Vischer | Faust - Der Tragödie dritter Teil | E-Book | www.sack.de
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E-Book, Deutsch, 260 Seiten

Vischer Faust - Der Tragödie dritter Teil


1. Auflage 2012
ISBN: 978-3-8496-3806-1
Verlag: Jazzybee Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

E-Book, Deutsch, 260 Seiten

ISBN: 978-3-8496-3806-1
Verlag: Jazzybee Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Faust. Der Tragödie dritter Teil ist ein satirisches Theaterstück von Friedrich Theodor Vischer aus dem Jahr 1862. In ihm fasst der bedeutende Theoretiker der Ästhetik seine lebenslangen kritischen Goethestudien in der Form einer umfänglichen Parodie zusammen, die auch eine Kritik der Goethephilologie und der Literaturwissenschaft überhaupt ist.

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Es kommt ein kleines Männchen.

Männchen (wispernd).
Mich schickt mein Herr, der große Imperator,
Selbstherrscher und zugleich der Völker Liberator.
Mein Auftrag heißt – ich bitte aufzupassen –:
Du sollst von mir im Bart dich zupfen lassen!
(Er zupft ihn am Bart, Faust gibt ihm eine Ohrfeige.)
Herr, dieser Schlag ist ein verlorner Sieg,
Erbleiche du, die Antwort ist der Krieg!

Faust.
Nur zu! Nur zu! Er lass' es immer krachen!
Noch alte Rechnung gibt es abzumachen.

Männchen.
Bereuen sollst du deinen Hohn!
Sie naht, die große Nation! (Ab.)

(Man hört vom Hintergrunde dumpfes Brüllen und starkes Krachen.)

Valentin.
's ist keine Kleinigkeit, das ist schon wahr.

Faust.
Des Feindes Macht ist nicht zu unterschätzen,
Gewalt'ge Schläge wird es diesmal setzen,
Vorhanden ist die brennende Gefahr,
Wovon die Stimme sprach: wird allzu stark der Feind,
So stampft und urgewalt'ge Hilf erscheint!

(Beide stampfen. Aus dem Boden taucht auf ein großer Bauer mit einer Sense.)

Bauer.
Blitz Donner auch, so mitten aus der Heuet
Wer zwingt mich her? Das Öhmd liegt just verstreuet!
Könnt ihr nicht warten, bis es unter Dach?
Den Teufel auch, was ist denn los?

(Es brüllt und kracht abermals.)

Valentin.
Du hörest ja das drohende Gekrach,
Der Krieg ist los, es nahet der Franzos,
Der alte Störenfried, der freche, jähe,
Auf den schlag los, da haue du und mähe!

Bauer.
So der? Das ist was andres, gut, es sei!
Mein Öhmd mag faulen; auf! ich bin dabei!
Er soll mich spüren, mich, den deutschen Michel,
In meiner Faust die starke, lange Sichel.

(Man hört ein Getrappel.)

Faust.
Es kommt; nun laß von diesem da dich führen,
Der ist Soldat und weiß zu kommandieren.

Valentin.
Jawohl, ich hab's gelernt im Türkenkrieg,
Mein Hauptmann fiel beim Sturm auf eine Schanze,
Das Fähnlein führt' ich vorwärts, und den Sieg
Errangen wir im blutig wilden Tanze.

Bauer.
Gut, gut, ich bin dabei, sagt nur, wohin zu hauen!
Wer uns bedroht, soll seine Wunder schauen,
Ich will ihn zausen,
Ich will ihm lausen,
Die Sense soll sausen,
Und wenn es ihm gruselt, wenn es ihm graust,
So wird er sie kennen, die deutsche Faust.

Valentin.
Ein Prachtskerl! Was er Arme hat und Schenkel!

Faust.
Und Fäuste! Des Cheruskers wahrer Enkel!
Er gleicht ja fast den alten deutschen Riesen,
Die Kraft der Goten, Sachsen, Friesen,
Der Hessen, Franken, Bayern, Alemannen
Scheint sich in ihm zu einen und zu spannen.
Er strotzet von der Erde Mark,
Wem der hilft, der ist felsenstark.

Valentin.
Ein bißchen ungeschlacht; schad't nicht!
Mir sagt sein Blick, sein klares Augenlicht:
Er ist vernünftig, seine derbe Wucht
Fügt in die Ordnung sich und Manneszucht.

(Das Brüllen und Trappen kommt näher.)

Faust.
Sie werden sichtbar, es sind ihrer drei,
Ein Mensch, ein starker Stier, ein wilder Leu.


Siebenter Auftritt



Es erscheinen: eine Menschengestalt, zu ihrer Linken ein Mann mit Stierkopf, der ein Geräte trägt, das einer Drehorgel gleicht, aber in eine Röhre mit Seiher ausläuft, zu ihrer Rechten ein Löwe.

Die Gestalt.
Me voilà, vainqueur de Sebastopel!
Flieht über Stein und Stoppel!
Vainqueur de Solferino!
Bergt euch im camerino!

Faust.
Gut, gut! Und der da mit der Orgelspritze,
Was will denn der? Was ist's für ein Geschütze?

Der Mann mit Stierkopf.
Das ist der Witz
Von dieser Spritz,
Daß sie nicht Wasser auf Feuersglut,
Sondern mörderisch Feuer spritzen tut,
Gebt acht,
Wie's knattert und kracht!
(Er setzt das Gerät in Bewegung.)
Ist sie erst scharf geladen,
Ihr fallt in ganzen Schwaden!

Bauer.
Man wird es ja sehen,
Wer besser kann mähen.

Faust.
Zur Rechten da, was will der Leu?
Ein Sinnbild wohl? Das Gleichnis ist nicht neu!

Die Gestalt.
Kein Gleichnis nur! Aus Afrika
Kommt dieser da,
Nach rühmlichen Siegen
Mein Diener in Kriegen;
Sein Blick ist Wut,
Sein Trank ist Blut,
Sein Zahn Verderben,
Seine Klaue Sterben,
Mit einem wilden Katzensatz,
Wirst sehen, ist er auf dem Platz,
Schlingt Lamm und Rind,
Würgt Mann und Weib,
Schont nicht das Kind
In Mutterleib,
Und eh du noch herbeigerannt,
Wird Wüste sein dein ganzes Land.
Allons! En avant! Marche, marche! Attaque!

Valentin (dem Bauern ins Ohr).
Hau zu! Hau zu! wer schnell sich wehrt
Und ins Konzept dem Gegner fährt,
Gewinnt das Spiel! Geschwind!
Hau wie der Wind!

(Der Bauer holt aus und haut dem Löwen, wie er aufspringen will, eine Tatze ab, der Löwe brüllt vor Schmerz und fährt zurück. Alle drei werfen sich auf die Gestalt, die den Degen zieht, der Mann mit Stierkopf schießt die Kugelspritze los, der Löwe wendet sich wieder zum Angriff; heftiger Kampf, der in kreisende Bewegung übergebt, die Feinde werden in die Enge getrieben, Stiermann und Löwe stürzen, die Gestalt sinkt in die Knie.)

Faust.
Er kniet, in unsern Hieben war ein Segen.

Gestalt.
Je suis perdu, da habt ihr meinen Degen!

Faust.
Gib her, du bist des Schwerts nicht wert,
Das ein frivoler Krieg entehrt!

Valentin (ihn betrachtend).
Ich sah einmal in meinem Vaterlande,
In einem Tal voll heilsam warmer Quellen,
Allwo, mit unsrem Abschaum in dem Bund,
Zu unsrer Schmach und ew'gen Affenschande
Ein Spielbankpächter saß, ein welscher Hund,
So eine Art zuchthäuslicher Gesellen –
Ich drückte mich – zusehn wollt' ich einmal –
Durch die Pariser Huren in den Saal –,
Mir ekelte, gar manche deutsche Frauen
Vermengt mit diesem Lauspack hier zu schauen,
Indes den Gatten schnöder Kitzel jückte,
Zu sehen, was am Schandtisch wohl ihm glückte
Da sah ich Kerle, die mit feinen Krücken
Das Blutgeld so zusammenschäufelten,
Mit matten, überwachten Blicken
Es sonderten, verteilten, häufelten:
Sieh, Faust, ganz so verschnurrt, verkohlt und stumpf,
So ausgezogen, so ein stiller Sumpf
Ist dieses Kerls verwittert Angesicht,
So ausgebrannt stiehlt sich ein müdes Licht
Aus seinen eingezwickten Lidern.

Faust.
Die croupiers meinst du. – Führt ihn fort, den Biedern,
Ins Loch mit ihm, da mag er brummen
Und dann verstummen.

(Valentin und der Bauer führen die Gestalt ab, nach wenigen Schritten fällt sie und zerbricht; aus den Fetzen, in die sie sich auflöst, fließt die Essenz, die Mephistopheles eingegossen.)

Valentin.
Pfui Teufel! Guck hieher, in lauter Brüh
Löst er sich auf, die stinkt, so stank's noch nie!

Faust.
Nach Pech und Schwefel, cremor tartari!
Es wirft mich fast.

Der Bauer.
...



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