Winter | Die Alchemie des kalten Feuers | E-Book | www.sack.de
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E-Book, Deutsch, 704 Seiten

Winter Die Alchemie des kalten Feuers

Roman
1. Auflage 2020
ISBN: 978-3-641-24464-4
Verlag: Blanvalet
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

Roman

E-Book, Deutsch, 704 Seiten

ISBN: 978-3-641-24464-4
Verlag: Blanvalet
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Wissenschaft vs. Magie – perfekt für alle Fantasyleser, die ein besonderes Buch suchen.

Prinz Oslic ist ein Genie – in der mittelalterlichen Welt Syriatis kommt er einem DaVinci gleich –, und seine Forschungen gehen ihm über alles. Da ermorden drei Hexer seinen Vater und reißen die Macht an sich. Oslic ist überzeugt, dass Zauberei ins Reich der Legenden gehört. Doch dann sieht er Dinge, die er niemals für möglich gehalten hätte. Nun muss er all sein Genie einsetzen, um seine Heimat zurückzuerobern. Doch kann seine Wissenschaft gegen Wunder bestehen, die den Gesetzen der Natur trotzen?
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3


Was war das für ein Geräusch?

Er verharrte und lauschte, hörte das Rauschen des Blutes in seinen Ohren. Ein gutes Stück entfernt vernahm er zwischen den Gesängen der Grillen und Zikaden die Kampfschreie zweier Katzen. Ihr dämonisches Gefauche jagte ihm ein Rinnsal gefrorener Stecknadeln den Rücken hinab.

Auf dem Platz der Fünffaltigkeit plätscherte die jahrhundertealte Bernsteinfontäne. Leander Vartoshki hatte sie dem Kirchenrat von Doranthar vor 117 Jahren anlässlich der Rettung des sidhisidischen Handelsprinzen durch den Orden der Eulenritter gestiftet. Oslic schärfte seine Sinne, filterte Nachtinsekten und Wasser aus der Wahrnehmung seines absoluten Gehörs aus – und da war es!

Atemzüge. Scharrende Füße. Vier Personen, Männer und Frauen. Ein Rascheln. Ein Seil? Ein Netz? Wie hatten sie es geschafft, vor ihm hier zu sein?

Die Kustoden waren gut, das musste er ihnen lassen. Verdammt. Was nun? In ihm stieg Panik auf. Der Drang, einfach loszurennen, zurück auf das Gelände, und sich im Büro zu verbergen, war übermächtig. Doch es half nichts, wenn Flucht, dann nach vorn.

Jetzt oder nie. Oslic schoss vor und machte sich dabei klein, indem er den Kopf zwischen die Schultern zog und den Rücken krümmte.

Die Augen ließ er geschlossen, verließ sich auf sein Gehör. Die Luft zu seiner Rechten rauschte, jemand sprang vor, um ihn zu packen. Er hechtete nach links und rollte sich über die Schulter ab. Sein Rücken schrie auf.

Verdammt, er war aus der Übung! Doch keine Zeit zum Klagen. Sein Körper schnellte nach vorn wie eine Stahlsehne. In dem Moment blitzte eine Klinge hinter ihm auf, fuhr auf Kopfsteine herab. Glockenklang. Weiter. Vorwärts.

Ein Schemen löste sich aus dem Schatten der Hecke, floss auf ihn zu. Keine Zeit zum Ausweichen. Sie versuchten, ihn zu töten, warum sollte er sich also zurückhalten? Er ballte die gesunde Linke zur Faust. Als der Kustode vor ihm die Waffe hob, legte Oslic seinen Vorwärtsschwung in den Schlag.

Er hämmerte die Faust in den Magen des Angreifers. Dessen Kettenhemd mochte ihn vor Klingen schützen, aber nicht vor der Schlagwucht eines laufenden Mannes. Die Gestalt gab ein Pfeifen von sich, brach zusammen. Ihr Schwert klackerte über das Pflaster. Funken stoben, die Nacht flackerte.

So rasch ihn seine Beine trugen, rannte der Sohn des Tsharen vorwärts. Hinter sich hörte er seine Verfolger. Erst blieben sie hinter ihm zurück, aber dann vernahm Oslic das Klappern beschlagener Hufe.

Zwei der Kustoden hatten Pferde – und sie holten rasch auf. Er preschte an den Gebäuden vorbei, die die Universität belieferten und Studenten und Lehrern all das boten, was diese für ihren Alltag benötigten: Schenken zur Zerstreuung, Buchhändler für Lehrmittel und zur Erbauung, Geschäfte, in denen Tinte und Schreibwaren verkauft wurden.

Er sah die Türen der Fachwerkhäuser, Gassen gähnten einladend, als sie an ihm vorüberflogen. Aber die Sichtlinie der Verfolger war zu gut, als dass er einfach in einer davon verschwinden konnte. Zumal die meisten der Etablissements seit geraumer Zeit geschlossen hatten.

Seine Lunge brannte, er war definitiv außer Form. Hinter seinen Rippen machte sich ein Gefühl breit, als würde jemand das Knochenfell mit einem Schabeisen bearbeiten. Ein metallener Geschmack breitete sich in der trockenen Höhlung seines Mundes aus.

Das lief nicht nach Plan. Wie hatten sie so rasch reagieren können? Wie hatten ihn die Kustoden überholt, ohne dass er es bemerkt hatte? Warum hatte er nicht gehört, wie sie an ihm vorbeigerannt waren?

Keine Zeit, sich darüber Gedanken zu machen. Er musste zu dem Hinterhof gelangen, in dem er seine Versicherung zurückgelassen hatte. Damit würden sie nicht rechnen.

Er holte das Letzte aus seinem Körper heraus, zwang sich, die Techniken umzusetzen, die Waffenmeisterin Cerrunna ihn als Kind gelehrt hatte. Hätte er doch besser auf die alte Schwertmeisterin gehört.

Allem Ohrensausen zum Trotz wurde er des Schnalzens der Metallsehne gewahr, als der Schuss abgegeben wurde. Der Sohn des Tsharen warf sich zur Seite, und einen Herzschlag später prallte der Bolzen von der Straße ab. Brennender Phantomschmerz breitete sich in Erinnerung an durchlittene Qualen in seiner Wange aus.

Mit einem letzten, verzweifelten Satz erreichte Oslic die Gasse, die zu jenem Hinterhof führte. Dort hatte er den Eimer mit dem Phosphor, dem Steinmehl und den Metallspänen verborgen. Im Lauf griff er an seinen Gürtel und fingerte nach der Schutzbrille. Er rannte unter einem hölzernen Türbogen hindurch. Sein Blendwerk war ein netter Trick – zu wenig, um eine echte Erfindung genannt zu werden, aber genug, um es diesen Grobianen zu zeigen.

Dann lief er mit voller Wucht gegen das Hindernis. Das Wenige, was er an Luft bekam, wurde mit der Gewalt eines angreifenden Stieres aus seinen Lungenflügeln gepresst. Er wollte aufheulen, aber da war nichts, keine Luft, mit der er dem Schmerz Ausdruck verleihen konnte. Hart schlug er auf dem Boden des Hinterhofes auf. Er schnappte nach Luft wie ein Karpfen auf dem Steg – und der Teil seines Geistes, der nicht mit Atmen überfordert war, lieferte ihm ein Bild dazu.

Mit einem befriedigten Lächeln schauten eine grobschlächtige Frau und vier Männer in den Rüstungen der Kustoden auf ihn herab.

Im blieb nichts übrig, als weiter nach Atem zu ringen. Sterne tanzten vor seinen Augen. Der an ihnen haftende Geruch der Stinkbombe stieg ihm in die Nase.

»Du erkennst uns, deine Augen verraten dich, Dieb«, sagte die kurzhaarige Blondine. Ein tückisches Lächeln hob eine Seite ihres Mundwinkels an, dann verpasste sie Oslic einen Fußtritt. »Hast du echt geglaubt, du kämst uns davon? Wir haben dich. Hoch mit ihm!«

Der Befehl klang schneidend. Laternenlicht bohrte sich schmerzhaft in seine Augen.

Arme packten ihn. Er wurde in die Höhe gerissen, auf die Knie. Sein Schultergelenk protestierte gegen die grobe Behandlung. Zu seinem Glück trugen die Männer so dicke Handschuhe, dass sie die Prothese nicht ertasteten.

Jeder in der Stadt kannte den einarmigen Gelehrten.

Die Sergeantin machte einen Schritt auf ihn zu, bereit, Kapuze und Schal zu beseitigen.

Oslic stöhnte. Wenn sie ihn erkannte, war es aus. Er würde alles verlieren – und seine ganze Mission wäre gescheitert.

Er sammelte so viel Luft, wie er konnte, um eine Antwort herauszupressen. Er musste sich Zeit erkaufen.

»Was … Was hat mich verraten?«, fragte Oslic mit verstellter Stimme.

»Nicht was. Wer«, sagte die Kustodin. »Wir waren auf dich vorbereitet.«

Ihre Aussage erwischte ihn kalt. Offenbar spiegelte sich der Schreck auf seinem Gesicht, denn ihr Lächeln wurde eine ganze Ecke grausamer. »Ja, damit scheinst du nicht gerechnet zu haben, was?«

Oslic antwortete nicht. Seine Gedanken rasten. Außer Vargen und Testri wusste niemand, dass er vorgehabt hatte, in den Giftschrank einzubrechen. Und den beiden gegenüber hatte er vehement behauptet, den Wahnsinnsplan verworfen zu haben. Ich will niemanden gefährden, hatte er gesagt – und es gemeint. Was er verschwiegen hatte, war: niemanden außer sich selbst.

Der Fund, die Entdeckung, war zu wichtig, um wegen ein paar überkommener Gesetze ignoriert zu werden. War es seine Schuld, dass Männer, die den Wert dessen, was sie als gefährlich erachteten, nicht begriffen, profundes Wissen gegen jede Vernunft von der Welt fernhielten?

Nein, es war seine verdammte Pflicht gewesen, zu handeln und sich die Schrift anzueignen. Er spürte das Verlangen in sich, die Rolle zu sichern, sie zu umklammern. Er musste mit aller Macht verhindern, dass die Hand zu dem Beutegut wanderte und dadurch das Geheimnis preisgab.

Wer hatte ihn verraten? Weder Vargen noch Testri kamen infrage. Beide waren ihm gegenüber treu und zu klug, um sich zu verplappern.

»Ja, jetzt überlegst du: Wer hat mich verschachert? Was, Bursche?« Die Truppführerin kostete den Moment aus.

Der Sohn des Tsharen blickte zu ihr auf, suchte in dem Gesicht nach der Antwort, die ihm die höhnische Sergeantin mit Vergnügen schuldig blieb.

»Ich bin tatsächlich überfragt«, raunte er durch das Tuch vor seinem Mund.

Was sollte es, in wenigen Herzschlägen würde sie wissen, wen sie da vor sich hatte. Dann war alles gelaufen. Vorbei. Alles dahin.

Doch zu seiner Überraschung senkte sie die Hand. Sie schien das Gefühl der Überlegenheit noch eine Weile lang auskosten zu wollen. »Lass dir so viel gesagt sein, Ratte. Man kam zu uns und hat uns informiert, dass ein Anschlag auf den Giftschrank bevorstand – und lieferte uns sogar einen Beweis.«

»Und was für Beweise sollen das gewesen sein?«

»Unser Informant teilte uns mit, dass der Einbrecher, der sich an den verbotenen Büchern vergreifen wolle, bereits am Vortag ein Seil auf dem Balkon von Professor Boulanthus deponiert hat.«

Oslic musste gegen den Drang ankämpfen, durch zusammengebissene Zähne zu fluchen, dabei war er kein Mensch, der zu solchen Äußerungen neigte.

Sollte das möglich sein? War sie so niederträchtig, nach ihrem Scheitern zu solchen Mitteln zu greifen?

»Wenn ihr wusstet, welchen Zugang ich nehmen würde, warum habt ihr dann nicht direkt auf dem Balkon von Professor Boulanthus zugeschlagen?«, fragte er. »Wäre es euch nicht ein Leichtes gewesen, mich dort abzupassen?«

»In der Tat. Doch wir wollen wissen, wer deine Hintermänner sind.« Während ihre Soldaten ihn festhielten,...


Winter, Nathan
Nathan Winter ist das Pseudonym eines deutschen Autors. Er wurde im Emsland (Niedersachsen) geboren und lebt seit seinem Universitätsabschluss in Archäologie und Skandinavistik in Münster.



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