Winter Notärztin Andrea Bergen - Folge 1302
1. Auflage 2016
ISBN: 978-3-7325-3210-0
Verlag: Bastei Lübbe
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection
Am Meer vergaß sie alle Sorgen
E-Book, Deutsch, Band 1302, 64 Seiten
Reihe: Notärztin Andrea Bergen
ISBN: 978-3-7325-3210-0
Verlag: Bastei Lübbe
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection
Kreidebleich kommt Raphael auf sie zu. Sein Gesicht ist blutüberströmt, sein Arm flehend nach ihr ausgestreckt. 'Nein, geh nicht! Du darfst mich nicht allein lassen!' Schweißüberströmt fährt die junge Tina aus dem Schlaf. Ihr Herz klopft zum Zerspringen! Seit über einem Jahr ist es Nacht für Nacht derselbe Traum, der sie terrorisiert und quält, und dann ist sie wieder da, die Erinnerung an jenen schrecklichen Tag, an dem ihr Verlobter in ihren Armen starb! Mit Raphael ist all ihr Lebensmut gegangen, und die Depressionen halten sie fest umfangen ... Als letzten Versuch, das Trauma endlich zu überwinden, reist Tina nach Florida, in das Land ihrer Träume - und verlebt unvergleichliche Ferien! An ihrer Seite ist Tom, den sie unter Floridas Palmen kennenlernt und der ihr wieder Hoffnung auf eine Zukunft macht. Doch schon auf dem Rückflug geschieht das Unfassbare: Tina erleidet einen Zusammenbruch - und niemand an Bord des Flugzeugs kann ihr helfen ...
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Andrea Bergen verschränkte die Hände im Nacken ihres Mannes. »Viel Spaß bei der Arbeit!«, sagte sie liebevoll und küsste ihn zärtlich. Werner schloss die Arme um sie und erwiderte den Kuss. »Das wünsche ich dir auch – und dass dir der Stress nicht über den Kopf wächst.« »Ich komme schon klar«, sagte sie und verabschiedete sich auch noch von ihrer Tochter Franzi und ihrer Schwiegermutter Hilde mit einer Umarmung. Während Werner sich in seine Kinderarztpraxis zurückzog, die er in einem Teil der Villa eingerichtet hatte, und Franzi sich gemeinsam mit einer Freundin auf den Weg zur Schule machte, fuhr Andrea zum Elisabeth-Krankenhaus. Seufzend dachte sie über die Worte ihres Mannes nach: Dass ihr ein stressiger Tag bevorstand, war gut möglich. Ihr Beruf als Notärztin war anstrengend und fordernd. Dennoch liebte sie ihre Tätigkeit und hätte sie gegen keinen anderen Beruf eintauschen wollen. Sobald sie das Krankenhaus erreichte, wurde sie auch schon zu ihrem ersten Einsatz gerufen. Gemeinsam mit dem Rettungssanitäter Jupp Diederichs und dem Rettungsassistenten Ewald Miehlke machte sie sich eilig auf den Weg. Die Entspannung, die sie gerade noch beim gemeinsamen Frühstück mit ihrer Familie verspürt hatte, war auf der Stelle verflogen. Zurück blieb eine konzentrierte, professionelle Anspannung, die es ihr ermöglichen würde, rasch und effizient all die erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen, um Patienten zu helfen und ihnen damit womöglich sogar das Leben zu retten. Der Ort, zu dem sie geschickt worden waren, war ein Badesee. Sobald sie dort ankamen, sprang Andrea aus dem Wagen, gefolgt von Ewald und Jupp, und sah sich um. Es war nicht schwer, die Patientin zu finden. Viele Badegäste hatten sich um die ältere Frau geschart, die am Seeufer auf dem Boden lag, und sahen betreten auf sie hinab. Ein junger Mann kniete neben ihr und versuchte etwas ungeschickt, aber mit viel Einsatz, eine Mund-zu-Mund-Beatmung durchzuführen. Andere Leute kümmerten sich um den alten Mann, der kreidebleich auf einem großen Stein saß und aus angstvoll geweiteten Augen zu der Frau blickte. Obwohl mehrere dicke Badetücher um seine Schultern geschlungen waren, zitterte er. Mit wenigen raschen Schritten erreichte Andrea die Patientin und kontrollierte ihre Vitalfunktionen. Ein schwacher Puls war festzustellen, doch die Atmung hatte ausgesetzt. »Vorhin hat sie noch geatmet, und sie hat sich mehrmals erbrochen«, sagte der junge Mann, der immer noch auf dem Boden kniete. »Aber kurz bevor Sie angekommen sind, hat sie plötzlich aufgehört zu atmen.« Die Lippen der Frau waren blau verfärbt, ihre Haut hatte eine ungesunde, wächserne Blässe. Andrea verlor keine Minute. »Wir intubieren!«, beschloss sie. Vorsichtig führte sie einen Tubus durch den Mund der Patientin in die Luftröhre ein. Dadurch wurde die Zunge von der Rachenhinterwand weghalten und die Beatmung mit einem Beatmungsbeutel ermöglicht. Während Andrea Bergen die Frau weiter behandelte, erzählte ihr der Ersthelfer, was geschehen war: Die Patientin hatte beim Schwimmen plötzlich einen Wadenkrampf erlitten und wäre beinahe ertrunken. Andere Badegäste waren schließlich auf die schreiende, kraftlos mit den Armen rudernde Frau aufmerksam geworden, die immer wieder mit dem Kopf unter Wasser geraten war. Ein Tretboot fahrendes Pärchen war rasch herangefahren, hatte die Frau aus dem Wasser gezogen und ans Ufer gebracht, doch beinahe war diese Hilfe zu spät gekommen. Schnellstmöglich wurde die Frau ins Krankenhaus gebracht. Erleichterung durchströmte Andrea, als sie die Gewissheit hatte, dass die Patientin überleben würde. Als sie im Krankenhaus ankamen, konnte sie bereits wieder aus eigener Kraft atmen. Der ältere Herr, der seine bewusstlose Frau bereits am See so besorgt angesehen hatte, hielt nun behutsam ihre Hand. Als sie aufwachte, liefen vor Erleichterung Freudentränen über sein Gesicht. Doch Andrea hatte nicht lange Zeit, das Glück des Paares mit anzusehen. Schon ging ihr Piepser wieder los, und sie musste auf direktem Wege zum nächsten Einsatzort. In den nächsten Stunden blieb ihr kaum eine Minute zum Verschnaufen. Erst am Nachmittag konnte sie eine kleine Pause einlegen. Während der Arbeit hatte sie ihre eigenen körperlichen Bedürfnisse ausgeblendet. Jetzt jedoch merkte sie, dass ihr Magen knurrte und dass sie sich nach einem Kaffee sehnte. Den Kaffeeduft schon in der Nase, machte sie sich auf den Weg zum Casino, dem Personalrestaurant des Elisabeth-Krankenhauses. *** »Lassen Sie mich raten: ein großer Kaffee mit Milch und Zucker?«, fragte Tina Sperber mit einem strahlenden Lächeln. »Sie haben mich durchschaut«, erwiderte Andrea Bergen schmunzelnd. »Ein Kaffee wäre jetzt geradezu lebensrettend. Und dazu hätte ich bitte gerne ein Sandwich mit …« »Mit Tomaten und Mozzarella«, vervollständigte Tina vergnügt. Die Notärztin musste grinsen. Die junge Frau war erst seit Kurzem im Casino angestellt, hatte aber bereits die Essensgewohnheiten der meisten Ärzte und Schwestern verinnerlicht. Sie war wirklich pfiffig und dazu noch ausgesprochen freundlich. Auch Mariechen Brückmann, die Casino-Wirtin, hatte nur lobende Worte für die neue Mitarbeiterin übrig. Neulich erst hatte sie Andrea vorgeschwärmt, wie schnell Tina sich eingearbeitet hatte. »Genau, das wäre wunderbar«, bestätigte Dr. Bergen, der schon das Wasser im Mund zusammenlief. Tina nickte fröhlich und holte das gewünschte Sandwich und den Kaffee. Andrea entging nicht, dass die beiden Krankenpfleger, die an einem der Tische saßen, der jungen Frau hinterherblickten. Nicht ohne Grund: Die hübsche Brünette mit dem strahlenden Lächeln sah zauberhaft aus. Da war es wohl kein Wunder, dass sich die jungen männlichen Ärzte und Pfleger in letzter Zeit, seit Tina hier arbeitete, besonders häufig im Casino aufhielten und allzu gern auf einen Kaffee herkamen. Dabei war allgemein bekannt, dass Tina verlobt war. Sie machte daraus kein Geheimnis und zeigte nur zu gern das Foto ihres gut aussehenden Verlobten herum, das sie im Portemonnaie hatte. Doch das hielt die Männer nicht davon ab, die Nähe der jungen Frau zu suchen und ihr mit Blicken zu folgen, wenn sie vorüberging. Seufzend streckte Andrea ihre schmerzenden Füße unter dem Tisch aus und biss in ihr Sandwich. Als ihr Magen nicht mehr knurrte, fühlte sie sich gestärkt für den restlichen Arbeitstag. Sie trank gerade den Kaffee, als Tina wieder vorbeikam, um sie zu fragen, ob sie noch etwas benötigte. »Ein paar Stunden Schlaf wären perfekt«, sagte Andrea schmunzelnd, »aber kulinarisch bin ich bestens versorgt, danke.« »Mit Ihnen möchte ich nicht tauschen«, meinte Tina mitfühlend. »Als Notärztin zu arbeiten, stelle ich mir sehr hart vor. Aber Kopf hoch, das Wochenende steht direkt vor der Tür.« »Haben Sie Pläne fürs Wochenende?«, erkundigte sich Andrea neugierig. Tina nickte eifrig. »Mein Verlobter und ich fahren nach Amsterdam. Wir starten heute schon.« Sie warf einen kurzen Blick auf die Uhr. »Noch eine Stunde, dann habe ich Feierabend, und Raphael holt mich ab. Ich kann es kaum erwarten.« »Großartig, da wünsche ich Ihnen beiden viel Spaß«, sagte Andrea herzlich. »Ach, wissen Sie was? Bitte bringen Sie mir doch noch einen Kaffee. Ich habe nämlich noch einige Stunden Arbeit vor mir. Da kann ich eine Stärkung wirklich gut gebrauchen.« *** »Schönes Wochenende! Bis Montag«, verabschiedete sich Tina gut gelaunt von Mariechen Brückmann und dem Koch Karlheinz Tomaschek. Mariechen schmunzelte. »Du strahlst ja mal wieder übers ganze Gesicht wie ein Honigkuchenpferd. Liebe Grüße an deinen Verlobten und viel Spaß!« Als Tina durch die Gänge des Elisabeth-Krankenhauses lief, schlug ihr Herz vor Vorfreude heftig. Sie war noch nie in Amsterdam gewesen und freute sich sehr darauf, ein romantisches Wochenende in der niederländischen Hauptstadt zu verbringen. Sie liebte es zu reisen, kam aber kaum dazu, größere Reisen zu unternehmen. Dafür genoss sie es umso mehr, wenn sich die Gelegenheit eines kurzen Trips in eine nahe gelegene Stadt bot. Als sie hinaus auf den Parkplatz trat, blinzelte sie ins helle Licht. Es war schon später Nachmittag, doch die Sonne schien noch warm vom Himmel. Sie ließ ihren Blick über die geparkten Autos schweifen, und es dauert nicht lange, bis sie Raphaels Auto entdeckte. Der rote Sportwagen war auch kaum zu übersehen. Tina grinste: Schick war das Auto ja, das konnte sie nicht leugnen. Aber wenn sie eines Tages Kinder bekamen, würden sie ein praktischeres Fahrzeug brauchen. Es würde Raphael mit Sicherheit nicht leichtfallen, den Wagen aufzugeben, denn das Auto war sein ganzer Stolz. Sie ließ sich auf den Beifahrersitz fallen, beugte sich zu Raphael und küsste ihn. »Hallo, Schatz«, sagte sie zärtlich. »Na, Liebling, wie war dein Tag?« Er erwiderte den Kuss, löste ihren praktischen Zopf und strich dann mit der Hand durch ihr offenes Haar. Wie immer sah er makellos aus, obwohl auch er einen Arbeitstag hinter sich hatte und direkt vom Büro hierhergekommen war, um sie abzuholen. Im knitterfreien weißen Hemd wirkte er wie aus dem Ei gepellt. Als sie ihn küsste, roch sie sein teures, frisches Aftershave. Doch noch etwas roch sie; da lag eindeutig ein Hauch von Alkohol in seinem Atem! Erschrocken zuckte zurück. »Raphael! Hast du etwa getrunken?« Dabei...