Weber | Dietrich Bonhoeffer von A bis Z | E-Book | sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, 272 Seiten

Weber Dietrich Bonhoeffer von A bis Z

Sein Denken und Reden, sein Predigen und Beten in Schlagworten erschlossen

E-Book, Deutsch, 272 Seiten

ISBN: 978-3-641-04923-2
Verlag: Gütersloher Verlagshaus
Format: EPUB
Kopierschutz: Wasserzeichen (»Systemvoraussetzungen)



Ein einzigartiges Nachschlagewerk zum Denken und Wirken Dietrich Bonhoeffers- Für die akademische Arbeit, für die Andachts- und Predigtvorbereitung und für die persönliche Begegnung mit Dietrich BonhoefferFür zahlreiche Menschen, Christen wie Nichtchristen, ist Dietrich Bonhoeffer zu einer Leitfigur geworden für Mut und Gradlinigkeit, für Aufrichtigkeit und intellektuelle Klarheit, für die Widerstandskraft und die Ergebung, mit der ein Leben auch im Scheitern noch gelingen kann. Dieses Werk erschließt Dietrich Bonhoeffers Denken und Reden, sein Predigen und Beten auf eine ebenso einfache wie übersichtliche Weise: Anhand von Stichworten, die den ganzen Raum menschlicher Existenz abschreiten, werden zentrale Texte Bonhoeffers hier zugänglich. Wer wissen möchte, was Bonhoeffer zum Glück zu sagen hat oder zur Arbeit, zum Beten oder zur Liebe – in diesem Buch findet man die aussagekräftigsten Texte.
Weber Dietrich Bonhoeffer von A bis Z jetzt bestellen!

Autoren/Hrsg.


Weitere Infos & Material


Vorwort
Dietrich Bonhoeffer schrieb am 14. Januar 1935 an seinen Bruder Karl-Friedrich:
»Als ich anfing mit der Theologie, habe ich mir etwas anderes darunter vorgestellt. Es ist nun etwas ganz anderes daraus geworden. Ich glaube nun zu wissen, dass ich eigentlich erst innerlich klar und wirklich aufrichtig sein würde, wenn ich mit der Bergpredigt wirklich anfinge, Ernst zu machen. Es gibt doch nun einmal Dinge, für die es sich lohnt, kompromisslos einzustehen. Und mir scheint, der Friede und die soziale Gerechtigkeit, oder eigentlich Christus, sei so etwas.«
Diese Gedanken Dietrich Bonhoeffers deuten bereits das an, was wir heute, wenn wir uns seinem Werk, seinem Leben und Handeln zuwenden, wahrnehmen können.
Die Texte des hier vorgelegten Auswahlbandes wollen dieses Wahrnehmen unterstützen. Sie sind der Gesamtausgabe Dietrich Bonhoeffer Werke (DBW) entnommen, die zwischen 1986 und 1999 in 17 Bänden veröffentlicht wurde. Nach Stichworten, alphabetisch geordnet, erschließen sie Denken und Reden Dietrich Bonhoeffers, sein Predigen und Beten, und sie versuchen, den ganzen Raum menschlicher Existenz abzuschreiten.
Die Quellenverweise, jeweils unter den Texten, geben Hinweise auf den Textzusammenhang, die Entstehungszeit und den Fundort in dem entsprechenden Band der Dietrich Bonhoeffer Werke (DBW). Zu den Bänden 1-8 werden zusätzlich die Titel genannt. Ein Verzeichnis der Dietrich Bonhoeffer Werke finden Sie am Schluss des Buches. Die Sprache Bonhoeffers, seine Rede- und Ausdrucksweise ist der Zeit, in der die Texte entstanden, zuzuordnen. Alle Texte folgen wesentlich der Rechtschreibung und Zeichensetzung Dietrich Bonhoeffers.
Das Gütersloher Verlagshaus hat vom Chr. Kaiser Verlag, in dem bereits 1933 die erste Veröffentlichung von Dietrich Bonhoeffer erschien und der auch die Herausgabe der Dietrich Bonhoeffer Werke verantwortete, 1993 die Betreuung und Begleitung des Werkes übernommen, weiter erschlossen und die Verbreitung in vielen Sprachen fortgesetzt.
Dafür ist dem Gütersloher Verlagshaus besonderer Dank zu sagen.
Dank gilt auch meiner Frau für die kritische Begleitung dieser Auswahl und die Unterstützung bei der Erstellung des Manuskriptes.
»Im Hinblick auf die historischen Abläufe mag Bonhoeffer weitgehend ausgeforscht sein. Von der Ausschöpfung des Orientierungspotentials seiner Theologie für die dringlichen Fragen unserer Zeit sind wir aber noch weit entfernt.« 2
Die Auswahl der Texte will einen Zugang zu diesem »Orientierungspotential« öffnen, über das oben genannte »Wahrnehmen« hinaus.
Am 4. April 2010Manfred Weber

A
Abend und Morgen
Der alttestamentliche Tag beginnt mit dem Abend und endet wieder mit dem Sonnenuntergang. Das ist die Zeit der Erwartung. Der Tag der neutestamentlichen Gemeinde beginnt mit der Frühe des Sonnenaufgangs und endet mit dem Anbruch des Lichtes am neuen Morgen. Das ist die Zeit der Erfüllung, der Auferstehung des Herrn. In der Nacht wurde Christus geboren, ein Licht in der Finsternis, der Mittag wurde zur Nacht, als Christus am Kreuze litt und starb, aber in der Frühe des Ostermorgens ging Christus als Sieger aus dem Grabe hervor.
(Der gemeinsame Tag, 1938, Gemeinsames Leben, DBW 5.35)

Abendgebet
Herr mein Gott,
ich danke dir, dass du diesen Tag zu Ende gebracht hast,
ich danke dir, dass du Leib und Seele zur Ruhe kommen lässt.
Deine Hand war über mir und hat mich behütet und bewahrt.
Vergib allen Kleinglauben und alles Unrecht dieses Tages
und hilf, dass ich gern denen vergebe,
die mir Unrecht getan haben.
Lass mich in Frieden unter deinem Schutze schlafen
und bewahre mich vor den Anfechtungen der Finsternis.
Ich befehle dir die Meinen, ich befehle dir dieses Haus,
ich befehle dir meinen Leib und meine Seele.
Gott, dein heiliger Name sei gelobt. Amen.
(Gebete für Gefangene: Abendgebet, November 1943, Widerstand und Ergebung, DBW 8.207)

Abendmahl
Was ist der rechte Gebrauch des Abendmahls? Was dürfen wir vom Empfang des Sakraments erwarten? Welches ist die Gabe, die uns zu Teil wird? Was hat Jesus mit der Einsetzung des Abendmahls verheißen und welches ist die rechte Predigt, die zum Abendmahl einlädt? Wir kommen ja nicht darum herum, dass es im Abendmahl nicht um ein unklares mystisches Erlebnis, sondern um das klare, leibgewordene Wort Gottes, um Zuspruch und Anspruch Jesu Christi geht. Jesus selbst hat den Jüngern nicht stumm Brot und Wein gereicht, sondern er hat sein Wort dazu gesprochen. Um das rechte Nachsprechen dieses Wortes Jesu (das doch wie alle Predigt nicht einfach Wiederholung und Deklamation des Bibelwortes sein kann!), darum also, dass das Sakrament Jesu eigenes Sprechen und Handeln bleibe für alle Zeiten, ist es der Lutherischen Kirche gegangen, wenn sie die Abendmahlslehre mit so großem Nachdruck und Ernst getrieben hat. Es soll in der Kirche nichts gelten und geschehen als Jesu Wort und Tat. (Theologische Besinnung zum Heiligen Abendmahl, Februar 1940, DBW 15.549)

Abrüstung
Wer von uns darf denn sagen, dass er wüsste, was es für die Welt bedeuten könnte, wenn ein Volk - statt mit der Waffe in der Hand - betend und wehrlos und darum gerade bewaffnet mit der allein guten Wehr und Waffen den Angreifer empfinge?
(Rede auf der Fanö-Konferenz, August 1934, DBW 13.300) / Friede

Abstumpfen
In der letzten Zeit hat mich auch oft die Frage beschäftigt, wie sich das, was man gewöhnlich abstumpfen gegen schwere Eindrücke im Laufe einer längeren Zeit nennt, eigentlich erklärt. Die Antwort, dass das ein Selbstschutz der Natur sei, reicht mir nicht aus; Ich glaube vielmehr, dass es sich dabei auch um ein klareres nüchterneres Erfassen der eigenen begrenzten Aufgaben und Möglichkeiten und dadurch um die Ermöglichung wirklicher Liebe zum Nächsten handeln kann. Solange die Phantasie erregt und aufgepeitscht ist, bleibt die Liebe zum Nächsten etwas sehr Vages und Allgemeines. Heute kann ich die Menschen, ihre Not und ihre Hilfsbedürftigkeit ruhiger ansehen und ihnen damit besser dienen. Statt von Abstumpfung würde ich lieber von Abklärung sprechen; aber natürlich bleibt es immer wieder eine Aufgabe, das eine in das andere zu verwandeln. Aber Selbstvorwürfe darüber, dass die Empfindungen im Laufe der Zeit nicht mehr so erhitzt und angespannt sind, braucht man sich in solchen Situationen, glaube ich, nicht zu machen. Allerdings muss man sich der Gefahr immer bewusst bleiben, dass man das Ganze nicht aus den Augen verliert, und auch unter der Abklärung müssen starke Empfindungen lebendig bleiben.
(Brief aus der Haft, 22.4.1944, Widerstand und Ergebung, DBW 8.398)

Ach, das
Das Ach unserer Wünsche und das Ach des Gebetes ist zweierlei; jenes kommt aus unserer Not, wie wir sie selbst verstehen, dieses aus unserer Not, wie sie uns Gott zu sehen gelehrt hat; jenes ist anspruchvoll oder verzweifelt, dieses ist demütig und zuversichtlich.
(Meditation über Psalm 119,5; 1939/1940, DBW 15.510)

Advent
Advent feiern heißt warten können. Warten kann nicht jeder: nicht der gesättigte, zufriedene und nicht der respektlose. Warten können nur Menschen, die eine Unruhe mit sich herumtragen und Menschen, die zu dem Größten in der Welt in Ehrfurcht aufblicken. So könnte Advent nur der feiern, dessen Seele ihm keine Ruhe lässt, der sich arm und unvollkommen weiß und der etwas ahnt von der Größe dessen, was da kommen soll, vor dem es nur gilt, sich in demütiger Scheu zu beugen, wartend bis er sich uns neigt - der Heilige selbst, Gott im Kind in der Krippe. Gott kommt, der Herr Jesus kommt, Weihnachten kommt, freue dich o Christenheit! Wenn die alte Christenheit vom Wiederkommen des Herrn Jesus redete so dachte sie zunächst immer an einen großen Gerichtstag. Und so unweihnachtlich uns dieser Gedanke erscheinen mag, er ist urchristlich und überaus ernst zu nehmen. Das Kommen Gottes ist wahrhaftig nicht nur Freudenbotschaft, sondern zunächst eine Schreckensnachricht für jeden, der ein Gewissen hat. Und erst, wenn wir den Schrecken der Sache empfunden haben, können wir die unvergleichliche Wohltat erkennen. Gott kommt, mitten hinein in das Böse, in den Tod und richtet das Böse in uns und in der Welt. Und indem er es richtet liebt er uns. Adventszeit ist Wartezeit, unser ganzes Leben aber ist Adventszeit, das heißt Wartezeit auf das Letzte, auf die Zeit, da ein neuer Himmel und eine neue Erde sein wird.
(Predigt zu Offenbarung 3,20; 2.12.1928, DBW 10.529ff, 532)

Alleinsein
Schaffe dir jeden Tag einige Minuten des Alleinseins, und denke über den kommenden oder den vergangenen Tag nach, über die Menschen, die dir begegneten; denke auch über dich selbst nach und das, was dir fehlt. Aber vergrübele dich nie in dich selbst hinein, sondern lass an den einsamen Stunden den teilnehmen, der auch deine Geheimnisse kennt. Jeder von uns hat Dinge, die er nie über seine Lippen bringt, die er verbirgt, wie einen geliebten Schatz in seiner Einsamkeit. Nur Gott kennt sie; so zieh Gott in deine Einsamkeit hinein.
(Aufzeichnungen für einen Jugendlichen, 1928, DBW 10.544)
Wer Gemeinschaft will ohne Alleinsein, der stürzt in die Leere der Worte und Gefühle, wer Alleinsein sucht ohne Gemeinschaft, der kommt im Abgrund der Eitelkeit, Selbstvernarrtheit und Verzweiflung um.
(Der einsame Tag, 1938, Gemeinsames Leben, DBW 5.66) / Einsamkeit

Altes Testament
Das Alte Testament ist Gottes Wort und Zeugnis von seinem Bund mit seinem auserwählten Volk, den Kindern Israel und von dem Kommen des Messias, Jesus Christus.
(Konfirmandenunterrichtsplan, 1936/1937, DBW 14.790)
Ich spüre übrigens immer mehr wie alttestamentlich ich denke und empfinde; so habe ich in den vergangenen Monaten auch viel mehr Altes Testament als Neues Testament gelesen. Nur wenn man die Unaussprechlichkeit des Namens Gottes kennt, darf man auch einmal den Namen Jesus Christus aussprechen; nur wenn man das Leben und die Erde so liebt, dass mit ihr alles verloren und zu Ende zu sein scheint, darf man an die Auferstehung der Toten und an eine neue Welt glauben; nur wenn man das Gesetz Gottes über sich gelten lässt, darf man wohl auch einmal von Gnade sprechen, und nur wenn der Zorn und die Rache Gottes über seine Feinde als gültige Wirklichkeiten stehen bleiben, kann von Vergebung und von Feindesliebe etwas unser Herz berühren. Wer zu schnell und zu direkt neutestamentlich sein und empfinden will, ist meines Erachtens kein Christ. Man kann und darf das letzte Wort nicht vor dem vorletzten sprechen. Wir leben im Vorletzten und glauben das Letzte.
(Brief aus der Haft, 5.12.1943, Widerstand und Ergebung, DBW 8.226)
/ Segen / Vorletzte

Andere, der
Gott will nicht, dass ich den Andern nach dem Bilde forme, das mir gut erscheint, also nach meinem eigenen Bilde, sondern in seiner Freiheit von mir hat Gott den Andern zu seinem Ebenbilde gemacht. Ich kann es niemals im Voraus wissen, wie Gottes Ebenbild im Andern aussehen soll, immer wieder hat es eine ganz neue, allein in Gottes freier Schöpfung begründete Gestalt.
(Der Dienst, 1938, Gemeinsames Leben, DBW 5.79)

Anfang
Dass die Bibel vom Anfang redet (1. Mose 1,1), das bringt die Welt, das bringt uns auf. Denn wir können nicht von Anfang reden, dort wo der Anfang anfängt, hört unser Denken auf, ist es am Ende. Und doch ist es die innerste Leidenschaft unseres Denkens, es ist das, was jeder echten Frage letzten Endes Existenz verleiht, dass wir nach dem Anfang fragen wollen. Wir wissen, dass wir dauernd nach dem Anfang fragen müssen und dass wir doch nie nach ihm fragen können. Warum nicht? Weil der Anfang das Unendliche ist, und weil wir das Unendliche als das Endlose, also gerade als das Anfanglose denken können. Weil der Anfang die Freiheit ist und wir die Freiheit immer nur in der Notwendigkeit denken können, also als das eine unter anderem aber nie als das Eine schlechthin vor allem anderen. Fragen wir, warum dies so sei, dass wir immer vom Anfang her und im Bezug auf ihn hin denken und ihn doch nie denken, ja nicht einmal erfragen können, so ist dieses Warum? wieder nur der Ausdruck für eine Reihe, die ins Endlose zurückgetrieben werden könnte und doch den Anfang nicht erreichte. Das Denken kann sein eigenes letztes Warum nie beantworten, weil auch diese Antwort wieder ein Warum gebären würde.
(Der Anfang, 1 Mose 1f, Vorlesung 1932/1933, Schöpfung und Fall, DBW 3.25f)
Wer meint der gute Vorsatz mache schon den neuen Anfang, der meint, er könne von sich aus einfach einen neuen Anfang machen, wann er es gerade wolle. Und das ist eine böse Täuschung; einen neuen Anfang macht allein Gott mit den Menschen, wenn es ihm gefällt, aber nicht der Mensch mit Gott. Einen neuen Anfang kann der Mensch darum überhaupt nicht machen, sondern er kann nur darum beten. Wo der Mensch bei sich selbst ist und aus sich heraus lebt, da ist immer nur das Alte das Vergangene. Allein wo Gott ist, ist das Neue und der Anfang. Und Gott kann man nicht kommandieren, man kann um ihn nur beten. Aber beten kann der Mensch nur, wenn er begreift, dass er etwas nicht kann, dass er an seiner Grenze ist, dass ein anderer anfangen muss. »Wer seine Hand an den Pflug legt (Lukas 9,62); nicht zurück, aber auch nicht in unübersehbare Fernen schaut der Mann, der den Pflug führt, sondern auch den nächsten Schritt, den er tun muss. Rückblicke sind keine christliche Sache. Lass dahinten Angst, Kummer, Schuld. Du aber sieh auf den, der dir einen neuen Anfang gegeben.
(Andacht zu Lukas 9,57-62; 1.1.1934, DBW 13.344ff)

Anfechtung
Die gefährlichste aller Anfechtungen ist die nicht erfahrene, nicht gespürte Anfechtung.
(Vorlesung über Seelsorge 1935/1936, DBW 14.584)

Angst
Wir haben alle Angst vor der Wahrheit und diese Angst ist im Grunde Angst vor Gott.
(Predigt zu Johannes 8,32; 24.7.1932, DBW 11.458) / Wahrheit
Nicht nur die Angst ist ansteckend, sondern auch die Ruhe und die Freude, mit dem wir dem jeweils Auferlegten begegnen.
Eine negative Kehrseite der bürgerlichen Existenz ist jenes Stück Glaubenslosigkeit, das in gesicherten Zeiten verborgen bleibt, aber in ungesicherten zum Vorschein kommt, und zwar in der Gestalt der »Angst« - ich meine nicht »Feigheit«, das ist zweierlei (»Angst« kann sich ebenso in Tollkühnheit wie in Feigheit äußern) - vor dem selbstverständlichen schlichten Tun und vor dem Aufsichnehmen notwendiger Entscheidungen.
(Briefe aus der Haft 5.12.1943 und 21.2.1944, Widerstand und Ergebung, DBW 8.226,333)

Antike
Die griechisch-römische Antike gehört zu unserem geschichtlichen Erbe. Die Antike steht in einer doppelten Beziehung zu der Erscheinung Jesu Christi. Sie ist die Zeit, in der Gottes Zeit in Erfüllung ging, in der Gott Mensch wurde, sie ist die Welt, die Gott in der Menschwerdung annahm, deren Gott sich bediente, um die christliche Botschaft auszubreiten. Die Berufung des Apostels Paulus auf sein römisches Bürgerrecht und auf den Kaiser macht es deutlich, dass Rom in den Dienst Christi gestellt wird. Die Antike aber ist es zugleich, für die das heiligste Zeichen der Gegenwart Gottes, das Kreuz, das Symbol äußerster Schande und Gottesferne ist. In dieser doppelten Beziehung der Antike zu Christus wird sie uns zum geschichtlichen Erbe, in ihrer Nähe und in ihrem Widerstreit. Der Repräsentant der Verbindung und der Assimilation der Antike mit dem Christlichen wird das römische Erbe, der Repräsentant des Widerstreits und der Christusfeindschaft wird das griechische Erbe.
(Erbe und Verfall, 1940, Ethik, DBW 6.95ff)

Arbeit
Die Erde, die mich ernährt, hat ein Recht auf meine Arbeit und meine Kraft.
Die Arbeit ist der Weg, durch den der Mensch etwas aus sich macht.
(Meditation über Psalm 119,19; 1939/1940 und: Für einen Jugendlichen, 1928, DBW 15.530, DBW 10.542)

Auferstandene, der
Jesus Christus, der Auferstandene, das bedeutet, dass Gott aus Liebe und Allmacht dem Tod ein Ende macht und eine neue Schöpfung ins Leben ruft, neues Leben schenkt.
(Die Letzten und die vorletzten Dinge, 1940/1941, Ethik, DBW 6.150)

Auferstehung
Das Wunder der Auferstehung Christi hebt die Vergötzung des Todes, wie sie unter uns herrscht, aus den Angeln. Wo der Tod das Letzte ist, dort verbindet sich die Furcht vor ihm mit dem Trotz. Wo der Tod das Letzte ist, dort ist das irdische Leben alles oder nichts.
(Ethik als Gestaltung, 1940, Ethik, DBW 6.78)
Die Auferstehung Jesu Christi ist Gottes Ja zu uns. Die Auferstehung Jesu Christi ist Gottes Ja zur Kreatur. Nicht Zerstörung, sondern Neuschöpfung der Leiblichkeit geschieht hier. In der Auferstehung erkennen wir, dass Gott die Erde nicht preisgegeben, sondern sich zurück erobert hat. Er hat ihr eine neue Zukunft, eine neue Verheißung gegeben.
(Betrachtung zu Ostern, 1940, DBW 16.472) / Ostern

Auferstehungshoffnung
Die christliche Auferstehungshoffnung unterscheidet sich von den mythologischen darin, dass sie den Menschen in ganz neuer und gegenüber dem Alten Testament noch verschärfter Weise an sein Leben auf der Erde verweist.
(Brief aus der Haft, 27.6.1944, Widerstand und Ergebung, DBW 8.500)

Augenblick, der
Für die meisten Menschen bedeutet der erzwungene Verzicht auf Zukunftsplanung den verantwortungslosen, leichtfertigen oder resignierten Verfall an den Augenblick, einige wenige träumen noch sehnsüchtig von einer schöneren Zukunft und versuchen darüber die Gegenwart zu vergessen. Beide Haltungen sind für uns gleich unmöglich. Uns bleibt nur der sehr schmale und manchmal kaum noch zu findende Weg, jeden Tag zu nehmen, als wäre er der letzte, und doch in Glauben und Verantwortung so zu leben, als gäbe es noch eine große Zukunft.
(Nach zehn Jahren, Jahreswende 1942/1943, Widerstand und Ergebung, DBW 8.35)

Auseinandersetzung, geistige
Die Kirche muss aus ihrer Stagnation heraus. Wir müssen auch wieder in die freie Luft der geistigen Auseinandersetzung mit der Welt. Wir müssen es auch riskieren, anfechtbare Dinge zu sagen, wenn dadurch nur lebenswichtige Fragen aufgerührt werden.
(Brief aus der Haft, 3.8.1944, Widerstand und Ergebung,
DBW 8.555) / Bekennen

B
Barmherzigkeit
Verweigert die Welt Gerechtigkeit, so wird der Christ Barmherzigkeit üben, hüllt sich die Welt in Lüge, so wird er seinen Mund für die Stummen auftun und für die Wahrheit Zeugnis geben.
(Die sichtbare Gemeinde, 1935/1936, Nachfolge, DBW 4.253)
Wenn ihr einem Feind begegnet: denkt zuerst an eure eigene Feindschaft gegen Gott und an Gottes Barmherzigkeit gegen euch.
(Predigt zu Römer 12,17-24; 23.1.1938, DBW 15.464)

Begegnung
Der Mensch lebt notwendig in einer Begegnung mit anderen Menschen und es wird ihm mit dieser Begegnung in einer je verschiedenen Form eine Verantwortung für den anderen Menschen auferlegt.
(Die Geschichte und das Gute, 1942, Ethik, DBW 6.219)

Begegnung, mit dem Nächsten
Weil der Christ sich nicht mehr selbst für klug halten kann, darum wird er auch von seinen eigenen Plänen und Absichten gering denken, er wird wissen, dass es gut ist, dass der eigene Wille gebrochen wird in der Begegnung mit dem Nächsten. Er wird bereit sein, den
Willen des Nächsten für wichtiger und dringlicher zu halten als den eigenen. Was schadet es, wenn der eigene Plan durchkreuzt wird? Ist es nicht besser, dem Nächsten zu dienen, als den eigenen Willen durchzusetzen? Wer eigene Ehre sucht, der sucht schon nicht mehr Gott und den Nächsten.
(Der Dienst, 1938, Gemeinsames Leben, DBW 5.80f) / Nächste, der

Begrenztheit, verantwortlichen Lebens
Es gehört zur Begrenztheit verantwortlichen Lebens und Handelns, dass es mit der Verantwortlichkeit der anderen ihm begegnenden Menschen rechnet. Niemals kann es eine absolute Verantwortung geben, die nicht an der Verantwortlichkeit des anderen Menschen ihre wesenhafte Grenze fände.
Gott und der Nächste, wie sie uns in Jesus Christus begegnen, sind ja nicht nur die Grenzen, sondern auch der Ursprung verantwortlichen Handelns. Unverantwortliches Handeln ist eben dadurch definiert, dass es die Grenzen, Gott und den Nächsten nicht achtet. Verantwortliches Handeln gewinnt seine Einheit und schließlich auch seine Gewissheit aus dieser seiner Begrenztheit durch Gott und den Nächsten.
(Die Struktur des verantwortlichen Lebens, 1942, Ethik, DBW 6.268f) / Nächste)

Beichte
Fragt man, ob ein Christ ohne Privatbeichte zum Abendmahl kommen darf, so kann man darauf allgemein nur Ja sagen; denn das Sakrament der Vergebung darf nicht auf ein Werk meinerseits angewiesen sein. So gefragt macht man die Beichte zu einem Gesetz. Zum Abendmahl darf jeder Sünder kommen, also ganz gewiss auch der, der bisher entweder nicht den Mut oder nicht die Gelegenheit zur Beichte gefunden hat. Andererseits werden wir im Einzelfall zu prüfen haben, warum der Weg zur Beichte bisher nicht gegangen worden ist? Wir werden hier Hindernisse und Missverständnisse aus dem Weg zu räumen haben. Vor allem das Missverständnis der Beichte als eines schweren Gesetzes. Wir können gar nicht genug von der Freude und dem Geschenk der Beichte reden. Weiter wird es wichtig sein, zu erfahren, aus welchem Grund die allgemeine Beichte nicht genügt. Schließlich wird unser Rat auch sehr davon abhängen, ob die Gabe des Abendmahls selbst für den Betreffenden schon schwach und wirkungslos geworden ist, eben weil das volle Sündenbekenntnis fehlt.
Es sind nur die Fälle der offenbar gewordenen Sünden, in denen wir eine persönliche Beichte fordern müssen, bevor wir das Abendmahl reichen können. In allen anderen Fällen, und das ist die große Mehrzahl, müssen wir die Herrlichkeit der Gabe unermüdlich zeigen, aber wir dürfen keinen Zwang auferlegen, weil sonst die Beichte zum letzten frommen Werk wird, und damit die Vergebung infrage gestellt wird. Zwar soll ein jeder beichten, aber es darf doch wiederum nur der beichten, der nicht mehr anders kann. Ich glaube, dass Luther es so gemeint hat, und dass so die Beichte vom Evangelium her geübt werden muss.
(Brief, 23.9.1939, DBW 15.273f) / Abendmahl / Vergebung

Bekennen
Daran entscheidet sich heute Gewaltiges, ob wir Christen Kraft genug haben, der Welt zu bezeugen, dass wir keine Träumer und Wolkenwandler sind. Dass wir nicht die Dinge kommen und gehen lassen, wie sie nun einmal sind. Dass unser Glaube wirklich nicht das Opium ist, das uns zufrieden sein lässt inmitten einer ungerechten Welt. Sondern dass wir umso hartnäckiger und zielbewusster protestieren auf dieser Erde. Muss es denn so sein, dass das Christentum, das einstmals so ungeheuer revolutionär begonnen, nun für alle Zeiten konservativ ist?
(Predigt zu Kolosser 3,1-4; 19.6.1932, DBW 11.446)
Wir wollen reden zu dieser Welt kein halbes sondern ein ganzes Wort, ein mutiges Wort, ein christliches Wort.
(Rede auf der Fanö-Konferenz im August 1934, DBW 13. 301)

Bergpredigt
Nicht aus der bitteren Resignation über den unheilbaren Riss zwischen Christlichem und Weltlichem, sondern aus der Freude über die vollzogene Versöhnung der Welt mit Gott, aus dem Frieden des vollbrachten Heilswerkes in Jesus Christus kommen die neutestamentlichen Worte über das christliche Handeln, kommt die Bergpredigt. Wie in Jesus Christus Gott und Mensch eins wurde, so wird durch ihn im Handeln des Christen das Christliche und das Weltliche eins. Sie streiten nicht widereinander als zwei ewig feindliche Prinzipien, sondern das Handeln des Christen quillt aus der in Christus geschaffenen Einheit von Gott und Welt. Die Bergpredigt stellt den zum geschichtlichen Handeln geforderten vor das Ereignis der Versöhnung der Welt mit Gott in Jesus Christus, und damit in die echte christliche Verantwortung. Die Bergpredigt gilt als Wort der weltversöhnenden Liebe Gottes entweder überall und jederzeit, oder sie geht uns ernstlich überhaupt nichts an.
(Die Geschichte und das Gute, 1942, Ethik, DBW 6.237, 238, 242)
Die Bergpredigt ist die absolute Norm für unser Handeln. Wir haben einfach die Bergpredigt ernst zu nehmen und zu realisieren.
(Texte aus der ökumenischen Arbeit, 1932, DBW 11.335)
Die Behauptung, mit der Bergpredigt lasse sich nicht regieren, kommt aus einem Missverständnis der Bergpredigt. Auch eine Staatsführung kann kämpfend und verzichtend Gott ehren, und nur darum geht es der Verkündigung der Kirche. Es ist niemals Aufgabe der Kirche den Staat dem natürlichen Selbsterhaltungstrieb zu predigen, sondern allein den Gehorsam gegen das Recht Gottes.
(Über die Möglichkeit des Wortes der Kirche an die Welt, 1942,
Ethik, DBW 6.361)

Beruf
Nicht in der treuen Leistung seiner irdischen Berufspflichten als Bürger, Arbeiter, Familienvater erfüllt der Mensch die ihm auferlegte Verantwortung, sondern im Vernehmen des Rufes Jesu Christi, der ihn zwar auch in die irdischen Pflichten hineinführt, aber niemals in ihnen aufgeht, sondern immer über sie hinaus, vor ihnen und hinter ihnen steht. Der Beruf im neutestamentlichen Sinne ist niemals eine Sanktionierung der weltlichen Ordnungen als solche, sein Ja zu ihnen enthält immer zugleich das schärfste Nein, den schärfsten Protest gegen die Welt. Die Rückkehr Luthers aus dem Kloster in die Welt, in den »Beruf« ist - echt neutestamentlich - der heftigste Angriff und Stoß, der seit dem Urchristentum gegen die Welt geführt worden ist. Nun wird in der Welt gegen die Welt Stellung bezogen, der Beruf ist der Ort, an dem der Ruf Christi beantwortet und so verantwortlich gelebt wird.
(Der Ort der Verantwortung, 1942, Ethik, DBW 6.291f) / Verantwortung, politische

Berufung
Der Tag wird kommen, an dem wieder Menschen berufen werden, das Wort Gottes so auszusprechen, dass sich die Welt darunter verändert und erneuert. Es wird eine neue Sprache sein, vielleicht ganz unreligiös, aber befreiend und erlösend, wie die Sprache Jesu, dass sich die Menschen über sie entsetzen und doch von ihrer Gewalt überwunden werden, die Sprache einer neuen Gerechtigkeit und Wahrheit, die Sprache, die den Frieden Gottes mit den Menschen und das Nahen seines Reiches verkündigen.
(Brief aus der Haft, Gedanken zum Tauftag, Mai 1944, Widerstand und Ergebung, DBW 8.436)

Bescheidenheit
Es mag uns ganz gut bekommen, eine Zeit lang beiseite gestellt, nicht wichtig genommen zu sein. Wir können Bescheidenheit und Geduld, aber auch Treue dadurch lernen.
(Brief, 18.6.1942, DBW 16.312f) / Geduld

Beten / Gebet

Beziehungen, menschliche
Es gibt aber kaum ein beglückenderes Gefühl als zu spüren, dass man für andere Menschen etwas sein kann. Dabei kommt es gar nicht auf die Zahl, sondern auf die Intensität an. Schließlich sind eben die menschlichen Beziehungen doch einfach das Wichtigste im Leben; daran kann auch der moderne »Leistungsmensch« nichts ändern, aber auch nicht die, die von menschlichen Beziehungen nichts wissen.
(Brief aus der Haft, 14.8.1944, Widerstand und Ergebung, DBW 8.567)
Bibel
Ich glaube, dass die Bibel allein die Antwort auf alle unsere Fragen ist, und dass wir nur anhalten und etwas demütig zu fragen brauchen, um die Antwort von ihr zu bekommen. Die Bibel kann man nicht einfach lesen wie andere Bücher. Man muss bereit sein, sie wirklich zu fragen. Nur so erschließt sie sich. Natürlich kann man die Bibel auch lesen wie jedes andere Buch, also unter dem Gesichtspunkt der Textkritik usw. dagegen ist gar nichts zu sagen. Nur dass das nicht der Gebrauch ist, der das Wesen der Bibel erschließt, sondern nur ihre Oberfläche. Wie wir das Wort eines Menschen, den wir lieb haben, nicht erfassen, in dem wir es zuerst zergliedern, sondern wie ein solches Wort einfach von uns hingenommen wird und wie es dann tagelang in uns nachklingt, so sollen wir mit dem Wort der Bibel umgehen.
(Brief, 8.4.1936, DBW 14,144f) / Segen

Bildung
Ich habe es als einen der stärksten geistigen Erziehungsfaktoren in unserer Familie empfunden, dass man uns so viele Hemmungen zu überwinden gegeben hat (im Bezug auf Sachlichkeit, Klarheit, Natürlichkeit, Takt, Einfachheit usw.), bevor wir zu eigenen Äußerungen gelangen konnten. Manchmal dauert es lange, ehe man eine solche Hürde genommen hat, und man denkt wohl auch gelegentlich, man hätte auf sehr viel billigere, leichtere Weise zu Erfolgen kommen können, wenn man diese Hindernisse einfach umgangen hätte. Hinter das, was man sich selbständig erarbeitet hat, kann man aber nie mehr zurück. Das ist für andere und auch für einen selbst vielleicht manchmal unbequem, aber das sind dann eben die Unbequemlichkeiten der Bildung.
(Brief aus der Haft, 14.8.1944, Widerstand und Ergebung, DBW 8.568)


Weber, Manfred
Manfred Weber war Verlagsbuchhändler und leitete von 1977 bis 1992 den Chr. Kaiser Verlag.


Ihre Fragen, Wünsche oder Anmerkungen
Vorname*
Nachname*
Ihre E-Mail-Adresse*
Kundennr.
Ihre Nachricht*
Lediglich mit * gekennzeichnete Felder sind Pflichtfelder.
Wenn Sie die im Kontaktformular eingegebenen Daten durch Klick auf den nachfolgenden Button übersenden, erklären Sie sich damit einverstanden, dass wir Ihr Angaben für die Beantwortung Ihrer Anfrage verwenden. Selbstverständlich werden Ihre Daten vertraulich behandelt und nicht an Dritte weitergegeben. Sie können der Verwendung Ihrer Daten jederzeit widersprechen. Das Datenhandling bei Sack Fachmedien erklären wir Ihnen in unserer Datenschutzerklärung.