E-Book, Deutsch, Band 2, 592 Seiten
Reihe: Nightshade Crown
Whitten The Hemlock Queen - Ein Hauch von Schatten
1. Auflage 2025
ISBN: 978-3-641-32690-6
Verlag: Blanvalet
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Roman - Die opulente und düstere neue Romantasy-Reihe der SPIEGEL-Bestsellerautorin!
E-Book, Deutsch, Band 2, 592 Seiten
Reihe: Nightshade Crown
ISBN: 978-3-641-32690-6
Verlag: Blanvalet
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Nach dem Tod des korrupten Königs besteigt Prinz Bastian den Thron von Dellaire und erhebt die Totenmagierin Lore zur Gefährtin an seiner Seite. Doch der Frieden ist nicht von Dauer: Eine mysteriöse dunkle Kraft breitet sich aus, die Bastian, den Lore zu kennen und lieben glaubte, plötzlich bis zur Unkenntlichkeit verändert. Lores starke Gefühle für Gabriel, mittlerweile der zweitmächtigste Mann im Reich, sind ihr dabei Trost und Hindernis zugleich. Kann Lore sich selbst, ihren Prinzen und ihr Königreich vor den dunklen Mächten schützen, bevor sie alles verliert?
Gothic Vibes treffen auf die Tropes Forbidden Romance und Love Triangle– Band 2 der opulenten Romantasy-Reihe von SPIEGEL-Bestsellerautorin Hannah Whitten bei Blanvalet.
Hannah Whitten schreibt, seit sie einen Stift halten kann. Kein Wunder, dass sie als Autorin des romantischen Bestsellers »Für den Wolf«, mit dem sie von 0 auf Platz 10 der »New York Times«-Bestsellerliste einstieg, heute unzählige Leser*innen zum Träumen bringt. Auch ihre »Nightshade Crown«-Trilogie wurde zu einem internationalen Bestsellererfolg. Sie lebt in Tennessee mit ihrem Mann und ihren Kindern in einem Haus, das von einer temperamentvollen Katze regiert wird.
Weitere Infos & Material
Erstes Kapitel
Prophezeiung des kadmaranischen Mönchs Elan Adabbo. Als man sie dem Erhabenen Priester vorlegte, befand dieser, dass es nicht nötig sei, sie zu katalogisieren
Es gab vieles, auf das Lore heute keine Lust hatte. Früh aufstehen. Das Frühstück hinunterwürgen. Ihr Kopf fühlte sich an, als wäre er von tausend winzigen Hämmerchen bevölkert. Das lag an dem Wein, den sie vor dem Einschlafen in sich hineingekippt hatte, um sicherzugehen, dass sie nicht träumen würde. Die Kombination aus Schmerz und trockenem, saurem Mund führte dazu, dass selbst die köstlichsten Backwaren wie Abfallhaufen schmeckten. Sich anziehen stand auch nicht sonderlich weit oben auf der Liste der Dinge, die sie gern tun wollte, und deshalb hatte sie sich von Juliette, ihrer Zofe, in ein blass pfirsichgelbes Kleid stecken lassen. Bei ihrem Teint war es nicht vorteilhaft, aber sie hatte keine Energie gehabt, sich dagegen zu wehren. Das war typisch für sie in letzter Zeit: Sie hatte keine Kraft, für irgendetwas zu kämpfen.
Aber noch vor all diesen Unannehmlichkeiten stand eine Sache unverrückbar ganz oben auf der Liste, etwas, das sie auf keinen Fall tun wollte, und zwar, in die Katakomben zu gehen.
»Bist du bereit?« Bastian starrte in den eben geöffneten Brunnen, die Brauen tief zu den Augen gezogen. In der aufgehenden Sonne wirkten seine kräftig whiskeybraunen Augen etwas weniger dunkel. Um seine Finger wirbelte ein goldenes Flirren, Licht, das er aus der Luft gezogen hatte, so schwach, dass man es sich auch hätte einbilden können.
Doch Lore wusste, dass es keine Einbildung war.
Die Presquemorts, die im Kreis um den Brunnen herumstanden, konnten das Spiritum nicht sehen, da sie es nicht kanalisieren konnten. Trotzdem beäugten sie den Gebenedeiten König mit einer unausgegorenen Mischung aus Furcht und Bewunderung.
Obwohl er – zwar nicht als Inkarnation, aber doch der Stellung nach – der Herold der Rückkehr ihres Gottes war, mochten die Presquemorts Bastian Arceneaux nicht besonders.
»Nein«, antwortete Lore, wohl wissend, dass es keinen Unterschied machen würde. Nein, sie war nicht bereit, noch einmal in die Dunkelheit hinabzusteigen. Nein, sie war nicht bereit für den Versuch, den Leichen die ewige Ruhe wiederzugeben, den Opfern des Mortems, das Anton aus ihr herausgezogen hatte, um damit über Nacht ganze Dörfer auszulöschen.
Aber es waren Opfer. Sie lagen in ihrer Verantwortung.
Und obwohl sie sich einredete, dass sie nichts mehr verabscheute, als Mortem zu kanalisieren, juckte es sie in den Fingern.
Bastian sah sie an, als hätte er ihren Gedanken gehört. Beide Gedanken. Aber als er sich vom Brunnen abwandte und ihr die Hand an die Wange legte, ging er nur auf den ersten ein. »Es war nicht deine Schuld, Lore«, murmelte er zum unzähligsten Mal in den drei Wochen seit dem Tod seines Vaters. Seine Krönung war erst für übermorgen anberaumt, aber er füllte die Rolle des Königs bereits aus. »Anton war es, nicht du.«
Doch ohne sie wäre Anton dazu nicht in der Lage gewesen. Lores Fähigkeit hatte seine Pläne erst möglich gemacht, denn sie konnte die Magie kanalisieren, die aus dem Leichnam in der Gruft der Begrabenen Göttin unter der Zitadelle austrat. Auf diese Macht hatte Anton gewartet, während er beobachtet hatte, wie sie aufgewachsen war, und sich Schritt um Schritt ihrer Bestimmung genähert hatte, bis er sie hierhergebracht hatte, um Bastian zu bestricken.
Ihre Schuld. Es war alles ihre Schuld.
Aber Lore widersprach nicht. Man konnte es nicht mehr ungeschehen machen.
Er sah sie besorgt und mit zusammengekniffenen Lippen an. »Du musst das nicht tun. Vielleicht finde ich einen Weg …«
»Nein.« Sie schüttelte den Kopf. »Nein. Ich bin hier. Ich tue es.«
Bastian musterte ihr Gesicht, während seine Hand noch immer auf ihrer Wange lag. Er berührte sie völlig zwanglos und kümmerte sich überhaupt nicht darum, wer sie dabei sah. Lore musste sich erst noch daran gewöhnen. Eigentlich war sie es gewohnt, verborgen zu sein.
Schließlich nickte er.
Als hätte er auf das Zeichen gewartet, trat der Presquemort, der sich freiwillig gemeldet hatte, um sie zu begleiten, nach vorn. Nur einer hatte sich gemeldet, obwohl dieser Ausflug in den Untergrund vom Erhabenen Priester abgesegnet worden war. Doch die Reste des heiligen Ordens waren nicht scharf darauf, die Katakomben zu betreten.
Der Erhabene Priester stand hinter dem offenen Brunnen, trug aber noch die schwarzen Kleider der Presquemorts und nicht das weiße Gewand, das seinem Amt entsprach. Der Anhänger mit dem Herz des Blutenden Gottes hing jedoch um seinen Hals und blinkte im Licht der Nachmittagssonne.
Einen Herzschlag lang traf Lore sein Blick aus dem einen blauen Auge, während das andere hinter schwarzem Leder versteckt war. Dann sah er weg.
Bastian achtete überhaupt nicht auf den Erhabenen Priester. Doch als Lores Blick von Gabe wieder zu ihm zurückkehrte, zeigte er ihr ein schwaches, von Sorge eingetrübtes Lächeln, als würde auch ihn die Gleichgültigkeit des anderen schmerzen.
»Das wird schon«, murmelte Bastian so leise, dass nur sie beide es hören konnten. »Uns wird schon nichts passieren.«
Der Presquemort, der sie in die Katakomben begleiten sollte, hieß Jerault, und Lore war einigermaßen überzeugt, dass er sich nur deshalb freiwillig gemeldet hatte, weil er und Bastian einmal eine Affäre gehabt hatten und der Mönch immer noch eine Schwäche für ihn hatte. Anscheinend war Gabe so ziemlich der einzige Mönch, der dieses spezielle Gelübde so streng befolgte. Als Bastian ihr am Abend zuvor beim Dinner lachend von seiner und Jeraults Geschichte erzählt hatte, hatten ihr Tränen der Demütigung in den Augen gebrannt, die sie mit viel Wein verborgen hatte.
Jerault war hübsch, vielleicht ein Jahr jünger als Lore, hatte goldene Haare und graue Augen, die ein wenig zusammengekniffen waren, da ihm aufgefallen war, wie dicht der König und seine Todeshexe beieinanderstanden. Als Bastian sich wieder zum Brunnen umwandte, stieß Jerault etwas aus, das einem sehnsüchtigen Seufzer nahekam.
Es war schon fast lustig, dass alle Welt überzeugt war, sie würde mit Bastian schlafen.
Gabe auf der anderen Seite des Brunnens blieb stumm, hatte den Mund im Schatten seiner Augenklappe fest zusammengepresst. Lore erwartete, dass er etwas sagen oder wenigstens sein Gesicht zu etwas verziehen würde, das kein Ausdruck von Leere mit einer hauchfeinen Spur Missbilligung war. Aber er tat nichts dergleichen.
Er hatte schon einmal getobt, weil sie mit Bastian in die Katakomben hatte gehen wollen. Das war für ihn so schlimm gewesen, dass er zu Anton gerannt war und ihm alles verraten hatte, und nun tat er so, als würde es ihn überhaupt nicht kümmern.
Lore aber kümmerte es durchaus. Es wäre alles so viel einfacher, wenn es das nicht getan hätte.
Bastian begab sich als Erster auf die gewundene Treppe und stieg an der Brunnenwand entlang hinab. Je weiter er nach unten kam, desto weniger leuchtete sein weißes Hemd. Er hatte keine Fackel, aber auf halbem Weg schnippte er sein Feuerzeug an und hielt die schimmernde Flamme an eine Zigarette, die ihm im Mund steckte. Natürlich rauchte Bastian unbeirrt, auch wenn es galt, eine Armee kreischender Leichen zur Ruhe zu bringen.
Götter, Lore hoffte so sehr, dass sie diesmal nicht kreischen würden. Heute Morgen würde ihr Kopf das nicht aushalten.
Sie ging als Zweite, und Jerault machte den Schluss. Sie schwiegen. Beinahe unten angekommen, sah Lore noch einmal nach oben.
Gabe hatte sich doch noch gerührt. Er beugte sich über den Brunnenwand, die tätowierten Hände in die Seiten gestemmt, und starrte zu ihnen hinab. Er war zu weit weg, als dass sie seinen Gesichtsausdruck hätte erkennen können, aber vielleicht war er etwas sanfter geworden und enthielt die für ihn so typische Sorge. Inzwischen war Lore alles recht.
Falls es doch etwas anderes als Sorge war, interessierte es sie nicht. Ohne noch einmal hinaufzublicken, stieg Lore ganz hinab.
Von allen Seiten rückten die Katakombentunnel erdrückend dunkel auf sie ein, und Lore stellte sich dicht neben Bastian, während sie aus den auf dem gestampften Boden zurückgelassenen Vorräten mit zitternden Fingern eine Fackel bastelte. »Warum hast du keine mitgenommen?«
Bastian zuckte mit den Schultern, nahm ihr die halb fertige Fackel aus der Hand und erledigte den Rest für sie. »Ich fand das Verschwendung.« Er reichte sie ihr. »Es gibt nichts, vor dem man Angst haben müsste, Lore. Wir sind die mächtigsten Wesen hier unten.«
Sie schnaubte. »Die Begrabene Göttin würde das wahrscheinlich anders sehen.«
»Sie ist tot, weshalb ich zuversichtlich bin, dass ich Sie mit meinen Argumenten schlagen würde.«
Lore lächelte müde und lehnte sich an ihn, nur ein wenig, angezogen von seiner Schwerkraft. Er küsste sie auf die Stirn, rasch und lautlos, so flüchtig, dass sie es sich in der Dunkelheit auch hätte einbilden können.
»Alles wird gut«, murmelte er, und seine Lippen strichen ihr dabei über die Haut. Die Worte waren ihr nach vielen Wiederholungen vertraut. »Ich verspreche, dass ich auf dich aufpassen werde.«
Das war in den letzten Wochen zum unablässigen Refrain geworden: Bastians Versprechen, dass er sie beschützen würde, sie nicht aus seiner Nähe lassen würde, tun würde, was immer nötig sein sollte. Und sie ließ ihn gewähren. Lore war zu müde und zu...