst einer anderen versprochen war.
Nun ist sie hier in diesem einsamen Schloss als Gesellschafterin eines schrulligen alten Mannes gelandet, ohne die geringste Chance, den Liebsten jemals wiederzusehen ...
Kammersänger Georg Kiesing, stand auf einer glänzenden Messingplatte.
Susanne drückte zögernd auf den Klingelknopf. Wie selbstverständlich hatte sie hier früher Einlass begehrt, stets gewiss, willkommen zu sein. Seit den letzten Ereignissen war sie unsicher geworden. Sie fürchtete sich vor den Menschen, weil ihr die, die ihr vor Kurzem noch scheinbar Freund gewesen waren, plötzlich so fremd begegneten.
Was würde in diesem Hause auf sie warten?
Der Kammersänger war im Hause ihrer Eltern ein und aus gegangen und hatte sich einen Freund ihres Vaters genannt. Ob seine Freundschaft die einzige sein würde, die alle Schicksalsschläge überdauerte?
Mit klopfendem Herzen durchquerte Susanne den Vorgarten. Aus dem Haus klangen Tonleitern. Der Kammersänger sang sich ein. Susanne wurde zuvorkommend empfangen, und der Diener erbot sich, sie sogleich anzumelden.
Sekunden später schon kam Herr Kiesing mit ausgebreiteten Armen auf Susanne zu.
»Meine liebe Susanne!« Er zog sie an seine breite Brust. »Ich kann dir nicht sagen, wie sehr mich der Verlust schmerzt, der dich getroffen hat. Ich brauche dir nicht zu sagen, dass dein Vater mein bester Freund war.«
In theatralischem Ton erklärte er sein Bedauern, dass er der Beisetzung nicht habe beiwohnen zu können.
»Meine Verpflichtungen hielten mich fern. Gestern Abend bin ich von einer Tournee gekommen. Schrecklich, beide Eltern bei einem Flugzeugunglück zu verlieren. Ich hätte dich heute Nachmittag besucht. Schön, dass du zu mir gekommen bist, Susanne. Was darf ich dir zu trinken anbieten?«
»Danke, ich möchte nichts, Onkel Georg.«
»Komm, setz dich zu mir und erzähl mir, was du anfängst.«
»Es geht mir nicht gut«, gestand sie zögernd.
»Das kann ich mir denken. Ganz elend kann einem werden bei dem Gedanken, dass Viktoria und Hasso nicht mehr sind.«
»Und das ist nicht mein einziges Unglück, Onkel Georg.« Susanne senkte den Kopf.
»Nicht?« Er sah sie verwundert an.
»Meine Eltern waren nicht versichert, ich bin mittellos. Ich muss das Haus verlassen und alles verkaufen, was mir geblieben ist, damit ich die Schulden bezahlen kann. Ich weiß nicht, was werden soll. Doktor Velbach hat mir geraten, eine Arbeit anzunehmen. Aber ich finde mich nicht zurecht. Könntest du mir nicht helfen?«
Herr Kiesing sah sie verdutzt an.
»Eine Arbeit zu finden?« Er schüttelte den Kopf. »Nein, mein Kind, wie sollte ich das machen? Außerdem stehe ich auf dem Standpunkt, dass eine Frau ins Haus gehört und heiraten sollte. Die Männer werden sich um dich reißen.« Er lachte und klopfte ihr auf die Schulter. »Wenn ich zwanzig Jahre jünger wäre ...« Er wiegte den Kopf »... wer weiß, wer weiß.«
Der Mann lachte wie über einen guten Witz. Doch Susanne war es nicht zum Lachen zumute. Gern hätte sie ihn gefragt, wovon sie bis zu einer eventuellen Heirat leben sollte. Doch sie war zu stolz, noch weiter in ihn zu dringen. Zu sehr schon hatte sie sich gedemütigt und ihr Leid preisgegeben.
Da brach Herr Kiesing selbst auch schon die Unterredung ab.
»Es tut mir leid, Susanne, dass ich mich schon von dir verabschieden muss. Ich war gerade im Begriff, zu den Proben zu fahren. Wenn du Zeit hast, warte auf mich. Wir können dann zusammen essen.«
»Danke, das ist sehr liebenswürdig, Onkel Georg, aber ich kann leider nicht warten. Ich bin zu sehr beschäftigt«, log sie.
»Wie du meinst, Susanne.« Herr Kiesing läutete nach seinem Diener. »Meinen Wagen. Ich fahre aus.«
»Sehr wohl, Herr Kammersänger.« Der Diener verneigte sich.
»Kann ich dich irgendwo absetzen, Susanne?« Herr Kiesing blätterte in seinen Noten.
»Danke, nein. Ich habe hier gleich in der Nähe noch eine Besorgung zu machen.«
»Schade. Aber komm recht bald wieder. Und wenn du umziehst, lass mich deine neue Adresse wissen, damit ich dich manchmal besuchen kann.«
Herr Kiesing reichte Susanne die Hand.
»Auf Wiedersehen, Onkel Georg.«
Susanne wandte sich schnell ab und lief aus dem Raum. Ihre ganze Hoffnung hatte sie auf ihn gesetzt, doch vergebens.
???
Jean stellte seinen Koffer ab und trat auf Susanne Carsten zu.
»Sie wollen gehen, Jean?« Susanne lächelte ihm freundlich zu.
»Jawohl, gnädiges Fräulein. Mein Zug geht um zwölf Uhr zehn.«
»Dann wünsche ich Ihnen eine gute Reise, Jean. Und haben Sie Dank für alles, was Sie für meine Eltern und für mich getan haben. Sie waren der gute Geist unseres Hauses.«
»Ihre Worte machen mich sehr glücklich, gnädiges Fräulein. Ich muss gestehen, ich gehe nur ungern. Aber da Sie das Haus aufgeben, verstehe ich natürlich, dass ich nicht mehr gebraucht werde. Ich wünsche Ihnen alles Gute.«
»Danke, Jean.« Susanne reichte ihm die Hand. »Auch Ihnen alles Gute, Jean.«
»Verbindlichsten Dank.« Jean verneigte sich leicht.
Es läutete.
»Wenn Sie gestatten, gnädiges Fräulein, werde ich nachsehen«, erbot sich Jean.
»Nein, lassen Sie nur, Jean. Ich werde mich ohnedies jetzt daran gewöhnen müssen, alles selbst zu tun. Gehen Sie, damit Sie Ihren Zug nicht versäumen.«
»Wie Sie wünschen, gnädiges Fräulein.« Jean verneigte sich erneut und ging zur Küchentür, um durch den Dienstbotenausgang das Haus zu verlassen.
Susanne blickte unschlüssig zur Haustür. Wer würde sie besuchen? Noch ein Gläubiger?
Es läutete zum zweiten Male.
Zögernd näherte sie sich der Tür und öffnete.
Herr Weidlich vom Modesalon »Madame« stand vor ihr.
Was konnte er von ihr wollen? Er war noch nie hier gewesen.
»Guten Tag, gnädiges Fräulein«, sagte er. »Ich komme ungelegen? Sie wollten gerade ausgehen?«
Susanne errötete. Diese Begegnung war ihr außerordentlich peinlich, aber vermutlich würde es nicht ihre letzte unangenehme Begegnung sein.
»Ich wollte nicht ausgehen«, entgegnete sie tapfer. »Ich bin genötigt, Ihnen selbst die Tür zu öffnen, weil mein Personal das Haus bereits verlassen hat.«
Also doch, dachte Herr Weidlich, stellte sich jedoch noch unwissend.
»Sie belieben zu scherzen?« Er lächelte.
Susanne hatte ihn mit einer Handbewegung aufgefordert, näher zu treten.
»Mir ist nicht zum Scherzen zumute.«
»Wie darf ich das verstehen?«
»Falls es sich noch nicht bis zu Ihnen herumgesprochen haben sollte, ich bin gezwungen, das Haus aufzugeben und für meinen Lebensunterhalt zu arbeiten.«
»Oh«, entfuhr es Herrn Weidlich, »das tut mir leid. Übrigens, spielen Sie Klavier?«
Er sah die Noten auf dem Flügel.
»Ich singe.«
»Ja, ich verstehe, bei diesen Eltern.«
Der Besitzer des Modesalons räusperte sich.
»Äh, ich ... ich ... hätte ein bestimmtes Anliegen«, sagte er dann.
Er wusste sehr genau, wie es um Susannes wirtschaftliche Sicherheit bestellt war.
»Haben Sie schon eine Anstellung?« Susanne wich dem forschenden Blick des Modehausbesitzers aus.
»Nein, und es ist gar nicht so leicht für mich, etwas zu finden.«
»Ich wüsste etwas für Sie. Ich weiß natürlich nicht, ob Sie mein Angebot annehmen werden.«
»Ich habe keine andere Wahl«, bekannte Susanne ehrlich.
»Dann werden wir uns wohl einig werden. Bitte, stehen Sie einmal auf und gehen Sie ein paar Schritte.«
Susanne tat, was er von ihr verlangte.
Herr Weidlich musterte sie eingehend von oben bis unten.
»Ihre Figur ist ausgezeichnet. Sie haben gut geformte Beine. Hübsch und gepflegt sind Sie auch. Wollen Sie bei mir als Mannequin arbeiten?«
»Als Mannequin?«, fragte Susanne bestürzt. Sie dachte daran, dass sie dann für alle ehemaligen Freundinnen und Bekannten ihrer Mutter Kleider vorführen müsste und wie sie auf sie herabblicken würden.
Aber tat man das nicht jetzt schon?
»Ich meine,...




