Werse | Drogenmärkte | Buch | 978-3-593-38635-5 | www.sack.de

Buch, Deutsch, 418 Seiten, Format (B × H): 141 mm x 214 mm, Gewicht: 520 g

Werse

Drogenmärkte

Strukturen und Szenen des Kleinhandels
1. Auflage 2008
ISBN: 978-3-593-38635-5
Verlag: Campus

Strukturen und Szenen des Kleinhandels

Buch, Deutsch, 418 Seiten, Format (B × H): 141 mm x 214 mm, Gewicht: 520 g

ISBN: 978-3-593-38635-5
Verlag: Campus


Den typischen Drogendealer gibt es nicht: Der eine zieht zu Hause Cannabispflanzen und verkauft sie ausschließlich an Freunde, der andere dealt professionell mit harten Drogen: Die Autorinnen und Autoren dieses Buches betrachten in empirischen Studien und Interviews erstmals den Mikrokosmos des Kleinhandels am Beispiel Frankfurts. Dabei wird deutlich, dass sich etwa die Handelsaktivitäten in der Straßenszene fundamental vom Dealen im bürgerlichen Milieu unterscheiden, gleichzeitig jedoch für den gesamten Kleinhandel die enge Verknüpfung von Handels- und Freundschaftsbeziehungen typisch ist. Die gängige strikte Trennung von 'Dealern' und 'Konsumenten', so zeigt sich, muss grundsätzlich infrage gestellt werden.

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Weitere Infos & Material


Einleitung

Bernd Werse

Der illegale Drogenhandel - Ein Überblick
Henner Hess

Einfallstor Flughafen: Drogenschmuggel in Frankfurt am Main - Interview mit Kriminalhauptkommissar Thomas Becker (Kriminaldirektion K63/GER)
Christiane Bernard

"Gib mir 'n korrekten Dreißiger" - Erwerb und Kleinhandel von Cannabis und anderen illegalen Drogen
Bernd Werse

Interview mit einem Cannabis-Gärtner aus Frankfurt
Bernd Werse

Kokaindealer im bürgerlichen Milieu
Claudia Genterczewsky

Auf- und Abstieg eines Kokainhändlers (Interviewauszug)
Yvonne Linke/Oliver Müller

Interview mit einem Partydrogendealer
Oliver Müller

"Vor was soll ich denn Angst haben?" - Der illegale Drogenhandel einer Gruppe von Migrantenjugendlichen in Frankfurt am Main - eine ethnographische Untersuchung
Sandra Bucerius

Drogenhandel zwischen Mythos und Alltag in der Frankfurter StraßenSzene
Martin Dörrlamm

Der Handel auf der "offenen Drogenszene" und seine Rahmenbedingungen - Die Szenebefragung des "Monitoring-System Drogentrends"
Oliver Müller

Zug um Zug: Drogenhandel und Prostitution als Finanzierungspraktiken von Crackkonsumentinnen
Christiane Bernard/Antje Langer

Drogen im Bordell - Eine empirische Untersuchung zum Umgang mit Drogen in der Frankfurter Bordellprostitution
Rosina Juanita Henning

Repression oder Legalisierung? Ein drogenpolitisches Nachwort
Henner Hess

Literatur

Autorinnen und Autoren


Insgesamt zeigen die in diesem Band enthaltenen Artikel und Interviews, dass sich innerhalb der unterschiedlichen Konsumentenszenen sehr spezielle Formen der Ökonomie entwickelt haben, die teilweise - einem verbreiteten Bild vom Handel mit illegalen Drogen entsprechend - "abenteuerkapitalistische" Merkmale aufweisen (und bezogen auf den Import der Substanzen auch deutliche Parallelen zu den postkolonialen Strukturen des legalen Handels von "Erster" und "Dritter Welt" zeigen). Gerade auf der Ebene des Kleinhandels erinnern diese spezifischen Wirtschaftsformen zu einem wesentlichen Teil aber auch an Geschäftsbeziehungen in vorkapitalistischen Kulturen. Der in diesem Zusammenhang zentrale Wert des Vertrauens zwischen den Akteuren verweist einerseits auf eine gewisse Schließung dieser Märkte gegenüber Außenstehenden, die als erwünschter Effekt des Drogenverbots interpretiert werden kann. Auf der anderen Seite ist die Frage zu stellen, ob die damit verbundene Verknüpfung von Konsum- und Handelsgeschehen, die umso enger zu sein scheint, je intensiver konsumiert wird, gerade im Hinblick auf die Prävention exzessiven/ abhängigen Konsums nicht auch einen gegenläufigen Effekt haben könnte. Die Drogenprohibition ist hier möglicherweise - ähnlich wie bei den Lebensbedingungen für Angehörige der verelendeten Straßenszene - selbst zu einem erheblichen Teil für die Probleme verantwortlich, die sie eigentlich zu bekämpfen sucht. In jedem Fall gilt es festzuhalten, dass die vielerorts geforderte besonders harte Bestrafung von Dealern überwiegend ins Leere läuft, da das damit verbundene gesteigerte Risiko auch immer mit einem höheren "Risikoaufschlag" und einer dadurch erhöhten Attraktivität des Drogenhandels verbunden sein wird. Vor allem die vergleichsweise hohen ökonomischen Anreize des Drogengeschäfts (oft in Zusammenhang mit eigenem Konsum), und nicht etwa die besonders hohe Verschlagenheit der Beteiligten ist dafür verantwortlich, dass immer wieder neue "Unternehmer" von der Kleinst- bis zur Großhandelsebene in das Geschäft mit illegalen Substanzen einsteigen werden. Die zahlreichen Aussagen von unmittelbar Beteiligten in diesem Sammelband deuten darauf hin, dass es sich zumindest bei denjenigen, die auf den unteren Handelsebenen agieren, überwiegend nicht etwa um gewalttätige Berufskriminelle, sondern ansonsten unbescholtene und zudem verantwortungsvolle Personen handeln dürfte. Diese Beobachtungen zeigen, dass der von Millionen deutscher Staatsbürger praktizierte, weithin sozial unauffällige Konsum illegaler Substanzen durch einen ebenfalls weithin unsichtbaren und nur selten für die Ordnungskräfte greifbaren Endverbrauchermarkt ermöglicht wird. Drogenhandel stellt also schlichtweg eine nicht zu verleugnende Realität dar, ein massenhaft ausgeübtes "victimless crime". Die praktische Unmöglichkeit der Verhinderung dieser illegalen Geschäfte sollte gerade vor dem Hintergrund der hohen hierzu aufgewendeten Kosten den Verantwortlichen in der Drogenpolitik zu denken geben.

Der illegale Drogenhandel - Ein Überblick
Henner Hess

Der illegale Drogenhandel ist, wie Fontane sagen würde, ein weites Feld, und in den Studien des vorliegenden Buches geht es nur um einen Ausschnitt, allerdings einen drogenpolitisch und ökonomisch sehr wichtigen: die Distribution illegaler Drogen vom Kleinhändler zum Endverbraucher. Außerdem ist das Buch auf die klassischen illegalen Drogen konzentriert: Opiate, Kokain, Cannabis - mit einem Seitenblick auf die sogenannten Partydrogen. Dieses einleitende Kapitel widmet sich dem breiteren Rahmen, in den die Einzeluntersuchungen einzuordnen sind, also vor allem den Stufen der Produktion, des internationalen Schmuggels und des Großhandels, an die dann der Kleinhandel und die Distribution an die Endverbraucher anschließen.

Übrigens sollte man sich, wenn man überhaupt von Drogen und Geschäften mit Drogen spricht, bewusst machen, dass die eigentlichen ökonomischen Giganten auf diesem Feld die Produzenten und Händler der legalen Drogen Kaffee, Tabak, Alkohol und Psychopharmaka sind. Hier wird der Markt von ein paar Konzernen im Oligopol beherrscht; Medellin-Kartelle und dergleichen sind ihnen gegenüber Zwerge, und vergängliche Zwerge zudem. Auch in Bezug auf die Zahl der Konsumenten, die Konsummengen, die Zahl der Abhängigen und die Zahl der Kranken und Toten spielen die illegalen Drogen eine vergleichsweise geringe Rolle. Und, so müsste man hinzufügen: Auch in Bezug auf die Vermittlung von Glücksgefühlen, Bewusstseinserweiterung, Bearbeitung von Langeweile und Leid haben die legalen Drogen, zumindest quantitativ, einen riesigen Vorsprung. Das heißt natürlich nicht, dass die illegalen Drogen nicht ökonomisch und politisch und als Verursacher von Glück und Elend bedeutsam wären. Nur sollte man dies alles in der richtigen Relation sehen.


Bernd Werse, Dr. phil., Diplom-Soziologe, ist Mitbegründer und Mitarbeiter des seit 2001 bestehenden Centre for Drug Research der Universität Frankfurt und Hauptverantwortlicher des lokalen Drogen-Monitoring-Projektes 'MoSyD' für die Stadt Frankfurt.



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