E-Book, Deutsch, Band 1536, 64 Seiten
Reihe: Notärztin Andrea Bergen
Vermeer Notärztin Andrea Bergen 1536
1. Auflage 2025
ISBN: 978-3-7517-8107-7
Verlag: Bastei Lübbe
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Berührt von dir
E-Book, Deutsch, Band 1536, 64 Seiten
Reihe: Notärztin Andrea Bergen
ISBN: 978-3-7517-8107-7
Verlag: Bastei Lübbe
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Heute habe ich Frank Häussler wieder mit einer Lungenentzündung eingeliefert. Bei seiner Mukoviszidose leider nichts Neues. Doch heute lag etwas in der Luft, das mich berührte. Im Zimmer traf ich auf die neue Schwester, Nathalie. Die beiden sprachen über Hörbücher und lachten über einen bekannten Krimi-Kommissar, als wären sie sich längst vertraut. Plötzlich spürte ich dieses leise Knistern, diese stille Wärme zwischen ihnen. Ich bin Notärztin. Ich rette Leben. Aber heute wurde mir klar: Oft sind es die kleinen Begegnungen, die das größte Wunder in Gang setzen. Und doch frage ich mich, ob ein Mensch, der gelernt hat, sich zurückzunehmen statt zuzumuten, den Mut finden kann, sich wirklich auf jemanden einzulassen ...
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Berührt von dir
Heute habe ich Frank Häussler mit einer Lungenentzündung eingeliefert. Bei seiner Mukoviszidose leider nichts Neues. Doch vorhin lag etwas Besonderes in der Luft, das mich berührte.
Im Zimmer traf ich auf die neue Schwester, Nathalie. Die beiden sprachen über Hörbücher und lachten über einen bekannten Krimi-Kommissar, als wären sie sich längst vertraut. Plötzlich spürte ich dieses leise Knistern, diese stille Wärme zwischen ihnen.
Ich bin Notärztin. Ich rette Leben. Aber heute wurde mir klar: Oft sind es die kleinen Begegnungen, die das größte Wunder in Gang setzen.
Und doch frage ich mich, ob ein Mensch wie Frank, der gelernt hat, sich zurückzunehmen statt zuzumuten, den Mut finden kann, sich wirklich auf jemanden einzulassen ...
»Herr Häussler, ich bin's, Dr. Bergen. Sind Sie in Ihrem Schlafzimmer?«
Ein Ächzen kam aus dem hinteren Teil der Wohnung, gefolgt von einem atemlosen Husten. Notärztin Dr. Andrea Bergen warf ihrem Kollegen, dem Rettungssanitäter Karl Miller, einen kurzen Blick zu.
Die beiden kannten sich hier aus. Frank Häussler war oft auf das Notarzt-Team des Elisabeth-Krankenhauses angewiesen. Er war einer der Patienten, die einen Hausschlüssel für sie deponiert hatten. Andrea Bergen und Karl Miller eilten durch den Flur und betraten das modern eingerichtete Schlafzimmer.
Ihr Patient saß im Kutschersitz auf der Kante eines anthrazitfarbenen Boxspringbettes und atmete angestrengt. Trotz seiner misslichen Situation hob er die Hand zum Gruß und versuchte zu grinsen. Dann hustete er erneut.
»Ganz ruhig.« Die Notärztin legte dem Dreißigjährigen eine Hand auf die Schulter. »Sie kennen das ja schon.«
Frank nickte ergeben. Während Andrea Bergen und ihr Sanitäter mit dem Sauerstoffgerät hantierten, brachte er keuchend hervor: »Kam so plötzlich ... Hab Schmerzen in der Brust.« Und bevor ihn die Atemmaske zum Verstummen brachte, stieß er noch hervor: »Ich tippe auf eine Lungenentzündung.«
»Sehr wahrscheinlich«, entgegnete die Notärztin. Sie wunderte sich nicht über diese treffsichere Selbstdiagnose. Als Mukoviszidose-Patient hatte Frank bereits einiges mitgemacht. Er hatte sich schon sehr früh mit seiner chronischen Erkrankung auseinandergesetzt und kannte sich und seine körperlichen Reaktionen mittlerweile sehr gut. Andrea wandte sich an Karl. »Bringen Sie bitte den Rollstuhl und ...« Sie sah sich suchend um und entdeckte dann Franks Notfalltasche neben dem Designer-Nachtkästchen aus gelbem Stahl mit Naturholzschubladen. »... Herrn Häusslers Sachen können Sie gleich mitnehmen.«
Karl nickte, schnappte sich die Tasche und verließ rasch das Schlafzimmer.
Andrea schaute sich in dem stylisch eingerichteten Raum um. Nun würde Frank Häussler sein Zuhause einmal mehr gegen ein Krankenzimmer eintauschen müssen. Sie hoffte für ihn, dass er schnell wieder auf die Beine kam ...
Bevor sie diesen Gedanken weiterspinnen konnte, kam Karl schon mit dem Rollstuhl zurück, schob den Patienten damit in den Krankenwagen und befestigte ihn dort. Andrea Bergen stieg zügig dazu, und sie brausten los in Richtung Elisabeth-Krankenhaus.
Die Notärztin saß Frank Häussler gegenüber und lächelte ihn beruhigend an. Mit ihm war es eine Art Routine-Notfalleinsatz. Der Mukoviszidose-Patient wurde in regelmäßigen Abständen stationär behandelt, immer wieder kam es wegen seiner chronischen Erkrankung zu Komplikationen. Andrea hatte ihn schon mehrmals in die Klinik begleitet.
Sie mochte den groß gewachsenen Projektmanager, der so abgeklärt mit seiner schweren Krankheit umging. Im Laufe der Zeit hatte sie ihn ein wenig kennengelernt und mitbekommen, dass er in symptomfreien Zeiten alles daransetzte, ein normales Leben zu führen, dass er in seinem Job in der Baubranche aufging – von Frühberentung wollte er nichts wissen – und dass er einen wirklich guten Freund hatte. Immer wenn er wegen seiner Krankheit tage- oder gar wochenlang in der Klinik bleiben musste, besuchte dieser ihn.
Franks geschmackvoll eingerichtete Wohnung war allerdings die eines Junggesellen. Andrea bedauerte es sehr, dass Frank wegen seiner Krankheit niemanden an sich binden wollte.
Während der Fahrt hörte Andrea Bergen seine Lunge mit dem Stethoskop ab, kontrollierte seinen Puls, seinen Blutdruck und die Sauerstoffsättigung.
»Ich schließe mich Ihrer Diagnose an. Das scheint mir wirklich eine Lungenentzündung zu sein«, sagte sie zu ihrem Patienten, der sich auf die Schulter klopfte und unter der Sauerstoffmaske siegessicher grinste. »Wenn wir da sind, bringe ich Sie als Erstes zum Röntgen.« Frank nickte wissend, und Andrea fügte hinzu: »Wie es aussieht, werden Sie wieder mal ein paar Tage unser Gast sein.«
Frank entfernte kurz die Atemmaske von seinem Gesicht. »Wird auch mal wieder Zeit«, frotzelte er. »Ich hatte schon ein bisschen Sehnsucht nach dem Elisabeth-Krankenhaus.«
Andrea musste lächeln. Frank Häussler und sein schwarzer Humor! Sie ging auf seinen Tonfall ein. »Na, dann haben Sie das ja gut hinbekommen.«
Sie wusste, dass sie mit Frank so reden konnte. Es imponierte ihr, wie er mit seiner angeborenen Stoffwechselerkrankung umging, bei der die Drüsen im Körper einen dickflüssigen Schleim bilden, der Organe wie Lunge oder Bauchspeicheldrüse dauerhaft schädigt. Er nahm seine Krankheit zwar angemessen ernst, ließ sich aber nicht von ihr unterkriegen.
Andrea hatte bei ihm ein gutes Gefühl, was seinen Krankheitsverlauf anbelangte. Er tat alles, was in seiner Macht stand, um die Symptome zu therapieren: inhalierte, machte Atemübungen, betrieb Reha-Sport und hielt sich an einen strikten Ernährungsplan. Ihrer Meinung nach hatte er daher trotz der Diagnose gute Chancen, ein relativ hohes Alter zu erreichen.
»Haben Sie in letzter Zeit viel gehustet?«
Frank seufzte leicht und zuckte mit den Schultern. »Ein bisschen mehr als gewöhnlich, aber ich dachte, das liegt am Wetterwechsel. Ich habe versucht, es mit meinen Inhalationen in den Griff zu bekommen.«
»Das ist gut. Aber manchmal braucht man mehr als nur Inhalationen. Wir müssen schnell herausfinden, welcher Erreger hinter der Lungenentzündung steckt, und dann höchstwahrscheinlich mit einer Antibiose behandeln.«
»Klar«, antwortete Frank und setzte die Atemmaske wieder auf. »Ich vertraue Ihnen da voll und ganz.«
»So, da wären wir«, stellte Andrea Bergen ein paar Minuten später fest. »Dann werden wir Sie mal durchleuchten, Herr Häussler.«
***
»Frank Häussler kommt wieder einmal zu uns.« Schwester Gerda hielt noch den Telefonhörer in der Hand. »Die haben gerade vom Röntgen angerufen – akute Lungenentzündung.«
Ihre jüngere Kollegin Isabell, die gerade einen Zwischenstopp im Stationsstützpunkt machte, hielt inne. »O nein, nicht schon wieder. Es ist doch erst zwei Monate her, seit er das letzte Mal hier war.«
Sie drehte sich in dem Moment zur Tür um, als der Stationsarzt Dr. Heinz Friedrich den Raum betrat. »Guten Morgen, meine Damen! Ich habe gehört, dass wir wieder einen Mukoviszidose-Patienten haben.«
»Guten Morgen, Doktor! Ja, es handelt sich um Frank Häussler – akute Lungenentzündung.« Gerda tippte auf der Computertastatur herum, und Sekunden später erschien das Röntgenbild von Franks Lunge auf dem Bildschirm.
Auch die Notärztin Andrea Bergen traf ein und begrüßte den Kollegen per Handschlag. »Liegt die Röntgenaufnahme von Frank Häussler schon vor?«
»Ich wollte es mir gerade ansehen.« Dr. Friedrich rollte sich einen Hocker neben Gerdas Stuhl, während Andrea näher trat und über Gerdas Schulter schaute.
»Oje, das sieht nicht gut aus«, sprach Andrea das aus, was alle dachten.
»Richtig.« Dr. Friedrich deutete auf die entsprechenden Stellen auf dem Bild. »Es gibt mehrere infiltrative Bereiche – das sind höchstwahrscheinlich die entzündlichen Veränderungen durch die Pneumonie.«
»Ich nehme an, wir müssen mit einer aggressiven Antibiotikatherapie beginnen?«, fragte Gerda den Stationsarzt.
»Genau«, bestätigte dieser. »Ich denke an eine Kombinationstherapie mit Piperacillin-Tazobactam und einem Makrolid-Antibiotikum.«
»Sollten wir nicht auch eine Sputumkultur anordnen, um den spezifischen Erreger zu identifizieren?«, ergänzte Andrea Bergen. »So können wir gezielt behandeln.«
Er nickte und strich sich nachdenklich über sein Kinn. »Womöglich kommt auch eine Bronchodilatation in Betracht, um die Atemwege zu erweitern und die Sekretmobilisation zu unterstützen.«
»Sollen wir auch gleich die Atemtherapie beginnen?«, fragte Gerda.
Wieder nickte Dr. Friedrich. »Das auf alle Fälle. Und vergessen Sie nicht die physiotherapeutischen Maßnahmen zur Sekretmobilisation.« Er erhob sich. »Wir müssen sicherstellen, dass wir alle Möglichkeiten ausschöpfen, um seine...