White | Du kannst uns nicht entkommen | E-Book | www.sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, 391 Seiten

White Du kannst uns nicht entkommen

Roman
1. Auflage 2018
ISBN: 978-3-96148-415-7
Verlag: dotbooks
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection

Roman

E-Book, Deutsch, 391 Seiten

ISBN: 978-3-96148-415-7
Verlag: dotbooks
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection



Eine zerrüttete Familie - ein eiskalter Plan: Der psychologische Spannungsroman 'Du kannst uns nicht entkommen' von Gillian White als eBook bei dotbooks. Weihnachten steht vor der Tür und die zwölfjährige Vanessa und ihre jüngeren Geschwister haben nur einen Wunsch für dieses Jahr: Es soll festlich werden! Ihre Mutter lässt sich zwischen ihren Affären jedoch selten zu Hause blicken und wenn, hat sie nur harte Worte für ihre Kinder übrig. Um das Weihnachtsfest zu retten, sperren Vanessa und ihre Geschwister die Mutter kurzerhand im Keller ein - zum Ausnüchtern und um sie an ihre Familie zu erinnern. Doch aus dem kurzen Experiment werden Tage, aus Tagen werden Wochen. Und plötzlich stellt sich den Kindern die grauenhafte Frage: Wozu brauchen sie überhaupt noch eine Mutter? 'Gillian White setzt die schaurigen Zutaten ihrer Geschichten kontrolliert und intelligent ein.' Independent on Sunday Jetzt als eBook kaufen und genießen: Der Domestic-Thriller 'Du kannst uns nicht entkommen' von Erfolgsautorin Gillian White wird Fans von J.P. Delaney und Camilla Way Gänsehaut-Feeling bescheren. Wer liest, hat mehr vom Leben: dotbooks - der eBook-Verlag.

Gillian White stammt aus Liverpool und arbeitete mehrere Jahre als Journalistin, bevor sie sich ganz dem Schreiben von Romanen widmete. Mit ihrem Mann und zwei Hunden lebt sie in Totnes, Devon. Vier ihrer Romane wurden vom britischen Fernsehen erfolgreich verfilmt. Bei dotbooks veröffentlichte Gillian White ihre Spannungsromane »Denn du bist mein«, »Hexenwiege«, »Ein unheimlicher Gast«, »Der Peststein«, »Der Fluch der alten Dame«, »Du kannst uns nicht entkommen«, »Die Einsamkeit der Lüge«, »Der Nachmieter«, »Das Ginsterhaus«, »Das Familiengrab« und »Das Hotel bei den Klippen«. Die letzten drei Romane sind auch im Sammelband erhältlich.
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1


Um halb drei Uhr am Weihnachtsmorgen nahmen sie ihre Mutter gefangen.

Es ging nicht anders. Es war eine gute Tat – oder zumindest notwendiger Selbstschutz. Eine traurige, kluge Entscheidung, wie sie normalerweise von Staatsbeamten getroffen wird, die ungefährdet hinter dicken Glasscheiben sitzen.

Tiefer Winter.

Mitternacht.

Trostlos und eiskalt, aber kein Wind stöhnt.

»Und noch etwas, himmlischer Vater, manchmal wache ich auf und habe schreckliche Angst vor all den Dingen, die mir tagsüber passieren könnten. Warum hast du uns Menschen so geschaffen, daß wir verstehen können, was Qualen sind ...?«

Durch das helle Viereck des Vorhangs, durch den sicheren verschleierten Abstand fremder Leute können wir beobachten, wie Vanessa Townsend ihr Gespräch mit Gott beendet. Soeben hat sie »Das Schweigen der Lämmer« beiseite gelegt. Winternebel umgibt die antiquierte Straßenlampe vor ihrem Fenster, schweigend festgehalten von nächtlicher Stille. Das hellwache Mädchen duftet schwach nach Johnson's Powder, in makelloses Weiß gekleidet, wartet auf die Heimkehr der Mutter, zwingt sich, gut achtzugeben.

Sobald es ruhig im Haus geworden ist und die Mutter sich nach oben ins Bett geschleppt hat, wird Vanessa mit den Kissenbezügen umherschleichen, die sie hinten in ihrem Schrank versteckt, dann kann sie das Licht abschalten und ihr Gehirn. Der Morgenmantel liegt auf der Bettkante bereit. Innerhalb der Hausmauern scheint nichts zu geschehen, die Stille ist vollkommen.

Letztes Jahr erlebten sie kein richtiges Weihnachtsfest, und Vanessa schwor auf ihre heilige Bibel, sie würde so etwas nie wieder geschehen lassen. Sie trägt die Verantwortung, sonst gibt es niemanden, der sie übernehmen könnte. Nur von ihr hängt es ab, und sie glaubt, sie hätte sich an alles erinnert – genauso, wie es früher war. Der Kühlschrank ist gefüllt, und in der Speisekammer steht ein Marks&Spencer-Weihnachtskuchen. Auch an die Cracker hat sie gedacht, sogar an eine Packung Feuerwerkskörper.

Dominic, »der Mann im Haus«, Camilla und die Zwillinge, Sacha und Amber – nun, die schlafen jetzt, mit der strengen Anweisung ins Bett gebracht, sie sollten es bloß nicht wagen, vor sieben Uhr aufzuwachen. Aber das muß Vanessa ohnehin nicht befürchten. Alle sind erschöpft. Sie schleppten die Kiste mit dem Weihnachtsschmuck vom Dachboden herunter, dann verbrachten sie den Abend damit, die Halle zu schmücken, den Salon, den süß duftenden Baum, den sie nach dem Tee bei Mr. Gribble abgeholt hatten. Es dauerte eine halbe Ewigkeit, alles herzurichten, denn es ist ein großes Haus, sehr elegant, in georgianischem Stil, mit hohen Zimmerdecken und breiten Treppenfluchten. Die beiden erleuchteten Ananasfrüchte von Tiffany, die auf ihren schmiedeeisernen Pfosten neben der grandiosen marineblauen Eingangstür Wache halten, gehören zu Mutters Protest gegen alles, was sie »die Mittelmäßigkeit dieser verdammten Welt von Boots, Barratts und Bradford & Bingley« nennt. Das ganze Haus ist jetzt nach ihrem Geschmack eingerichtet – bonbonfarben, mit wattierten Vorhängen und Schleifen, mit bohnengrünen Jadevasen in Alkoven, von Spots angestrahlt, und Teppichen, so dick, daß man überall unbemerkt umhergehen kann.

Unter dem Baum liegen die Geschenke für Mutter – eins mit einem Band, das teuer aussieht und von Daddy stammen muß. Es blieb den Kindern vorbehalten, die Weihnachtspost zu öffnen, die von der Mutter ignoriert wurde. Oder sie riß die Kuverts achtlos und gleichgültig auf. Sie verteilten die Karten auf dem Kaminsims, in Bücherregalen, auf Wattestreifen entlang der Wände, um alle ordentlich zur Schau zu stellen.

Hundertsiebenundvierzig Karten. Irgendwo müssen also irgendwelche Leute leben, die Mutter früher einmal gemocht haben. Sie behauptet immer, sie sei sehr beliebt.

Am Abend, als Dominic gerade auf der Trittleiter balancierte und Silberfäden über den Baum mit dem Weihnachtsengel drapierte, wurden sie von Ilses Rückkehr bei der Arbeit gestört. »O Gott!« Ihre blauen Augen drohten hervorzuquellen. In ihren goldgelben Leggings und dem wattierten seidigen blauen Anorak sah sie wie eine Weihnachtskartenfigur aus – ein Engel mit einem Rotkehlchen auf der Schulter. Sie hob zwei zierliche behandschuhte Hände, als wollte sie einen Stepptanz vollführen. »Was wird Mrs. Townsend sagen, wenn sie das sieht?«

Die Kinder erstarrten und gafften sie an. Hinter den runden Brillengläsern der Zwillinge glitzerten die Augen wie Steine. Zu beiden Seiten ihrer kleinen Köpfe umklammerten riesige karierte Schleifen dichtes steifes Haar. Ein gezwungenes Lächeln entblößte Zahnlücken. Sie können sich's leisten, Ilse zu ignorieren, und es würde ihnen leichtfallen, schon morgen für die Kündigung des Mädchens zu sorgen. Ilse weiß das auch. Mutter wäre schockiert, wenn sie erführe, wie oft Ilse ausgeht, während sie auf die Kinder aufpassen müßte. Oder wie oft sie Männer in ihr Schlafzimmer mitnimmt, hoch oben in der Lebkuchenfassade des alten Hauses. Sie hat ihren eigenen winzigen Balkon, aber dort muß sie nicht so kokett wie Julia warten, denn sie benutzt ihre eigene Hintertreppe.

»Morgen wird's vielleicht schneien. Das haben sie im Radio gesagt.« Ilse inspizierte den Baum. Am Boden lag ein Päckchen für sie. Vanessa hatte den Geschenkanhänger für die ganze Familie unterschrieben, Mutter eingeschlossen. Aber Ilse zeigte nicht das geringste Interesse.

»Hier schneit es nie zu Weihnachten«, erklärte Camilla der Schwedin.

»Ihr solltet längst im Bett liegen, vor allem die Kleinen.« Ihre Lippen waren geschwollen und rissig. Den Kragen hatte sie hochgeschlagen, um zu verbergen, was Dominic ihre Vampir-Bisse nennt. Sie machte sich nicht die Mühe, noch irgendwas zu sagen. Mit einem manierierten Seufzer wandte sie sich ab und verschwand. Sie hörten, wie sie in der Küche Eiswürfel in ein Glas warf und dann mit ihrem Drink nach oben ging. Am Nachmittag hatte sie ihr Haar gewaschen und ihre Kleidung für den nächsten Tag bereitgelegt. Am ersten und zweiten Weihnachtsfeiertag mußte sie nicht arbeiten. Sie würde bei ihren neuen Freunden in Wimbledon wohnen.

Die Zeit verstrich – es wurde Mitternacht, dann eins, halb zwei. Jetzt sitzt Vanessa im Bett, ganz in Weiß wie ein Porzellankind, die Beine unter der Decke ausgestreckt wie ein schlafender Polizist. O ja, all die Geschenke in den Kissenbezügen sind sorgfältig verpackt und mit Anhängern versehen, im Lauf der letzten Monate liebevoll ausgesucht, erstanden mit dem Geld, das sie der Mutter unter Vorspiegelung falscher Tatsachen entlockt, bei Schulausflügen oder Einkäufen gespart hat. Erstaunlich, wieviel dabei zusammenkam ... All diese kleinen Summen fügte sie den größeren Beträgen hinzu, die Daddy ihr gab. Es ist auch verwunderlich, wie einfach das Leben verläuft, seit Mutter sich in Bart verliebt hat, eine Beziehung, die viel länger dauert als irgendeine andere, an die sich ihre älteste Tochter erinnern kann, seit Daddy weggegangen ist.

Die zehnjährige Camilla sagt, Bart sei eine Null.

Mutter kommt heim. Vanessas Augen verdunkeln sich. Sie hat das Gefühl, schon jahrelang auf ihre Mutter zu warten.

In ihrem Schlafzimmer im ersten Stock des dunklen Hauses, schwach beleuchtet von der Nachttischlampe, über der Vorderveranda an der Camberley Road, hört Vanessa den flüsternden Motor, als Barts neuer BMW lethargisch anhält. Dicke Reifen saugen sich am Rinnstein fest. Sie sieht die Scheinwerfer verlöschen, wie die Lider eines Zechers, die sich trunken hinabsenken. Geparkte Autos säumen die Straße, dunkle Hügel, die sich säuberlich aneinanderreihen, dicht an dicht, denn ringsum wollen die Leute diese besondere Nacht zu Hause verbringen. Sie möchten bei ihren Kindern sein. Überall da draußen ist es so, wie es sein sollte. Die Stille der Weihnachtsnacht, sanfte, vom Feuerschein erhellte Vorfreude auf den Weihnachtsmorgen. Nicht einmal die Bäume im Park auf der anderen Straßenseite seufzen in finsterem Schweigen. Und der Nebel hängt wie eine Girlande um den Lampenpfosten. Als Kind glaubte Vanessa, im Gestrüpp am Wegrand würden Wölfe lauern, die zwischen Eichen und Birken dahinschleichen, inmitten der fernen Kiefern heulen, die sich so einsam vor dem Himmel abzeichnen.

Mutter kommt heim.

Vanessas Nerven spannen sich an, und sie runzelt die runde Stirn, während sie abwartet, ob Bart hereinkommt oder davonfährt, wie er es manchmal tut, zurück zu seiner Frau in Potters Bar, die nicht weiß, daß er mit Mutter ausgeht, sondern glaubt, er wäre mit Freunden in seinem Fitneßclub in der City. Bitte, komm herein, Bart, bitte, komm herein!

Vanessa weiß, daß Mutter wegen dieser Ehefrau den ganzen Weihnachtstag allein sein wird. »Niemand mag mich«, wird sie schluchzen und das konstante Geplärr des Fernsehers übertönen. (Sie liebt Spielshows.) Die langen roten Fingernägel zusammengekrallt, wird sie sich zum Spiegel neigen, die tränennassen Wangen voller zerflossener Wimperntusche. »Und ihr seid auch nur hier, weil euer Vater euch nicht haben will, Kinder – der und seine ekelhafte, arrogante Frau!«

Der Fitneßclub wird geschlossen sein. Alles ist geschlossen, sogar Alis Laden an der Ecke, aber wenn Bart Glück hat, wird er ein Telefon finden und Mutter anrufen. Und sie wird mit ihm reden, über den Apparat im Schlafzimmer gebeugt, im schrecklichen Chaos ihrer ungepflegten Kleider, die den Teppich wie verwehte Blütenblätter bedecken. Wenn er sich nicht meldet, wird der Weihnachtstag verdorben, noch schlimmer als sonst sein. Bestenfalls können sie hoffen, daß Mutter schlafen wird, bis das Telefon klingelt – daß dies ihre Laune bessern möge –, daß sie etwas anderes anziehen wird als den schlampigen Morgenmantel.

Während die...



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