Witkiewicz | Shoko Nakamura & Wieslaw Dudek | E-Book | sack.de
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E-Book, Deutsch, 250 Seiten

Witkiewicz Shoko Nakamura & Wieslaw Dudek


1. Auflage 2015
ISBN: 978-3-95749-059-9
Verlag: Theater der Zeit
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

E-Book, Deutsch, 250 Seiten

ISBN: 978-3-95749-059-9
Verlag: Theater der Zeit
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Das Tänzerpaar Shoko Nakamura und Wieslaw Dudek gehört zur Spitze der internationalen Ballettszene. Es bedient sich einer traditionellen Bewegungssprache, die, präzise und hoch stilisiert, absolute Hingabe fordert. Die gebürtige Japanerin Shoko Nakamura kam nach Stationen am Stuttgarter Ballett und am Wiener Staatsopernballett an das Staatsballett Berlin unter Vladimir Malakhov, der sie 2007 zur Ersten Solotänzerin kürte. Auch Wieslaw Dudek, geboren im polnischen Ostrow Wielkopolski, wechselte nach ersten Engagements in Polen und am Stuttgarter Ballett an das Staatsballett Berlin, wo er von 2006 bis 2014 ebenfalls Erster Solotänzer war.

Neben den anspruchsvollen Repertoires, die Shoko Nakamura und Wieslaw Dudek unabhängig voneinander erarbeiten, beeindrucken sie immer wieder auch gemeinsam als Tänzerpaar, etwa als Odette / Odile und Prinz Siegfried in "Schwanensee" am Staatsballett Berlin. Die Publikation "Shoko Nakamura & Wieslaw Dudek" beschäftigt sich mit Herkunft, Antrieb und künstlerischer Vision der beiden Körperartisten, die seit 2010 auch privat ein Paar sind - und es spürt der Frage nach, was hinter jener Perfektion steht, ohne die das klassische Ballett undenkbar wäre.

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Shoko Nakamura
Frau Nakamura, warum sind Japaner so besonders interessiert am Ballett? Viele japanische Kinder machen Ballett und sie wollen nach Europa auf die Ballettschule, weil sie denken, Ballett sei in Europa viel besser. In Japan gibt es keine professionellen Schulen. Deswegen denken alle: Wenn ich es professionell machen möchte, muss ich nach Europa gehen. Auch wenn europäische Truppen nach Japan kommen, füllen sie ohne Probleme ganze Säle und viele Japaner fliegen für eine Vorstellung nach Europa, schauen sich diese an und fliegen wieder zurück. Warum lieben die Japaner das Ballett so sehr? Vielleicht wegen Tetsuya Kumakawa und Miyako Yoshida, die beide am Royal Ballet in London getanzt haben. Als sie nach Japan zurückkamen, wurden ihre Ballette gezeigt und alle waren begeistert. Tetsuya Kumakawa war der Erste Solotänzer und ist mit 27 Jahren nach Japan zurückgekehrt. Darum, denke ich, wollten immer mehr Kinder Ballett tanzen. Wie viele Ballettstudios gibt es in Fukuoka, wo Sie aufgewachsen sind? Bestimmt ungefähr fünfzig. So viele?! Wo findet man das in Europa? Nirgends. Viele Kinder machen in Japan Ballett. Und Ballett ist auch das Hobby vieler Japanerinnen, die das abends nach der Arbeit machen. Warum haben Sie mit dem Tanzen angefangen? Es waren eigentlich meine Eltern, die das forcierten und dachten, dass es gut für mich sein könnte. In Japan gibt es die Vorstellung, dass Ballett für Mädchen gut ist, da es gute und schöne Körper mache. Aber mit sechs Jahren – war das nicht zu früh? Ja, aber am Anfang ist es eher wie spielen. Ballett war damals einfach: das Trikot anziehen, bisschen vor dem Spiegel springen und tanzen. Es hat Spaß gemacht. Gibt es da regulären Unterricht in der Schule und getrennt davon Ballettunterricht? Ja, es gibt regulären Unterricht in der Schule und das Ballett findet in der freien und privaten Zeit statt. Am Anfang bin ich dreimal die Woche zum Ballett gegangen. Mit meiner Schwester. Sie hat zuerst mit dem Ballett angefangen. Dann wollte ich auch gern gehen und wir haben zusammen getanzt. Das erste Jahr war ich in Saga in der Schule und dann sind wir umgezogen nach Fukuoka. Dort, in der Chikako Tanaka Ballet School, war das Niveau höher und es gab gute Tänzer. Dort habe ich dann gemerkt, dass ich mehr wollte vom Ballett. Es sollte nicht mehr nur Spaß machen, sondern ich wollte etwas zeigen und an Wettbewerben teilnehmen. Dort haben wir angefangen, es professioneller zu machen. Wenn ich mir Fotos aus dieser Zeit anschaue, bin ich erstaunt, denn ich sehe dieses sehr junge, kleine Mädchen auf Spitzen. War das nicht doch ein wenig zu früh? Ja, ich denke, für die Spitzen war es ein bisschen früh, aber so war das in Japan. Die Lehrer dachten, wenn eine Schülerin ein gewisses Alter erreicht hat, dann kann sie auf Spitzenschuhen tanzen. Hier in Europa wusste man, dass man individuell schauen muss, wann ein Schüler die Technik und die Stärke für die Spitzenschuhe hat. In Japan gibt es nicht diesen individuellen Blick. Es wurde nicht geschaut, ob ein Schüler schon die Technik und Kraft hat, um auf der Spitze zu tanzen. Die Lehrer waren nicht professionell genug. Ich denke, für mich war es zu früh, da ich noch keine Technik und keine Kraft in den Beinen hatte. Ich bin mit sechzehn Jahren nach Europa, zur John-Cranko-Schule in Stuttgart gekommen, weil ich den Prix de Lausanne gewonnen hatte und ein Stipendium bekam. Die Lehrer dort haben mich gefragt, ob ich Ballett gelernt hätte? Und ich war geschockt und traurig, denn ich wusste nicht, was sie meinten. Ich hatte schließlich einen Preis gewonnen und ein Stipendium bekommen. Aber es war richtig! Ich wusste zum Beispiel nicht, wie man in der ersten Position steht. Ich stand völlig falsch, o-beinig, den Po nach hinten gestreckt und so weiter. Mein Körper war eigentlich nicht geeignet für Ballett. Ich hatte O-Beine, meine Knie waren groß, meine Hüfte war nach innen gebogen. Frau Ute Mitreuter von der John-Cranko-Schule hat meinen Körper verändert. Ich kann sagen, glücklicherweise. Sie hat mir meine Karriere ermöglicht. Wenn ich sie nicht getroffen hätte, wäre ich heute nicht hier. Shoko Nakamura (rechts) mit ihren Schwester Yoko (Mitte) und Shuri in Saga, Japan, 1989 Ihre Lehrer in Japan sagten, dass Sie keine Tänzerin seien? Ja, sie haben immer gesagt, dass es für mich vielleicht schwierig wird, eine Ballerina zu werden. Ich hatte keinen so perfekten Körper. In unserem Studio gab es viele Tänzer mit schönen Körpern, deshalb meinten die Lehrer, dass ich nicht so gute körperliche Voraussetzungen hätte. Ich habe darunter gelitten, denn ich konnte sehen, dass die anderen Kinder bessere Körper und schönere Figuren hatten als ich. Aber gleichzeitig habe ich das Ballett so geliebt. Ich bin kein so offener Mensch und deshalb war ich in der normalen Schule immer im Hintergrund. Auf der Ballettschule habe ich mich geöffnet. Im Studio fühlte ich mich wie ein anderer Mensch. Die schönen Kostüme ... Ich fühlte mich wie etwas Besonderes, nicht mehr wie die graue Maus, sondern wie eine Prinzessin. Deshalb hat es mir so gefallen. Ich konnte meine Fantasie ausleben ... Mein erster Wettbewerb war mit elf Jahren. Dort habe ich eine Variation aus Léon Minkus’ „Paquita“ getanzt. Mit einem schönen roten Kostüm und ich hatte viel Make-up. Ich habe in den Spiegel geschaut und fand mich schön – zum ersten Mal fühlte ich mich schön. Ich fühlte mich wie eine Prinzessin – und nicht wie Shoko. Als „normale“ Shoko war ich ruhig und nichts Besonderes, aber mit dem Kostüm und auf der Bühne habe ich etwas gefunden, einen besonderen Ausdruck, bin ich in eine andere Welt getaucht. Ich habe eine zweite Shoko gefunden. Haben die Lehrer auch gemerkt, dass Sie etwas Besonderes sind? Nein, nein. Aber vor meinem Auftritt, als ich mich im Spiegel sah und schön fand, habe ich einen anderen Ausdruck bekommen. Ich habe meine Welt gefunden. Meine eigene Welt. Nach diesem Ereignis fühlten Sie sich besser? Mal so, mal so. Wie im Leben. Ja, wie im Leben. Bis ich fünfzehn oder sechzehn war, hatte ich diesen Komplex mit meinem Körper. Aber durch Ihre Erfolge bei den Wettbewerben haben Sie doch gesehen, dass Sie etwas Besonderes sind. Dass Sie etwas hatten, das die Leute mögen. Ja, aber mein Körper hat sich dadurch nicht verändert. Ich wollte auch das, was die anderen hatten: einen schönen Körper, schöne Füße, ein hübsches Gesicht, eine schöne Linie. Ballett muss schön sein. Ich sah mich und die anderen jeden Tag im Spiegel. Vergleichen Sie sich bis heute mit den anderen? Nicht so sehr. Heute habe ich mich gefunden. Ich habe meine Welt gefunden. Haben Sie sehr hart gearbeitet? Natürlich! Immer! Ich dachte, das ist meine einzige Möglichkeit. Ich muss nur arbeiten, dann kann ich etwas erreichen. Vor dem Prix de Lausanne kam einer meiner Lehrer wegen der modernen Choreografie zu mir und sagte: Shoko, es kann sein, dass du keinen perfekten Körper hast, keine langen Beine, aber für eine Ballerina sind lange Arme und ein langer Hals wichtiger. Und ich dachte, das ist meine Chance! Ich habe immer darauf geachtet, einen langen Hals und lange Arme zu machen. Eine Ballerina muss nicht unbedingt lange Beine haben, sondern man braucht auch Ballerinen mit langen Armen, schönen Schultern – in „Schwanensee“ beispielsweise. Ich habe deshalb immer versucht, mich zu verlängern. Ich habe für das Ballett alles gegeben, was man geben kann. Es ist unglaublich, dass Sie so lange mit sich unzufrieden waren. Weil mein Kopf immer sagte, dass eine Ballerina lange Beine haben muss und ... Shoko Nakamura zu Neujahr vor einem Tempel in Saga, Japan, 1990 ... auch weil die Lehrer Ihnen immer erzählt haben, Sie hätten nicht den richtigen Körper dafür? Ja. Aber natürlich haben sie es nicht jeden Tag gesagt. Sie meinten einfach, es könnte für mich schwierig werden. In Japan denken alle, dass nur schöne Leute Ballett machen. In meinem Studio gab es sehr viele schöne Tänzer. Haben dort viele Lehrer unterrichtet? Nein, nur eine. Es war ein privates Studio. Sie waren ständig bei dieser einen Lehrerin? Ja. Und manchmal kamen Assistenten oder ältere Lehrer dazu. War das teuer? Ja, in Japan ist die Ballettschule sehr teuer. Man musste jeden Monat dafür zahlen. Und dann zusätzlich für die Aufführungen, die Kostüme und die Gastlehrer. Es war schon viel. Während ich in der Ausbildung war haben meine Eltern nichts gesagt, aber seitdem ich professionell arbeite sagen sie mir, dass es eine sehr schwere...


Jan Stanislaw Witkiewicz ist Autor zahlreicher Bücher im Bereich Oper und Ballett und seit Jahren ein steter Begleiter des künstlerischen Schaffens von Vladimir Malakhov. Er war außerdem Fotograf und Kurator bei diversen Ausstellungen in Polen, Deutschland und Österreich.



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