Problemen gelassen ins Auge schauen - Eine Einführung
E-Book, Deutsch, 212 Seiten
ISBN: 978-3-17-037912-1
Verlag: Kohlhammer
Format: EPUB
Kopierschutz: Wasserzeichen (»Systemvoraussetzungen)
Autoren/Hrsg.
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Vorwort
Gelassen auf Konflikte zu schauen, auch wenn die Wogen hoch gehen – sie sogar langfristig aufzulösen – das ist möglich mit Introvision. Um diese vergleichsweise neue Beratungs-, Coaching- und Selbsthilfemethode zur Förderung von Gelassenheit geht es in diesem Buch. Sie wurde über einen Zeitraum von 40 Jahren im Rahmen eines Langzeitforschungsprogramm unter der Leitung der Erstautorin, Angelika C. Wagner, in weit über sechzig empirischen Untersuchungen, zunächst an der Pädagogischen Hochschule Reutlingen und seit 1985 an der Universität Hamburg, entwickelt, erprobt, methodisch weiterentwickelt und in vielen praktischen Anwendungsfeldern auf ihre Wirksamkeit hin untersucht. Seit das Buch »Gelassenheit durch Auflösung innerer Konflikte. Mentale Selbstregulation und Introvision« von Angelika C. Wagner 2007 (2. Aufl. 2011, 3. Aufl. in Vorb.) im Kohlhammer Verlag erschienen ist, hat das Interesse an Introvision in Wissenschaft und Praxis stark zugenommen. Mit dieser alltagsnahen Einführung wollen wir eine breitere Leserschaft erreichen. Das Buch eignet sich für Menschen, die sich mit der Förderung von Gelassenheit in Selbstlektüre auseinandersetzen möchten und kann als Grundlagentext für Seminare, für Einführungskurse in Introvision und beim Training und Coaching in Introvision genutzt werden. Dabei geht es darum, (wieder) mit mehr Gelassenheit entscheiden und handeln zu können, das Ausmaß psychischer Anspannung regulieren zu können, sich mühelos(er) in eine gewünschte Richtung verändern zu können, ohne dieses Vorhaben dem eigenen Bewusstsein so aufzuzwingen, dass zwar der Druck steigt, die Änderung aber nicht eintritt, und Konflikte von der Wurzel her aufzulösen. In den letzten Jahren ist unter der Anleitung der Autorinnen eine Vielzahl von Kursen entwickelt und durchgeführt worden, an Hochschulen (Pädagogik, Psychologie, allgemeine berufsbildende Kompetenzen, Gesundheitsförderung, Sozialpädagogik und Soziale Arbeit), an Schulen (zur Verbesserung des Lernens und zum Abbau von Prüfungsangst), im Leistungssport, zum Stressabbau und zur Gesundheitsförderung von Führungskräften wie auch Langzeitarbeitslosen, um nur einige zu nennen. Daneben werden laufend weitere Forschungsprojekte zur Wirksamkeit von Introvision geplant und realisiert. Die Forschungsgruppe Introvision an der Universität Hamburg (www.introvision.uni-hamburg.de), heute unter der Leitung von Prof. Dr. Angelika C. Wagner und Prof. Dr. Telse A. Iwers, bietet neben individuellen und Gruppen-Workshops zur Einführung in die Introvision für Interessierte seit April 2014 auch ein umfangreiches Weiterbildungsprogramm für Coaches, Trainerinnen und Trainer sowie Beraterinnen und Berater an, die in der professionellen Anwendung der Methode der Introvision ausgebildet und weiterqualifiziert werden. 2016 wurde ein Verband gegründet unter dem Namen »Introvision e. V. – Gesellschaft zur Förderung der Introvision als Methode der mentalen Selbstregulation«, der es sich zur Aufgabe macht, die Weiterentwicklung und Verbreitung der Introvisionsberatung zu fördern (www. introvision.de). Für all diese Zwecke legen wir diese leicht verständliche, praxisorientierte und zugleich wissenschaftlich fundierte Einführung als Ergänzung und Erweiterung des grundlegenden »Gelassenheitsbuchs« vor. Sie wurde von uns drei Autorinnen gemeinsam verfasst. Univ.-Prof. Angelika C. Wagner, Ph. D. (University of Michigan) ist emeritierte Professorin für Pädagogische Psychologie, Begründerin des Ansatzes der Introvision und Leiterin der »Forschungsgruppe Mentale Selbstregulation und Introvision« an der Fakultät für Erziehungswissenschaft der Universität Hamburg. Die Entwicklung der Introvision ist ihr Lebenswerk ( Kap. 1.3). Die Entstehung dieses Buches geht auf die Initiative und auf Vorarbeiten von Prof. Dr. Renate Kosuch im Rahmen ihres Forschungssemesters im Jahr 2013 an der Fakultät für Angewandte Sozialwissenschaften der TH Köln zurück. Zudem hat sie innere Konflikte im Berufsalltag analysiert und dabei auf der Grundlage der Methode des Nachträglichen Lauten Denkens die Methode des konfliktfokussierten Interviews zur Erfassung subjektiver Imperative entwickelt, in einer empirischen Untersuchung von Konflikten von Männern und Frauen im Bereich der Naturwissenschaften angewandt und die Ergebnisse empirisch ausgewertet1. Sie setzt Introvision ein bei der Gestaltung von Veränderungsprozessen in Organisationen2, im Kontext der Vermeidung von freiheitsentziehenden Maßnahmen in der häuslichen Pflege und zur Erleichterung des Erlernens von Beratungsmethoden3. Prof. Dr. MHEd. Telse Iwers lehrt Pädagogische Psychologie an der Fakultät für Erziehungswissenschaft der Universität Hamburg. Seit 25 Jahren befasst sie sich mit der Auflösung innerer Konflikte in Beratungs- und Supervisionsprozessen sowie im Kontext von Interkulturalität und pädagogischer Professionalität. Ihr Verdienst ist es u. a., 2001 den Begriff Introvision dafür erfunden zu haben. Alle Autorinnen verfügen über umfangreiche Erfahrungen sowohl in der Forschung und Entwicklung als auch in der praktischen Vermittlung der Introvision. Zur 2. Auflage
Die hier vorgelegte zweite, überarbeitete Auflage dieses Praxisbuchs spiegelt die kontinuierliche Weiterentwicklung der Introvision in Theorie, Forschung und Praxis wider. Die Theorie der mentalen Introferenz wurde seit 2015 von der Erstautorin, Angelika C. Wagner4, zu einer Grundlagentheorie der Entstehung von Gelassenheit weiterentwickelt; in diesem Zusammenhang wurde Kapitel 2 von ihr weitgehend neu geschrieben. Weiterführende Forschungsergebnisse (so z. B. das Gelassenheitsbarometer von Prof. Dr. Renate Kosuch im Anhang dieses Buchs) sowie neue Impulse für die Praxis und die gelingende Anwendung von Introvision kommen aus der laufenden Forschung, aus der Praxis, von Teilnehmenden und Veranstalterinnen der Weiterbildungskurse ebenso wie aus hochschulbegleiteten Transferprojekten. Prof. Dr. Angelika C. Wagner hat neben der Weiterentwicklung der Theorie der mentalen Introferenz zu einer allgemeinen Theorie der Gelassenheit seit März 2014 ein Promotionsvorhaben initiiert und betreut, das von Kamala Klebanova durchgeführt wird. Es handelt sich um ein Interventionsforschungsprojekt zur Wirksamkeit der Introvision bei der Verringerung von Prüfungsangst und zur Verbesserung der Gedächtnisleistung bei Oberstufenschülerinnen und -schülern, in enger Kooperation mit dem Sonderforschungsbereich »Plastizität des Gehirns«5 an der Universität Lübeck. Darüber hinaus hat sie die Entwicklung weiterer, derzeit laufender empirischer drittmittelgeförderter Untersuchungen (u. a. Introvision bei Migräne sowie Introvision im betrieblichen Gesundheitsmanagement) konzeptionell begleitet. Parallel dazu treibt sie die Entwicklung der Praxis der Introvision weiter voran: durch die Entwicklung neuer KAW-Übungen, durch Vorträge und Workshops zur Einführung in die Introvision für unterschiedliche Zielgruppen, sowie durch Aufbaumodule zur Weiterbildung von in Hamburg ausgebildeten Introvisionsberaterinnen und -beratern. Prof. Dr. Renate Kosuch hat seit 2015 an der Förderung von Gelassenheit als einen bedeutsamen Aspekt in der rechtlichen Betreuung – insbesondere im Prozess der Unterstützung von Menschen mit behinderungs- oder krankheitsbedingten Einschränkungen in ihrer Entscheidungsfähigkeit gearbeitet6 und damit ihren Themenschwerpunkt der Bedeutung von Gelassenheit in sozialen Interaktionen weiter ausgebaut. Im Rahmen der Gelassenheitsförderung für pflegende Angehörige von an Alzheimer erkrankten Menschen hat sie7das hier vorgelegte Gelassenheitsbarometer8 zur Selbstreflexion in vielfältigen Kontexten entwickelt ( Anhang). Neuere Veröffentlichungen dazu finden sich im Literaturverzeichnis. Prof. Dr. Telse A. Iwers hat seit 2015 neben verschiedenen Vortragstätigkeiten Forschungsprojekte zur Untersuchung des Zusammenhanges von Introvision und antinomischen Spannungen ebenso wie des Zusammenhanges zwischen Introvision und Achtsamkeit durchgeführt und begleitet. Zu dem zweiten Themengebiet hat sie eine Ringvorlesung organisiert und arbeitet aktuell an der Weiterentwicklung von Achtsamkeitsförderung durch Introvision im Rahmen pädagogischer Professionalisierung. Ebenso bietet sie in interkulturellen Lehrprojekten gemeinsam mit der University of Education Winneba (Ghana) introvisionsbasierte Trainingseinheiten zur Dekonstruktion und Rekonstruktion subjektiver Theorien von Zugehörigkeit und Nichtzugehörigkeit und zum Umgang mit Ungewissheit an. Als Sprecherin der Kommission...