E-Book, Deutsch, Band 3, 360 Seiten
Reihe: Cora Remy
Vermeer Tod am Taj Mahal
1. Auflage 2018
ISBN: 978-3-95441-441-3
Verlag: KBV
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Thriller
E-Book, Deutsch, Band 3, 360 Seiten
Reihe: Cora Remy
ISBN: 978-3-95441-441-3
Verlag: KBV
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Atemlose Jagd durch Indien
Eigentlich wollte die deutsche Ingenieurin Cora Remy nur ihren Freund Ganesh in Indien besuchen, doch der ist spurlos verschwunden, offenbar entführt von der skrupellosen indischen Sandmafia. Hat er sich zu sehr in deren kriminelle Machenschaften eingemischt?
Sand ist eine ungemein kostbare und zunehmend knapper werdende Ressource der weltweiten Bauwirtschaft, ein Handelsgut von unschätzbarem Wert. Der üppig vorhandene Wüstensand ist zum Bauen nicht geeignet, selbst die Araber importieren Sand.
Cora macht sich auf die verzweifelte Suche nach Ganesh. Vom weltberühmten Taj Mahal führt die Spur sie quer durch Indien, bis an die gefährliche pakistanische Grenze, hinunter in das Zentrum der deutschen Indienaktivitäten nach Pune und schließlich nach Mumbai. Dort hält sich der Sandlord auf, der bei seinem kriminellen Handel vor nichts zurückzuschrecken scheint. Als Cora sich mit ihm anlegt und in Dharavi, dem größten Slum Asiens, in Gefangenschaft gerät, scheint ihr Leben wie feiner Sand in einer Sanduhr zu zerrinnen …
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2. Kapitel
Ladies and Gentlemen, soon we will be landing at Tribhuvan International Airport.« Cora sah auf ihre Uhr. Pünktlich! Der Blick aus dem Fenster half nicht viel; es regnete in Strömen, und der Wind trieb die Schlieren im Landeanflug die Fensterscheiben entlang. Kathmandu schien nachts nicht sehr belebt zu sein. Bis auf wenige Lichter, deren Widerschein sich in den Tropfen am Fenster brach, war alles dunkel. Morgen, wenn sie zu ihrem Staudammprojekt aufbrechen musste, konnte sie hoffentlich etwas von der Stadt sehen. Es war erst zweiundzwanzig Uhr. Cora kam aus Hongkong und musste nun ihre Uhr wieder umstellen. Aus unerfindlichen Gründen hatte Nepal nicht die gleiche Zeitzone wie das südlich angrenzende Indien, sondern noch eine Viertelstunde mehr Differenz, also jetzt drei Stunden und fünfundvierzig Minuten zu Deutschland. Wer hatte sich denn das ausgedacht? Dann fiel ihr ein, dass sie irgendwo gelesen hatte, dass noch im 19. Jahrhundert auch im Deutschen Reich jedes Dorf seine eigene Zeit hatte; na ja, und dass im rheinland-pfälzischen Westerwald, ihrer Heimat, die Zeit noch heute anders verging als in den Metropolen dieser Welt, war ja bekannt … Kurz darauf stand sie müde, ihre blonden Locken leicht zerzaust nach dem Flug, an Gepäckband Nummer zwei (leicht zu finden, das einzige andere Band war Nummer eins) und betrachtete amüsiert das Chaos um sie herum. Nach der perfekten Sauberkeit und Ruhe Hongkongs, der ehemals britischen Kronkolonie an der Südspitze Chinas, war dieses Gewusel von einheimischen Geschäftsleuten wohl der stärkste Kontrast, der vorstellbar war. Schwer mit Geschenken (Monstertrucks und Transformer-Spielzeug für die Kids) beladene, aus dem Ausland heimkehrende Nepali stolperten über gelegentliche Ausländer, alles lief durcheinander, telefonierte laut und versuchte gleichzeitig, einen Platz direkt am Laufband zu ergattern. Cora stellte sich etwas abseits – sie würde auch so sehen, wenn ihr Gepäck vorbeikam – und prüfte nochmals den Namen des Fahrers, der sie abholen sollte. Fischer, der Chef ihres heimatlichen Ingenieurbüros, hatte wie immer alles perfekt organisieren lassen, und in spätestens einer Stunde sollte sie in einem schönen und hoffentlich sauberen Bett liegen. Da kam auch schon ihre abgewetzte, braune Ledertasche; sie reiste immer mit leichtem Gepäck. Alles Nötige konnte man unterwegs kaufen, und sie war, was Kleidung und sonstige Utensilien anbelangte, unkompliziert. Kein Fön, kein Lockenstab, kein Beautycase. Cora schnappte sich ihre Tasche vom Band, lächelte entschuldigend einem älteren Herrn zu, den sie angerempelt hatte, und folgte zielsicher dem Schild mit der Aufschrift Immigration. Auf dem Weg nach draußen gab es wieder einen Stau, als alle ihr Gepäck nochmals an einem wenig vertrauenerweckenden Gerät durchleuchten lassen mussten. Ein gelangweilter Mitarbeiter des Flughafens saß daneben und schaute auf einen Bildschirm, wenn er nicht gerade mit seiner Kollegin flirtete. Konnte man das nicht umgehen? Cora lief, ihre Reisetasche fest im Griff, starr geradeaus blickend an der Kontrolle vorbei und entschwand durch den grünen Ausgang, da sie nichts zu verzollen hatte. Keiner der diensthabenden Mitarbeiter des Bodenpersonals wagte, die attraktive Ausländerin mit den kurzen, lockigen und noch dazu blonden Haaren, die mit schnellen Schritten dem Ausgang zustrebte, aufzuhalten. Einen Blick auf die engen Jeans konnte man dennoch riskieren … Vor dem Eingang umfing sie warme, feuchte Luft. Cora sah sich einem Absperrband gegenüber, hinter welchem Dutzende von jungen Männern und wenige Frauen mit den üblichen Schildern warteten, auf denen die Namen der Reisenden in teils fantasievoller Schreibweise geschrieben standen; die besseren Hotels und manche Firmen entsandten Abholer, die die Ankommenden vor dem Einfallsreichtum nepalesischer Taxifahrer bewahren sollten. Suchend schweifte ihr Blick die Reihe entlang, als sie auf ein Schild mit dem Namen Dr. Cora stieß. Der dazugehörige junge Mann, schwarzes T-Shirt und lässige Jeans, nickte ihr erst fragend, dann begeistert zu und machte ihr ein Zeichen, sie solle die Absperrung entlanggehen und ihn an ihrem Ende treffen. Stolz sah er sich um, ob auch seine Kollegen alle sahen, was für einen besonderen Fang er da gemacht hatte! Eine schöne blonde Ausländerin, Hauptgewinn. Schnell lief er auf Cora zu, nahm ihr galant das Gepäck ab, obwohl er kleiner war als sie, und führte sie über die regennasse Straße zu einem uralten japanischen Van undefinierbarer Farbe. Cora stieg hinten rechts ein, merkte dann, dass sie hinter dem Fahrer saß, und rutschte nach links rüber. Linksverkehr wie in Hongkong auch hier; die Briten hatten in Asien ihre Spuren hinterlassen. Sie ließ sich in den Sitz sinken und versuchte etwas zu entspannen. Neugierig blickte sie aus dem Fenster. Der Regen hatte nachgelassen, schemenhaft konnte sie Gebäude und Menschen erkennen. Gleich nach Verlassen des Flughafengeländes verschlechterte sich der Zustand der Straße; übersät mit Schlaglöchern und immer enger werdend, verlor sie sich vor ihnen im Dunkel. Unbeeindruckt davon brauste ihr Fahrer davon, wich in letzter Sekunde einem auf der Straße schlafenden Hund aus und schaffte es, gleichzeitig ein entgegenkommendes Motorrad mit Fernlicht zu blenden. Während er immer zwischen Hupen und Blinken abwechselte, telefonierte er fröhlich mit seinem Handy; aus seinen stolzen Blicken in den Rückspiegel schloss Cora, dass er seinen Freunden berichtete, wen er da gerade durchs nächtliche Kathmandu fuhr. Knapp zwanzig Minuten später, Cora war in dem warmen Wagen gerade eingeschlafen, hielten sie in einer stockdunklen Gasse vor einem großen eisernen Tor. Ein junger Mann trat heraus; der Fahrer stellte ihre Tasche auf die Straße, dann fuhr er mit quietschenden Reifen, was sie wohl beeindrucken sollte, wortlos davon. Der Junge nahm Coras Tasche, lächelte sie verlegen an und ging voran, ohne ein Wort zu sagen. Offensichtlich traute er sich nicht, eine Ausländerin anzusprechen. Oder sprach er kein Englisch? Er schob das Tor auf, und sie betraten einen großen, gepflasterten Innenhof, an dessen Ende Cora ein vierstöckiges Gebäude erblickte, ihr Hotel wohl. Es sah ordentlich aus, wenn auch nicht sehr einladend, da hinter keinem Fenster Licht brannte. Schliefen alle oder war sie der einzige Gast? Auch in den angrenzenden Gebäuden war kein Licht mehr zu sehen. Sie spürte ein mulmiges Gefühl im Magen. Der junge Mann, das weiße Hemd über der Jeans hängend, schlurfte in seinen braunen Sandalen vor ihr ins Gebäude, und Cora konnte gerade noch die Tür festhalten, bevor sie vor ihr ins Schloss fiel. Sie aufzuhalten, war dem Nepali nicht in den Sinn gekommen. Er stieg vor ihr eine knarrende Holztreppe hinauf, die von einem kleinen, dunklen Flur aus in die oberen Stockwerke führte. Im zweiten Stock angekommen, öffnete der Mann eine Zimmertür, lächelte schüchtern, stellte ihre Tasche ab und ging; immerhin grüßte er sie zum Abschied mit vor der Brust gefalteten Händen und deutete eine Verbeugung an. Als Cora unten die Tür ins Schloss fallen hörte, wusste sie, dass sie allein war. Das Hotel schien sonst nicht belegt zu sein. Na gut. Sie sah sich um. Weiß getünchte Wände, Holzfußboden. Gleich links befand sich das Bad, ein kurzer Blick hinein, sah sauber aus. Eine Dusche, sogar eine westliche Toilette gab es, was wollte sie mehr? Wenn sie da an die tibetischen Varianten dachte, die sie letztes Jahr hatte erleben dürfen … Cora ging hinüber zu dem großen Bett, daneben stand ein Schreibtisch mit einem klapprig anmutenden Holzstuhl; in die Wand rechts war ein Regal eingelassen. Zwei kleine Fenster führten auf den Innenhof hinaus. Alles sehr einfach, aber hübsch. Und sauber! Cora zog sich rasch aus. Sie hatte Hunger, aber sich jetzt allein auf die Suche nach einem Restaurant zu machen, war keine verlockende Aussicht. Sie überlegte kurz, ob sie noch duschen sollte, war aber eigentlich auch dazu zu müde. Sie öffnete beide Fenster, um frische Luft hereinzulassen, und kroch unter die Bettdecke. Irgendwo lief ein Fernseher mit indischer Bollywood-Musik, ein Motorroller brauste draußen auf der Straße vorbei. Sie schlief sofort ein. Als ihr Handy klingelte, schrak sie hoch. Um diese Uhrzeit? Sicher wieder ihr Chef, Fischer, was war ihm jetzt wieder eingefallen? Die Sache mit dem Zeitunterschied hatte er vermutlich schon wieder vergessen, das sah ihm ähnlich! Ein Blick aufs Display aber ließ ihr Herz schneller schlagen. Seit dem Abenteuer in Tibet hatte sie Ganeshs Telefonnummer eingespeichert, und nun stand sein Name dort! Ganesh! Ihr indischer Kommilitone aus Studientagen, einst sehr in sie verliebt, bis sie seinen Heiratsantrag, der für sie völlig überraschend gekommen war, zurückgewiesen hatte und er enttäuscht nach Indien zurückgekehrt war. Aber letztes Jahr in Tibet hatte er ihr, wenn auch nur aus der Ferne, aus seiner indischen Heimat heraus, geholfen, einen Anschlag zu vereiteln. Und jetzt rief er an, gerade als sie in Nepal war! Sicher würde er wieder sagen, das sei kein Zufall, Zufall gab es nicht in seiner Welt des Hinduismus, alles war vorherbestimmt und hatte seinen...