Vatter | Der Bundesrat | E-Book | sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, 400 Seiten

Reihe: Politik und Gesellschaft in der Schweiz

Vatter Der Bundesrat

Die Schweizer Regierung

E-Book, Deutsch, 400 Seiten

Reihe: Politik und Gesellschaft in der Schweiz

ISBN: 978-3-907291-07-8
Verlag: NZZ Libro
Format: EPUB
Kopierschutz: Wasserzeichen (»Systemvoraussetzungen)



Das neue Nachschlagewerk zum Bundesrat ist die erste politikwissenschaftliche Analyse der Schweizer Regierung. Sie beleuchtet die Besonderheiten der Schweizer Exekutive und Politik aus sozialwissenschaftlicher Perspektive.
Was braucht es, um Bundesrat zu werden? Welche Persönlichkeitseigenschaften zeichnen unsere Regierungsmitglieder aus? Wie weit erfüllt der Bundesrat seine Regierungsaufgaben? Welche Regierungsreform schneidet am besten ab? Die siebenköpfige Kollegialregierung der Schweiz ist ein Unikum im internationalen Vergleich und wurde bis heute kaum untersucht. Der Politikwissenschaftler Adrian Vatter analysiert in seinem Buch die Rolle und den Einfluss des Bundesrats im Schweizer Politiksystem und seine politische Zusammensetzung im Verlauf der Zeit. Er untersucht die gesellschaftliche Herkunft und die Persönlichkeitsprofile der Bundesräte, beschäftigt sich mit der Organisation des Bundesrats und der Ausübung seiner Regierungsaufgaben und prüft die zahlreichen Modelle zur Regierungsreform auf ihre Wirkungen. Mit der politikwissenschaftlichen Darstellung und Analyse des Bundesrats beleuchtet Vatter erstmals in dieser Breite und Tiefe die Funktionsweise der Schweizer Regierung.
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1 Einleitung
1.1 Einstieg
Die Schweizer Regierung gilt seit je als Garant und Symbol für die politische Stabilität und den wirtschaftlichen Wohlstand des Landes. Die Mitglieder des Bundesrats erfahren bis heute in breiten Teilen der Bevölkerung grossen Respekt und geniessen ein hohes Mass an Wertschätzung. So ist in keinem anderen europäischen Land die Zufriedenheit der Bevölkerung mit den eigenen Magistratinnen und Magistraten höher als in der Schweiz. Das Volk schenkt der Exekutive sogar mehr Vertrauen als dem Parlament, was aussergewöhnlich ist (Ehrler et al. 2018; Freitag 2014; Longchamp 2013; Sotomo 2020). Die Romands bezeichnen die Mitglieder des Bundesrats deshalb häufig als «les sept sages», die als die sieben Weisen über den Niederungen des Parteiengezänks stehen und sich gemeinsam um das Wohl des Landes kümmern. Wie beliebt sie hierzulande sind, zeigt sich nicht nur in regelmässigen Umfragen, sondern etwa auch darin, dass Bundesrätin Eveline Widmer-Schlumpf (BDP/GR; 2008–2015) im Jahr 2008 und Bundesrat Didier Burkhalter (FDP/NE; 2009–2017) 2014 vom Schweizer Fernsehpublikum zur Schweizerin des Jahres bzw. zum Schweizer des Jahres gekürt wurden. Schliesslich gehören die Schweizer Regierungsmitglieder zur raren Spezies der helvetischen Prominenz, die regelmässig die Titelseiten der Illustrierten schmückt. Kurz: «Die Bundesräte sind für die Schweizerinnen und Schweizer so etwas wie republikanische Royals» (Altermatt 2019a: 26). Wer allerdings das Buch Die Könige der Schweiz (Boss und Boss 2019) aufschlägt, dem blicken nicht die ernsten Mienen der Bundesratsmitglieder entgegen, sondern die eindrücklichen Körpermasse der Schweizer Schwingerkönige. Auch in der siebenteiligen Serie eines Regionalblatts über die «Könige der Schweiz» sucht man die Regierungsmitglieder vergebens; erfährt dafür aber so einiges an privaten Details über den Schweizer Jasskönig.1 Manch ein ausländischer Betrachter dürfte sich beim Anblick des Buchtitels Wer regiert die Schweiz? (Daum et al. 2014; Tschäni 1983) wundern, weshalb eine solche aus nicht-eidgenössischer Warte geradezu trivial erscheinende Frage eine Lektüre wert sein sollte. Wendet sich der Blick auf die Regierten, zeigt sich aber, dass die junge Generation selbst eine so populäre und langjährige Bundesrätin wie Doris Leuthard (CVP/AG; 2006–2018) nicht mehr kennt (gfs.bern 2019: 24). Ebenso lückenhaft ist das Wissen über die Schweizer Regierung bei den Erwachsenen, wenn es um den Wahlkörper des Bundesrats, die Zusammensetzung der Zauberformel oder den Zweck des Kollegialitätsprinzips geht.2 Zu denken geben muss schliesslich, dass einflussreiche Wirtschaftsführer grundlegende Kenntnisse über die Schweizer Regierung vermissen lassen. So beantwortete 2011 der damalige CS-Chef Brady Dougan mit lässiger Nonchalance sowohl die einfache Frage nach der Zahl der Bundesräte («Acht?») als auch diejenige nach dem Namen der amtierenden Bundespräsidentin falsch.3 Die durch die Globalisierung entstandene Entfremdung zwischen internationaler Wirtschaft und nationaler Politik hat offenbar auch hier ihre Spuren hinterlassen. Gleichzeitig schützen auch heimisches Brauchtum und die Betonung der eigenen Swissness vor Unwissenheit nicht. So entgegnete Gölä, der bekannteste Büezer und Mundartsänger der Schweiz, auf die Frage «Angenommen, Sie wären für einen Tag Bundesrat – was würden Sie machen?» mit dem Halbsatz «Den anderen sechs kündigen».4 Auch wenn Gölä zumindest zugutezuhalten ist, dass er die Kollegiumsgrösse kennt, ist seine Antwort ebenso falsch wie diejenige des früheren CS-Chefs. Kein Bundesratsmitglied verfügt über die Weisungskompetenz, die anderen sechs Regierungsmitglieder freizustellen. All diese Anekdoten und Fakten verdeutlichen die offensichtlich grosse Kluft zwischen der hohen Bekanntheit und Beliebtheit des Bundesrats einerseits und dem bescheidenen Wissen über die Schweizer Regierung und ihre Arbeits- und Funktionsweise andererseits. Diese Lücke möchte das vorliegende Buch mit einer vertieften Darstellung und Analyse des Bundesrats schliessen. 1.2 Forschungsstand
Der Bundesrat stellt nach wie vor «ein relativ wenig erforschtes Feld im Vergleich zu anderen schweizerischen Gremien und Institutionen» dar, wie Giudici und Stojanovic (2016: 288) zutreffend festhalten. Bis heute existiert kein sozialwissenschaftliches Übersichtswerk über die Schweizer Regierung in Buchform. Zwar liegt mit dem Bundesratslexikon von Altermatt (1991), das kürzlich in aktualisierter Form erschienen ist (Altermatt 2019a), seit rund drei Jahrzehnten ein viel beachtetes, sehr lesenswertes und äusserst informatives Standardwerk zur Bundesratsgeschichte vor. Als biografisches Lexikon ist es aber zwangsläufig auf die strukturierte Darstellung der rund 120 Porträts von 1848 bis Ende 2018 beschränkt. Zudem verzichtet die Neuauflage auf eine zeithistorische Einführung in die Geschichte des Bundesrats. Nebst den historischen Studien von Altermatt (1991, 2009, 2019a, b, 2020), Gruner (1969, 1973), Portmann (2009) und Reber (1979) liegen auch einzelne Monografien aus rechtswissenschaftlicher Perspektive vor, die sich mit Teilaspekten der Schweizer Regierung beschäftigen (Breitenstein 1993; Brühl-Moser 2007; De Pretto 1988; Furrer 1986; Rhinow 2011; Ueberwasser 1989). Hingegen hat sich die Verwaltungswissenschaft bisher kaum mit dem Bundesrat auseinandergesetzt (siehe jedoch Germann 1998 und insbesondere die zahlreichen Beiträge in Ritz et al. 2019). Erstaunlicherweise behandelte auch die politikwissenschaftliche Forschung den Bundesrat bis heute sehr stiefmütterlich. Politologische Analysen sind nach wie vor rar und beschränken sich in der Regel auf Handbuchartikel (Germann 1984; Klöti 2006; Klöti et al. 2014). Hinzu kommen kürzere wissenschaftliche Beiträge, die sich vor allem zur Wahl und Zusammensetzung des Bundesrats äussern (Armingeon 1999; Bochsler und Sciarini 2006; Burgos et al. 2011; Caluori und Hug 2005; Church und Vatter 2009; Giudici und Stojanovic 2016; Klöti 1986, 1990; Knoepfel und Linder 2000; Lutz 2018, 2019; Milic und Vatter 2013; Schwarz und Fivaz 2018; Stojanovic 2016). Bis heute liegt keine politikwissenschaftliche Übersichtsdarstellung zur Schweizer Regierung vor, obwohl der Bundesrat eine zentrale Rolle im politischen System der Schweiz einnimmt und als einer der einflussreichsten Akteure gilt (Linder und Mueller 2017; Sciarini et al. 2015; Vatter 2020). Das mag verschiedene Gründe haben. Zunächst widerspiegelt es das schweizerische Selbstverständnis, dass die Schweiz eigentlich keine Regierung benötige, da das Schweizer Volk mit seinen ausgebauten Volksrechten selbst die Regierung sei. Entsprechend brauche es auch keine vertieften Studien dazu. Im Weiteren führt die zentrale Stellung des Bundesrats im politischen Entscheidungsprozesses dazu, dass er zur Erfüllung seiner Aufgaben auf Diskretion und Vertraulichkeit angewiesen ist. Seine eigentliche Regierungsarbeit verschliesst sich in vielerlei Hinsicht der Öffentlichkeit. Die Folge ist, dass niemand – die Wissenschaft ebenso wenig wie Medienschaffende oder die Zivilgesellschaft – genau weiss, was sich hinter den Türen des Bundesratszimmers abspielt. Nicht ohne Grund trägt deshalb das Werk von Ritz et al. (2019) den Titel Blackbox Exekutive und verweist auf die bis heute wenig bekannten Entscheidungsprozesse der Schweizer Regierung. Schliesslich ist es auch Ausdruck des lange Zeit vorherrschenden sozialwissenschaftlichen Paradigmas, dass im Zug des Demokratisierungsprozesses nicht mehr die einzelnen Machteliten und «grossen Männer» im Zentrum der Forschung stehen sollen. Vielmehr soll sich das analytische Interesse auf die gesellschaftlichen und ökonomischen Verhältnisse sowie die Einstellungen und das Handeln der Bürgerschaft bzw. einer Vielzahl intermediärer Akteure konzentrieren. Das daraus entstandene Erkenntnisdefizit hat in den letzten Jahren dazu geführt, dass auch in der Schweiz das Interesse an der Elitenforschung wiedererwacht ist, nachdem das Studium der Eliten in der internationalen Literatur eine starke Belebung erfahren hat. Sichtbarer Ausdruck davon ist der in jüngster Zeit erfolgreiche Aufbau und Ausbau des Datensatzes «Observatoire des élites suisses» am Institut für Politikwissenschaft der Universität Lausanne (OBELIS 2020). Es verfolgt das Ziel, Schweizer Persönlichkeiten in einflussreichen Positionen in Politik, Wirtschaft, Verwaltung und Wissenschaft im 20. und 21. Jahrhundert zu dokumentieren und zu analysieren, um ein besseres Verständnis der Machtverhältnisse zu erlangen, die die Schweizer Gesellschaft strukturieren. Daraus sind verschiedene, noch laufende Forschungsprojekte und eine Reihe von Publikationen zu den Schweizer Eliten entstanden (Bühlmann et al. 2012a, b; Mach 2015; Mach et al. 2016, 2017; Pilotti 2017), wobei sich keine davon vertieft mit dem Bundesrat auseinandergesetzt hat. 1.3 Ziele und Fragestellungen
Das Ziel des vorliegenden Buchs ist es, mit einer breit angelegten Beschreibung und Analyse ein besseres Verständnis für die Arbeits- und Funktionsweise einerseits sowie die Besonderheiten, Stärken und Schwächen der schweizerischen Regierung andererseits zu erreichen. Im Mittelpunkt steht dabei die politikwissenschaftliche Perspektive, die nach der institutionellen Stellung des Bundesrats innerhalb des politischen Systems der Schweiz, seiner Organisation, seiner Arbeitsweise und seiner Aufgaben- und Funktionserfüllung fragt und die handelnden Regierungsakteure innerhalb dynamischer politischer Prozesse in den Blick nimmt. Zusätzlich werden mit der Methodik der politikwissenschaftlichen Institutionenevaluation mögliche Reformmodelle systematisch bewertet. Im Weiteren will die...


Vatter, Adrian
Adrian Vatter (*1965) ist seit August 2009 Direktor am Institut für Politikwissenschaft der Universität Bern und Inhaber der Professur für Schweizer Politik. Zwischen 2003 und 2009 war er Professor an der Universität Konstanz und an der Universität Zürich. Zu seinen Forschungsschwerpunkten gehören die Schweizer Politik, die empirische Demokratieforschung im internationalen Vergleich und politische Institutionen.

Adrian Vatter (*1965) ist seit August 2009 Direktor am Institut für Politikwissenschaft der Universität Bern und Inhaber der Professur für Schweizer Politik. Zwischen 2003 und 2009 war er Professor an der Universität Konstanz und an der Universität Zürich. Zu seinen Forschungsschwerpunkten gehören die Schweizer Politik, die empirische Demokratieforschung im internationalen Vergleich und politische Institutionen.


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