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E-Book

E-Book, Deutsch, Band 6, 752 Seiten

Reihe: Das Büro

Voskuil Abgang

Das Büro 6

E-Book, Deutsch, Band 6, 752 Seiten

Reihe: Das Büro

ISBN: 978-3-95732-286-9
Verlag: Verbrecher Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: Wasserzeichen (»Systemvoraussetzungen)



Die Jahre 1982 bis 1987 sind Jahre des Abschieds. Kaum ist der Tod von Nicoliens Mutter verwunden, stirbt Maartens Lehrmeister Beerta einsam in seinem Pflegeheim. Und schließlich müssen sich Maarten und Nicolien auch noch von ihrem alten Freund Frans Veen verabschieden, den eine Krebserkrankung das Leben kostet. Abschied nehmen heißt es auch für Direktor Balk, allerdings nicht vom Leben, sondern "nur" von der Arbeit. Nach vielen aufreibenden Jahren an der Spitze des Amsterdamer Volkskundeinstituts beschließt er, sich auf's Altenteil zurück zuziehen, und überträgt seinem Stellvertreter Maarten Koning die kommissarische Leitung der Anstalt.
Bei Licht betrachtet wäre Maarten die ideale Besetzung für den vakanten Direktorenposten, doch das Büro wäre nicht das Büro, wenn es diesem glücklichen Wink des Schicksals widerstandslos folgen würde. Kaum ist die Nachricht vom Rückzug Balks durchgesickert, setzt ein reges Treiben unter den Abteilungsleitern ein, um den eigenen Mann – oder sich selbst – für die Nachfolge in Stellung zu bringen. Einigkeit herrscht nur in einem Punkt: Es gilt um jeden Preis zu verhindern, dass Maarten Direktor wird! Dazu bedient man sich der nur allzu bereitwilligen Mithilfe des Kollegen vom Mittelalterlichen Quellenbuch. Doch als man bemerkt, dass dieser seine ganz eigenen Pläne verfolgt, ist es bereits zu spät …
Schließlich ist es auch für Maarten an der Zeit, sich zur Ruhe zu setzen. Nach dreißig langen Jahren als wissenschaftlicher Beamter im Dienste der niederländischen Volkskultur und auf der Höhe seines Ruhms als international ausgewiesene Kapazität auf dem Gebiet der Dreschflegelforschung hält er nun die Zeit für gekommen, dem Büro Lebewohl zu sagen. Doch das Büro wäre auch hier nicht das Büro, wenn es Maarten einen ruhigen, besinnlichen Lebensabend gönnen würde und die Geschichte damit zu Ende wäre.
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1983
Er ließ die Eingangstür hinter sich zufallen und zögerte einen Moment, bevor er vorsichtig, mit der Hand am Geländer, die Stufen der Freitreppe hinunterstieg. Es war sonnig und nahezu windstill. Obwohl die Bäume noch kahl waren, lag doch bereits etwas von Frühling in der Luft. Entlang der Gracht war es am frühen Nachmittag verhältnismäßig still. Die Schule hatte bereits begonnen. Es kamen nur wenige Autos vorbei. Sein Kopf fühlte sich leicht an, noch kein Schwindel, aber fast. Langsam folgte er der Gracht, wobei er hin und wieder kurz stehen blieb, um sich umzusehen, wie ein alter Mann. Es erinnerte ihn an eine weit zurückliegende Zeit, als er nach einer Bauchfellentzündung drei Monate im Krankenhaus gelegen hatte, und die Erinnerung erfüllte ihn mit Sehnsucht. Während er in der Sonne an der Brouwersgracht entlangging, fiel ihm auf, dass sehr viele alte Männer unterwegs waren, manche mit einem Hund. Er betrachtete sie mit Sympathie und beneidete sie darum, dass sie nicht ins Büro zurückmussten. In der Korte Marnixkade, nahe dem Haarlemmerpoort, ruhte er sich auf einer Fensterbank in der Sonne aus. Die Brücke hob sich. Die Dorus fuhr vorüber. Er beobachtete es und fühlte sich glücklich. * Er träumte, dass ein großes Tier in sein Bett kroch, ein schlangenartiges Tier mit Scheren. Es stieß ihm die Scheren in den Rücken. Er rief um Hilfe. Nicolien weckte ihn. »Was ist denn?«, fragte sie besorgt. – »Ich habe geträumt«, sagte er schlaftrunken. – »Aber du hast mich gerufen. Was war denn?« – »Ein großes Tier.« – »Ein großes Tier?« – »Ja«, sagte er schläfrig. »Es wird wohl das Büro gewesen sein.«
* »Da ist Balk am Telefon«, sagte sie gedämpft. »Kannst du den verkraften?«
»Ja«, sagte er widerwillig, »das geht schon wieder.« Er stand von der Couch auf und nahm den Hörer von ihr entgegen. »Jaap!«
»Ich habe von Asjes gehört, dass es dir wieder etwas besser geht?«
»Ich hatte vor, nächste Woche wieder zur Arbeit zu kommen.«
»Du weißt, dass Wiegersma morgen verabschiedet wird?«
»Das weiß ich.«
»Fühlst du dich schon imstande, da zu sprechen? Es wäre nett, wenn du auch etwas von deinen Erinnerungen erzählen könntest.«
Die Bitte überrumpelte ihn. »Das will ich gern versuchen«, sagte er zögernd. »Schön! Dann sehen wir uns morgen!« Sofort darauf erklang das Besetztzeichen. Verblüfft legte er den Hörer auf den Apparat. »Was war denn?«, fragte Nicolien argwöhnisch. »Er fragt, ob ich morgen bei der Verabschiedung von Hans Wiegersma sprechen könnte.«
»Aber das tust du doch sicher nicht?«
»Ich habe es schon versprochen.«
»Aber du bist krank!«
Unglücklich setzte er sich auf die Couch. »Wirklich krank bin ich natürlich nicht mehr.«
»Und er fragt nicht einmal, wie es dir geht?«, fragte sie mit wachsender Empörung. »Nein«, sagte er, »aber das würde auch nicht zu Balk passen.«
* Vom obersten Stockwerk ertönte Gesang – der kleine A.P.-Beerta-Chor übte für die Verabschiedung. Maarten hängte seinen Mantel ne­ben Barts Jacke auf und betrat sein Zimmer. Das Erste, was ihm auffiel, war das Licht – es war kühler, als er es in Erinnerung hatte, als hätte er sich in den paar Wochen seiner Abwesenheit bereits entwöhnt. »Hier bin ich«, sagte er. Bart drehte sich um. »Nein!«
Ad grinste. Maarten zog lächelnd einen Stuhl unter dem Tisch hervor und setzte sich so, dass er beide sehen konnte. »Ob das nun so klug ist?«, fragte Bart. »Ach, sicher.« Er lächelte schuldbewusst. »Wie fühlst du dich jetzt?« Er sah ihn besorgt an. »Noch ein bisschen schlapp.«
»Ja, das sieht man. An deiner Stelle wäre ich doch lieber noch ein bisschen zu Hause geblieben.«
Maarten lachte. »Ich gehe auch wieder nach Hause.« Er sah Ad an. »Ist hier noch was passiert?«
Ad schüttelte langsam den Kopf. »Nein, ich wüsste nicht, was.«
»Wie steht es jetzt mit dem nächsten Heft?«
»Rie hat ihren Aufsatz eingereicht.«
»Und?«
»Er liegt auf deinem Schreibtisch.«
»Ich meine, wie ist er?«
»Das solltest du dir besser selbst ansehen.«
Maarten nickte. »Und Lien?«
»Die wird wohl noch nicht fertig sein. Wenn sie überhaupt jemals fertig wird.« Sein Ton klang abschätzig. »Und ist noch etwas über die Einsparungen bekannt geworden?« Ads träge, ausweichende Antworten machten ihn ungeduldig. »Nö, ich glaube nicht, außer dass wieder die Rede von einem Einstellungsstopp ist.«
»Und Freek?«
»Der tritt am 1. März seinen Dienst an.«
»Das hat also geklappt«, sagte Maarten zufrieden. Die Verbindungstür ging auf. Gert kam in den Raum. »Hey!« Er musste gewaltig lachen. »Ja, ich bin wieder da«, sagte Maarten mit einem ironischen Lächeln. »Ich sehe es!«, sagte Gert lachend. »Wie geht’s?«
»Oh, phantastisch! Ich meine: toll!« Er lachte nervös. »Ich meine, mit deiner Archivforschung?«
»Auch toll. Ich lese jetzt Predigten.«
»Predigten?«
»Um zu sehen, ob darin etwas steht.«
»Und steht was darin?«
»Nichts!« Er musste selbst darüber lachen. »Aber du bleibst doch katholisch, hoffe ich?«
»Ja, natürlich!«
»Denn sonst wirst du entlassen!«
»Ja, das ist mir klar.« Er lachte. Tjitske war nun ebenfalls in der Tür erschienen und kam zögernd in den Raum. »Hallo«, sagte sie. Sie blieb bei der Tür stehen. »Tag, Tjitske«, sagte Maarten. Hinter ihr tauchte nun auch Frits auf. »Hallo.«
»Tag, Frits.«
»Du bist also wieder gesund?«
»So gut wie.«
»Hast du meinen Aufsatz gelesen?«
»Ich habe ihn gelesen und finde ihn verdammt gut.« An Frits’ Gesicht war nicht zu erkennen, wie er es aufnahm. »Ganz und gar Güntermann«, versicherte Maarten, um dem noch etwas hinzuzufügen. Frits nickte. »Aber wir sprechen noch darüber, denn ich habe noch ein paar Wünsche. Nicht für diesen Aufsatz, sondern für den nächsten.«
»Gut.«
Tjitske wandte sich zögernd ab und ging wieder in den Besucherraum. »Bleibst du jetzt auch?«, fragte Gert. »Ich wollte in einer Woche wieder anfangen.«
»Da liegt auch noch eine Einladung für einen Ernährungskongress auf deinem Schreibtisch«, sagte Ad. Die Mitteilung traf Maarten unangenehm. »Wann?« Er stand auf. »Das weiß ich nicht. Ich glaube, im Oktober.«
»Hört das denn nie mehr auf?« Er ging zu seinem Schreibtisch. »Ob du das nun wirklich machen solltest?«, fragte Bart besorgt. »Ich sehe nur kurz nach, was dort liegt.« Sein Schreibtisch verschwand völlig unter den Stapeln an Mappen und Papieren, nach Vorgängen sortiert. Er erkannte darin Joops Handschrift. Während er in dem Stapel mit Post zu suchen begann, klingelte das Telefon. Er nahm ab. »Koning hier!«
»Bist du da?« Balks Stimme. »Wir fangen an!«
Frits und Gert gingen wieder in den Besucherraum. Ad und Bart standen auf und folgten Maarten. Von unten, aus dem Vorlesungsraum, kam Stimmengewirr, man hörte Reden und Lachen. Als...


Johannes Jacobus Voskuil??, geboren 1926 in Den Haag, war ein niederländischer Volkskundler. Bereits 1963 veröffentlichte er seinen ersten Roman, doch zur Berühmtheit der niederländischen Literatur wurde er erst mit dem Romanwerk "Das Büro", dessen erster Teil 1996 und dessen letzter 2000 erschien. Er wurde 1997 mit dem Ferdinand Bordewijk Prijs und 1998 mit dem Libris Prize ausgezeichnet. 2008 starb Voskuil in Amsterdam.

Der siebenbändige Romanzyklus "Das Büro" ("Het Bureau") war in den Niederlanden mit über 400.000 verkauften Exemplaren ein Riesenerfolg. Er wurde bei einer Internetabstimmung auf Platz 7 der wichtigsten niederländischen Romane aller Zeiten gewählt! Am Erstverkaufstag der Bände standen in Amsterdam Schlangen vor den Buchläden, auch hierzulande hat sich eine stetig wachsende Fangemeinde gebildet.


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