Troidl | Altlasten im Baurecht | E-Book | www.sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, 150 Seiten

Troidl Altlasten im Baurecht

Leitfaden für Behörden und Kommunen sowie Rechtsanwälte
1. Auflage 2024
ISBN: 978-3-17-043814-9
Verlag: Kohlhammer
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

Leitfaden für Behörden und Kommunen sowie Rechtsanwälte

E-Book, Deutsch, 150 Seiten

ISBN: 978-3-17-043814-9
Verlag: Kohlhammer
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Vor dem Hintergrund steigender Bautätigkeit, insbesondere in bisher unbeachteten Ortslagen, führen Altlastengrundstücke häufig bereits bei der Bebauungsplanung zu Schwierigkeiten auf Seiten der damit befassten Behörden. Je nach Art der Altlast ergeben sich viele Fragen der Verantwortlichkeit und Konsequenzen hieraus. Umgekehrt warten für die planende Kommune unzählige Grundstücke 'mit Vergangenheit' auf ihre Entwicklung ('Flächenrecycling'). Diese Arbeitshilfe greift das Thema Altlasten im Bauplanungs- und Genehmigungsverfahren kompakt und fundiert auf und zeigt die Verzahnungen der einzelnen Rechtsgebiete (u.a. Baurecht, Abfallrecht, Bodenschutzrecht mit & neuer & Bundesbodenschutz- und Altlastenverordnung, Amtshaftung und Aufwendungsersatzansprüche, Immissionsschutzrecht und Umweltschadensrecht, Insolvenzrecht und Entschädigungsfragen, Umweltinformationsgesetz und Datenschutz) in der Praxis auf. Viele Tipps und praktische Beispiele erleichtern das Verständnis. Zahlreiche Beispiele aus der Rechtsprechung helfen den Altlastenfall rechtssicher und 'gerichtstauglich' zu bearbeiten.

Dr. Thomas Troidl, Rechtsanwalt, Fachanwalt für Verwaltungsrecht, Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht.
Troidl Altlasten im Baurecht jetzt bestellen!

Autoren/Hrsg.


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2. TeilÖffentlich-rechtliche Verantwortlichkeit


1. KapitelBundes-Bodenschutzgesetz


I.Zweck (§ 1 BBodSchG)


1.Sicherung oder Wiederherstellung der Multifunktionalität des Bodens

11Laut dessen § 1 bezweckt das Bundes-Bodenschutzgesetz, nachhaltig die Funktionen des Bodens zu sichern oder wiederherzustellen. Hierzu sind schädliche Bodenveränderungen abzuwehren, der Boden und Altlasten sowie hierdurch verursachte Gewässerverunreinigungen zu sanieren und Vorsorge gegen nachteilige Einwirkungen auf den Boden zu treffen. Bei Einwirkungen auf den Boden sollen Beeinträchtigungen seiner natürlichen Funktionen sowie seiner Funktion als Archiv der Natur- und Kulturgeschichte so weit wie möglich vermieden werden.

Der Zweck des Bodenschutzes nach dem gleichnamigen Bundesgesetz besteht damit in der Sicherung bzw. Wiederherstellung der Multifunktionalität des Bodens. Hieraus lassen sich folgende Handlungsziele ableiten:

–  mit Blick in die Vergangenheit: die Sanierung von Boden und Altlasten sowie hierdurch verursachten Gewässerverunreinigungen;

–  sozusagen gegenwärtig: die Abwehr von schädlichen Bodenveränderungen;

–  schließlich mit Blick in Richtung Zukunft: die Vorsorge gegen nachteilige Einwirkungen auf den Boden.

2.Gefahrenabwehrrechtliche Struktur

12Wie (u.?a.) das VG Regensburg mit Urteil vom 22.11.2010 – RO 09.00083 – festgestellt hat, weist das Bundes-Bodenschutzgesetz hierzu eine gefahrenabwehrrechtliche Struktur auf (vgl. die Begriffsbestimmung der „Altlast“ in § 2 Abs. 5 BBodSchG, s.?o. Rn. 1?f.: „Gefahren“).

Beispiel aus der Rechtsprechung: VG Regensburg Urteil vom 22.11.2010 – RO 09.00083 (Leitsatz 4)

Das Bodenschutzrecht ist nach der Konzeption des Gesetzgebers ein eingriffsorientiertes Gefahrenabwehrrecht. Deshalb besteht keine Verpflichtung der Unteren Bodenschutzbehörde zu einer vertraglichen Kooperation mit den nach § 4 BBodSchG Verpflichteten.

3.Grundpflichten: Gefahrenabwehr (§ 4 BBodSchG) und Vorsorge (§ 7 BBodSchG)

13Durch dieses Gesetz wurden im Jahr 1999 (erstmals) Grundpflichten geschaffen

–  zur Gefahrenabwehr: § 4 BBodSchG (dazu ausführlich unter Rn. 28?ff.) sowie

–  zur Vorsorge: § 7 BBodSchG (dazu ausführlich unter Rn. 18?ff.).

Diese Vorschriften begründen – das war neu und ist immer noch anders als (z.?B.) im Immissionsschutzrecht – auch ohne konkretisierenden Verwaltungsakt Pflichten des oder der Verantwortlichen (sozusagen Grund-Pflichten).

II.Abgrenzung zum Bundes-Immissionsschutzgesetz


1.Schädliche Bodenveränderungen = schädliche Umwelteinwirkungen (Subsidiaritätsklausel)

14Gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 11 BBodSchG findet dieses Gesetz auf schädliche Bodenveränderungen und Altlasten (nur) Anwendung, soweit Vorschriften des Bundes-Immissionsschutzgesetzes und der aufgrund dieses Gesetzes erlassenen Rechtsverordnungen über die Errichtung und den Betrieb von Anlagen Einwirkungen auf den Boden nicht regeln.

Tatsächlich ist es nach § 1 Abs. 1 BImSchG (auch) Zweck dieses Gesetzes, Menschen, Tiere und Pflanzen, den Boden, das Wasser, die Atmosphäre sowie Kultur- und sonstige Sachgüter vor schädlichen Umwelteinwirkungen zu schützen und dem Entstehen schädlicher Umwelteinwirkungen vorzubeugen.

Im Hinblick auf dieses Schutzgut (Boden) gelten § 3 Abs. 3 Satz 1 BBodSchG zufolge schädliche Bodenveränderungen i.?S.?d. § 2 Abs. 3 BBodSchG, soweit sie durch Immissionen verursacht werden, als schädliche Umwelteinwirkungen nach § 3 Abs. 1 BImSchG, im Übrigen als sonstige Gefahren, erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG.

Das Bodenschutzrecht regelt mithin hinsichtlich immissionsschutzrechtlicher Anlagen verbindlich, welche Bodenbelastung eine Gefahr für den Boden begründet und welche nicht.

Beispiel aus der Rechtsprechung: Schießanlage

Der Kläger in diesem Fall betrieb eine immissionsschutzrechtlich genehmigte Schießanlage (einen sog. Trap-Schießstand). Durch Bescheid vom 14.6.2011 ordnete der Beklagte unter Beifügung näherer Maßgaben (auf der Grundlage von § 17 BImSchG: nachträgliche Anordnungen) an, den Boden der Trapanlage durch Sachverständige/Untersuchungsstellen nach § 18 BBodSchG untersuchen zu lassen und diese Untersuchung wiederkehrend alle fünf Jahre durchzuführen. Die gegen diese Bescheide gerichtete Anfechtungsklage hat das VG Potsdam mit Urteil vom 6.11.2014 – 5 K 2101.11 – abgewiesen.

Handelt es sich wie hier um eine genehmigungsbedürftige Anlage, so regelt § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG, dass diese so zu errichten und betreiben ist, dass zur Gewährung eines hohen Schutzniveaus für die Umwelt insgesamt schädliche Umwelteinwirkungen und sonstige Gefahren, erhebliche Nachteile und erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit und die Nachbarschaft nicht hervorgerufen werden können (vgl. § 3 Abs. 3 Satz 1 BBodSchG). Daraus folgt, dass das Bundesimmissionsschutzgesetz anlagebezogene Einwirkungen auf den Boden vorrangig regelt. Das OVG Berlin-Brandenburg hat den Berufungszulassungsantrag deshalb mit Beschluss vom 18.4.2017 – 11 N 10.15 – abgelehnt.

Darüber hinaus ist bei der Konkretisierung des Gefahrenbegriffs und des Gefahrenmaßstabs hinsichtlich des Schutzgutes Boden und bei Grenzwertregelungen, Ermittlungs- sowie Bewertungsverfahren das Bundes-Bodenschutzgesetz innerhalb des Immissionsschutzrechts heranzuziehen.

Wie bereits der Wortlaut des § 3 Abs. 1 Nr. 11 BBodSchG zeigt, bezieht sich diese Subsidiaritätsklausel auch nur auf die Errichtung und den Betrieb von Anlagen; daher gilt sie nicht für die Phase nach der Betriebseinstellung – so dass das Bundes-Bodenschutzgesetz dann nicht verdrängt wird.

2.Anlagenbezug des Immissionsschutzrechts

15Einwirkungen auf den Boden werden in den Normen des Bundes-Immissionsschutzes geregelt, so dass die immissionsschutzrechtlichen Anforderungen vorrangig anzuwenden sind: Anlagenbezogene Anforderungen sind allein Gegenstand des Immissionsschutzrechts; fehlt es aber an einem solchen Anlagenbezug, greift das Bundes-Bodenschutzgesetz.

Auch kennt das Bundes-Immissionsschutzrecht im Gegensatz zum Bundes-Bodenschutzgesetz keine Grundpflicht zur Beseitigung bzw. Sanierung von Umweltschäden. Diesbezüglich kann daher uneingeschränkt auf das Bundes-Bodenschutzgesetz zurückgegriffen werden.

3.Jahresfrist (§ 17 Abs. 4a BImSchG)

16Gemäß § 17 Abs. 4a Satz 2 BImSchG können nach der Einstellung des gesamten Betriebs Anordnungen zur Erfüllung der sich aus § 5 Abs. 3 BImSchG ergebenden Pflichten nur noch während eines Zeitraums von einem Jahr getroffen werden.

Nach Ablauf dieser Jahresfrist (ab Betriebseinstellung) kann daher ebenfalls uneingeschränkt auf das Bundes-Bodenschutzgesetz zurückgegriffen werden.

4.Rückführungspflicht (§ 5 Abs. 4 BImSchG)

17§ 17 Abs. 4a BImSchG verweist allerdings nicht auf § 5 Abs. 4 BImSchG und die dort geregelte Rückführungspflicht; diese gilt daher auch nach Ablauf der Jahresfrist.

Praxistipp: Gemäß § 5 Abs. 4 Satz 1 BImSchG ist der Betreiber nach Einstellung des Betriebs einer Anlage nach der Industrieemissions-Richtlinie verpflichtet, Maßnahmen zur Beseitigung erheblicher Boden- oder Grundwasserverschmutzungen zu ergreifen, soweit dies verhältnismäßig ist und jene nach dem 7.1.2013 aufgrund des Betriebs einer Anlage durch relevante gefährliche Stoffe im Vergleich zu dem im Bericht über den Ausgangszustand angegebenen Zustand verursacht wurden, um das Anlagengrundstück in jenen Ausgangszustand zurückzuführen.

Der Ausgangszustandsbericht eröffnet damit sozusagen (immissionsschutzrechtlichen) Bodenschutz „durch die Hintertür“.

III.Behördliche Befugnisse zur Vorsorge (§ 7 i.?V.?m. § 10 Abs. 1 Satz 1 BBodSchG)


1.Adressaten (§ 7 Satz 1 BBodSchG)

18Gemäß § 7 Satz 1 BBodSchG sind

1.  der Eigentümer,

2.  der Besitzer (Inhaber der tatsächlichen Gewalt) und

3.  der Benutzer (wer Verrichtungen durchführt oder durchführen lässt, die zu Veränderungen der Bodenbeschaffenheit führen können)

eines Grundstücks verpflichtet, Vorsorge gegen das Entstehen schädlicher Bodenveränderungen (zu diesem Begriff s.?o. Rn. 2) zu treffen, die durch ihre Nutzung auf dem Grundstück oder in dessen Einwirkungsbereich hervorgerufen werden können.

Der Begriff der Verrichtungen ist weit zu verstehen und erfasst jede zweckgerichtete Tätigkeit, die auf einem Grundstück ausgeführt wird. Es genügt die...


Dr. Thomas Troidl, Rechtsanwalt, Fachanwalt für Verwaltungsrecht, Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht.



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