E-Book, Deutsch, 130 Seiten
Reihe: Digital Edition
Winspear Küsse im Palast der Liebe
1. Auflage 2018
ISBN: 978-3-7337-5886-8
Verlag: CORA Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
E-Book, Deutsch, 130 Seiten
Reihe: Digital Edition
ISBN: 978-3-7337-5886-8
Verlag: CORA Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Eines Tages erscheint auf der Plantage von Lornas Großvater ein wahrhaftiger Märchenprinz: der vermögende Razul Kebir Bey. Und er nimmt die zarte Lorna einfach mit in seinen Palast! Ein Traum scheint wahr zu werden. Aber was, wenn die gefährlichen Gerüchte über Razul stimmen?
Violet Winspear wurde am 28.04.1928 in England geboren. 1961 veröffentliche sie ihren ersten Roman 'Lucifer`s Angel' bei Mills & Boon. Sie beschreibt ihre Helden so: Sie sind hager und muskulös, Außenseiter, bitter und hartherzig, wild, zynisch und Single. Natürlich sind sie auch reich. Aber vor allem haben sie eine große Sehnsucht nach Liebe, sind einsam und verfügen über eine große Menge an Leidenschaft. Die meisten Helden von Violet Winspear entsprechen diesem Bild. Sie beängstigen aber faszinieren. Sie müssen die Art von Mann sein, der über den 'bösen Blick' verfügt und man muss als Leserin das Gefühl haben, es wäre schlimm allein mit einem von ihnen im Raum zu sein. Da sie sie als 'fähig zur Schändung' bezeichnete, verursachte sie einen großen Aufruhr und wurde mit Hasstiraden bombardiert. Dennoch änderte Violet Winspear die Beschreibung ihrer Helden nicht. Violet Winspear schrieb von ihrem Zuhause in Süd-Ost-England aus, welches sie nicht verließ. Ihre Inspiration erhielt sie in der Ortsbibliothek. Sie war nie verheiratet und hat keine Kinder. Sie starb Anfang 1989 nach einem langem Kampf gegen Krebs.
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1. KAPITEL Es war tagsüber drückend heiß gewesen, und abends kam der Sturm. Er trieb eine schwefelgelbe Sandwolke vor sich her, die die Sonne verdunkelte, und raste die ganze Nacht. Am anderen Morgen waren die Orangen- und Dattelplantagen verwüstet. Die hohen Fensterläden des Herrenhauses hingen zerbrochen in den Angeln, Lampen und Vasen lagen zersplittert am Boden. Der Wasserturm war einfach umgeknickt, und das auslaufende Wasser hatte eine Überschwemmung verursacht. Lorna stand auf der Galerie, zu einsam und verloren, um weinen zu können. Vielleicht hätten Tränen den Schmerz gelindert, den sie beim Anblick der überfluteten Halle empfand. Nach dem stundenlangen Wüten des Schirokkos war eine fast unheimliche Stille eingetreten, die nur von vereinzelten, immer seltener werdenden Windstößen unterbrochen wurde. Der „gnadenlose Sturm“, wie er genannt wurde, hatte sein Zerstörungswerk vollendet. Tage mit glühender Hitze und grau verhangenem Himmel, unter dem die Wüste wie eine Geisterlandschaft dalag, waren ihm vorausgegangen. Noch jetzt schien die Glut die Wände des zertrümmerten Hauses zu versengen. Lorna fühlte sie am ganzen Körper. Die Bluse, die sie aus dem Rock gezogen hatte, klebte ihr auf der Haut. In wütenden Böen war der Sturm über die äußere Veranda hereingebrochen und hatte Sand und Fliegen in die getäfelten Räume getrieben. Jetzt bedeckte er die polierten Flächen der französischen Möbel und hing wie ein Gifthauch in der Luft. Lornas Mut war dahin, wie hier alles dahin war. Ihr schmerzte die Kehle und die Augen brannten ihr. Kraftlos lehnte sie am Geländer der Galerie, zerschunden wie die Orangenbäume und Dattelpalmen in den Plantagen. Ein losgerissener Fensterladen schlug klappernd hin und her, als bewegte sich etwas langsam auf sie zu. Jeder Laut zerrte an ihren überreizten Nerven, aber sie brachte nicht die Energie auf, den Laden zu schließen. Wie gelähmt stand sie da und versuchte, nicht an die stumme Gestalt zu denken, die ausgestreckt im großen Schlafzimmer lag. Ein Zittern überlief ihren erhitzten Körper, und in der Erinnerung an die vergangene Nacht trübten sich ihre Augen, deren strahlendes Blau sonst an Kirchenfenster denken ließ. Zu der Klosterschule, in der sie erzogen worden war, gehörte auch eine Kapelle. Lorna hatte gegen den täglichen Pflichtbesuch aufbegehrt wie gegen alles andere – die übertriebene Disziplin, den Schlafsaal, in dem es keine Privatsphäre gab, und das einfache, fade Essen. Der Körper sollte nach dem Willen der barmherzigen Schwestern abgetötet werden, was bedeutete, dass es in den Klassenzimmern immer kalt war, auch wenn sich ab und zu ein Sonnenstrahl durch die dicht belaubten Bäume im ummauerten Klostergarten stahl. An ihrem siebzehnten Geburtstag war Lorna überraschend in das Büro der Oberin gerufen worden, wo man ihr mitteilte, dass sie von jetzt an bei ihrem Großvater leben würde. Bis zu diesem Zeitpunkt hatte Lovis Desirée die Existenz seiner Enkelin ignoriert, aber schon bei ihrer Ankunft in „L’Oasis“ spürte Lorna, dass sie ihr neues Heim lieben würde. Das im französischen Kolonialstil erbaute Herrenhaus, das inmitten fruchtbarer Obstplantagen lag, faszinierte sie, und das Wasser, das ständig durch die Bewässerungsgräben rieselte, verbreitete auch in den heißesten Stunden des Tages einen Hauch von Kühle. Nachts lag sie in ihrem Bett und lauschte auf das vertraute Quaken der Frösche. Auch die Wüste hatte sie von Anfang an fasziniert, und die Ausritte bei Sonnenaufgang oder nachts, beim funkelnden Licht der Sterne, hatten nie ihren Reiz verloren. Jetzt stand Lorna allein und ängstlich auf der aus breiten Holzdielen gezimmerten Galerie und sah in die überschwemmte Halle hinunter. Alle Hausdiener waren gestern geflohen. Die abergläubischen Fellahin fürchteten nicht nur den herannahenden Schirokko, sondern auch den Tod, der den „Alten Pascha“ geholt hatte. Sadik war als Letzter gegangen. Er hatte Lorna am Bett seines leblosen Herrn knien sehen und lange mit sich gekämpft, ehe er den anderen gefolgt war. Lorna hatte es kaum bemerkt. Sie trauerte aufrichtig um den Mann, der ihr für zwei Jahre eine neue Heimat geschenkt hatte. Seine hochfahrende Arroganz war ihr ebenso zur Gewohnheit geworden wie die unversöhnliche Haltung gegenüber ihrer Mutter, der er nicht verzeihen konnte, dass sie einen Engländer geheiratet hatte. Plötzlich drang ein lautes Geräusch durch die hohe Rosenholztür, als wäre im Schlafzimmer etwas zu Boden gefallen und zerbrochen. Lorna hätte vor Schreck fast die Beherrschung verloren. Am liebsten wäre sie zu den Ställen gerannt, hätte sich auf den Rücken ihres Rotfuchses „Rouge Feu“ geschwungen und die Flucht ergriffen, aber wäre es nicht herzlos gewesen, ihren toten Großvater allein in dem vom Sturm verwüsteten Haus zurückzulassen? Auf seine Art hatte er für sie gesorgt, obwohl er sie, daran bestand kein Zweifel, ganz wie einen Jungen und nicht wie ein Mädchen behandelt hatte. Lorna murmelte eins der Gebete vor sich hin, das die barmherzigen Schwestern morgens und abends mit ihren Schülerinnen angestimmt hatten. Doch auch beim Beten sah sie wieder den gequälten Gesichtsausdruck ihres Großvaters, sah, wie er in sein Zimmer taumelte, und hörte den gequälten Ausruf, mit dem er auf das Bett fiel. Kein Rufen und kein Schütteln hatten ihn wieder zu Bewusstsein gebracht, und am Ende hatte sie sein verzerrtes Gesicht mit dem Betttuch zugedeckt. Lorna beugte sich über das Geländer, sodass ihr das volle hellblonde Haar ins Gesicht fiel. Das Geräusch rührte nicht von dem abflauenden Sturm her. Das Klappern von Hufen auf Stein, das Knirschen eines Zügels, als wäre einer der Diener zurückgekehrt. Ein Hoffnungsschimmer stieg in ihr auf, aber gleichzeitig beschlich sie eine unerklärliche Angst, die sie in den Schatten der Wand zurücktrieb. Eine Gestalt war unten aufgetaucht, ein großer Mann in einem dunklen Mantel, der ihm von den Schultern bis zu den Stiefeln reichte. „Was wollen Sie?“, fragte Lorna gepresst, als er einen Fuß auf die unterste Treppenstufe setzte. „Wie können Sie es wagen, hier einzudringen?“ In ihrer Aufregung sprach sie englisch, obwohl in diesem Land außer Arabisch nur Französisch gesprochen wurde. „Sie haben kein Recht, dieses Haus zu betreten …“ „Sie würden sich wundern, wie weit meine Rechte reichen“, antwortete der Mann. Sein Englisch hatte einen leichten fremdartigen Akzent, und plötzlich wusste Lorna, wer er war. Sie hatte ihn eines Abends gesehen, als er nach einem heftigen Wortwechsel mit ihrem Großvater zornig das Haus verließ. Beim anschließenden Dinner war ihr befohlen worden, keine Fragen nach dem Besucher zu stellen. Die Geschäfte mit Razul al Kebîr Bey gingen sie nichts an, und sie solle ihn einfach vergessen. „Er wird nicht wiederkommen“, hatte ihr Großvater ihr versichert. „Er ist stolz wie ein König und will sich nicht damit abfinden, dass meine Plantage auf seinem Hoheitsgebiet liegt, wie er es nennt. Dabei habe ich eine schriftliche Genehmigung des alten Kadi. Razul ist nur sein Neffe, der die Macht an sich gerissen hat, als es so weit war …“ „Man erzählt sich in Bar-Soudi, dass Ihr Großvater gestorben ist.“ Seine gebieterische Stimme reizte Lorna, und als Razul Bey langsam und absichtsvoll die Treppe heraufkam, flüchtete sie zum Schlafzimmer, wo der tote Lovis Desirée lag. Sie konnte nur noch daran denken, wie unversöhnlich sich die beiden Männer gegenübergestanden hatten, und im Zimmer ihres Großvaters gab es eine Pistole. Lorna stieß die hohen Rosenholztüren auf und lief zum Schreibtisch. Sie brauchte sich nicht umzudrehen, um zu wissen, dass sie verfolgt wurde. Schon glaubte sie den rostbraunen Mantel wie unheimliche dunkle Flügel über sich zu sehen … Sie riss die Schreibtischschublade auf, griff nach der Waffe und drehte sich um. Razul Bey stand an der offenen Tür. „Legen Sie die Pistole hin“, befahl er kurz und in leicht belustigtem Ton. „Ich bin nach ‚L’Oasis‘ gekommen, um Ihnen zu helfen.“ „Mir zu helfen?“ Lorna richtete die Waffe direkt auf seine Brust. „Zufällig weiß ich, wie Ihr Verhältnis zu meinem Großvater war. Ich bin auch eine Desirée, und Hass richtet sich in diesem Land auf die ganze Familie.“ „La justice du Bey … ich übe nur Gerechtigkeit.“ Der Bey kam einen Schritt näher. „Ich empfinde nicht unbedingt Wohlwollen für Ihre Familie, aber ich bin nicht ohne Grund hier.“ Lorna sah ihm offen ins Gesicht. „Wollen Sie sich an dem Anblick meines toten Großvaters weiden? Er hat mir erzählt, dass Ihnen ‚L’Oasis‘ schon lange ein Dorn im Auge war, aber es wird Ihnen nicht gelingen, mich von hier zu vertreiben.“ Während ihres zweijährigen Aufenthalts in diesem Land hatte Lorna einiges gelernt. Sie wusste, dass Rachefehden unerbittlich ausgefochten wurden – manchmal über mehrere Generationen. „Ich habe nicht die Absicht, mit einem halben Kind über die Probleme des Grundbesitzes zu diskutieren“, erklärte Razul Bey und musterte Lorna von Kopf bis Fuß. „Zum letzten Mal. Legen Sie die Waffe hin, sonst muss ich Sie dazu zwingen.“ Seine anmaßende Haltung und der drohende Ton reizten Lorna so sehr, dass sie vorübergehend ihre hilflose und gefährliche Lage vergaß. „Verschwinden Sie aus dem Haus meines Großvaters!“, herrschte sie den Bey an und hoffte, dass etwas von der hochfahrenden Art des „Alten Paschas“ in ihrer Stimme lag. „Hinaus mit Ihnen … jetzt gleich!“ „Soll ich Ihnen die Wahrheit über Ihren Großvater erzählen, den Sie...