E-Book, Deutsch, 160 Seiten
Wagner-Trenkwitz Alles Walzer
1. Auflage 2020
ISBN: 978-3-903217-68-3
Verlag: Amalthea Signum
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Der Opernball von A bis Z. Mit einem Vorwort von Karl Hohenlohe und Illustrationen von Michael Pammesberger
E-Book, Deutsch, 160 Seiten
ISBN: 978-3-903217-68-3
Verlag: Amalthea Signum
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Christoph Wagner-Trenkwitz, Mag. phil., geboren in Wien, ist Direktionsmitglied und Chefdramaturg der Wiener Volksoper sowie ab 2020 Intendant der Operette Langenlois. Radio- und TV-Moderator ('Pasticcio', Opernball, Neujahrskonzert), Bühnendarsteller sowie Autor zahlreicher erfolgreicher Bücher über Musik, Oper, Operette und Musical. Seit März 2020 Corona-Beauftragter seiner selbst.
Weitere Infos & Material
Haider, Alfons
Er ist so dynamisch, schlank und elegant wie je, dennoch kann er als »Urgestein« der Opernball-TV-Übertragung bezeichnet werden. Seit den 1990er-Jahren betreute er (mit einer kurzen Unterbrechung) bislang insgesamt 24-mal das Event weitgehend pannenfrei. Die wenigen Pannen, die doch passieren, nimmt er sich wesentlich mehr zu Herzen als sein Publikum. Zwei davon möchte ich herausgreifen – obwohl sie eigentlich in die Rubrik Hoppala gehören:
Alfons hatte die Aufgabe, DJ Ötzi zu verhören. Der kernige Musiker aus Tirol gebrauchte in einer seiner Antworten den Begriff »Orschkchortn«. Es ist die Krux von Interviewern an lauten Orten (und der tosende Ball ist ein solcher), dass sie ihr eigenes Wort nicht verstehen, noch viel weniger das des Gegenübers. Sie halten diesem ein Mikrofon vor den Mund, das dem Fernsehpublikum einen tadellosen akustischen Eindruck des Gesagten gibt, nicht aber ihnen selbst. Alfons fragte also nach, und Gerry Friedle wiederholte in genüsslichem Hochdeutsch: »Arsch-Karte.« Nun hatten es alle verstanden und Alfons schämte sich ein wenig.
Beim Opernball 2020 interviewte Alfons Hanni Vanicek (Vani Hannicek ist falsch), die Geschäftsführerin des jubilierenden Wiener Textil-Traditionshauses »Zur Schwäbischen Jungfrau« (»300 Jahre Jungfrau, das muss gefeiert werden«, meinten Kari & Christoph). Ein rasch hingeworfener Satz der Dame wirkte auf Alfons verwirrend, und er meinte: »Jetzt haben Sie mich am falschen Ufer erwischt.« Zu spät realisierte er, was ihm da entkommen war, und versuchte in seinem nächsten Interview, den Schnitzer therapeutisch aufzuarbeiten. Er beichtete der Komödiantin Maria Happel, die schlagfertig feststellte: »Das wird dann wohl in die Genitalien eingehen.« Schlimmer konnte es nicht werden, und damit war Alfons gerettet.
P. S.: Zum gleichnamigen verunfallten Landeshauptmann mit Vornamen Jörg fällt mir nichts ein. Er war bei einem Opernball mal für längere Zeit im Bild, aber Kari & Christoph haben ihn zu spät erkannt, um ihn zu benennen. In der gleichnamigen Sendung () hat man ihn dann wieder identifiziert.
Hashtag
Das ist die Kraxe, die auf der Handy-Tastatur rechts unten zu finden ist und eine zentrale Bedeutung im Austausch von digitalen Nachrichten genießt. Bitte fragen Sie nicht weiter, ich bin kein soziales Medium und kann die Sache nicht besser erklären.
Seit einigen Jahren wird das TV-Publikum aufgefordert, unter Bilder zu »posten«, und es kommt dieser Aufforderung scharenweise nach. Ich prägte dazu einen unserer Standardsprüche, der alljährlich fallen muss, und zwar mit leicht ungarischer Färbung: »Kein Essen ohne Bä-steck, kein Opernball ohne Hashtag.«
Kennen Sie Karis & Christophs andere beiden Standardsprüche? Sie passen zwar nicht zum Thema »Hashtag«, aber wenn ich schon dabei bin, möchte ich sie loswerden. Wenn sich die hereinziehende Gruppe der Debütanten in der Mitte teilt und die jungen Damen und Herren nach links und rechts auseinanderfluten wie weiland das Rote Meer unter dem seligen Moses, sage ich Jahr für Jahr: »Hier gilt die Rettungsgasse.« Und wenn, zaghaft, aber unaufhaltsam, der anhebt, der den Eröffnungstanz des Komitees begleitet, muss ein weiterer Klassiker geliefert werden ( ).
Heuriger, der
Schon die ersten Opernbälle in den 1930er-Jahren erfreuten mit einem Heurigen im zweiten Untergeschoß in Räumen, die »ansonsten der Tischlerei vorbehalten« waren (). Nach dem Krieg gab es ihn weiter, irgendwann mal nicht und dann tauchte er wieder in den Orchestergarderoben auf. Zu erwähnen ist, dass im veltlinergesättigten Untergeschoß regelmäßig die »Drei Lauser« auftreten (2015 zum 30. Mal), von Kari & Christoph glühend verehrte Vorbilder in Sangesfreude und Humor. Wir haben deshalb versucht, uns die »Zwei Läuse« zu nennen, aber der Begriff war schon geschützt.
Der Musiker Hans Faltl jr. war Augenzeuge des frühen Heurigengeschehens, wobei in seiner Erinnerung die Trinkstube tiefer gesunken ist als möglich (fünf Untergeschoße hat das Haus am Ring gar nicht): »Beim Heurigen in der 5. Etage – aber nach unten – sind die Ballbesucher oft bis 7 Uhr früh geblieben. Sie mußten dann, weil sie ja nicht mehr gehfähig waren, mit dem Bühnenlift an die frische Luft geführt werden.« ( auch: Rausch(en))
Hofopernsoiree
»Der Saal war der schönste, reichste und glänzendste, in dem je ein Ball stattgehabt. […] Von der Musik sei gesagt, dass das Repertoire acht Piècen von Strauss unter dessen persönlicher Leitung enthielt. […] Die beste Leistung der gestrigen Ballnacht war . Strauss, der schon bei seinem Erscheinen mit donnerndem Beifalls- und Jubelgeschrei empfangen worden war, wurde nach Beendigung des vortrefflich gespielten Walzers mit so stürmischem Applaus überschüttet, dass er das Stück wiederholen musste …«
Das war, verzeihen Sie die Falle, eine Schilderung des ersten Pariser Opernballs am 13. Jänner 1877. Er zeigt nicht nur, dass Johann Strauss Sohn internationalen Starruhm genoss, sondern auch, dass wir Wiener den Parisern nahezu alles abgekupfert haben. Ziemlich genau elf Monate später, am 11. Dezember, trauten nämlich auch wir uns zur ersten Hofopernsoiree.
Marcel Prawy ( dieser) beschrieb dieses Ereignis so: »Die Bühne war zu einem Prunksaal umgezaubert worden, mit Fächerpalmen aus Asien und sonnverbrannten Bananen (sie stammten angeblich aus der Requisitenkammer der [eine Oper von Giacomo Meyerbeer] und der [eine solche von Carl Goldmark]). […] Es gab ein reiches künstlerisches Programm. Viel diskutiert wurde das ›Distanzdirigieren‹ von Hofopern-Kapellmeister Wilhelm Gericke, der wie der fliegende Holländer aussah und mit dämonischen Gesten das Orchester zu Füßen der Treppe beschwor – während ein gemischter Chor mit Amalie Materna und Marie Wilt als Solistinnen auf der vierten Galerie Piècen des Ballettdirigenten Franz Doppler sang.«
Zum Verständnis: Der fliegende Holländer ist eine Operngestalt von Richard Wagner (aber das haben Sie gewusst) und die beiden genannten Damen waren Mitglieder des Hofopernensembles. Marie Wilt zählte zu den etwas voluminöseren Diven, weshalb das Witzwort von der »Reise um die Wilt in 80 Tagen« kursierte. Damals war »body shaming« wie so vieles Garstige noch erlaubt …
Abgesehen von der Anwesenheit zahlreicher Erzherzöge und -zoginnen war ein Hauptunterschied zu heutigen Bällen eben das »reiche künstlerische Programm«, das sich von 22 Uhr bis gegen Mitternacht ausdehnte (während heutige Ballgäste schon nach zweieinhalb Darbietungen genug von der Kunst zu haben scheinen). In diesem Rahmen dirigierte auch Johann Strauss (natürlich eigene) Walzer, während das Publikum lauschte und frenetisch applaudierte – aber noch nicht tanzte. Die Bestuhlung (ein hässliches Wort, das ich nur ausnahmsweise benutze) wurde erst um Mitternacht weggeräumt, als der jüngere Strauss- Bruder Eduard den Taktstock übernahm und mit der Strauss-Kapelle erstmals seine aufführte – da wurde endlich getanzt. Der Programmzettel zur zweiten Hofopernsoiree am 15. Jänner 1878 trug bereits den vorgreifenden Untertitel »(Ball.)«.
Hohenlohe, Karl Wagner-Trenkwitz
Eigentlich sollte hier ja nicht mehr stehen als der Verweis auf mich (und wenn Sie vorblättern, finden Sie bei mir einen Verweis auf ihn), aber Kari hat in dem von Ulrike Messer-Krol herausgegebenen Ballbuch Grundkomisches geäußert, wovon ich ein paar Sätze fladere.
Zum Thema Anmeldung: »Wäre ich an der Spitze der Organisation und somit höchste Instanz in Auswahlfragen, nur handgeschriebene, auf Büttenpapier zutiefst devot gehaltene Gnadengesuche würden mein Herz erweichen.«
Müssen sich Debütantenpaare gut verstehen? »Abgesehen von der Tochter des Bundespräsidenten Rudolf Kirchschläger, die das einzig Richtige getan und in einer dramatischen Flucht nach vorn den ihr zugeteilten Tanzpartner nach der Eröffnung geheiratet hat, sind vielfach gegenteilige Erfahrungen bekannt.«
Und das kann beim Vortanzen passieren: »So gibt es anstatt Linkswalzer alle möglichen Variationen zwischen Kasatschok, Csárdás und Sirtaki, die von den Vorführenden eisern als Linkswalzer proklamiert werden und unumstößlich zum Scheitern verurteilt sind. Hart und nicht ungerecht, so lautet – und hat auch zu lauten! – das Credo der...




