E-Book, Deutsch, Band 591, 64 Seiten
Weber Die Welt der Hedwig Courths-Mahler 591
1. Auflage 2022
ISBN: 978-3-7517-2636-8
Verlag: Bastei Lübbe
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Die verheimlichte Ehe
E-Book, Deutsch, Band 591, 64 Seiten
Reihe: Die Welt der Hedwig Courths-Mahler
ISBN: 978-3-7517-2636-8
Verlag: Bastei Lübbe
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
2. abgeschlossener Teil der berühmten Trilogie
'Ich bringe allen Menschen, die mir nahestehen, nur Unglück', stößt Eve mit einem herzzerreißenden Schluchzen hervor.
Brun Hadtke, ihr zweiter Ehemann, drückt sie tröstend an seine Brust. Eve ahnt nicht, dass sein Mitgefühl pure Heuchelei ist. Denn für all die schrecklichen Schicksalsschläge, die sie erleiden musste, trägt er die Verantwortung.
Doch er hat sein Ziel erreicht: Eve ist seine Frau! Dass sie ihm ihr Jawort aus Dankbarkeit und nicht aus Liebe gegeben hat, stört ihn nicht - bis plötzlich Göran, ihr angeblich tödlich verunglückter erster Ehemann, vor der Tür steht ...
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Die verheimlichte Ehe
Seinem Schicksal entgeht man nicht
2. abgeschlossener Teil der berühmten Trilogie
Ich bringe allen Menschen, die mir nahestehen, nur Unglück«, stößt Eve mit einem herzzerreißenden Schluchzen hervor.
Brun Hadtke, ihr zweiter Ehemann, drückt sie tröstend an seine Brust. Eve ahnt nicht, dass sein Mitgefühl pure Heuchelei ist. Denn für all die schrecklichen Schicksalsschläge, die sie erleiden musste, trägt er die Verantwortung.
Doch er hat sein Ziel erreicht: Eve ist seine Frau! Dass sie ihm ihr Jawort aus reiner Dankbarkeit und nicht aus Liebe gegeben hat, stört ihn nicht – bis plötzlich Göran, ihr angeblich tödlich verunglückter erster Ehemann, vor der Tür steht ...
Der Schnee schwebte in dichten Flocken am Fenster vorbei. Auf der Straße verwandelte er sich schnell in Matsch. Die Menschen hatten die Hüte ins Gesicht gezogen und die Mantelkragen hochgestellt, aber in dem kleinen Zimmer, in dem eine junge Frau ihr Kind anzog, war es gemütlich warm.
Die Kleine lachte, mit unsicheren Händchen patschte sie der Mutti ins Gesicht, und ihre kleinen Fäustchen rissen unbekümmert an dem dichten Blondhaar.
»Du tust mir weh, Lieselotte«, mahnte Eve Rodewald und drückte behutsam die Fingerchen auf.
Sie war dunkel gekleidet. Nur ein weißer Kragen hellte die Eintönigkeit der Trauerkleidung etwas auf. Ihr Gesicht war schmal, die Augen wirkten übergroß. Es waren sehr traurige Augen, die sich nur manchmal erhellten, wenn sie sich auf Lieselotte richteten.
Die junge Frau presste das Kind einen Moment fest an sich.
»Wenn ich dich nicht hätte«, flüsterte sie. Ein paar Tränen fielen auf das Köpfchen ihres Kindes hinab.
Lieselotte kreischte fröhlich, da schlug die Klingel an.
»Wir bekommen Besuch, mein Herzblatt.« Eve ließ ihr Töchterchen behutsam auf den Boden gleiten, und die Kleine krabbelte eilig auf die Tür zu.
»Ich bin es.« Martina Richter, Eves frühere Kollegin und Freundin, schüttelte den Schnee vom Mantel, bevor sie eintrat. »Ein schreckliches Wetter heute. Aber du hast es hier gemütlich warm. Hallo, wer ist denn das?«
Lieselotte hatte sie erreicht und umklammerte ihr rechtes Bein. Sie konnte noch nicht sprechen, aber dafür jauchzte sie umso mehr, denn sie wusste, dass ihr die Tante immer etwas mitbrachte.
Martina beugte sich nieder und nahm Eves Kind hoch.
»Da hast du deine Schokolade!«, sagte sie liebevoll und steckte der Kleinen einen Riegel in die Hand. Sie sah, dass Eve in der Kochnische das Kaffeewasser aufsetzte. Martina fühlte sich nach ihrem langen Arbeitstag als Sekretärin rechtschaffen abgespannt. Sie brauchte abends eine Tasse Kaffee, um wieder richtig auf die Beine zu kommen.
»Das Wasser kocht sofort.« Eves Blick folgte der Richtung, in die Martina blickte. »Ich habe das Bild kürzlich erst wiedergefunden.« Sie nahm das Foto eines Mannes in die Hand und betrachtete es lange. Er hieß Göran, er war Archäologe, er war der Mann, den sie liebte. Und er war tot.
Sie schluckte, als sie das Foto Martina weiterreichte.
»Bald ist Weihnachten«, sagte sie aus ihren trüben Gedanken heraus. »Wie haben wir uns letztes Jahr auf dieses Fest gefreut! Er war so glücklich, dass es mit seiner Expedition geklappt hatte, er hatte den Kopf voller Pläne, und doch fand er Zeit, Geschenke für mich zu kaufen.«
»Er war ein guter Mann.« Martina betrachtete eingehend das Foto von Göran Rodewald. Der junge Wissenschaftler hatte geglaubt, am Ziel seiner Wünsche zu sein, als er seine Expedition in das Innere Afrikas ausrüsten konnte.
Er war nicht zurückgekehrt, als Einziger nicht. Ein Jagdunfall, so hatten sie erzählt, ein tragisches Verhängnis.
»Heute Abend wird Brun übrigens noch kommen. Er verwöhnt mich sehr.« Eve nahm das Bild und legte es in das oberste Fach eines Schrankes.
»Du verbirgst es vor ihm?«, fragte Martina Richter.
»Verbergen? Vielleicht ist das nicht richtig ausgedrückt. Brun will mich wohl heiraten, und es ist nicht richtig, dass ich noch Görans Bild aufstelle. Aber er ist nun einmal Lieselottes Vater, und ich ...«
Sie brach ab, aber Martina wusste, dass Eve sagen wollte, dass sie ihn noch immer liebte, und Martina verstand die Freundin vollkommen.
Göran hätte seine Frau nie im Stich gelassen, wie es ihr, Martina, geschehen war. Sie hatte einmal an die Treue eines Mannes geglaubt, und dann, von einem Tag zum anderen, war alles aus gewesen. Einer anderen wegen hatte Uwe sie verlassen, und später, als seine zweite Ehe sich als Misserfolg erwiesen hatte, hatte er versucht, sie und Hendrik Smith auseinander zu bringen.
»Woran denkst du?«, fragte Eve, als sie sah, wie Martina den Kopf hängen ließ. »Bist du noch immer nicht darüber hinweggekommen?«
»Nein. Wenn ich mir vorstelle, dass Hendrik mich geheiratet hätte ... Weshalb musste Uwe so gemein sein und mich bei ihm verleumden? Und warum hat Hendrik mich nicht angehört? Du hast wenigstens dein Kind, Eve.«
»Du hattest damals doch recht, Martina«, erwiderte Eve. »Ich hab dich ja ausgelacht, als du mir sagtest, der Chef sei in mich verliebt. Ich konnte es einfach nicht glauben, und doch ist es wahr. Brun liebt mich.«
Martina nickte stumm. Sie arbeitete für Brun Hadtke und wusste, dass der Mann hinter den Kulissen die Fäden gezogen hatte, um Göran auszuschalten. Ihm verdankte der junge Archäologe, dass man ihm seine Expedition finanziert hatte. Er hatte Eve allein zurückgelassen, und Brun hatte die Gelegenheit genutzt, um für Eve zu sorgen.
Dann war Göran verunglückt, und ganz allmählich war es ihm gelungen, sich an die Stelle des Toten zu setzen. Wenigstens äußerlich, denn in Eves Herzen würde Görans Bild wohl immer lebendig bleiben.
Die kleine Lieselotte war ihm wie aus dem Gesicht geschnitten.
»Der Kaffee ist fertig.« Eve setzte ihn auf den Tisch und schob etwas Gebäck zu Martina hinüber. »Lang nur ordentlich zu, du siehst aus, als hättest du es nötig.«
»Ich danke dir. Lange aufhalten möchte ich mich aber nicht. Mein hoher Chef legt bestimmt keinen Wert darauf, seine Sekretärin bei seiner zukünftigen Frau zu treffen. Ich glaube, er mag mich nicht besonders. Später wird er dir den Umgang mit mir ganz verbieten.«
»Du kennst Brun nicht«, behauptete Eve lachend. »Er ist der beste und gütigste Mensch der Welt. Ich verstehe nicht, was du gegen ihn hast. Aber du mochtest ihn ja von Anfang an nicht.«
»Genau wie Göran«, bestätigte die junge Frau mit schmalen Lippen. »Aber dir bleibt ja praktisch auch nichts anderes übrig, als Brun zu heiraten.«
»Was wäre ich ohne seine Hilfe?«, stieß die arbeitslose junge Witwe seufzend hervor. Es war ihr einfach nicht gelungen, eine neue Stellung zu finden, obwohl sie sich sehr bemüht hatte. Brun gab ihr Geld, er schenkte ihr Kleider und verwöhnte die kleine Lieselotte. Eve hatte Grund, ihm dankbar zu sein.
Und sie bemühte sich, ihn zu lieben. Es gelang ihr noch nicht ganz, aber eines Tages würde es ihr gelingen, diesen so uneigennützigen und so großzügigen Mann zu lieben.
Noch gehörte ihr Herz Göran allein. Nicht einmal sein Grab kannte sie. Sie wusste nur ungefähr, wo seine letzte Ruhestätte sein sollte, und sie konnte einfach nicht glauben, dass er tot sein sollte.
Glaubwürdige Zeugen hatten es berichtet, Eve besaß es schwarz auf weiß, und doch war etwas in ihr, das sich sträubte, an das Unabänderliche zu glauben.
Natürlich machte sie sich etwas vor. Göran Rodewald war tot, sein Begleiter Kapfermann hatte ihr in allen Einzelheiten erzählt, wie er gestorben war. Es gab keinen Zweifel.
»Ich muss gehen.« Martina warf einen Blick auf ihre Armbanduhr. »Vielen Dank für den Kaffee, Eve.«
Sie nahm Lieselotte hoch und presste sie kurz an sich, bevor sie die Kleine wieder auf den Boden zurücksetzte.
»Alles Gute, Eve.«
Martina war nicht neidisch, sie war nur sehr allein. Bald würde sie auch die einzige Freundin verloren haben, die sie besaß. Eve war der einzige Mensch, mit dem sie offen über das sprechen konnte, was sie im Herzen bewegte. Und Eve wollte Brun Hadtkes Frau werden, die Frau eines Mannes, dem Martina misstraute.
Aber Eve musste ihn besser kennen, und vielleicht liebte ihr Chef Eve wirklich, soweit ein Mann wie er überhaupt fähig war zu lieben.
???
Brun Hadtke atmete schwer, als er auf den Klingelknopf drückte. An und für sich war es lächerlich, vor dem Angst zu haben, was vor ihm lag, denn zwischen Eve und ihm war praktisch alles klar, er hatte nur noch den formellen Antrag auszusprechen.
Sein feierlicher Anzug und der große Strauß dunkelroter Rosen sagten der jungen Witwe sofort, was er vorhatte. Mit einem gezwungenen Lächeln bat sie ihn herein. Erst vor etwa einem halben Jahr hatte sie die amtliche Todesnachricht bekommen, und seit jenem Tage war Brun...




