E-Book, Deutsch, 139 Seiten
Ury Goldblondchen (Weihnachtsausgabe)
1. Auflage 2016
ISBN: 978-80-268-7178-1
Verlag: e-artnow
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Wundervolle und magische Geschichten für Kinder: Goldblondchens Märchensack, Der Zauberspiegel, Sternschnuppe, Buckelhannes, Goldregen und mehr
E-Book, Deutsch, 139 Seiten
ISBN: 978-80-268-7178-1
Verlag: e-artnow
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Wundervolle Märchen und Erzählungen für Kinder zur Weihnachtszeit. Mit Werken wie Sommernachtstraum und Wintermärchen, Annelieses Weihnachtstraum, Sternschnuppe, Goldblondchens Märchensack und vielen mehr kann man sich auf ein fröhliches Weihnachtsfest freuen. Inhalt: Goldblondchens Märchensack Sternschnuppe Lorchen Sommernachtstraum und Wintermärchen In die weite Welt Jungfer Rotnas und Jungfer Naseweis In der Rumpelkammer Buckelhannes Goldregen Aus Stein Der Zauberspiegel Annelieses Weihnachtstraum Aus der Jugendzeit Vom dummen Peter, der durchaus das Fliegen lernen wollte Was Großvater Stumpfzahn erlebte Unter dem Hammer Der Kakaobaum Risi Bisi Das Wasser kommt! Piepmatz, der Gassenjunge Else Ury (1877-1943) war eine beliebte deutsche Schriftstellerin und Kinderbuchautorin.
Autoren/Hrsg.
Weitere Infos & Material
Sternschnuppe Inhaltsverzeichnis Wenn du dir hunderttausend Leitern nimmst, eine über die andere stellst und lustig daran emporkletterst, weiter und immer weiter, dann kommst du in das Sternenland. Ach, wie das da funkelt und flimmert, wie das glänzt und glitzert! Leuchtende Blumensterne wiegen ihre schillernden Köpfchen auf schlankem Stengel, und die großen, dichten Wälder sind über und über mit Sternen besät. Denn im Sternenland wachsen statt der Blätter grünlich flammende Sterne auf den Bäumen, die sehen noch viel, viel herrlicher aus als die Weihnachtsbäume auf Erden. Das Schönste aber im ganzen Sternenland ist das prächtige Schloß der Königin Nacht. Aus silbernen Sternen ist es erbaut, und das Dach ist aus dunkelblauem Sammet, auf dem Tausende von goldenen Sternlein prangen. Milde und weise herrschte die Königin Nacht in ihrem Reiche. Wenn es Abend wurde, nahm sie ihr Töchterlein Sternschnuppe an die Hand und wandelte mit ihm in ihrem langen, schleppenden Gewande, das über und über mit funkelnden Sternen bestickt war, aus dem Schlosse zu den blühenden Gärten hinab. Erst schaute sie nach, ob ihre Diener auch pünktlich den Abendstern angezündet hatten, und dann stieg sie in den goldenflimmernden, aus sieben großen Sternen zusammengesetzten Wagen. Ein kleiner Bär war davorgespannt und – hui, ging es dahin, die glitzernde Milchstraße entlang. Sternschnuppe jauchzte hell auf vor Lust, Königin Nacht aber schlang fest den Arm um ihr Töchterchen, daß es ihr bei der tollen Fahrt nicht herausfiel. Denn bei der Geburt der Kleinen stand es deutlich in den Sternen geschrieben, daß sie dereinst ein Erdenkind werden würde, und Königin Nacht wollte ihren Liebling davor bewahren. Nur ungern ließ sie ihr Töchterchen durch das große, große Luftmeer hinabblicken, dann sah Sternenschnuppe ganz in der Tiefe blaue Berge und grüne Täler, spitze Kirchtürme und kleine Häuschen. »Ach, Mutter,« jubelte Sternschnuppe, »schau nur das lustige Spielzeug dort unten, geschwind laß uns hinfahren!« Aber Königin Nacht schüttelte ernst ihr Haupt mit dem Sternendiadem und sprach: »Berge, steil', und Ebenen, schiefe,
Wachsen drunten aus der Tiefe,
Strom und Bächlein sie durchqueren,
Felder tragen gold'ne Ähren.
Sieh, das ist die Erde, Kind,
Menschen jene Wesen sind.
Die dort wohnen als die Herrn.
Ach, bliebst stets du ihnen fern,
Wer den Weg zur Erde fand,
Niemals kehrt zum Sternenland!« Da klammerte sich Sternschnuppe ängstlich an die Mutter und blickte neugierig auf das seltsame Ding, die Erde, hinab. Winzige Wesen sah sie dort unten herumkrabbeln, das mußten die Menschen sein, von denen die Mutter gesprochen. Kinder aber bekam die kleine Sternschnuppe nicht zu sehen, denn die schliefen schon längst, wenn Königin Nacht mit ihrem Töchterchen spazierenfuhr. Eines Tages war Sternschnuppe gar nicht brav gewesen. Sie hatte ihre Rechenexempel, die Sternlein zusammenzuzählen, falsch gemacht, hatte sich ein großes Loch in ihr blinkendes Sonntagskleidchen gerissen und wollte dem guten, alten Onkel Mond, der in seinem silbernen Schiffchen öfters bei ihnen vorbeisegelte, und der ihr erst neulich das schöne Horn und die niedlichen Mondkälbchen zum Spielen mitgebracht hatte, nicht artig »guten Abend« sagen. »Solch unartiges Mädchen darf nicht mit mir ausfahren«, sprach die Mutter streng. »Sternschnuppe, du bleibst heute zu Hause!« und Königin Nacht fuhr mit dem Sternenwagen und dem kleinen Bären davon. Sternschnuppe saß am Fenster und baute aus flimmernden Sternenklötzchen kleine Kirchen und Häuslein, wie sie sie neulich in der Tiefe auf der Erde gesehen hatte. Denn daran mußte sie noch immer denken. Trotzig warf sie die Lippen auf. Sie wollte nicht zu Hause bleiben – nein – dann ging sie eben allein spazieren! Laut pochte ihr Herzchen, als sie sich ganz heimlich, damit die Hofdamen und Kammerfrauen es nur ja nicht sahen, die funkelnden Sonntagsflüglein anschnallte, denn im Sternenland kann man fliegen. Leise, leise schlich sie sich aus dem Schlosse, an all den vielen Soldaten in den blitzenden Sternenuniformen vorbei – jetzt stand sie an der Gartenpforte. Königin Nacht hatte es ihr streng untersagt, allein aus dem Schloßgarten zu gehen, aber sie dachte nicht mehr an das Verbot der Mutter. Sie lief die flimmernde Milchstraße entlang, an den glitzernden Sternblumen, die am Wege standen, vorüber. Aber die bunten Blumen steckten die glänzenden Köpfchen zusammen und wisperten: »Königskind, sei klug und weise,
Pflück' uns für die Erdenreise,
Kehrst auch niemals du zurück,
Wir führ'n dich zum Erdenglück!« Da brach Sternschnuppe geschwind die leuchtendsten der Sternblüten und wand sie zum blinkenden Strauß. Immer schönere Blumen sah sie emporwachsen, sie lief kreuz und quer und achtete nicht mehr des Weges. Perdauz – da lag sie auf der Nase, sie war über einen großen Stern gestolpert, der mitten auf der Straße lag. Sie wollte wieder aufstehen, aber die Straße ging bergab, sie rollte – immer weiter und weiter – niemand hörte ihr ängstliches Schreien. Jetzt flog sie über den Rand der Milchstraße, und nun hörten die hellen Sternlein plötzlich auf – Sternschnuppe flog durch das große, dunkle Luftmeer. Hu – schwarz und finster war es da, mit einem Male aber traf greller Lichtschein ihre Augen. Sie sauste an dem in gelben Zickzackflammen lodernden Schlosse der bösen Brüder, Donner und Blitz, von denen die Mutter ihr erzählt hatte, vorbei. Laut brüllte der Donner durch sein ganzes Reich hinter ihr her. Ach, wie klopfte da Sternschnuppes Herzchen vor Furcht, aber sie flog weiter, immer tiefer, durch das Reich der lustigen Winde. Vorbei an dem Luftreich des Königs Nebel, dessen schlanke Töchter in grauen, wallenden Gewändern den schwebenden Reigen tanzten, und jetzt – jetzt blieb sie mit den Flüglein an etwas Spitzem hängen. Sie wollte sich losreißen, aber sie saß so fest, daß sie sich nicht bewegen konnte, da begann sie jämmerlich um Hilfe zu schreien. »Warum rufst um Hilfe du
Und störst nächtlich unsere Ruh?« hörte sie mit einem Male ein hohes Stimmchen fragen. Sternschnuppe sah sich um, neben ihr stand ein winziges Männlein in einem braunen Lederwams. »Ich bin es, Sternschnuppe,« sagte sie schüchtern, »ich bin aus dem Sternenland herabgefallen und hänge hier fest, willst du mich wohl losmachen?« »Das will ich gern tun, mein Kind,« sprach der Knirps, »ich sehe dich trotz der Dunkelheit gut, denn deine Augen leuchten heller als die schönsten Sterne. Nur muß ich erst mein Scherchen holen.« Bald kam der kleine Wicht zurück, und schnipp-schnapp schnitt er Sternschnuppe ein Stück von ihren Flüglein ab, faßte sie an die Hand und rutschte mit ihr durch ein großes Tor in einen dunklen Turm. »Wo bin ich?« fragte Sternschnuppe ängstlich. »Keine Furcht, Kleine«, lachte das Männchen freundlich. »Du bist auf der Erde, mit deinen Flügeln bist du an dem Kirchturm hängen geblieben, der uns gehört. Meine Brüder und ich, wir sind die Glockenmännlein. Wir hausen in den großen Kirchenglocken; die Brüder schlafen noch alle, und auch du wirst von der langen Reise müde sein. Komm, leg' dich in mein Bettchen, ich halte inzwischen vor der Tür Wache, daß Uhu und Käuzlein, unsere Feinde, dir nichts anhaben.« Er führte sie zu seinem kleinen Glockenstübchen, da stand ein niedliches Bett. Sternschnuppe legte sich hinein, und das Bettchen dehnte und dehnte sich, bis es ihr paßte, und da schlief sie auch schon. Lautes Dröhnen, Klingen und Singen weckte Sternschnuppe plötzlich aus tiefem Schlaf. Das summte, toste und brauste um sie herum, entsetzt schaute sie auf. Da stand auch schon das Glockenmännlein vor ihr und blickte das schöne Mägdlein mit dem golden flimmernden Blondhaar und den klaren Sternenaugen freundlich an. »Du hast wohl gar Angst vor der Morgenglocke,« lachte er, »na, daran wirst du dich bald gewöhnen, es soll dir hier oben bei uns schon gefallen.« »Darf ich denn bei euch bleiben?« fragte Sternschnuppe froh, denn sie wußte doch nicht, wohin sie auf der fremden, großen Erde gehen sollte. Der kleine Wicht nickte mit dem Kopf, daß sein langer, weißer Bart die Erde berührte. »Ich will dich jetzt zu den Brüdern führen,« sprach er, »du bist zu zart und fein, um unter den Menschen drunten zu leben. Und du hast so strahlende Augen, daß es einem froh ums Herz wird, wenn man hineinblickt. Komm,« und mit gravitätischen Schritten ging er ihr voran. In der größten Glocke, die in der Mitte hing, war eine lange Tafel gedeckt. Hier war das gemeinsame Eßzimmer, und da saßen viele winzige Glockengeister bei der Morgensuppe. Als sie hörten, daß Sternschnuppe vom Sternenland herabgefallen war und nun bei ihnen bleiben wollte, freuten sie sich sehr mit dem holden Kinde. Sie rückten gleich freundlich beiseite und ließen Sternschnuppe an ihrer Morgensuppe teilhaben. Mit großen Augen sah Sternschnuppe erstaunt auf all die possierlichen kleinen Burschen. »Wie heißt ihr denn?« fragte sie neugierig. Da begannen sie alle zusammen in singendem Tone: »Schlick, Schlack, Schluck,
Mick und Muck,
Schnapp und Schnipps,
Fipps und Stipps,
Wir kleinen Glockengeister,
Und Trill ist unser Meister!« »Ach,« lachte Sternschnuppe, »wie soll man euch denn da herauserkennen, wie unterscheidet man euch denn?« Da traten die gnomenhaften Gesellen nacheinander vor Sternschnuppe hin, machten einen...