Weber | Grusel-Thriller 11 - Die unerwartete Zeugin | E-Book | sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, Band 11, 136 Seiten

Reihe: Grusel-Thriller

Weber Grusel-Thriller 11 - Die unerwartete Zeugin

Phillipsdorf - Bezirk des Wahnsinns No. 02

E-Book, Deutsch, Band 11, 136 Seiten

Reihe: Grusel-Thriller

ISBN: 978-3-7579-5551-9
Verlag: Blitz-Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: Kein



Stefan Hanns bekommt unerwarteten Besuch. Die Zeugin eines bestialischen Mordes in Phillipsdorf tritt an ihn heran, um angebliche Wahrheiten aufzudecken. Die Frau verhält sich sonderbar, als wäre sie selbst in den Mordfall verwickelt. Stefan Hanns versucht, das Geheimnis zu enträtseln. Phillipsdorf - Bezirk des Wahnsinns (2. Roman) Die Exklusive Sammler-Ausgabe als Taschenbuch ist nur auf der Verlagsseite des Blitz-Verlages erhältlich!!!
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ZWEITER TEIL: Nachforschungen
„Wie man hier nur wohnen kann.“ Ich hielt die Hände in den Hosentaschen, als wir die Stiege 4 hinaufmarschierten. Zum ersten Stock. Der Handlauf war schartig, das Holz zersplittert. Die Stufen wiesen von der jahrzehntelangen Benutzung im Mittelfeld Mulden auf von den Hunderten Füßen, die darüber getrampelt waren. Von den Wänden blätterte die graue Farbe. Die Luft roch abgestanden, fade, ein leiser Unterton von Eisen mischte sich vage bei. „Was glaubst du? Ob es hier vor fünfzig Jahren besser ausgesehen hat?“ „Du meinst, als dein Großonkel hier gewohnt hat?“ Raphael drehte sich nicht um, als er antwortete. Seine Stimme klang unbeeindruckt, die Hand ließ er sogar übers Geländer gleiten. „Vermutlich. Hast du diesen Bürger schon getroffen?“ Er stellte sich vor die Tür mit der Nummer 4. Die 5 daneben war einmal die Wohnung Christoph Bibers gewesen und seither nicht vermietet worden. Die Tür war sogar immer noch polizeilich versiegelt, obwohl der Mord darin Monate zurücklag. Ich schüttelte den Kopf. „Elsa hat gesagt, er sei experimenteller Schriftsteller und habe psychische Störungen. Mehr nicht.“ Mein Freund zuckte die Achseln und klopfte mit dem Knöchel an – Türklingel gab es hier offenbar keine. Nicht lange, und wir hörten dumpfe Schritte von drinnen. „Ja?“ Eine grummelige Stimme. „Herr Georg Bürger?“, rief ich. „Wer ist da?“ Weinerlich männliche Stimmlage – verstörende Mischung. „Raphael Kurzhaus und Stefan Hanns! Wir hätten ein paar Fragen an Sie, wenn Sie erlauben.“ Klackerndes Rasseln verriet, dass die Tür entriegelt wurde. Sie schwang langsam auf. Das Erste, was ich sah, war Nebel. Dichter weißer Nebel, materieller als Elsa Leichtfrieds Astralkörper, oder wie man Gespenster auch immer ethisch korrekt bezeichnet. Nebelschwaden stießen wie Tentakel aus der Tür, kräuselten sich und klumpten zusammen, um neue phantastische Formen zu bilden und sich nach zwei, drei weiteren Kunstwerken aufzulösen. Der Mann, der bald durch diese weiße Wand sichtbar wurde, war ... nun, auf jeden Fall keine alltägliche Erscheinung. Übergewichtig, ungewaschenes Haar, verstörter Blick – aber nicht die normale Sorte verstörter Augen, nein, sondern das volle Programm: weit aufgerissen, klitzekleine Pupillen, Augenringe bis zu den Mundwinkeln, nervöses Zucken einer Braue. Bürgers Blick wurde noch panischer, als er Raphael von oben bis unten musterte. Man muss dazu sagen, dass es in diesem September ungewöhnlich warme Tage gab, sogar in Phillipsdorf. Und wenn so ein knapp Zwei-Meter-Knecht mit dunklem Teint und heraufgerollten Hemdsärmeln vor einem steht, kann man schon mal die falschen Schlüsse ziehen. Vor allem, wenn man Georg Bürger heißt. „Hallo.“ Dieser weinerliche Bass war in sich so paradox, dass ich mich dabei ertappte, die von ihm gesprochenen Wörter immer wieder im Geiste zu wiederholen. „Kann ich ... Ihnen helfen?“ Er wandte sich mir zu. Wie zu sich selbst flüsterte er: „Sie haben die gleichen Augen ...“ Ich legte den Kopf schief. „Sie haben meinen Großonkel gekannt?“ Er nickte. „Gut?“ Bürger zuckte die Achseln. „Wahrscheinlich kannte er mich besser als ich ihn ...“ Jeden Satz ließ er irgendwie vage in Unsicherheit hängen, ob er noch etwas nachschob oder ob nun wirklich das Ende seiner Rede erreicht wäre. „Herr Bürger, es geht jetzt aber nicht um meinen Großonkel“, wechselte ich das Thema. „Wir beide interessieren uns für Ihren ehemaligen Nachbarn. Herr Christoph Biber. Sie haben ihn doch gekannt?“ Wieder ein Nicken. „Dürften wir Ihnen ein paar Fragen zu ihm stellen?“ Raphael trat einen Schritt nach vorne. Bürger war zwar groß, aber Raphael dräute über ihm. Trotzdem war das Bild nicht so imposant, wie es sich vielleicht anhört, denn die Breite Bürgers kompensierte die Größe meines Freundes. Bürger sog an seiner E-Zigarette. Es rauschte aus deren Tank so laut, als hielte man eine Muschel ans Ohr. Er inhalierte tief, stöhnte und keuchte dabei, und entließ dann so viel Dampf aus Mund und Nase, dass er, wir und unsere unmittelbare Umgebung eingenebelt wurden. Er leckte sich über die Lippen. „Was ... möchten Sie denn wissen?“ „Ob eine gewisse Nacht so abgelaufen ist, wie wir es gehört haben.“ Raphael verschränkte die Arme. „Die Nacht vom dreißigsten April auf den ersten Mai diesen Jahres.“ Bürgers Kiefer arbeiteten. An seinem Gesicht glaubte ich zu erkennen, dass er sich von innen in die Wange biss. War er nervös? Sein Blick huschte von einer Ecke des Stiegenhauses zur anderen. Dann wurde seine Miene für einen Augenblick ganz ruhig. „Bitte, kommen Sie rein. Möchten Sie Kaffee?“ „Gerne, danke.“ Raphael betrat vor mir den Raum. Ich folgte ihm, das Zigarettenpäckchen schon zur Hand. „Dürfen wir hier rauchen?“ Bürger lächelte mich hilflos an und wackelte mit seiner E-Zigarette. „Nur zu.“ „Ich habe mir eingeredet, es sei ein Albtraum gewesen. Selbst als mich Herr Biber darauf angesprochen hat, habe ich geleugnet, irgendetwas gesehen zu haben, obwohl ...“ Bürger stockte. Sein Blick driftete ab in den weißen Nebel, der seine ganze Wohnung einhüllte. Das war gut. Der Schleier machte es einfacher, die fleckigen Tapeten und die demolierte Einrichtung zu ignorieren. Ich beugte mich auf der durchgesessenen Couch nach vorne. „Obwohl?“ Er schüttelte den Kopf, was seine rostroten Locken wackeln ließ. „Obwohl ich natürlich immer gewusst habe, dass ich mir das alles nicht bloß zusammenphantasiert habe. Ich habe nicht einmal mit Doktor Ost über diese Episode geredet.“ Episode? Das klang stark nach Psychiatrie-Jargon. Weder Raphael noch ich hatten ein Wort über die Tablettenschachteln verloren, die unser Gastgeber rasch vom schiefen Couchtisch weggeräumt hatte, als wir eingetreten waren. „Doktor Ost ist Ihr Psychotherapeut?“, hakte Raphael jetzt nach. Bürger nickte. „Er ist mein Arzt.“ „Die Tabletten, die Sie vorhin weggeräumt haben, sind allesamt ziemliche Bomben, wenn ich das so sagen darf.“ Er zuckte die Achseln. „Ich bin mir nicht einmal sicher, ob die Kombination aus verschiedenen Antidepressiva und Aufputschmitteln ungefährlich ist.“ „Sie kennen sich mit Psychopharmaka aus?“ Bürger rutschte in seinem Ohrensessel hin und her. Das Möbel mit dem stellenweise aufgerissenen Samtüberzug knarzte, als leide es Schmerzen. Raphael sog an seiner Zigarette. „Ich bin selber in Therapie.“ Ich beobachtete meinen Freund aus den Augenwinkeln. Er verzog keine Miene, blieb ganz ruhig mit überschlagenen Beinen sitzen. Er hatte schon das eine oder andere Mal angedeutet, dass er aufgrund seiner geheimen Profession regelmäßig in Behandlung war. Aber was die Details anlangte, blieb er zugeknöpft. Ich fragte mich, ob ich es darauf ankommen lassen und ihn einmal abfüllen sollte, um endlich die Wahrheit aus ihm herauszukriegen. Aber auch betrunken war er kontrolliert genug, nicht über Dinge zu sprechen, die er wirklich niemandem sagen wollte ... Ich konnte mir jedoch nicht vorstellen, dass diese Sache dazugehörte. „Weswegen?“, fragte Bürger, die Augen geweitet. Er sog so gierig an seiner E-Zigarette, dass man fürchten konnte, sie explodiere gleich. Er hatte fast den zweiten Tank Liquid leergedampft, seit wir zusammensaßen. „Es hängt mit den Dingen zusammen, die Sie gesehen haben.“ Bürger starrte ihn an. „Ich ... befasse mich mit diesen Dingen.“ Raphael drückte die Zigarette in dem Aschenbecher aus, der offenbar noch nie eine Geschirrspülmaschine von innen gesehen hatte. „Und entferne sie, wenn notwendig und möglich.“ Bürger starrte weiter. Er sog wieder lange an seinem Verdampfer. „Was haben Sie also gesehen?“ Georg Bürgers Aussage
Es war kurz nach Mitternacht, das weiß ich noch bestimmt, da ich seit gut zwei Stunden keine Zeile zu Papier gebracht hatte und beständig auf die Uhr schaute. (Ich bin auch Schriftsteller, müssen Sie wissen, aber ich schreibe nur für mich. Ich ... verarbeite diverse Dinge damit.) Ich saß auf meinem Schreibtischsessel und starrte das Ziffernblatt an, verfolgte den Sekundenzeiger, wie er, mal schnell, mal langsam, seine Runden drehte. Das mag paradox klingen, aber wie Sie wissen, ist das zeitliche Empfinden des Menschen subjektiv. Objektiv betrachtet, braucht der Zeiger immer gleich lang, bis er einmal seine Runde gedreht hat, aber die Wahrheit ist, dass Objektivität egal ist. Das menschliche Empfinden ist ausschlaggebend. Verstehen Sie? Als alle drei Zeiger meiner Uhr schließlich auf Zwölf sprangen, hielt ich es nicht mehr aus und zog mir Jacke und Schuhe an. Doktor Ost hat mir empfohlen, mich körperlich zu betätigen, da die Medikamente mich zusätzlich zunehmen lassen und ich dem entgegenwirken sollte. Also fand ich, dass ich meine Zeit auch auf einem Spaziergang totschlagen konnte. Ich schraubte einen vollen Akku in meinen Verdampfer, nahm mir ein Fläschchen Liquid mit und öffnete die Wohnungstür. Ich hatte mir vor dieser Nacht immer vorgenommen, mehr zu lüften, da, wie Sie sehen, ein Verdampfer, zumindest, wenn ich dampfe, ungleich mehr Dampf als eine Zigarette Rauch produziert. Dieser Vorsatz ist verpufft, nachdem mich der dichte Nebel davor bewahrt hat, dieses Ding in allen Einzelheiten betrachten zu müssen. Das Erste, was ich sah, waren die Füße Christoph Bibers, deren Sohlen zu mir zeigten von der obersten Stufe aus. Sie schleiften nach hinten und fielen auf die nächste Stufe, was einen dumpfen, unangenehmen Laut im dunklen Stiegenhaus verursachte....


Daniel Weber, geboren 1993 in Wien, studiert Austrian Studies an der Universität Wien und ist diplomierter Schauspieler. Als leidenschaftlicher Autor bewegt er sich hauptsächlich im Genre der Phantastik und ist außerdem der Lyrik sehr zugetan. Seit 2016 veröffentlicht er regelmäßig Texte in Zeitschriften, Anthologien und auf seiner Website. Weber lebt und schreibt in Wien und Wolkersdorf (Niederösterreich).


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