Winter | Puppentod | E-Book | sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, 384 Seiten

Winter Puppentod

Thriller
1. Auflage 2010
ISBN: 978-3-641-06036-7
Verlag: Diana
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

Thriller

E-Book, Deutsch, 384 Seiten

ISBN: 978-3-641-06036-7
Verlag: Diana
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Nur der Tod tilgt alle Schuld

»Jeder Fehler kann das Leben kosten« — wie ein Mantra wiederholt Lisa diesen Satz, während sie ihren perfiden Plan in die Tat umsetzt: Geschickt hat sie die Begegnung mit dem jungen Unternehmer Michael Westphal eingefädelt, hat ihn glauben lassen, sie erwidere seine Gefühle. Doch nun wird ihr bewusst, dass dieser Mann ihr tatsächlich sehr viel bedeuten könnte, stünde nicht jene grausame Tat zwischen ihnen, die sich einst im Haus der Puppen ereignet hat und nach Rache schreit…

Raffiniert, fesselnd, abgründig.
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Autoren/Hrsg.


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1
Drei Meter noch bis zur Wasseroberfläche. Gleich hatten sie es geschafft.
Michael spürte den sanften Druck ihrer Hand. Alles in Ordnung, sollte das heißen. Ihr zweiter Atemregler sicherte seine Luftzufuhr. Es konnte ihm nichts passieren. Er musste ruhig bleiben. Das war das Wichtigste. Doch er hatte schreckliche Angst.
Entspann dich, dachte er. Bleib ruhig. Gleichmäßig atmen. Langsam aufsteigen. Zeitlupentempo. Nicht in Hektik verfallen.
Er spürte erneut ihre Hand. Lisa war ein Profi, sie schien seine Panik zu bemerken. Wie weit mochte es noch sein? Er wagte einen kurzen Blick nach oben und sah Schwärme bunter Tropenfische. Sie tummelten sich dort, wo das warme Sonnenlicht bereits das Wasser durchdrang. Einen halben Meter noch, höchstens.
Dann durchstießen ihre Köpfe ruckartig die glitzernde Wasseroberfläche. Der Himmel über ihnen erstrahlte in einem satten Türkisblau. Er war noch nie so froh gewesen, den Himmel zu sehen.
Sie ließ seine Hand los und schob sich die Taucherbrille über die Stirn.
»Alles in Ordnung?«, rief sie.
Michael nickte, obwohl davon keine Rede sein konnte. Den ersten Tauchgang im offenen Meer hatte er sich anders vorgestellt. Acht Meter unter Wasser hatte er plötzlich keine Luft mehr bekommen. Er wollte gar nicht darüber nachdenken, was passiert wäre, wenn Lisa, seine Tauchlehrerin, nicht sofort eingegriffen hätte.
»Geht es dir wirklich gut?«, fragte sie noch einmal nach.
Er zog langsam den Atemregler aus seinem Mund.
»Ja, danke, alles okay«, antwortete er. Dabei zitterte er am ganzen Körper. Der Schreck war ihm in die Glieder gefahren, und er musste sich richtig anstrengen, die kurze Strecke bis zum Boot zu schwimmen.
Er kletterte vor ihr die Leiter hinauf, vergaß aber, seine Flossen auszuziehen. Leider fiel ihm das erst auf, nachdem er oben angekommen war. Er sah bestimmt aus wie ein Volltrottel.
An Bord wurden sie von Julio empfangen. Er rief Lisa etwas auf Spanisch zu und schwenkte seinen breitkrempigen Strohhut durch die Luft. Mit seinen sechzehn Jahren war Julio wahrscheinlich der jüngste Bootsführer der ganzen Dominikanischen Republik, aber alles andere als unerfahren. Laut Lisa hatte er ein Boot gesteuert, noch bevor er laufen konnte.
Er schien sie zu fragen, warum sie so früh zurückkamen, und machte bei ihrer Antwort einen betroffenen Eindruck.
»Was hat er?«, wollte Michael wissen.
»Er macht sich Sorgen, dass deine Ausrüstung nicht in Ordnung war«, erwiderte Lisa. »Er hat sie heute Morgen gemeinsam mit Flavio überprüft, und die beiden sind darin normalerweise sehr genau. Ich denke jedoch nicht, dass es an der Ausrüstung lag.«
»Sondern?« Fragend schaute Michael sie an.
Sie zuckte mit den Achseln, setzte sich ihm gegenüber und strich ihr langes, mahagonibraunes Haar zurück. Es war nass und glänzte in der Sonne.
»Manchmal macht das offene Meer den Tauchschülern Angst«, erklärte sie. »Dann kommt es schnell zu einer Panikattacke, die zu Atemnot führt.«
Julio rief ihr etwas zu. Er hatte sich so weit über das Geländer des Bootes gelehnt, dass er aufpassen musste, nicht über Bord zu fallen.
»Die anderen kommen auch schon hoch«, sagte Lisa und fügte verwundert hinzu: »Dabei sollte Flavio mit ihnen doch mindestens fünfzehn Minuten unten bleiben.«
Als Flavio, der zweite Tauchlehrer, kurz darauf mit den vier anderen Tauchschülern an Bord kam, warf Lisa ihm einen ärgerlichen Blick zu.
Temperamentvoll verteidigte er sich. Er habe den Tauchgang abgebrochen, als er sie und Michael aufsteigen sah.
»Was war denn los?«, fragte er aufgeregt.
»Michael hatte ein kleines Luftproblem«, antwortete Lisa. »Aber es war nur halb so schlimm.«
»Alles wieder okay?«, wandte Flavio sich an Michael.
Michael nickte. »Alles okay.«
»Wir brechen für heute ab und fahren zurück zur Basisstation«, rief Lisa der Gruppe zu. Daraufhin gab sie Julio ein Zeichen, und er ließ den Motor des Bootes aufheulen.
Nachdem Michael sich von dem Schreck des ersten Tauchganges erholt hatte, ging er zum Büro der Tauchschule, das sich in einer kleinen Holzbaracke befand, nur wenige Meter vom Strand entfernt. Er klopfte an die angelehnte Tür, öffnete sie und steckte den Kopf in den Raum. Lisa, seine schöne Lebensretterin, saß hinter einem L-förmigen Schreibtisch am Computer.
»Komm herein«, rief sie.
Daraufhin trat er ein, wobei er sich den Kopf an einem Holzbalken stieß. Wie ungeschickt, fluchte er bei sich. Was sollte sie bloß von ihm denken?
Doch sie lachte nur und sagte: »Dieses Büro ist nicht für große Männer gebaut.«
Dann blickte sie ihn mit ihren großen, schwarzen Augen so unverhohlen an, dass er ganz nervös wurde.
»Ich habe meine Taucherausrüstung zurück ins Gerätehaus gebracht und dort auf die Bank gelegt«, sagte er und musste aufpassen, bei ihrem Anblick nicht ins Stottern zu geraten. Ihr Lächeln war einfach umwerfend.
»Geht es dir wieder besser?«, wollte sie wissen.
Er nickte. »Ich glaube, ich habe den Schock überwunden, und wollte mich noch einmal bei Ihnen … bei dir …«, verbesserte er sich. Menschen sofort zu duzen war für ihn ungewohnt, doch das war beim Tauchen so üblich. »Also, ich wollte mich auf jeden Fall noch einmal bedanken!«
Sie winkte ab. »Kein Problem, es ist ja alles gut gegangen.«
Gott sei Dank, dachte er, denn er hing an seinem Leben und hatte vor, über die erreichten dreiunddreißig Jahre hinauszukommen.
»Ich habe dir trotzdem ein Zertifikat ausgeschrieben«, sagte sie lächelnd und gab es ihm. »Da steht, dass Michael Westphal seinen Anfängerkurs erfolgreich absolviert hat. Und das stimmt auch! Bis auf die kleine Panikattacke hast du deine Sache sehr gut gemacht. Aber das kann beim ersten Tauchgang passieren. Ich hoffe, du wirst deswegen nicht mit dem Tauchen aufhören.«
Er lachte kurz auf. Kleine Panikattacke war eine nette Beschreibung für das, was er in acht Meter Tiefe empfunden hatte, als er keine Luft mehr bekam. Pure Todesangst hatte ihn in der Dunkelheit des Ozeans überfallen. Während Fischschwärme und seltsame Meeresbewohner stumm an ihm vorbeigezogen waren, hatte er mit seinem Leben bereits innerlich abgeschlossen. Tauchen war nicht seine Sache, das stand nach dem heutigen Tag für ihn fest. Er hatte sich nur aus Spaß zu diesem Tauchkurs angemeldet und weil ein Gutschein dafür auf seinem Hotelzimmer gelegen hatte. Das einzig Erfreuliche an dieser Geschichte war, dass ihn diese schöne Frau aus dem Karibischen Meer gerettet hatte, die sich nun – mit viel Glück – von ihm zum Essen einladen ließ.
Er betrachtete das Zertifikat und versuchte, ihre Unterschrift zu entziffern.
»Heißt das Lisa M. Elbert?«, fragte er.
Sie nickte.
»Wofür steht das M?«
»Für Marie.«
»Lisa Marie – das ist ein schöner Name«, meinte er und fragte: »Würde eine Frau mit einem so schönen Namen mit mir essen gehen?«
Leicht verdutzt sah sie ihn an, weshalb er schnell hinzufügte: »Als Dankeschön, sozusagen … weil ich froh bin, dass ich noch lebe.« Er begegnete ihrem Blick. Diese Augen brachten ihn vollkommen durcheinander. So sanft, wie sie zu lächeln schienen, so feurig funkelten sie ihn an.
»Nette Männer aus den Tiefen des Ozeans zu retten ist zwar mein Job«, sagte sie, »aber deine Einladung nehme ich trotzdem gern an.«
In einem weißen, leicht durchscheinenden Leinenkleid, unter dem sich die Silhouette ihres schlanken Körpers abzeichnete, kam sie um den Schreibtisch herum. Er konnte seine Augen nicht von ihr abwenden.
»Ganz in der Nähe, direkt am Strand, gibt es ein gutes Fischlokal«, sagte sie. »Es gehört Margerita, und dort gibt es den besten Fisch der ganzen Insel.«
»Ich liebe Fisch«, entgegnete er gut gelaunt.
Sie griff nach dem Büroschlüssel. »Dann lass uns gehen.«
Als sie die Tür abschloss, fiel ihm auf, dass sie barfuß war.
»Wir gehen unten am Strand entlang«, erklärte sie. »Das ist der kürzeste Weg.«
Also zog er seine Flip-Flops aus und krempelte seine Hose auf.
Es war ein schöner Abend. Ein kräftiges Orangerot überzog den Horizont, während am Himmel bereits der Vollmond aufstieg.
Durch den Sand stapften sie hinunter zum Wasser. Das Meer war ganz ruhig, und die auslaufenden Wellen umspülten ihre Füße.
Lisa zeigte strandaufwärts. »Siehst du die bunten Lichter da vorn? Sie gehören zum Lokal – es ist überhaupt nicht weit.« In diesem Augenblick jedoch schien sie etwas zu bemerken, was sie stutzig machte.
»Im Gerätehaus brennt Licht«, murmelte sie, »obwohl um diese Zeit dort niemand mehr sein sollte. Warte einen Moment, ich gehe schnell nachschauen.«
Sie lief eilig zum Gerätehaus zurück. Kurz darauf hörte Michael das Quietschen der Holztür.
Als sie wiederkam, fragte er besorgt: »Alles in Ordnung?«
»Alles in Ordnung«, antwortete sie. »Es hatte nur jemand vergessen, das Licht auszumachen.«
Margeritas Fisch- & Cocktailbar war eine kleine Attraktion. Die einfachen Holztische, die unter freiem Himmel mitten im Sand standen, wurden ausschließlich mit bunten Lampions oder Kerzen in hohen Windlichtern beleuchtet. Auf einer improvisierten Bühne, zusammengezimmert aus ein paar Holzbrettern, spielten drei Jungs mit Gitarren und Steeldrums heiße karibische Musik, und auf einem riesigen...


Winter, Katharina
Katharina Winter, geboren in Sangerhausen im Südharz, verbrachte ihre Kindheit und Jugend in der damaligen DDR, bevor sie 1989 nach Westdeutschland ausreisen konnte. Nach verschiedenen beruflichen Stationen begann sie, ihren alten Traum vom Schreiben weiterzuverfolgen. Nach Puppentod ist Sturmnächte ihr zweiter Roman im Diana Verlag.



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