Wehrmann | Der Kita-Kollaps | E-Book | sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, 192 Seiten

Wehrmann Der Kita-Kollaps

Warum Deutschland endlich auf frühe Bildung setzen muss!
1. Auflage 2023
ISBN: 978-3-451-83200-0
Verlag: Verlag Herder
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

Warum Deutschland endlich auf frühe Bildung setzen muss!

E-Book, Deutsch, 192 Seiten

ISBN: 978-3-451-83200-0
Verlag: Verlag Herder
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Alarmstufe Rot für Kinder, Familien, Fachkräfte … und damit für uns alle!
In 50 Jahren Praxis hat die Grande Dame der deutschen Frühpädagogik Ilse Wehrmann weder jemals eine so schwierige Situation für Kitas erlebt, noch eine solche Gleichgültigkeit der Politik.
Für sie kann mit über 70 Jahren deshalb nur gelten: Aufstand statt Ruhestand! Sie weiß:
"Die gleiche Summe, die wir jetzt für Rüstung ausgeben, brauchen wir für Bildung."

Denn die Horrorvision ist bereits Wirklichkeit: Kinder werden verwaltet, Eltern und Fachkräfte alleingelassen und die Politik zeigt sich gleichgültig.
Es mangelt an einer nachhaltigen Qualitätssicherung in den Einrichtungen, an Hunderttausenden Kita-Plätzen und -Fachkräften sowie an der Solidarität zwischen Eltern und pädagogischem Personal.
Die Expertin für frühkindliche Bildung warnt eindringlich vor den verheerenden Folgen des Kita-Kollaps.
Ihr Buch ist ein Aufruf für Kinderrechte. Und es liefert die notwendigen Lösungsansätze mit einem konkreten Reformentwurf gleich mit.
Ein Buch für alle, die den Status quo nicht länger hinnehmen möchten und an das Recht unserer Kinder auf Bildung glauben.

Wehrmann Der Kita-Kollaps jetzt bestellen!

Autoren/Hrsg.


Weitere Infos & Material


1. Der Kita-Kollaps – Horrorvision oder schon Wirklichkeit?
Das Schlagwort »Kita-Kollaps« ist immer häufiger im Zusammenhang mit (früh)kindlicher Bildung zu vernehmen, insbesondere verwenden es diejenigen, die in diesem System arbeiten – Erzieher:innen, Lehrer:innen und deren Berufs- beziehungsweise Interessenverbände. Was bewegt sie dazu, vor dem »Zusammenbruch« zu warnen? Dieses Kapitel beschreibt die wichtigsten Gründe für die gegenwärtige Misere, die sich bereits seit Jahrzehnten angebahnt hat. Es benennt sowohl die systemimmanenten als auch die gesellschaftlich bedingten Gründe. Qualitätsverlust
Beim Ausbau der Kindertagespflege im Zuge der Einführung des Rechtsanspruchs auf Tagesbetreuung für Kinder ab dem ersten Lebensjahr im Jahr 2013 blieb und bleibt die Qualität auf der Strecke. Dieser Umstand wirkt bis heute in die Arbeit der pädagogischen Fachkräfte hinein – wobei nach wie vor versucht wird, an der Stellschraube »Qualität« zu drehen, um andernorts Abhilfe zu schaffen. So sahen sich beispielsweise Kita-Fachkräfte in Niedersachsen veranlasst, vor einer Verwässerung der Qualitätsvorgaben in ihren Einrichtungen zu warnen. Der Niedersächsische Städtetag hatte gefordert, wegen des Personalmangels Kita-Vorgaben zu lockern, etwa indem Vertretungskräfte ohne fachliche Qualifikation mehr Einsatzmöglichkeiten als Krankheitsvertretung erhalten (Zeit online 2023a). Die Lockerung der fachlichen Anforderungen scheint beispielsweise in Berlin in Mode gekommen zu sein: Dort kann nach dem Motto »Masse statt Klasse« rund ein Drittel des Personals in Kindertagesstätten keine Ausbildung zum bzw. zur Erzieher:in vorweisen (Michler 2020b). »Sie sagen, […] sie können die Kinder nicht mehr pädagogisch betreuen, es ist eigentlich nur noch ein Verwahren« (Bäckermeister und siebenfacher Opa) Aufgrund der angespannten Personallage klagen Fachkräfte zunehmend darüber, die Bildung und Entwicklung der Kinder fachlich nicht angemessen begleiten und die Kinder häufig nur noch »verwahren« zu können. Die Folge: zunehmender Frust der Fachkräfte und Anstieg ihrer Fehltage aufgrund psychischer Erkrankungen. Schlimmer noch: Ein von ver.di im Jahr 2021 durchgeführter Personalcheck von fast 20.000 Kita-Beschäftigten ergab, dass fast 25 Prozent der Fachkräfte über einen Berufswechsel nachdachten (ver.di 2023). Wir verwalten Kinder
»Der Raum ist nach den beiden pädagogischen Mitarbeiterinnen bzw. Mitarbeitern einer Kita-Gruppe der dritte Erzieher.« (Dr. Christa Preissing) Verwaltung und Bürokratie sind untrennbar miteinander verbunden, auch im Kita-Bereich. Und beide treiben bisweilen sonderbare Blüten. Aktuell muss ich erleben, dass sich alle von mir in Bremen betreuten Kita-Bauten aufgrund bürokratischer Hürden über Monate, bisweilen über Jahre verzögern, aus einleuchtenden Gründen: Hier fehlen einige Quadratmeter, dort lebt eine seltene Fledermausart und wieder anderswo müssten ein paar Bäume gefällt werden. Selbstverständlich begleitet von gutmeinenden, engagierten Dauerempörten, die sich schützend vor alles stellen, was ihnen schützenswert erscheint – nur nicht das Wohl der Kinder. Diese stehen weiterhin auf der Straße und warten auf die Einlösung ihres Rechtsanspruches auf Bildung und Betreuung. Dies verdeutlicht auf eklatante Weise das Desinteresse unserer Gesellschaft gegenüber Kindern. Damit machen wir uns – wie zum Beispiel auch zuzeiten von Corona – unseren Kindern gegenüber schuldig. Unabhängig von solchen Auswüchsen ist der Kita-Bereich insgesamt derart überreguliert, dass in der Kindertagesbetreuung kaum Ermessensspielräume für selbstständiges Handeln nach gesundem Menschenverstand vorhanden sind. Entsprechend fehlt es an Mut zu eigenen Entscheidungen. Frühkindliche Bildung hin oder her: Es ist politisch durchaus gewollt, die Dinge unaufgeregt laufen zu lassen. Und dies entspricht auch einer eigenen Logik: Im Kern interessiert sich die Politik nicht wirklich für Kinder und deren Belange. Kein Wunder, ist sie doch in der Regel auf kurzfristige Erfolge mit Blick spätestens auf die nächsten Wahlen ausgelegt. Sie setzt auf Entscheidungen in Legislaturperioden und Ressorts. Bildung hingegen – insbesondere im Elementarbereich – ist auf langfristige Ergebnisse ausgelegt und nicht auf Effekthascherei. Zielgruppe Kinder? Von wegen!
Folgerichtig sind Kinder aus politischer Sicht keine Zielgruppe, weil es noch lange dauert, bis sie wählen gehen. Und eine Lobby haben sie ohnehin nicht. So bleibt bei nüchterner Betrachtung die Feststellung, dass die Spaltung der Gesellschaft schon in der Krippe und im Kindergarten beginnt. Die Bürgerinnen und Bürger nehmen dies klaglos hin, weil sie sich dieses Umstands nicht bewusst sind. Auch nicht, dass bestenfalls eine Klientelpolitik mit Blick auf kommende Wahlerfolge betrieben wird. »Mir dürfte im Moment kein ­Politiker begegnen.« (Mutter aus Bremen) In diesem Sinne sind beispielsweise Kindergelderhöhungen zu verstehen. Sie machen kurzfristig etwas her und halten die Wählergruppe Eltern bei Laune. Langfristig wären aber ein Bildungssoli oder ein Sondervermögen Bildung erforderlich, um die Weichen für die frühkindliche Bildung wirksam zu stellen. Das, was uns als »Bildungspolitik« verkauft wird, hat meines Erachtens mit auf die Zukunft hin ausgerichteter Bildungspolitik nichts gemein. Diese Feststellung gilt für nahezu alle die Kindertagesbetreuung betreffenden Bereiche. Greifen wir einmal das Beispiel »Ausbau der Betreuungsstruktur« in einer größeren norddeutschen Kommune heraus. Die Ausgangslage ist trist wie fast überall: Es fehlen circa 5.000 Kita-Plätze, der Mangel an Räumen steht dem Mangel an Personal in nichts nach, die Nachfrage nach Kita-Plätzen ist höher denn je. Erfreulicherweise sind die Rahmenbedingungen für den Ausbau positiv: Es gibt private Investoren in der Stadt, die Kitas und Schulen bauen wollen. Es existiert ein gut verknüpftes Netzwerk aus Investoren, Trägern, Handwerkern und Behörden, das von allen Akteuren akzeptiert wird, mit kurzen und schnellen Kommunikations- und Entscheidungswegen. Die vorhandenen Träger wollen wachsen und sind bereit, neue Einrichtungen zu übernehmen. Das Projekt findet in der Bevölkerung große Zustimmung. Ist also alles in Butter? Viele Köche …
Keineswegs! Die Kommunikation mit der Baubehörde und den Genehmigungsbehörden gestaltet sich schwerfällig, die Genehmigungsverfahren sind zu lang. Weil die Zuständigkeiten und Verantwortlichkeiten nicht immer eindeutig sind, kommt es zu Kommunikationslücken und damit zu Verzögerungen. Die für den Kita-Ausbau erforderlichen Bedingungen, die von den Trägern erfüllt werden müssen, sind nicht transparent. Das verursacht hohe Hürden für den Betrieb einer Kita. Hinzu kommt, dass sich der Spruch bewahrheitet, wonach viele Köche den Brei verderben. So müssen zum Beispiel für die Akzeptanz und Einbindung im Quartier Ortsbeiräte, Quartiersmanagement und andere möglichst früh in die Planung miteinbezogen werden. Bei Bauvorhaben sind die Träger öffentlicher Belange (TöB) in die Planung miteinzubeziehen, als da unter anderem wären: die Senatorin für Klimaschutz, Umwelt, Mobilität, Stadtentwicklung und Wohnungsbau (SKUMS) Stadtplanung, gegebenenfalls Gestaltungsbeirat; die SKUMS Stadtplanung/Bauordnung für B-Plan-Änderung; die SKUMS Bauordnung Vorbereitung für Bauanträge/Nutzungsänderungsanträge; die SKUMS Grünordnung/Naturschutz (gegebenenfalls sind Baumkataster, Fauna- und Floragutachten zu erstellen); Amt für Straßen und Verkehr (ASV – Bring- und Abholsituation, übergeordnete verkehrliche Situation); Feuerwehr (vorbeugender baulicher Brandschutz); Kampfmittelräumdienst; Altlasten; Landesarchäologie; Landesbehindertenbeauftragte; Gesundheitsamt; Unfallkasse; Landesveterinäramt; Landesjugendamt; Fachdienst für Arbeitsschutz/Zentrum für Gesunde Arbeit. – Um nur einige zu nennen! Paragrafenreiter ohne Ende
Sie alle reden bei der Planung mit, ohne ihr Plazet geht nichts. Werfen wir mal einen Blick in die Amtsstube, die prüft, ob der Bauantrag die räumlichen Anforderungen erfüllt. Dem bzw. der zuständigen Sachbearbeiter:in gibt das Gesetz zur Förderung von Kindern in Kindertageseinrichtungen und in Kindertagespflege (Kindertagesförderungsgesetz – KiTaG) wertvolle Hinweise, worauf alles zu achten ist. Zum Beispiel in §23 des schleswig-holsteinischen KiTaG: §23 Räumliche Anforderungen (1) Die pädagogisch nutzbare Fläche pro Kind muss mindestens 3,5 m2 in Krippengruppen und integrativen Gruppen, 3,0 m² in Hortgruppen sowie 2,5 m2 in Kindergartengruppen betragen (Mindestraumbedarf). In altersgemischten Gruppen muss die pädagogisch nutzbare Fläche mindestens 3,5 m2 für Kinder, die das dritte Lebensjahr noch nicht vollendet haben, und 2,5 m2 für ältere Kinder betragen. Zur pädagogisch nutzbaren Fläche zählen der Gruppenraum und sonstige Innenräume, soweit diese konzeptionell regelmäßig pädagogisch genutzt werden. Werden sonstige Innenräume von mehreren gleichzeitig anwesenden Gruppen genutzt, sind diese anteilig den Gruppen zuzurechnen. Kindertageseinrichtungen, die bei Inkrafttreten des Gesetzes bereits betrieben werden, dürfen den Mindestraumbedarf um bis zu zehn Prozent unterschreiten; die Unterschreitung ist dem örtlichen Träger zu melden. Die Vorgaben dieses Absatzes gelten nicht für Naturgruppen. (…)« (Der Ministerpräsident des Landes Schleswig-Holstein – Staatskanzlei...


Wehrmann, Ilse
Dr. Ilse Wehrmann ist Diplom-Sozialpädagogin und Erzieherin. Sie war u.a. Vorstandsmitglied der Bundesvereinigung Evangelischer Tageseinrichtungen für Kinder e.V. (BETA), deren Vorsitz sie von 2000 bis 2005 führte. Sie hat den Aufbau des berufsbegleitenden Weiterbildungsstudiums für Erzieherinnen an der Universität Bremen mit initiiert. Heute ist sie als freie Beraterin im Bereich frühkindlicher Bildung tätig. Als Expertin bringt sie ihre jahrzehntelange Erfahrung aus der Praxis, Trägerverantwortung und Referentinnen-Tätigkeit ein. Sie berät Politik, Unternehmungen, Stiftungen und Wissenschaft zu Reformen im Bereich frühkindlicher Bildung.

Dr. Ilse Wehrmann ist Diplom-Sozialpädagogin und Erzieherin. Sie war u.a. Vorstandsmitglied der Bundesvereinigung Evangelischer Tageseinrichtungen für Kinder e.V. (BETA), deren Vorsitz sie von 2000 bis 2005 führte. Sie hat den Aufbau des berufsbegleitenden Weiterbildungsstudiums für Erzieherinnen an der Universität Bremen mit initiiert. Heute ist sie als freie Beraterin im Bereich frühkindlicher Bildung tätig. Als Expertin bringt sie ihre jahrzehntelange Erfahrung aus der Praxis, Trägerverantwortung und Referentinnen-Tätigkeit ein. Sie berät Politik, Unternehmungen, Stiftungen und Wissenschaft zu Reformen im Bereich frühkindlicher Bildung.



Ihre Fragen, Wünsche oder Anmerkungen
Vorname*
Nachname*
Ihre E-Mail-Adresse*
Kundennr.
Ihre Nachricht*
Lediglich mit * gekennzeichnete Felder sind Pflichtfelder.
Wenn Sie die im Kontaktformular eingegebenen Daten durch Klick auf den nachfolgenden Button übersenden, erklären Sie sich damit einverstanden, dass wir Ihr Angaben für die Beantwortung Ihrer Anfrage verwenden. Selbstverständlich werden Ihre Daten vertraulich behandelt und nicht an Dritte weitergegeben. Sie können der Verwendung Ihrer Daten jederzeit widersprechen. Das Datenhandling bei Sack Fachmedien erklären wir Ihnen in unserer Datenschutzerklärung.