Vogt | Südafrika – eine Demokratie wird erwachsen | E-Book | sack.de
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E-Book, Deutsch, 176 Seiten, Gewicht: 1 g

Vogt Südafrika – eine Demokratie wird erwachsen

Geschichte – Gegenwart – Zukunft
1. Auflage 2014
ISBN: 978-3-03823-945-1
Verlag: NZZ Libro
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

Geschichte – Gegenwart – Zukunft

E-Book, Deutsch, 176 Seiten, Gewicht: 1 g

ISBN: 978-3-03823-945-1
Verlag: NZZ Libro
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Die Abdankungsfeier für Präsident Nelson Mandela in Anwesenheit von fast 90 Staats- und Regierungschefs zeigte, dass Südafrika nach wie vor auf dem Radar der internationalen Gemeinschaft ist. Dass an dieser Trauerfeier der jetzige südafrikanische Präsident Jacob Zuma vom einfachen Volk ausgebuht und ausgepfiffen wurde, war eine Sensation. Wie 'erwachsen' ist Südafrikas Demokratie wirklich? Werner Vogt nimmt die fünften demokratischen Wahlen in Südafrika zum Anlass, auf die bewegte Geschichte des Landes zurückzublicken und einen Ausblick in die nähere Zukunft zu geben. Von der Gründung der Kapkolonie über den Burenkrieg, die Unabhängigkeit von England, die Zeit der Apartheid, die Präsidentschaft Nelson Mandelas und Jacob Zumas beleuchtet er sowohl Vergangenheit wie Gegenwart des Landes fundiert, kenntnisreich und mit journalistischem Flair.

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EINFÜHRUNG
Mit den fünften demokratischen Wahlen seit dem 27. April 1994 kam 2014 für den multirassischen Staat am Kap der Guten Hoffnung die Volljährigkeit. Somit ist die junge Demokratie erwachsen. Doch hier wie in der Entwicklung von Jugendlichen bedeutet Volljährigkeit nicht automatisch Reife. Dessen ungeachtet ist der 20. Geburtstag der südafrikanischen Demokratie ein guter Zeitpunkt zum Innehalten, um über Erreichtes wie Unerreichtes gleichermassen Bilanz zu ziehen. Ausgangspunkt unserer Zeitreise ist die Trauerfeier für Nelson Mandela am 10. Dezember 2013 im Johannesburger First National Bank Stadion. Dieses Ereignis sorgte aus mehreren Gründen für internationale Schlagzeilen. So kam es zum historischen Handschlag zwischen den Präsidenten der USA und Kubas, Barack Obama und Raúl Castro. Dänemarks Premierministerin Helle Thorning-Schmidt wiederum wurde berühmt durch ein Handyfoto, das sie von Obama und sich selbst machte. Die eigentliche Sensation des Tages – zumindest aus südafrikanischer Perspektive – war jedoch die Art und Weise, wie das einheimische Publikum im Stadion mit seinem Präsidenten Jacob Zuma umging. Jedes Mal, wenn das Gesicht des südafrikanischen Präsidenten auf der Grossleinwand erschien, erhob sich ein lautes Konzert von Buhrufen und Pfiffen. Dies führte dazu, dass die Regie des südafrikanischen Fernsehens die Kameramänner instruierte, ja nicht mehr auf Zuma zu fokussieren. Es kam aber noch schlimmer: Als der Präsident Südafrikas seine Ansprache begann, verliessen Hunderte von einfachen schwarzen Bürgern des Landes das Stadion. Dies ist in mehrfacher Hinsicht eine Sensation. Zum einen gilt in Südafrika wie überall auf der Welt das Gebot der Höflichkeit bei einem öffentlichen Anlass und im Speziellen der Respekt vor der Würde des Verstorbenen. Zum anderen gilt in Afrika in viel grösserem Mass als bei uns das Respektsgebot vor Personen, die älter sind oder eine höhere gesellschaftliche Stellung innehaben. Angesichts dieser Tradition ist es umso erstaunlicher, dass das Publikum gegen Jacob Zuma derart aufbegehrte. Zwei Gründe dürften für die Empörung der Bevölkerung im Vordergrund gestanden haben: Erstens muss es gerade für schwarze Südafrikaner, die in bescheidenen Verhältnissen leben, ein Affront sondergleichen sein, dass sich ihr Präsident seine Privatresidenz im heimatlichen KwaZulu-Natal für knapp 20 Millionen britische Pfund vergrössern und verschönern liess. Zweitens versuchte Zuma wiederholt, aus dem sterbenden Gründungspräsidenten des modernen Südafrika politisches Kapital zu schlagen: Zuma lud wiederholt zu «Presseterminen» mit Nelson Mandela ein, obgleich dieser – dement und geschwächt wie er war – keine Kontrolle mehr hatte über sich selbst. Es war ganz offensichtlich und für jedermann durchschaubar ein unwürdiges Spektakel. Um bei der Person von Jacob Zuma, dem dritten gewählten Präsidenten seit dem politischen Wandel im Jahr 1994, zu bleiben, so fällt schon der Vergleich mit seinem Vorgänger Thabo Mbeki sehr unvorteilhaft aus, derjenige mit Nelson Mandela geradezu katastrophal. Entscheidend für dieses negative Urteil ist weniger die Tatsache, dass Zuma einen sehr bescheidenen bzw. gar keinen Schulsack hat – er lernte erst im Gefängnis von Robben Island lesen und schreiben. Dies ist insbesondere dann ein Problem, wenn der Präsident auf sich allein gestellt ist, etwa als Hauptredner oder als Panel-Teilnehmer, und spontan auf Fragen zur Volkswirtschaft antworten muss. Hier wird das fehlende Fundament offensichtlich. Wenig präsidial ist auch, dass Zuma von der Tochter eines Bekannten der Vergewaltigung bezichtigt wurde, ein Vorwurf, den diese in der Folge zurückzog. Geradezu haarsträubend ist in diesem Kontext auch die Tatsache, dass er ungeschützten Geschlechtsverkehr mit dieser Frau hatte und danach gegenüber der Presse sagte, es habe ja nichts passieren können, da er post festum geduscht habe. In vielen anderen Ländern wäre eine solche Dummheit politischer Selbstmord – nicht so in Südafrika. Zumas fehlende Bildung und seine Unbedarftheit in gewissen Situationen sagen aber nicht das Geringste über seine politische Intelligenz aus. Der frühere Hirtenjunge stieg nicht von ungefähr zum Sicherheitschef des African National Congress (ANC) im Exil auf. In dieser Funktion war er auch massgeblich für schwere Menschenrechtsverletzungen in den ANC Camps von Angola verantwortlich. Zuma ist nicht nur ein geschickter Populist, der die Massen begeistern kann, wenn er will. Er ist vor allem ein mit allen Wassern gewaschener Machtpolitiker: So brachte er es fertig, den sich immer autokratischer und autistischer gebärdenden Staatspräsidenten Thabo Mbeki in dessen zweiter Amtszeit aus dem Sattel zu heben. Mit anderen Worten: Jacob Zuma ist ein Mann, der nicht unterschätzt werden sollte. Abb. 1: Robben Island: Für die damaligen Gefangenen waren Kapstadt und der Tafelberg in Sichtweite. Zwölf Kilometer in kaltem Wasser bei widrigen Strömungen hätte aber kein Fliehender überlebt. Abb. 2: Im Gefängnis von Robben Island mussten die Häftlinge nicht nur im Steinbruch Steine klopfen, sondern auch im Innenhof vor ihren Zellen. Die Zellen waren gerade gross genug (7 Quadratmeter), um darin zu schlafen. Der Alltag war geprägt von zahlreichen Schikanen. So unterstand der Briefverkehr mit der Familie einer strengen Zensur. Was ist in 20 Jahren erreicht worden? Zunächst einmal – und die Bedeutung dessen kann nicht genug betont werden – fand im Mai 1994 ein friedlicher Machtwechsel statt. Das weisse Minderheitenregime unter dem letzten Präsidenten der Apartheidära – Frederik Willem de Klerk – übergab die Macht an den ersten Präsidenten, der von Südafrikanern aller Hautfarben gewählt worden war: Nelson Mandela. Wer nun behauptet, dies habe ja alles so kommen müssen, dem fehlt die Phantasie im Bösen. Die Jahre 1990 bis 1994, in denen über einen demokratischen Wandel gesprochen und verhandelt wurde, waren geprägt von einem Mass an Gewalttätigkeit, das heute nicht mehr vorstellbar ist. Bis zu 40 Tote durch politische Gewalt an einem einzigen Wochenende waren kein Einzelfall, sondern die Regel. Von wenigen Ausnahmen abgesehen war die politische Gewalt schwarz-schwarz und nicht etwa schwarz-weiss. Der sozialistisch ausgerichtete African National Congress und die ethnisch ausgerichtete Zulubewegung Inkatha Freedom Party (IFP) trugen im heimatlichen KwaZulu-Natal und auch sehr intensiv in den Townships rund um Johannesburg einen Kleinkrieg aus, der Mitte der 1980er-Jahre eskaliert, um nicht zu sagen explodiert war. Tausende von Toten waren die Folge. In dieser brisanten politischen Situation hatte Südafrika das Glück, politische Führer zu haben, die auch schwierigste Situationen meistern konnten, etwa als der charismatische Kommunistenführer Chris Hani von zwei weissen Rechtsextremen erschossen wurde. Hier war Nelson Mandela federführend in der Beruhigung der kochenden Volksseele. Nicht auszudenken, was im Fall eines Attentats auf Mandela passiert wäre. Genauso fatal wäre ein Anschlag gegen de Klerk gewesen. Mit dem Schritt, den er auf seinen ehemaligen politischen Gegner zugegangen war, hatte er sich im eigenen Lager – d. h. in der Partei ebenso wie in seinem Kollegen- und Freundeskreis – zahlreiche Feinde geschaffen. Von zentraler Bedeutung für den Erfolg des politischen Wandels war auch General Constant Viljoen, der die um den Fortbestand ihrer Kultur besorgten Afrikaaner unter Kontrolle halten konnte, sowie Zulu-Führer Mangosuthu Buthelezi, der sich nach langem Hin und Her doch noch zur Teilnahme an den Wahlen und zum Einsitz in die Regierung der Nationalen Einheit entschliessen konnte. Wie aber konnte es überhaupt zu einer Situation kommen, in der ein Land die Mehrheit seiner Bevölkerung systematisch in einem System zu unterdrücken vermochte, das sich Apartheid (Getrenntsein) nannte? Die Ursprünge gehen auf das Jahr 1652 zurück, als die holländische Ostindien-Kompanie für den Handelsverkehr mit ihren Besitztümern in Südostasien am Kap der Guten Hoffnung einen Versorgungsposten gründete. Genau hier beginnt das Spezielle an der südafrikanischen Geschichte. Nach Südafrika wanderte nicht nur eine kleine koloniale Führungs- und Verwaltungsschicht ein, die möglichst viel Geld machen und dann zurückkehren wollte, sondern weisse Siedler, die sich von Europa definitiv verabschiedet hatten. Insbesondere den nach der Bartholomäusnacht von 1572 nach Holland geflohenen französischen Hugenotten fiel es leicht, ihrer Wahlheimat den Rücken zu kehren. Sie waren die erste Gruppe von weissen Einwanderern. Franschhoek (die «Ecke der Franzosen»), ein kleiner Ort am Kap, wo die Hugenotten ihre ersten Weinstöcke pflanzten, zeugt von dieser Vergangenheit. Die europäischen Siedler des 17. und 18. Jahrhunderts waren sehr schnell sehr expansiv. Sie dehnten ihr Siedlungsgebiet gewalttätig auf Kosten der lokal ansässigen Khoisan (Buschmänner) im Westen aus, während sie im Osten Grenzkriege gegen die Xhosas führten. Das grösste Bevölkerungswachstum kam aber durch die Sklaven aus Indien und Südostasien zustande, welche die Holländer nach Südafrika verschleppt hatten. Bereits in dieser europäischen Gründerzeit manifestierte sich ein Topos der südafrikanischen Geschichte: die Verdrängung und/oder Unterdrückung der Schwächeren durch die politisch und militärisch Stärkeren. Dies, obwohl es damals – im Vergleich zu heute – Land en masse gab. Zur weiss-schwarzen Rivalität gesellte sich alsbald die weiss-weisse Rivalität. 1797, im Rahmen der Napoleonischen Kriege, besetzten britische Truppen die zentralen Gebiete der Kapprovinz, und zwar hauptsächlich aus der Überlegung, dass dieser...


Werner Vogt (* 1960), Dr. phil., Exec. MBA HSG, promovierte mit einer Arbeit über das Churchill-Bild in der 'Neuen Zürcher Zeitung'. Er ist Gründer und Inhaber der auf Medienarbeit, Ghostwriting und Corporate Publishing spezialisierten Werner Vogt Communications AG in Küsnacht ZH. Zuvor war er während 14 Jahren Journalist (NZZ-Auslandredaktor und Südafrika-Korrespondent) sowie über 7 Jahre Pressechef der Schweizer Börse/SIX. Er ist Autor und Mitherausgeber mehrerer Sachbücher über Geschichte, Politik und Wirtschaft.



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