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E-Book, Deutsch, Band 175, 64 Seiten
Reihe: Dorian Hunter - Horror-Serie
Vandis Dorian Hunter 175
1. Auflage 2025
ISBN: 978-3-7517-8035-3
Verlag: Bastei Lübbe
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Unter dem Eis
E-Book, Deutsch, Band 175, 64 Seiten
Reihe: Dorian Hunter - Horror-Serie
ISBN: 978-3-7517-8035-3
Verlag: Bastei Lübbe
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Dorian schaute Hugo Nowottny genau auf die Finger, während dieser die Hände zu einigen raschen Bewegungen hob. Aber weder in den Zeichen, die er in die Luft malte, noch in den zugehörigen, betont langsam ausgesprochenen Zauberformeln vermochte er irgendeine Struktur zu erkennen. Es war unmöglich, sich die komplizierten Sätze zu merken. Der Erfolg ließ allerdings nicht lange auf sich warten. Die Eisscholle, die Dorian bisher für einen massiven Teil des Gletscherstroms gehalten hatte, bröckelte in der Mitte auseinander und öffnete sich zu einem kreisrunden Loch, das den Eingang in einen dunklen Gang markierte. Das Ende der Röhre verschwand in undurchdringlicher Finsternis. Nowottny blickte Dorian und Burgdörfler auffordernd an ...
Mit zwei zweifelhaften Verbündeten heftet sich Dorian Hunter auf die Fersen von Leopold Nevermann, den ein magisches Band mit der mächtigen Vampirin Rebecca verbindet. Wird der Dämonenkiller den Hexer in seinem Versteck unter dem Eis der Schweizer Alpen aufstöbern können?
Autoren/Hrsg.
Weitere Infos & Material
1. Kapitel
Sie war nicht die Erste, die dieses Spiel nur begrenzte Zeit mitzumachen bereit war, und selbst ihr Hang zur Selbstzerstörung, der sie nun den gesamten Satz ihres Lieblingsgeschirrs auf ihn schleudern ließ, konnte ihn nicht wirklich schrecken. In einem entscheidenden Augenblick, als sie ihre Aufmerksamkeit wieder dem Küchenschrank zuwandte, um sich mit neuer Munition zu versorgen, schob er den Stuhl zurück und glitt wie ein geölter Blitz auf sie zu. Sie sah die Faust heranfliegen, fand aber keine Zeit mehr zu reagieren. Es klatschte dumpf, als ihr Schädel zurückflog und sie mit einem tiefen Seufzer benommen zu Boden glitt. Blut sickerte aus einer Platzwunde an ihrer Schläfe.
»Nicht dass du Schlampe glaubst, ich lasse alles mit mir machen!«, brummte er.
Dann warf er sich den zierlichen Körper über die Schulter und trug ihn ins Schlafzimmer, wo er ihn zärtlich auf das straff gespannte Bettlaken gleiten ließ. Bettinas Gliedmaßen zuckten ein wenig, und sie schien Schwierigkeiten zu haben, die Kontrolle über ihre Bewegungen zurückzuerlangen, aber das würde sich innerhalb der nächsten Minuten geben.
Es hatte sich immer alles innerhalb der nächsten Minuten gegeben.
Er ging ins Badezimmer und feuchtete einen Waschlappen an, den er ihr auf die blutende Wunde legte. Doch für das kostbare Laken kam jede Hilfe zu spät. Bettina würde es einweichen müssen, sobald sie wieder halbwegs bei Sinnen war.
Sie atmete heftig durch den offenen Mund und legte sich schließlich auf die Seite. Normalerweise hätte Marten es ihr nicht gestattet, sich einfach von ihm abzuwenden, aber diesmal ließ er ihr Zeit, sich zu erholen. Vielleicht hatte er tatsächlich ein bisschen zu viel Kraft in den Schlag gelegt.
Aber sie hatte ihn wirklich auf die Palme gebracht, und das Scherbenchaos in der Küche musste schließlich auch irgendjemand bezahlen. Er finanzierte Bettina so ziemlich jeden Atemzug ihres jungen, nichtsnutzigen Lebens.
Entsprechend absurd war natürlich ihre Forderung, er solle aus ihrer Wohnung verschwinden. Fast hätte bei diesen Worten laut aufgelacht, gehörten ihr doch noch nicht einmal die Kleider, die sie am Leibe trug. Sie würde schon noch bettelnd zu ihm zurückkehren, damit sie nicht einfach nackt auf der Straße landete. Und im Grunde genommen war Marten auch bereit, ihre kleinen Aussetzer zu verzeihen. Sie war immer noch eine Abwechslung im Bett, und es würde seine Zeit dauern, bis sie ihn zu langweilen begann. Er brauchte dieses Ventil nach einer harten, arbeitsreichen Woche.
Erschrocken drehte er sich um. Das Handy klingelte mal wieder im unpassendsten Augenblick. Er zog es aus der Manteltasche und stellte die Verbindung her.
»Marten Randi?«, erklang eine wohltönende Bassstimme am anderen Ende.
»Am Apparat.« Er ließ sich auf dem Bett nieder und warf Bettina einen besorgten Blick zu. Sie regte sich tatsächlich noch immer nicht. Da war doch hoffentlich nichts Schlimmeres passiert?
»Was gibt's?«, fragte er und verscheuchte die düsteren Gedanken.
»Einen Auftrag, was sonst?«, spöttelte der Anrufer. »Wir sind jemandem einen Gefallen schuldig.«
Marten nickte. Er wusste bis heute nicht genau, wer Wir war, aber solange das Geld pünktlich auf seinem Konto landete, hütete er sich, genauer nachzufragen. »Wann soll es losgehen?«
»Vorgestern.«
»Ich verstehe«, brummte er missmutig. Er würde also nicht einmal mehr Zeit haben, sich noch etwas mit seiner Geliebten zu vergnügen.
»Ich bin schon unterwegs«, antwortete er und legte auf. Der Treffpunkt, an dem ihn der andere erwartete, wechselte von Zeit zu Zeit nach einem gewissen Plan. Es gab Dinge, die man nicht unbedingt am Telefon besprechen musste.
Er tupfte Bettina vorsichtig das restliche Blut von der Stirn und bemerkte zufrieden, dass die Wunde bereits zu verschorfen begann. Eine Beule würde sie sicherlich davontragen, aber das hielt sie vielleicht die nächsten Tage davon ab, weitere Dummheiten zu begehen.
Er sah, wie ihre Augenlider flatterten und sie langsam den Kopf wandte.
»Wie lange bleibst du fort?«, flüsterte sie.
»Ich weiß es nicht«, erwiderte er und küsste sie auf die Stirn. Er wusste es nie. Warum musste sie nur immer so dumme Fragen stellen?
»Ich werde mich beeilen«, versprach er und stand auf. »Brauchst du noch irgendetwas? Soll ich dir ein Glas Wasser holen?«
Sie nickte, und er verschwand in der Küche. Die Scherben knirschten unter seinen schweren Schritten, als er sich auf den Küchenschrank zubewegte. Nachdem er die Türen geöffnet hatte, blieb er überrascht stehen. Die Regalflächen waren halb leer. Diesmal war wirklich eine Menge zu Bruch gegangen.
Er brachte Bettina das Glas Wasser, und sie warf ihm einen dankbaren Blick zu. Ihre Kehle schien zu ausgetrocknet zum Sprechen. Vielleicht kam das vom Schock, Marten kannte sich da nicht so aus.
»Ich muss los«, sagte er schulterzuckend und streifte sich seine Jacke über. »Wie wäre es mit einem Essen heute Abend irgendwo in der Stadt? Nur wir beide? Vorausgesetzt natürlich, dass ich bis dahin wieder hier bin.«
»Ja«, krächzte sie, nachdem sie ausgetrunken hatte, »vielleicht.«
Aus dem sehnsüchtigen Blick, den sie ihm zuwarf, schloss er, dass sie ihm bereits verziehen hatte.
Er wandte sich ab und verließ die Wohnung. Hinter ihm fiel die Tür wie ein Sargdeckel ins Schloss.
Nachdenklich sog er an einer Zigarette, während er sich mit dem Wagen durch die Berner Innenstadt quälte. Im Radio spielten sie mal wieder irgendwelche englischsprachige Firlefanzmusik. Nachdem er dreimal den Sender gewechselt hatte, drehte er entnervt aus. Seine Gedanken kreisten um den Auftrag, der auf ihn wartete.
Der Treffpunkt befand sich wie immer im Gewerbegebiet, was eine wenig präzise Angabe war, da Bern eigentlich gar kein richtiges Gewerbegebiet besaß. Die Großindustrie hatte sich im Zuge eines jahrzehntelangen, stetigen Wachstums an allen möglichen Stellen der Stadt niedergelassen. Diesmal würde ihn der Weg nach Süden führen. Über einen kurzen Abschnitt auf der Nationalstraße 4 gelangte er auf einen abgelegenen Asphaltweg, an dem sich zu beiden Seiten mehrere Lagergebäude aufreihten. Der Teufel wusste, ob diese Hallen wirklich die vorbestimmten Güter beherbergten oder irgendwelche Schmuggelware darin aufgestapelt wurde. Marten hatte nicht vor, sich darüber den Kopf zu zerbrechen. Vor dem letzten Gebäude hielt er an und schaltete den Motor aus. Es war niemand zu sehen, aber das hatte erfahrungsgemäß nicht viel zu bedeuten.
Er stieg aus und begab sich auf den Vorplatz der Lagerhalle. In diesem Augenblick öffnete sich an der rechten Flanke des Gebäudes eine kleine Nebentür, in der ein hochgewachsener, schlanker Mann in einem dunkelblauen Jeansanzug erschien. Mit einer knappen Geste winkte er Marten zu sich heran.
»Eine relativ ungefährliche Sache, wie es aussieht«, kam der Fremde übergangslos zur Sache. »Es gibt da einen Mann in Prag, dem wir wie gesagt einen Gefallen schuldig sind. Er hat uns angerufen und gebeten, ihm einen kleinen Dienst zu erweisen. Kostenlos, versteht sich.«
Nein, dachte Marten, das verstand sich überhaupt nicht. In seinem Gewerbe wurden Dienstleistungen bezahlt wie in jedem anderen auch. Vielleicht nicht immer mit barer Münze, aber ein jeder achtete darauf, seine Rechnungen zu begleichen. Es musste sich bei dem Tschechen um einen recht einflussreichen Menschen handeln, wenn er sogar Martens Chef um einen Freundschaftsdienst bitten konnte.
»Eine krumme Geschichte?«, erkundigte er sich. Nicht dass es ihn besonders gestört hätte.
Der andere zuckte die Schultern. »Soweit ich weiß nicht, aber das wirst du notfalls vor Ort erfahren. Zuerst fährst du zum zweiten Treffpunkt und holst dort den Helikopter ab. Die Leute wissen Bescheid, und auch der Flug ist bereits genehmigt, alles kein Problem. Unter dem Pilotensitz findest du eine Wegbeschreibung. Du fliegst an den vorbestimmten Ort ...«
»... lädst die Ware ein und kehrst schnurstracks zum Treffpunkt zurück.« Marten lächelte. »Sonst noch etwas?«
»Allerdings«, erwiderte der andere, »es gibt nämlich keine Ware. Und der Job wird auch etwas länger dauern als üblich. Dafür ist er aber um einiges ungefährlicher. Am Zielort wirst du keine Kisten einladen, sondern ein paar Personen. Deren Anweisungen hast du unbedingt Folge zu leisten. Und wenn alles glattgeht, bist du spätestens übermorgen Abend wieder hier.«
Marten kniff die Augen zusammen. »Was für Leute sind das, die ich da aufgabeln soll?« Personentransporte behagten ihm überhaupt nicht. Er erledigte seine Arbeit lieber im Stillen und unbeaufsichtigt.
»Wirst du schon sehen. Ich glaube, der Typ aus Prag ist selbst dabei. Aber frag mich nicht nach irgendwelchen Einzelheiten.«
Sie verabschiedeten sich kurz, und Marten lief zurück zum Auto. Die Strecke zum Hubschrauber schaffte er in wenigen Minuten. Dass er den Helikopter benutzen sollte, war nicht ungewöhnlich. Er war einer der wenigen Leute in der Mannschaft, die eine...