Weber | Grusel-Thriller 08: Phantasmagoria Park | E-Book | sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, Band 3408, 168 Seiten

Reihe: Grusel Thriller

Weber Grusel-Thriller 08: Phantasmagoria Park


1. Auflage 2024
ISBN: 978-3-95719-961-4
Verlag: Blitz Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection

E-Book, Deutsch, Band 3408, 168 Seiten

Reihe: Grusel Thriller

ISBN: 978-3-95719-961-4
Verlag: Blitz Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection



Der Phantasmagoria Park. Ein Freizeitpark irgendwo im Nirgendwo. Es gibt Gerüchte, vage Geschichten. Nur wenigen ist es vergönnt, den Park zu finden. Oder sind sie verflucht? Woher kennen sie diesen Ort und wieso zieht er sie an? Wie finden sie ihn? Jene, die Phantasmagoria Park gesucht und gefunden haben, würden wohl Rede und Antwort stehen, könnten sie sich noch an ihre Erlebnisse dort erinnern. Und natürlich nur unter der Voraussetzung, dass sie ihren Besuch im Park überlebt haben

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Wunschbrunnen
Michael würde nie wieder Freude spüren können. Das wusste er. Seit Caroline ihn verlassen hatte, nach viel zu kurzer Zeit – ihre Verbindung hatte sich gar nicht erproben können –, war er in einem tiefen Loch, fühlte sich wie am Boden eines dunklen Brunnenschachts gefangen. Dieses Bild bemühte er oft, hatte es schon früher bemüht, auch vor Caroline, und sie hatte ihm versichert, sie säße bei ihm in der Dunkelheit des Schachts. Doch jetzt war sie weg. Und er war allein. Er traf sich oft mit Freunden, um der Einsamkeit seiner kleinen Wohnung zu entgehen. An diesem Tag jedoch hatten sie ihn enttäuscht. Beide hatten sie gemeint, müde zu sein und am nächsten Tag wieder früh aufstehen zu müssen, also hatten sie sich schon um zehn Uhr abends auf den Weg nach Hause gemacht.

Er aber wollte noch nicht nach Hause gehen. Kurzerhand entschloss er sich, die Nacht noch nicht enden, sondern vielmehr beginnen zu lassen, und fuhr mit der U-Bahn zu einem Nachtklub. Dort bestellte er sich ein Bier nach dem anderen und saß ansonsten in einer Ecke und lauschte den bassdurchtränkten Klängen dieser Blitzlichthölle. Bald, es musste so gegen ein Uhr Früh sein, hielt es ihn nicht mehr an seinem Platz. Er dachte an Caroline, ihr dunkles Haar, den Geruch davon, die tiefen Augen, mit dem sie ihm Blicke voller Liebe geschenkt hatte. Von diesen Blicken hatte sie später nichts mehr wissen wollen. Er erinnerte sich an die sanfte Berührung ihrer zarten Finger, genauso wie an den harschen Griff ihrer Hände im Bett. Er wollte zu ihr. Sturzbetrunken, mit Tränen in den Augen, wankte er aus dem Klub, rempelte ein paar Gäste an und wurde zurückgerempelt. Ein junger Mann schlug ihm sogar ins Gesicht, aber ihm war es egal. Er torkelte weiter, dröhnende Schmerzen hämmerten gegen die Innenwand seines Schädels, er schluchzte, aber nicht wegen des Bluts, das aus seiner Nase lief. Er schlug den Weg durch die nachtdunklen Straßen der Stadt ein, um zu einer U-Bahn zu gelangen, die ihn zu Caroline bringen würde. Er hatte vergessen, wo sie wohnte, wusste die Adresse nicht mehr. Aber er musste zu ihr. Er würde zu ihr gelangen, komme, was wolle. Und er machte sich auf die Suche.

Wie er dann auf einmal dort zu stehen gekommen war, wo er nun stand, wusste er nicht. Er war nicht mehr in Wien, das war ihm auf seltsame Weise klar, obwohl man beim schnellen Hinsehen seine Umgebung mit dem Prater hätte verwechseln können: Er war umringt von Buden, bei denen man Zielschießen, Dosenwerfen, Naschereien erstehen konnte. Da waren auch größere Bauten, die Unterhaltung versprachen auf ihren bunt verblassenden Schildern: Abenteuerhäuser, ein Spiegelkabinett, dort eine Geisterbahn, weiter hinten eine Hochschaubahn1. Der silberne Mond tauchte alles in ein albtraumhaftes Funkeln, die meisten Buden hatten geschlossen, nur wenige Passanten waren unterwegs. Michael stützte sich am kalten Metall einer Laterne ab, weil er die Eindrücke nicht begreifen konnte. Die Menschen hier sahen sonderbar aus. Ein hagerer Mann trug Kleidung, die er ohne Umschweife den ausgehenden 1920er Jahren zugeordnet hätte. Eine Gruppe junger Menschen sah aus, als wären sie den Achtzigern entsprungen, bunte Haare und Irokesen­schnitt und sehr außergewöhnliche Kleidung. Da waren auch Damen mit bauschigen Röcken, die keinen Zentimeter Haut zeigten, dann wieder Frauen, die gegen sie wie billige Flittchen wirkten in ihren engen Röcken und Hotpants. Michael lehnte sich an den Laternenpfahl und ließ sich auf den Boden sinken. Das Kopfsteinpflaster war kühl und ein wenig feucht. Er spürte die Nässe durch seinen Hosenboden. Niemand beachtete ihn. Nur die Budenbesitzer, die noch hie und da auf Kunden warteten, schenkten ihm manchmal einen schweifenden Blick aus hohlen Augen. Diese Frauen und Männer hinter den Tresen sahen abgezehrt und blass aus – der Job war vermutlich kein Zuckerschlecken. Wo bin ich hier?, fragte er sich benommen. Nur schleppend klärten sich seine Gedanken. Langsam kehrte eine Idee von Nüchternheit in seinen Geist und er versuchte, die Umgebung genau zu studieren. Jetzt fiel ihm die Verfallenheit dieses Orts auf, den er für einen Vergnügungspark halten musste. Alle Schilder waren verblichen, die Buden standen teilweise schief, alles wirkte grau – düsterer, als es im silbrigen Mondlicht hätte erscheinen sollen. Er roch widerstreitende Dinge: Naschereien und Verwesung, so kam es ihm vor. Ein leiser Lufthauch wehte über ihn hinweg, und als er sich mit der Hand auf dem Boden abstützen wollte, ertasteten seine Finger feuchtes Papier. Zögerlich hob er den Zettel auf und las im spärlichen Licht der Laterne, die über ihm flackerte – flackerte? Ja, es war eine Gaslampe, sonderbar –, Worte in buntgrauen Buchstaben: Phantasmagoria Park stand ganz groß auf der Kopfzeile des Flugblatts. Die untere Hälfte hing in nassen Fetzen, hatte aber vermutlich einmal eine comichafte Karte dieses Orts gezeigt. „Phantasmagoria Park“, flüsterte Michael. Er bildete sich ein, diesen Namen schon einmal gehört zu haben. Aber wo nur? Eine krächzende Stimme riss ihn jählings aus den Gedanken: „Junger Mann. Wollen Sie hier nur sitzen oder endlich herkommen? Das ist kein Rastplatz, sondern der Weg zum Ticketstand. Wenn Sie sich also bitte entscheiden würden, ob Sie sich ein Ticket kaufen oder nicht, wäre das schön. Denn so wie jetzt behindern Sie nur den Weg zum Wunschbrunnen.“

Wie benebelt richtete sich Michael auf. Etwas wackelig auf den Beinen wandte er sich nach der Stimme. Ja, er stand auf einem von Kordeln begrenzten Weg zu einer kleinen Hütte, die wie eine Ticketbude aussah. Hinter einem kleinen Fenster blickten ihm trübe Augen aus einem faltigen Gesicht entgegen. Graue Augen, die einer Hexe gehören mochten. Sabber glitzerte im Zwielicht auf den Lippen der Alten. Neben der Bude war ein krudes Schild aufgestellt, auf dem in schiefen Buchstaben Wunschbrunnen geschrieben stand. Knapp dahinter, umgrenzt von einem verfallenden Bretterzaun, ragte ein unscheinbarer steinerner Brunnen aus dem Boden, der schwarz in der Dämmerung aussah. Michael schaute sich um. Niemand stand in näherer Umgebung, er hielt also auch keine anderen Gäste auf, zu der Bude zu kommen. Wieder richtete die Alte ihre krächzende Stimme an ihn: „Junger Mann. Sie sehen aus, als hätten Sie einen Herzenswunsch.“ Er biss sich auf die Lippen und schmeckte sofort Blut. Seine Nase blutete immer noch. Als er mit dem Handrücken darüberwischte, fuhr ihm ein stechender Schmerz in den Schädel. Der Kerl vorhin hatte sie also gebrochen – wie lange war das her? Es musste schon vor ein paar Stunden gewesen sein, denn so nüchtern wurde man nicht in kurzer Zeit. Wie hypnotisiert setzte er einen Fuß vor den anderen und wankte auf die Bude zu. Die Alte starrte ihm entgegen, emotionslos. Ein Speichelfaden troff von ihren Lippen. Als er nur noch einen Schritt von ihrem Fenster entfernt stand, sagte sie: „Also, haben Sie einen Herzenswunsch?“ Er schluckte. Sein Herz krampfte sich zusammen, sein Magen rebellierte und in seiner Kehle formte sich ein Knoten, der darauf hindeutete, dass gleich wieder die Tränen kommen würden. Krampfhaft presste er zwischen Schluchzern die Worte heraus: „Ja ... Car... Caro... Caroline ...“ Ein Keckern kam aus dem Maul der Alten. „Ein gebrochenes Herz.“ Sie wischte sich mit dem Ärmel den Sabber von den Lippen. Ihre Kleidung sah speckig und abgetragen aus. Sie hätte eigentlich stinken müssen, war aber seltsam geruchlos. „Die Sehnsucht nach der Liebe. Wie unoriginell. Aber ich bin nicht hier, um zu urteilen. Wie viel wäre dir dieser Wunsch wert? Was würdest du dafür geben, deine Caroline zu bekommen?“ „Ich ...“ Michael zögerte. Ja. Was würde er dafür geben? Er hatte oft darüber nachgedacht, in den stillen Stunden seiner dämmrigen Wohnung, wo ihn nichts tröstete und die schönen Erinnerungen an die kurze gemeinsame Zeit so quälend waren. Er weinte sich regelmäßig in den Schlaf. Er hatte oft darüber nachgedacht, darüber, wie sinnlos alles war, seit Caroline ihn verlassen, ja regelrecht in den Dreck geworfen und auf ihn gespuckt hatte. Wie sie ihn zu einer bloßen Affäre degradiert hatte, einen einfachen Kerl in einer langen Reihe von Liebhabern, deren Herzen sie alle missbraucht hatte. Und trotzdem ... Trotzdem würde er ... „Ich würde alles geben“, brachte er hervor, ohne zu würgen. Ein Lächeln durchzog die faltige Fratze der Alten, gefolgt von einem Nicken. „Dann tritt zum Brunnen und zahle den Preis.“

Der Brunnen war nur wenige Schritte entfernt, und trotzdem kam es Michael vor, als wandere er stundenlang dorthin. Wie in einem Traum, in dem sich das Ziel immer weiter entfernte. Doch hier war das nicht der Fall, seine Schritte waren nur so unendlich langsam und schleppend. Er konnte gar nicht richtig begreifen, was er hier überhaupt tat. Die Bedeutung all dessen entfloh ihm. Seine Sinne waren dumpf, der modrige Vergnügungspark um ihn herum verblasste in einem Tunnelblick. Er spürte die Trance und den Drang, in den Brunnen zu blicken. Denn dort wartete sein Herzenswunsch. Dort wartete das Glück auf ihn. Caroline. Vor dem letzten Schritt stolperte er. Es ging so schnell und doch so langsam, dass er überlegte, worüber er denn gestolpert war, bevor die Kante...



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