E-Book, Deutsch, Band 2, 302 Seiten
Reihe: Dane Maddock Abenteuer
Wood DER SCHATZ DER DOURADO (ein Dane Maddock Abenteuer 2)
1. Auflage 2024
ISBN: 978-3-95835-893-5
Verlag: Luzifer-Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Thriller, Abenteuer
E-Book, Deutsch, Band 2, 302 Seiten
Reihe: Dane Maddock Abenteuer
ISBN: 978-3-95835-893-5
Verlag: Luzifer-Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Autoren/Hrsg.
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Prolog
25. Januar 1829, Indischer Ozean Der kostbare Traum verflüchtigte sich wie der letzte Morgennebel kurz vor dem Sonnenaufgang. Eine weitere Welle schlug gegen die Bordwand der Dourado und das lautstarke Krachen hallte wie Donner in der winzigen Kabine wider. Monsieur le Chevalier Louis Domenic de Rienzi klammerte sich Halt suchend gegen das Schaukeln und Rollen an den Rand seines Bettes. Er hatte von einer triumphaleren Rückkehr nach Frankreich geträumt, wo er die Früchte seiner jahrelangen harten Arbeit präsentieren würde. Er zog sich die feuchte, muffige Decke über den Kopf, aber sie bot nur kläglichen Schutz gegen die Schreie und Rufe, die von oben herabdrangen. Er kniff die Augen zusammen und versuchte angestrengt, wieder einzuschlafen, aber ohne Erfolg. Leise fluchend schob er die durchweichte Decke bis zur Brust nach unten und starrte an die alte Holzdecke. Ein Mann seines Standes sollte besser untergebracht sein. Aber natürlich war dies das Beste, was der Kapitän zu bieten hatte. Wenn er nach Frankreich zurückkehrte, wenn sie sahen, was er wiedergefunden hatte, würde er ein wichtiger Mann sein. Er würde nur die prachtvollsten Unterkünfte haben. Er lächelte. Für einen Moment verwandelte sich die alte Holzkajüte in eine luxuriöse Suite auf einem der besten Schiffe. Eine weitere Welle brachte das Schiff wie einen Betrunkenen ins Wanken, und seine imaginäre Kabine löste sich in einem schwindelerregenden Rollen auf. Rienzi wartete, bis sich das Schiff wieder stabilisiert hatte, bevor er aufstand und seine Stiefel und seinen Mantel anzog. Die Rufe an Deck wurden immer lauter und dringlicher. Der Sturm musste ernster sein, als er angenommen hatte. Rienzi warf einen kurzen Blick in den winzigen Spiegel, der gegenüber dem Bett an der Wand hing. Er war kein junger Mann mehr, aber das Alter verlieh ihm einen Hauch der Würde, die ihm in der Jugend gefehlt hatte. Er war als junger Mann von zu Hause weggegangen, kehrte aber als erfahrener Abenteurer mit einer fantastischen Geschichte zurück. Seine Kabinentür öffnete sich zu einem schmalen Flur. Eine zierliche Frau im Morgenmantel lugte aus der Tür direkt gegenüber seiner eigenen. Ihre Nachthaube hing schief, was ihren verkniffenen Gesichtszügen einen komischen Ausdruck verlieh. Ihre Blicke trafen sich und sie stieß einen kleinen Schrei aus, bevor sie die Tür wieder zuschlug. Rienzi lachte leise und machte sich auf den Weg zu der schmalen Treppe, die zum Deck hinaufführte. Salzige Luft erfüllte seine Nase, als er in die kühle Nacht hinaustrat. Dicke Regentropfen schlugen ihm ins Gesicht und wuschen die letzten Reste des Schlafes weg. Ein Mannschaftsmitglied eilte vorbei und stieß Rienzi in der Eile an. Der Matrose murmelte etwas, das eine Entschuldigung hätte sein können, aber Rienzis Portugiesisch war sehr begrenzt. Wütende schwarze Wolken untermalten die Wildheit des Sturms, der das Schiff gefangen hielt. Die Brigg tanzte auf den Wellen, die wie hungrige, nach Beute greifender Finger über das Deck brachen. Rienzi zog seinen Mantel enger um sich, um den kalten, beißenden Wind abzuwehren, und dankte der Gottesmutter, dass hier auf der unteren Hälfte der Welt Sommer herrschte. Wie mochte dieser Sturm wohl zu Hause mitten im französischen Winter anmuten? Mit der Grazie eines Fechters trat er auf das Deck hinaus und hielt auf dem schaukelnden Holz das Gleichgewicht. Die Decksarbeiter wuselten umher und versuchten offensichtlich vor den Passagieren, die sich in der Nähe des Hauptmastes aneinander klammerten, ein tapferes Gesicht zu machen. Seltsam, dass sich die Menschen an Deck sicherer fühlten, wo eine verirrte Welle sie wegfegen konnte, als unten in den warmen und trockenen Kajüten. Bald fand er den Kapitän, Francisco Covilha, der mit dem Steuerrad kämpfte und gleichzeitig Befehle brüllte. »Kapitän«, rief er, »kann ich Ihnen behilflich sein?« Rienzi kannte sich ein wenig mit der Seefahrt aus, wenn auch sicher nicht so gut wie der erfahrene Seemann. Dennoch schien es angemessen, zumindest das Angebot zu machen. Der portugiesische Seefahrer schüttelte den Kopf und rief in stark akzentuiertem Französisch zurück. »Es tut mir leid, Monsieur. Ich muss uns von den Felsen fernhalten.« Er hielt das Steuerrad fest im Griff und deutete mit dem Kopf nach vorn und Backbord. Rienzi drehte sich um und erblickte mit Schrecken eine zerklüftete Reihe von Felsen, die aus dem Meer ragten und deren abgehackte Konturen sich im schwachen Schein der Morgendämmerung abzeichneten. Trotz aller Bemühungen der Besatzung trieb die Dourado auf dem Kamm tödlicher Wellen dem sicheren Untergang entgegen. Dem Kapitän und der Mannschaft war nicht zu helfen, und er hatte auch keine große Hoffnung, dass das Schiff seinem drohenden Untergang entgehen würde. Aber es gab tatsächlich etwas, was Rienzi tun konnte. Unter dem Rollen und Schwanken des Schiffs machte er sich auf den Weg zu den verängstigten Passagieren, die sich in nervöser Unordnung zusammenkauerten. Sie hielten ihn für eine Autoritätsperson und begannen, Fragen zu stellen. Die meisten von ihnen sprachen Englisch, aber einige wenige waren Franzosen. Rienzi könnte die unkultivierte Sprache der Tölpel nördlich des Kanals sprechen, würde es aber nicht tun, wenn es nicht unbedingt notwendig wäre. Er musste an seinen Ruf denken. »Sprechen Sie nicht«, rief er über ihre verwirrten Fragen hinweg. »Wir haben wenig Zeit.« Obwohl er Französisch sprach, schienen ihn alle zu verstehen und verstummten. Er warf noch einmal einen Blick auf die aufragenden Felsen. Sie schienen wie die Zähne einer urzeitlichen Bestie, bereit, dieses zerbrechliche Gefährt zu zermalmen. Es blieb keine Zeit, die anderen nach unten zu bringen, und sollte es zu einem schwerwiegenden Zusammenprall kommen, wäre ein Platz unter Deck nicht die beste Alternative. Er entdeckte ein Seil, das an einer nahe gelegenen Reling festgemacht war. Mit solchen Seilen zurrten sich die Besatzungsmitglieder in gefährlichen Situationen am Schiff fest. Er wies die Passagiere an, sich zu setzen, und zeigte ihnen, wie sie das Seil um ihre Arme wickeln mussten, damit alle gesichert werden konnten. Eine der Engländerinnen beschwerte sich über die Kälte und den Regen, aber er ignorierte sie. Als alle festgezurrt waren, wickelte er das Ende des Seils um sein Handgelenk und ließ sich auf das Deck fallen, wo er wie ein zum Tode Verurteilter auf die Guillotine wartete. Meine Schätze! Der plötzliche Gedanke durchdrang den Schleier der Besorgnis und setzte sich in seinem Herzen fest. Ein kalter Hauch von Angst machte sich in seinem Magen breit und erfüllte ihn mit Schrecken. Unbezahlbare, unersetzliche Artefakte, das Werk eines ganzen Lebens, lagerten im Bauch des Schiffes. Wie viele Jahre hatte er damit verbracht, sie zusammenzutragen? Vor allen anderen durfte vor allem ein Gegenstand nicht verloren gehen. Mit diesem Gedanken im Hinterkopf erhob er sich wieder und blickte auf das Meer hinaus. Die Felsen lagen immer noch gefährlich nahe vor ihnen, und die Wellen, die daran zerschellten, warfen Schaumkronen auf, die ihn an eine tollwütige Bestie erinnerten. Sie schienen jetzt weiter backbordseitig zu liegen. Hatte der Kapitän die Kontrolle über das Schiff zurückerlangt? Sie trieben schneller auf das andere Ende der Felsen zu, und der kalte Regen schnitt ihm ins Gesicht. Er hielt den Atem an. Würden sie es schaffen? Er wickelte das Sicherungsseil von seinem Unterarm ab, kroch bäuchlings zur Seite, klammerte sich an die Reling und beobachtete, wie der Abstand zwischen der Dourado und diesen Wächtern des Verderbens immer weiter schrumpfte. Der letzte Felsen rauschte nur knapp einen Fuß entfernt vorbei. Und dann explodierte die Welt. Ein lautes, reißendes Geräusch erfüllte seine Ohren und alles überschlug sich. Er stürzte in Richtung Bug. Schmerz durchzuckte seine kalten, tauben Gliedmaßen, denn er rollte und stürzte über das harte, glatte Deck. Mit einem atemlosen Ächzen und einem heftigen Schlag an der Schädelbasis prallte er gegen den Fockmast. Benommen kämpfte er darum, aufzustehen. Doch seine Füße und Hände wollten nicht funktionieren, und sein Kopf schien voller Sand zu sein. Mit einem gequälten Stöhnen kapitulierte er und schloss die Augen. »Ich habe keine Wahl, Monsieur Rienzi. Ich muss den Befehl geben, das Schiff zu verlassen.« Francisco Covilha war kleiner als Rienzi und wirkte dennoch so, als würde er den Entdecker von oben herab betrachten. Das Mondlicht brachte seine schiefe Nase und sein faltiges Gesicht zur Geltung. »Kapitän, das kann nicht Ihr Ernst sein«, flehte Rienzi. »Sie haben uns seit dem Morgen über Wasser gehalten. Sicherlich können wir durchhalten, bis Hilfe eintrifft.« Er rieb sich den Kopf, der noch immer von dem Schlag pochte, der ihn bewusstlos gemacht hatte. Er hatte versucht, den Schmerz im Wein zu ertränken, aber es war ihm nur gelungen, seine Sinne so weit zu betäuben, dass sie eine lästige Ablenkung darstellten. »Es wird keine Hilfe kommen.« Covilha schüttelte den Kopf. »Wir haben das Ruder verloren, als wir auf die Felsen aufliefen. Höchstwahrscheinlich sind wir aus den Schifffahrtswegen hinausgetrieben. Wir können nicht erwarten, dass uns jemand zu Hilfe kommt, und dieses Schiff wird sich nicht mehr lange über Wasser halten. Die Pumpen können mit dem einströmenden Wasser nicht Schritt halten. Sie haben es doch sicher schon bemerkt, oder?« Rienzi starrte den kleineren Mann einen Moment lang an. In der Tat hatte er den steigenden Pegel mit einem ebenso wachsenden Gefühl der Verzweiflung beobachtet. Doch er konnte es sich nicht...