E-Book, Deutsch, Band 3, 510 Seiten
Reihe: Die Garuda-Serie
Weber Die Bali Affäre
1. Auflage 2024
ISBN: 978-3-7583-9285-6
Verlag: BoD - Books on Demand
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
E-Book, Deutsch, Band 3, 510 Seiten
Reihe: Die Garuda-Serie
ISBN: 978-3-7583-9285-6
Verlag: BoD - Books on Demand
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Auf der Flucht vor den deutschen Behörden gerät Uli Zimmer ins Kreuzfeuer von Arne Kucholski, einem abtrünnigen Agenten des BND, der sich an ihm für die Affäre mit seiner Frau rächen will. Mossad und CIA verfolgen unter dessen sowohl mit Arne als auch mit Uli ihre eigene Agenda. Derweil versucht Wolf Kimmich das Büro der EAPA in Jakarta vor der Schließung zu bewahren. Da kommt die Story des flüchtigen Uli zum richtigen Zeitpunkt. Aber reicht die Story, um das Überleben der Nachrichtenagentur in Indonesien zu retten? Axel Weber setzt die Garuda-Serie unter der gnadenlosen Sonne des indonesischen Archipels mit mehr Twists und Wendungen fort, als es die Straßen auf Bali hergeben.
Zu schreiben bedeutet, einer besonderen Zunft anzugehören. Ich schreibe im Verständnis, dass meine Texte ein Eigenleben in den Köpfen meiner Leser führen, ihnen Freude bringen und helfen, ihr tägliches Leben zu meistern. Insofern ist Schreiben für mich eine transzendentale Übung: Das Schaffen eines Mehrwertes über unser tägliches Doing hinaus, eine philosophische Beschäftigung mit mir selbst, die in der Fantasie meiner Leser endet.
Autoren/Hrsg.
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Der beste Burger der Welt Die Stühle und Tische im McDonald’s in der Mataram Mall sind am Boden festgeschraubt. Wie in einem Gefängnis, denkt Uli. Die Vorstellung von Gefängnis bringt Panik in seine Magengrube und katapultiert seine Vergangenheit in die Gegenwart. Er schaut sich mit seinem Tablett in den Händen nach einem anderen Platz um. Und stellt fest, dass alle Sitzplätze am Boden verankert sind. Er wundert sich, ob der Franchisepartner Angst hat, dass irgendeiner ihm die Ladeneinrichtung davon trägt. Oder die Ladeneinrichtung über den Tresen wirft, wenn die Burger oder die Fries nicht gut genug sein sollten. Oder warum sie auch immer auf Lombok mit Stühlen auf ein Restaurant werfen würden. Auf jeden Fall sind die Tische und Stühle unverrückbar mit dem Boden verbunden. Bei seiner Größe ist das mit dem bequemen Sitzen ein Problem. Der Name “Mall” meint es wohlwollend mit dem Ort, schmeichelhaft. Nicht, dass der Besucher eine Wahl hätte. Es ist der einzige Ort auf der Insel, der Ähnlichkeit mit einem Einkaufszentrum hat. Diese Mall ist vernachlässigt und verlassen. Weiter hinten und in den oberen Stockwerken stehen Ladenflächen leer. Die Mall stimmt ihn traurig. McDonald’s hat - natürlich - den besten Platz, direkt am Eingang. Da, wo jeder durch muss, wenn er in die Mall will. Mit den großen Fensterscheiben, die er nicht mag, weil ihn jeder sehen kann. Er verzieht sich in eine Ecke weit weg vom Fenster, in die Nähe der Klimaanlage und der Wastafel. Die Wastafel ist eine der wirklich guten Dinge: Um sich die Hände zu waschen, muss Uli nicht erst auf das WC gehen. Sie haben es hier im Restaurantbereich hinten an die Wand gemacht. Er stellt das Tablett ab und wäscht sich die Hände. Es gibt Seife, aber keine Handtücher. Das ist eines der Rätsel. Wie machen sie das ohne Handtücher? Uli’s kurze Hose wird zum Handtuch. Dann setzt er sich zu seinem Essen und beißt in den Big Mac. Die Sensation ist in Indonesien genauso wie überall auf der Welt: Befriedigend. Einmalig. Der beste Burger der Welt. Burger-Patties, Sauce, Salzgurkenscheiben, Semmel mit Sesam. Zwiebeln. Eisbergsalat. Und in der Mitte das von beiden Seiten getoastete Brötchen. Aber vor allem: Die Sauce. Die Kür beim Big Mac ist die Sauce. Die Sauce ist eine Verfeinerung der Thousand Island Dressing. Und welche Sauce passt besser zu Indonesien als eine Thousand Island Dressing? Während er isst, beobachtet Uli loses Papier und Plastiktüten, die miteinander im Eingangsbereich zwischen den Türen spielen. Es ist nicht klar, ob sie aus der Mall hinaus wollen oder hinein. Es ist ein endloses Hin und Her. Auch dieser Gedanke macht ihn traurig. Das Putzpersonal trägt blaue Uniformen und eine rote Kappe mit dem Logo der Mall. Sie haben Besen und diese Kehrschaufeln, die automatisch hochklappen, wenn der Kehrende sie vom Boden nimmt. Dann bleibt der Schmutz in der Kehrschaufel und der Wind kann den Dreck nicht verwehen. So einfach und doch so genial. Bestimmt eine deutsche Erfindung. Keine indonesische, denkt Uli. So perfekt durchdacht. Das Putzpersonal besteht aus einem schlanken Mann und einer kleinen Frau. Beide lachen und reden und der Mann raucht während er lacht und er hält seinen Besen so, als habe dieser nichts mit ihm zu tun, als würde er ein Eigenleben führen und selbständig nach toten Zigaretten auf dem Boden suchen. Während er sie beobachtet, kehren sie überall da, wo keine toten Zigaretten, kein Papier und kein Plastik liegen. Und Plastik und tote Zigaretten liegen überall. Sie kehren kein einziges Mal zwischen den Türen im Eingangsbereich. Dort gesellt sich Verpackungsmaterial von McDonald’s zu Plastiktüten und Papier. Dann läuft die Sauce des Burgers wie eine Schlange an seiner Hand hinunter und führt ihn in Versuchung. Die Sauce ist zu gut für eine Serviette. Er wirft seine Scham über Bord und leckt seine Hand, ohne den Burger aus der Hand zu legen. Eine Geste, die er bei anderen Menschen verachtet. Jetzt ist er selbst so weit. Dann tunkt seine freie Hand einen Strauß French Fries in die ABC-Sauce. Auf der Flasche steht geschrieben Sambal Asli. Sein Mund verschlingt das Ganze als kann er ohne die Schärfe aus Chili und Knoblauch nicht leben. Gierig. Obwohl er sie lieber Freedom Fries nennt. Das hat die junge Indonesierin hinter dem Schalter nicht verstanden. Also hat er French Fries bestellt. Freedom Fries, weil: Solange er bei McDonald’s essen gehen kann, ist er frei. In Freiheit. Daher: Freedom Fries. Für ihn hat das weniger etwas mit den Franzosen zu tun. Und vielleicht gibt es im Gefängnis in Deutschland ja auch French Fries, obwohl die dort dann auf keinen Fall Freedom Fries heißen, sondern Pommes. Und wenn er das Wort Pommes hört, hat er ein anderes Geschmackserlebnis im Kopf. Pommes Frites in Deutschland sind etwas Billiges, eine Alternative ohne Wahl, in billigem Fett an billigen Kiosks gemacht, in der Regel mit billigen Würstchen, während Freedom Fries die Vision einer freien Welt transportieren und nach dem endlosen Himmel und der Weite von Arizona schmecken und der Fahrt in den Sonnenuntergang. Die Fries - egal ob Freedom oder French - im McDo in der Mataram Mall schmecken so gut wie die Freiheit, für die sie für ihn stehen. Auf Lombok. Seinem Gefängnis. Wie lange ist er schon da? Es sind Jahre, die sich wie ein ganzes Leben anfühlen. Es macht ihn fertig, dass sein Leben auf einer heißen Insel auf einen Schatten reduziert ist. Die Insel zermürbt ihn und macht ihn müde. Sie hat ihm nichts mehr zu bieten. Er lebt vom Ritual, einmal in der Woche nach Mataram zu fahren und einen Big Mac zu essen - er gönnt sich ja sonst nichts, es gibt sonst nichts, was er sich gönnen könnte. Und in der Mall tut er so, als wäre alles prima. Copacetic. In diesen Augenblicken denkt Uli an den Spruch hinter einer Bar in Jakarta: Everything is going tobe alright in the end. And if it’s not alright, it’s not the end. Das ist zu Uli’s Motto geworden. Dass dies nicht das Ende ist. Denn nichts ist alright. Außer dem Burger und der Sauce. Er isst alles mit der ABC-Sauce, die er wie Luft zu sich nimmt und die jedem Essen die indonesische Einfärbung gibt, genauso wie es die Kretek-Zigaretten mit der Luft tun. Die Freedom Fries lassen ihn an den amerikanischen Traum glauben. An Freiheit. An den Neuanfang. An die zweite Chance. An das Glück. Sein Glück, das er sicherlich irgendwann haben wird. Vielleicht mit den Frauen von diesem Hotel auf Bali, die ihn angesprochen haben, ob er nicht zu ihnen wechseln will. Außer dem McDonald’s gibt es in der Mall einen Hero Supermarkt und einen kleinen Buchladen. Die einzigen beiden Bücher, die sie auf Englisch da haben, sind “The Yes Man” von Danny Wallace und “The King of Torts” von John Grisham. Beide Bücher sind in Plastik eingeschweißt. Uli kann sie nicht aufmachen und hineinlesen. Warum die Buchhandlung gerade diese beiden Bücher führt und keine andere, ist für ihn schleierhaft. Wie vieles auf dieser Insel. Er mag keine Jasager und Anwälte noch weniger. Wenn er an Anwälte denkt, dann muss er an einen seiner Professoren an der LMU in München denken. Er hat in jeder Vorlesung Ludwig Thoma zitiert: “Er war ein guter Jurist und auch sonst von mäßigem Verstande.” Er kauft beide Bücher. Aber nur, weil er keine Wahl hat. Und weil er lesen will. Bücher. Auf Englisch. Keine Zeitungen. Die Jakarta Post liest er jeden Tag. Und auch Kompas und Rakyat Merdeka. Sie haben nichts über ihn geschrieben. Bislang. Hoffentlich bleibt es so. Inshallah.
Der Hero Supermarkt ist ein Armutszeugnis in Sachen Alkohol. Sie haben Anker Beer, Bali Hai, Heineken und Asahi. Wie sich das Asahi auf die Insel verirrt hat, ist ihm ein Rätsel. Uli vermutet, dass immer mehr japanische Touristen nach Lombok kommen und ihr eigenes Bier trinken wollen. Auf jeden Fall kostet das Asahi mehr als das Heineken, das Heineken mehr als Anker und Bali Hai. Die beiden letzten geben sich nicht viel. Weder im Preis noch im Geschmack. Und dann gibt es den Platzhirsch: Beer Bintang. Er kauft eine Tüte großer Flaschen. An Wein und Sekt und anderen Spirituosen mangelt es in der Mall wie an Wasser in der Sahara. Er hat Lust auf Weißwein und Negroni. Nein. Er hat keine Lust. Ihm verlangt es danach. Und Rotwein. Dunkler Rotwein. Schwer wie ein LKW. In großen, sauberen Gläsern. Er sehnt sich nach diesen Kopfschmerzen, die nur ein schwerer Rotwein als Dankeschön für einen gemeinsamen Abend hinterlässt. Es sind andere Kopfschmerzen als die, die das Bintang ihm als fade Erinnerung an die letzte gemeinsame Nacht schenkt. Die Sauce läuft wieder an seiner Hand hinunter. Er leckt sie ab und isst die Fries mit der freien Hand. Im...